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Wohnstifte stärken und zukunftsfähig machen – Potenziale für Nachverdichtung identifizieren

Dienstag, 11.12.2018

Haushaltsplan-Entwurf 2019/2020

Einzelplan 6.1

 

Hamburg verfügt historisch über eine gewachsene Wohnstiftkultur. Bis ins 13. Jahrhundert reicht die hanseatische Tradition des Stiftungswesens. Hamburg teilt sich heute mit 1.400 Stiftungen mit Frankfurt am Main den Titel der „Stiftungshauptstadt“.

In Hamburg existieren vielfältige Stiftungen , deren Ziel es ist, für bestimmte Bedarfsgruppen dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu gewährleisten. Wichtig war den Stiftern zum Beispiel die Betreuung und Pflege gebrechlicher oder sonst hilfebedürftiger Menschen oder auch die Gewährung von verbilligten Mietwohnungen für bestimmte Personengruppen. So entstanden in Hamburg Wohnstifte unter anderem für Seefahrerwitwen, Waisen, unversorgte Frauen, ehemalige Hausangestellte oder Arbeiter eines bestimmten Betriebs.

Die Stiftungen schauen auf eine sehr lange und traditionsreiche Vergangenheit zurück und sollten unbedingt erhalten werden. Dabei sind sie oft nur mäßig vernetzt und gehören keinen wohnungswirtschaftlichen Verbänden an., Die Stiftungen sind teilweise in den Wohlfahrtverbänden organisiert und werden zum Teil in ehrenamtlichen Strukturen geführt.

Schätzungsweise knapp 10.000 Wohnungen in Hamburg sind im Besitz dieser Stiftungen. Diese bieten häufig preiswertes Wohnen an guten Standorten in Hamburg an, womit sie für den Wohnungsmarkt der Stadt eine besondere Bedeutung bei der Versorgung von einkommensschwächeren Menschen haben.

An diese sehr lange Tradition wollen wir anknüpfen. Wir wollen die Stifte modernisierungsfähig machen, sie dauerhaft stärken und in die Zukunft führen. Wir wollen weiteren Wohnungsbau im Umfeld ermöglichen, der zweckgebunden und dauerhaft bezahlbar bleibt. Hierfür wollen wir die notwendigen Grundstücke bereitstellen und zusätzliches Kapital für eine sozial ausgerichtete Stiftungskultur mobilisieren.

Dabei soll eine Koordinierungsstelle für Hamburger Wohnstifte eingerichtet werden, die für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren für die einzelnen Stiftungen, soweit gewünscht, Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigt, auch für die bauliche Herstellung von Barrierefreiheit, und gegebenenfalls gemeinsam Nachverdichtungspotenziale identifiziert.

Die Einrichtung dieser Koordinierungsstelle soll zeitlich befristet sein (Mitte 2019 bis Ende 2022), da im Jahr 2022 die Frist zur baulichen Herstellung der Barrierefreiheit in den Servicewohnanlagen (früher "Betreutes Wohnen" oder "Altenwohnanlage") ausläuft. Bis dahin müssen Stiftungen, die Servicewohnanlagen in Hamburg betreiben, ihre Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit fertiggestellt oder zumindest geplant haben, um den Status der Servicewohnanlage zu behalten. Diese gesetzliche Frist stellt somit einen zeitlichen Rahmen dar, um die Stifte, die als Servicewohnanlagen betrieben werden und bislang hierfür notwendige Maßnahmen nicht aus eigener Kraft finanzieren konnten, auf ein solides Fundament für die Zukunft zu stellen.

In diesem Zusammenhang wurde ein Problem identifiziert, welches die Zukunftsfähigkeit maßgeblich einschränkt: Es gibt in Hamburg eine Reihe von Grundstücksbesitzerinnen und -besitzern, die Grundstücke bebaut haben, diese aber nicht im Eigentum halten: Vor über 100 Jahren wurden von der Stadt Grundstücke u. a. an Stiftungen vergeben, um dort Wohnungen für Bedürftige zu bauen. Diese Übertragung geschah unter drei Bedingungen: Unentgeltlich, unwiderruflich und zweckbestimmt.

Einige Stiftungen müssen dringend benötigte Instandsetzungsmaßnahmen durchführen, um die Wohnungen an übliche Standards bezüglich Wärmeschutz, Schallschutz, Brandschutz oder auch Barrierefreiheit heranzuführen. Diese Maßnahmen sind mit erheblichen Aufwendungen verbunden und für die Stiftungen häufig nur kreditär zu finanzieren, wenn nicht ausreichend Rücklagen gebildet wurden. Da alle Grundstücke im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg und damit von den Stiftungen nicht mit einer grundbuchlichen Sicherung beleihbar sind, gelten die Objekte nicht als notwendige bankübliche Sicherheiten. Damit können Banken für diese Vorhaben keine Kreditfinanzierung bereitstellen.

Auch die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) benötigt für ihre darlehensbasierte Förderung eine grundbuchliche Absicherung, kann also bankenrechtlich ebenfalls keine Kredite an diese Bauherrn vergeben. Zur Lösung des Problems muss auch geprüft werden, ob die Freie und Hansestadt Hamburg eine Bürgschaft bereitstellen kann, die es der IFB oder auch anderen Banken ermöglicht, normale Wohnungsbau(förder)darlehen auszugeben.

Ähnliche Erfahrungen mit dieser Form der Bürgschaftsbereitstellung gibt es schon im Bereich der Baugemeinschaften, die als kapitalschwache Bauherren auch Beleihungsprobleme bekommen würden, wenn es nicht die Bürgschaft für die IFB gäbe.

Die Stiftungen sollen in die Lage versetzt werden, ihre Bestände zu modernisieren und – da sie häufig aus dem Bereich der Gemeinnützigkeit kommen – langfristig preiswerten Wohnraum mit den verschiedenen Förderprogrammen der IFB in der Stadt anbieten zu können.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. für die Finanzierung der Personalkosten einer Koordinierungsstelle für Hamburger Wohnstifte aus bestehenden konsumtiven Ermächtigungen des Einzelplans 6.1 im Zeitraum von 2019 bis einschließlich 2022 insgesamt 252.700 Euro (im Jahr 2019: 36.100 Euro sowie in den Jahren 2020, 2021 und 2022: jeweils 72.200 Euro) zur Verfügung zu stellen;

2. im Einzelplan 6.1, Aufgabenbereich 287“ Wohnen, Stadterneuerung und Bodenordnung“ eine zusätzliche Stelle Tarifbeschäftigte / Tarifbeschäftigter E 13 befristet für die Dauer der Tätigkeit der Koordinierungsstelle für Hamburger Wohnstifte auszuweisen.;

3. zu prüfen, inwiefern ein neuer rechtlicher Rahmen für die Immobiliensituation der Wohnstifte geschaffen werden kann, um die Beleihbarkeit der Grundstücke herzustellen;

4. der Bürgerschaft bis Ende des Jahres 2022 über die Ergebnisse zu berichten.

 

sowie
  • der Abgeordneten Olaf Duge
  • Christiane Blömeke
  • Mareike Engels
  • René Gögge
  • Farid Müller
  • Ulrike Sparr (GRÜNE) und Fraktion