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Asbest in Schulsporthallen und -gebäuden

Mittwoch, 10.02.2010

Vor den Sommerferien wurde in der Heizungsanlage der Sporthalle der Peter-Petersen-Gesamtschule Wellingsbüttel im Rahmen einer Sanierung Asbest gefunden. Unmittelbar nach den Sommerferien informierte die zuständige Senatorin die Öffentlichkeit. Es wurden daraufhin zahlreiche Hamburger Sporthallen vorübergehend geschlossen, auf Asbest untersucht und zum Teil saniert.

Die SPD-Fraktion hat im Rahmen der Kleinen Anfragen an den Senat in den Drucksachen 19/4026, 19/4216 und 19/4640 nähere Informationen dazu erfragt. Demnach sind mittlerweile 189 Schulsporthallen nach einer Untersuchung wieder freigegeben worden. 49 dieser Hallen wiesen eine direkt befeuerte Warmluftheizung auf wie in der Sporthalle der Peter-Petersen-Gesamtschule Wellingsbüttel. In 40 Sporthallen gab es sonstige Asbest-funde.

Die große Gefahr von Asbestfasern wurde spätestens in den 80er Jahren öffentlich bekannt. Asbestfasern bzw. Asbestfaserstaub verursachen mindestens zwei tödlich verlaufende Tumorerkrankungen, den Lungenkrebs und das Mesotheliom. Diese gefährliche Krankheit bricht zum Teil erst 40 Jahre später aus. Bereits 1976 wiesen zahlreiche Untersuchungen zudem daraufhin, dass auch sehr niedrige Dosen von Asbest die tödlichen Krankheiten verursachen können. Deshalb wurde Asbest in die Gruppe I der „sehr stark gefährdenden“ krebserzeugenden Gefahrenstoffe eingestuft.

Weil auch niedrigste Dosen Krebs verursachen können, gibt es im Hinblick auf das gesundheitliche Risiko für die Asbestkonzentration keinen Grenzwert. Dies hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht am 21.08.1991 zu folgender Aussage veranlasst (Az: Bs II 67/91, Textziffer 12): „Die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe geht davon aus, dass für Stoffe, die beim Menschen bösartige Geschwülste verursachen können (sog. A-I-Stoffe), keine Konzentrationswerte angegeben werden können, die noch unbedenklich sind.“ Asbeststaubfasern gehören zu dieser Gruppe der A-I-Stoffe.

Jeder Gebäudeeigentümer ist dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sein Gebäude seinem Zweck entsprechend ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen oder gar Gefährdungen genutzt werden kann. Nach § 3 Abs. 1 der HbauO in der Fassung vom 14.12.2005 sind bauliche Anlagen u.a. so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden und keine unzumut-baren Belästigungen entstehen. Im Falle öffentlicher Gebäude ist der Pflichtige grundsätzlich der Senat, der jedoch in der Regel diese Aufgabe einem so genannten Verfügungsberechtigten – zum Beispiel einer Behörde – übertragen kann.

Wegen der erheblichen Gefährdung durch Asbest hat der Hamburger Senat 1987 eine erste Asbest-Untersuchung aller öffentlichen Gebäude angeordnet. Dazu fanden zahlreiche Begehungen und Untersuchungen statt. Zuständig für den Bereich Schulen waren und sind bis heute die Schulbehörde (Schulbauabteilung) und die Baubehörde (Amt für Bauordnung und Hochbau). Aufgrund der großen Gefahren auch geringer Mengen von Asbest sowie aufgrund der spezifischen Besonderheiten des Materials sind Messungen kein geeignetes Verfahren, um Asbestgefahren einzuschätzen. Das Material zerfällt durch Verwitterung oder Zerstörung und verursacht dann kurzfristige Maximalbelastungen, während es in anderen Fällen durchaus monatelang kaum zu Gefährdungen kommt. Deshalb muss anstelle einer Messung eine visuelle und prognostische Bewertung durch einen Sachverständigen erfolgen.

Angesichts dieser Vorgeschichte ist es vollkommen unverständlich, dass mehr als 20 Jahre später im Juni 2009 im Rahmen einer zufälligen Überprüfung zunächst in einer und in der Folge in mindestens 40 weiteren Sporthallen Asbest gefunden wurde, das dort offensichtlich seit Jahren – wenn nicht gar Jahrzehnten – unentdeckt verbaut war. Diese Schadstoffquellen hätten schon im Zuge der 1987 bis 1989 angeordneten ersten Untersuchungen entdeckt werden müssen. Zudem ist unerklärlich, dass gerade in wartungsintensiven Heizungsanlagen Asbest trotz anzunehmender Reparaturen und Wartungsarbeiten an der Anlage 20 Jahre lang unentdeckt bleiben konnte.

Es drängt sich der Verdacht auf,

- dass die 1987 vom Senat angeordneten Untersuchungen nicht sachgemäß durchgeführt wurden

- dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen verloren gingen bzw. ohne Konsequenzen blieben

- dass die Behörde für den Umgang mit den Problemen personell und organisatorisch nicht gerüstet war und ist

- dass es auch in der Folgezeit keinen sachgemäßen Umgang mit dem lebensgefährlichen Risikostoff in der Behörde gegeben hat.

 

Deshalb fragen wir den Senat:

Vergangene Asbest-Untersuchungen

1. Welche der jetzt in Betrieb befindlichen Hamburger Schulsporthallen wurden vor 1987erbaut? (Bitte gegliedert nach RSK-Gebieten darstellen)

2. Welche dieser Schulsporthallen wurden im Zuge der vom Senat 1987 angeordneten Untersuchungen öffentlicher Gebäude auf Asbest untersucht?

3. Falls sachlich gegeben: Warum wurden die anderen Schulsporthallen nicht auf Asbest untersucht?

4. Mit welchen Methoden wurden damals diese Untersuchungen durchgeführt? Gab es spezielle Untersuchungskriterien für Bauteile des allgemeinen Hochbaues und der Technischen Gebäudeausrichtung? (Bitte die Untersuchungsverfahren genauer beschreiben)

5. Wer hat damals die Untersuchungen durchgeführt?

6. In welcher der untersuchten Schulsporthallen wurde damals wo Asbest gefunden? Wenn ja, waren dabei auch Fundstellen in den Heizungsanlagen des Typs der PPS? (Bitte einzeln für jede Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten darstellen)

7. Welche Maßnahmen hat die Behörde damals ergriffen, um in den betroffenen Schulsporthallen das vom Asbest ausgehenden Gesundheitsrisiko angemessen zu verringern? (Bitte einzeln für jede Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten darstellen)

 

8. Welche personellen, organisatorischen und dokumentarischen Maßnahmen hat die Behörde nach 1987 ergriffen, um die Asbestgefahr bzw. weitere von den Gebäuden ausgehende Gesundheitsgefahren zu bewältigen?

9. Wie erklärt die Behörde, dass das jetzt gefundene Asbest nicht schon eher gefunden wurde?

10. Erst seit 1995 ist die Herstellung, Vermarktung und Verwendung von Asbest vollständig verboten, wurde davor aber sehr häufig verbaut. Gab es seit 1990 eine verbindliche Untersuchung jedes einzelnen Hamburger Schulgebäudes auf Asbest?

11. Welche Hamburger Schulgebäude wurden seit der vom Senat 1987 angeordneten Untersuchung aller öffentlichen Gebäude auf Asbest untersucht? (Bitte einzeln nach RSK gegliedert anführen)

12. In welchen Hamburger Schulgebäuden wurde dabei Asbest entdeckt bzw. wird Asbest vermutet? (Bitte das Ergebnis für jede untersuchte Schule gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

13. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Asbestgefährdung zu beseitigen? (Bitte die einzelnen Maßnahmen für jede untersuchte Schule gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

 

Aktuelle Asbest-Untersuchungen

14. Welche Sporthallen sind im Zuge der jetzt erfolgten Prüfungen von einem Sachverständigen visuell und prognostisch untersucht worden? (Bitte alle untersuchten Sporthallen gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

15. In der Drucksache 19/4216 konnte der Senat keine vollständige Übersicht der Sporthallen geben, in denen der Heizungstyp der Peter-Petersen-Sporthalle eingebaut ist. Ist der Senat jetzt in der Lage diese Übersicht zu geben? Wenn ja, bitte die vollständige Liste der Sporthallen mit ihren jeweiligen Nutzern angeben.

16. In welchen Sporthallen wurde jetzt Asbest entdeckt bzw. wird Asbest vermutet? (Bitte das Ergebnis für jede untersuchte Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

17. Wo wurde in den jeweiligen Sporthallen jetzt Asbest entdeckt bzw. wird Asbest vermutet? (Bitte das Ergebnis für jede untersuchte Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

18. Wie wurde jetzt das Asbestrisiko in den untersuchten Sporthallen bewertet? (Bitte das Ergebnis für jede untersuchte Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

19. In der Drucksache 19/4640 konnte der Senat keine Auskünfte über die Höhe der Kosten für die Überprüfung der Hallen benennen. Dies sei erst nach Vorlage aller Schlussrechnungen und einer abschließenden Rechnungsprüfung möglich. Kann der Senat jetzt Auskunft über die Kosten der Überprüfung der Hallen geben?

a. Wenn ja, wie hoch sind die Kosten?

b. Wenn nein, wann kann er Auskunft geben?

20. Welche Maßnahmen sollen in welchem Zeitrahmen ergriffen werden bzw. wurden ergriffen, um die Asbestgefährdung zu beseitigen? (Bitte die einzelnen Maßnahmen für jede untersuchte Sporthalle gegliedert nach RSK-Gebieten auflisten)

 

21. In der Drucksache 19/4660 konnte der Senat noch keine Aussagen zu den Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahmen machen. Kann der Senat jetzt Aussagen über die Gesamtkosten der Sanierungsmaßnahmen treffen? Wenn ja, wie hoch sind die Gesamtkosten? Wenn nein, wann wird der Senat dazu in der Lage sein?

22. Welche organisatorischen, personellen, finanziellen oder sonstigen Konsequenzen zieht die Behörde aus den jetzigen Asbestfunden, um in Zukunft solche Gefährdungen zu vermeiden?

23. Welche Hamburger Schulgebäude haben eine Heizung, die vom Typ her die gleiche Gefährdung wie die Heizungsanlage in der Peter-Petersen-Sporthalle beinhaltet? (Bitte einzeln nach RSL gegliedert darstellen)

24. Sollen als Konsequenz aus den Funden jetzt auch Hamburgs Schulgebäude auf Asbest untersucht werden?

25. Wenn nein, wie will der Senat eine ähnliche Gefährdung durch Asbest in den Schulgebäuden ausschließen?

26. In der Drucksache 19/4026 antwortet der Senat auf die Frage, ob der Senat die Erfassung von Nutzerinnen und Nutzern der Vereine und Verbände analog zu der schulischen Nutzung plane, die Planungen seien noch nicht abgeschlossen. Sind die Planungen diesbezüglich nun abgeschlossen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wann werden die Planungen abgeschlossen sein?