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Umfassenden Mieterschutz behaupten: Soziale Erhaltungsverordnungen auf Bundesebene weiter verstärken

Freitag, 20.09.2019

Die rot-grüne Regierungskoalition in Hamburg will die Schutzwirkung der Sozialen Erhaltungsverordnung für angestammte Mieterinnen und Mieter verbessern und ersucht den Senat sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Ausnahmeregelung der Siebenjahresfrist für Eigenbedarfskündigungen im BauGB vollständig gestrichen wird (siehe Anlage). Die Ausnahmeregelung nach §172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB erlaubt es bisher, dass Vermieterinnen und Vermieter Eigenbedarf anmelden und dabei auch in Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln können. Dabei werden Mieterinnen und Mieter oft gegen ihren Willen aus ihren Wohnungen vertrieben, da sie ein ihnen zustehendes Vorkaufsrecht nicht wahrnehmen können.

 

Dazu Martina Koeppen, Fachsprecherin für Stadtentwicklung der SPD-Bürgerschaftsfraktion: „Über 300.000 Hamburgerinnen und Hamburger leben mittlerweile in Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung. Das ist gut so, denn in diesen zentralen Lagen gelten spezielle Richtlinien, die einen verstärkten Mieterschutz gewährleisten. Auf diese Weise haben die Sozialen Erhaltungsverordnungen gemeinsam mit dem intensiven Wohnungsbau einen erheblichen Anteil an der positiven Entwicklung des Hamburger Wohnungsmarktes – gerade auch im Vergleich mit anderen Großstädten. Mit der Abschaffung von §172 Abs. 4 Satz 3 Nr.6 wollen wir nun ein letztes Schlupfloch schließen, dass die bestehenden Umwandlungsverordnungen, also den Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, unter Zuhilfenahme eines angemeldeten Eigenbedarfs in Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung umgeht. Mieterinnen und Mieter haben in diesen Fällen zwar ein Vorkaufsrecht, doch dabei handelt es sich nicht selten um ein vergiftetes Angebot, weil sich die Betroffenen in Milieuschutzgebieten den Kauf ihrer Mietwohnung in der Regel nicht leisten können. Stattdessen müssen sie ihre Wohnung gegen ihren Willen nach spätestens sieben Jahren verlassen. Diese Praxis wollen wir unterbinden. Es kann nicht sein, dass Menschen in Hamburg aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Deshalb soll sich die Stadt im Bundesrat für eine Streichung des missbrauchsanfälligen Paragraphen einsetzen. Hamburg ist eine Stadt für alle, das gilt ganz besonders für den Wohnungsmarkt.“

 

Dazu Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist der größte Faktor bei der Verdrängung von Mietern und Mieterinnen aus ihren Quartieren. Bei der Preisexplosion bei Eigentumswohnungen können es sich die wenigsten überhaupt leisten, ihre Mietwohnung zu kaufen – und müssen gezwungenermaßen umziehen. Die zahlreichen Schutzgebiete, die Rot-Grün erlassen hat, haben nachweislich diese Verdrängung gestoppt. Wir wollen mit dem vorliegenden Antrag das letzte Schlupfloch schließen. Wir brauchen die Mischung in den Vierteln. Auch eine Polizistin, eine Pflegekraft oder ein Koch müssen in dieser Stadt noch wohnen können. Kasse machen auf Kosten des Mieterschutzes hat damit ein Ende.“

 

Hintergrund

 

Hamburg schützt seine Mieterinnen und Mieter vor Verdrängung und Spekulanten und erhält bezahlbaren Wohnraum. Mit den Sozialen Erhaltungsverordnungen, der Umwandlungsverordnung, dem Wohnraumschutzgesetz, individuellen Kappungsgrenzen und der Mietpreisbremse hat die Stadt wichtige Instrumente verankert, die Investoren stoppen und Mietsteigerungen vorbeugen können. Mieterschutz und der Bau bezahlbarer Wohnungen im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung sind Schwerpunkte der Politik der Regierungskoalition. Mit der Sozialen Erhaltungsverordnung werden Gebiete geschützt, die besonders nachgefragt sind und für die Gutachter deutlichen Aufwertungsdruck festgestellt haben. In geschützten Gebieten müssen bestimmte bauliche Maßnahmen extra genehmigt werden. So sollen Luxusmodernisierungen, Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen und spekulative Verkäufe kompletter Wohngebäude verhindert werden. Das zuständige Bezirksamt prüft, ob sich beantragte Maßnahmen negativ auf die Zusammensetzung der Bevölkerung auswirken. Außerdem hat die Stadt in Gebieten der Sozialen Erhaltungsverordnung die Möglichkeit, ein Vorkaufsrecht auszuüben, um Einfluss auf die Quartiersentwicklung zu nehmen und gegen Luxussanierungen vorzugehen.

 

Von den Sozialen Erhaltungsverordnungen profitieren in Hamburg folgende Gebiete:

 

Südliche Neustadt: seit 1995, 3.600 Einwohner St. Georg: seit 2012, 8.500 Einwohner St. Pauli: seit 2012, 22.200 Einwohner

Sternschanze: seit 2013, 7.800 Einwohner

Osterkirchenviertel: seit 2013, 4.350 Einwohner

Eimsbüttel-Süd: seit 2014, 10.100 Einwohner

Altona-Altstadt: seit 2014, 27.900 Einwohner

Ottensen: seit 2016, 19.500 Einwohner

Bahrenfeld-Süd: seit 2016, 13.600 Einwohner Nördliche Neustadt: seit März 2018, 6.000 Einwohner

Eimsbüttel/Hoheluft-West/Stellingen-Süd: seit April 2018, 64.000 Einwohner

Altona-Nord: seit Juni 2019, 22.100 Einwohner

Eilbek: in Prüfung, 21.505 Einwohner

Barmbek-Nord/Barmbek-Süd/Jarrestadt: in Prüfung, 87.000 Einwohner