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Blutspende von homo- und bisexuellen Männern: Deutschland braucht endlich zeitgemäße Regeln

Sonntag, 18.10.2020

Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen ersuchen mit einem gemeinsamen Antrag den Senat, sich auf Bundesebene für eine Anpassung der Hämotherapie-Richtlinie der Bundesärztekammer einzusetzen, um die andauernde Diskriminierung von homo- und bisexuellen Männern beim Blutspenden zu unterbinden. Aufgrund der aktuellen Regelung sind diese nur zur Blutspende zugelassen, wenn sie zuvor zwölf Monate auf Sex mit einem anderen Mann verzichtet haben. Durch diese unverhältnismäßige Vorschrift sind schwule und bisexuelle Männer faktisch von der Blutspende ausgeschlossen. Der rot-grüne Antrag wird am 28. Oktober in der Hamburgischen Bürgerschaft behandelt (siehe Anlage).

 

Dazu Simon Kuchinke, Fachsprecher für LSBT*IQ der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Die Blutspende-Richtlinie der Bundesärztekammer stammt aus einer anderen Zeit. Die Aidskrise hierzulande ist überwunden. Stattdessen schlagen Blutbanken regelmäßig Alarm, weil Spenderinnen und Spender fehlen. Da passt es nicht ins Bild, dass unsere Gesellschaft an diskriminierenden Regeln festhält und eine ganze Gruppe faktisch vom Blutspenden ausschließt. Heute kann eine HIV-Infektion bereits nach sechs Wochen nachgewiesen werden. Eine Rückstellung von homo- oder bisexuellen Männern von der Blutspende um zwölf Monate steht deshalb in keinem Verhältnis. Ein Blick ins europäische Ausland etwa nach Spanien oder Italien zeigt, dass eine diskriminierungsfreie Blutspende möglich ist, ohne das bisherige Sicherheitsniveau zu unterschreiten. Deshalb tun wir gut daran, die veralteten Regelungen schleunigst anzupassen und auch die neuen Vorgaben regelmäßig anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu aktualisieren.“

 

Dazu Farid Müller, queerpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Es wird höchste Zeit, die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern bei der Blutspende zu beenden, insbesondere mit Blick auf das inzwischen fünf Jahre alte Urteil des Europäischen Gerichtshofs. In Deutschland müssen homo- und bisexuelle Männer aktuell noch versichern, zwölf Monate enthaltsam gelebt zu haben, was in der Praxis ein Blutspendeverbot darstellt. Sicherheit hat bei der Blutspende natürlich weiterhin Priorität, aber zentral für ihre Beurteilung muss dabei das individuelle Risikoverhalten eines Menschen sein und eben nicht die Frage, welche Geschlechter untereinander Sex haben. Ich fordere daher den Präsidenten der Bundesärztekammer auf, uns noch in diesem Herbst auf Basis aktueller Erkenntnisse einen Vorschlag für eine Neuregelung zu unterbreiten.“