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Unsere Anträge

Durch Anträge können Abgeordnete Einfluss auf die Politik nehmen. Anträge können mindestens fünf Abgeordnete einbringen. Sie werden auf die Tagesordnung der nächsten Bürgerschaftssitzung gesetzt. Die Bürgerschaft kann sie annehmen, ablehnen, für erledigt erklären oder an einen Ausschuss überweisen. Mit Anträgen können Aufträge und Ersuche zur Regelung verschiedener Angelegenheiten an den Senat gerichtet werden.

Änderung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzrechts

Dienstag, 14.01.2020

Der Senat hat im Oktober 2019 das vierte Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzrechts (Drucksache 21/18578) beschlossen und der Bürgerschaft zugeleitet. Der Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat sich am 25. November im Rahmen einer Sachverständigenanhörung nach § 58 Absatz 2 GO und am 5. Dezember 2019 im Rahmen der Auswertung der Anhörung sowie der Senatsbefragung intensiv mit diesem Gesetzentwurf auseinandergesetzt.

Die Beratungen fokussierten sich im Wesentlichen auf die vorgesehenen Änderungen des Entwurfs des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes (HmbVerfSchG-E) zu Vertrauensleuten und Verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in §§ 8 und 8a, zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) in § 8 Absatz 12 und zur Verarbeitung personenbezogener Daten von Minderjährigen einschließlich deren Übermittlung in §§ 10 und 22 HmbVerfSchG-E.

Folge der ausführlichen Beratungen ist der nachstehende Gesetzesänderungsantrag, mit dem neben einigen Klarstellungen und Änderungen zur besseren Verständlichkeit des Gesetzestextes auch der Schutz der von der Verarbeitung und Offenlegung von Daten betroffenen Minderjährigen durch Nachregelungen der §§ 10 und 22 HmbVerfSchG-E präzisiert und eine jährliche Berichts- und Evaluationspflicht von Maßnahmen nach § 8 Absatz 12 Satz 2 HmbVerfSchG-E (Quellen-TKÜ) geregelt werden soll.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

Der Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet des Verfassungsschutzrechts (Drs. 21/18578) wird mit folgender Änderung beschlossen:

Artikel 1 (Siebentes Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Verfassungsschutzgesetzes) wird wie folgt geändert:

 

1. In Nummer 1 (zur Inhaltsübersicht) erhält der Eintrag zu § 8a folgende Fassung:

„§ 8a Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Vertrauensleute“.

 

2. Nummer 9.2 (zu § 8 Absatz 2) wird durch folgende Nummern 9.2 bis 9.2.3 ersetzt:

„9.2 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

9.2.1 Satz 1 Nummer 1 erhält folgende Fassung: „1. eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter)““.

9.2.2 In Satz 1 Nummer 2 wird das Wort „Vertrauensleute“ durch die Textstelle „Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute)“ ersetzt.

9.2.3 Es wird folgender Satz angefügt: „Der Einsatz der nachrichtendienstlichen Mittel ist zu dokumentieren.“

 

3. Nummer 10 (zu § 8a) erhält folgende Fassung:

„10. Hinter § 8 wird folgender § 8a eingefügt:

 

㤠8a

Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Vertrauensleute

(1) Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach § 8 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach § 4 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 oder 4 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in solchen Personenzusammenschlüssen oder für solche Personenzusammenschlüsse tätig werden, um deren Bestrebungen aufzuklären. Im Einsatz ist eine Beteiligung an Bestrebungen zulässig, wenn sie

1. nicht in Individualrechte eingreift,

2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet wird, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Informationszugänge unumgänglich ist und

3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht.

Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz oder außerhalb des Einsatzes rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht haben, soll der etwaige Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet werden. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet die Leitung des Landesamtes für Verfassungsschutz oder ihre Stellvertretung.

(2) Als Vertrauensleute nach § 8 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 dürfen Personen nicht angeworben und eingesetzt werden, die

1. nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig sind,

2. von den Zuwendungen für die Tätigkeit dauerhaft abhängig sein würden, oder bei denen die Anwerbung unter Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einer deutschen Behörde erfolgen würde, wenn dadurch erhebliche Zweifel an ihrer Nachrichtenehrlichkeit begründet wären,

3. an einem Aussteigerprogramm teilnehmen,

4. Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder Mitarbeiterin oder Mitarbeiter eines solchen Mitglieds sind oder

5. im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, eingetragen sind.

Die Leitung des Landesamtes für Verfassungsschutz kann eine Ausnahme von Satz 1 Nummer 5 zulassen, wenn die Verurteilung nicht als Täterin oder Täter eines Totschlags (§§ 212 und 213 des Strafgesetzbuches) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat erfolgt ist und der Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen, die auf die Begehung von in § 3 Absatz 1 des Artikel 10-Gesetzes bezeichneten Straftaten gerichtet sind, unerlässlich ist. Im Falle einer Ausnahme nach Satz 2 ist der Einsatz nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er zur Erforschung der in Satz 2 genannten Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. Auch im Weiteren ist die Qualität der gelieferten Informationen fortlaufend zu bewerten. Absatz 1 gilt entsprechend für Vertrauensleute. Das Landesamt für Verfassungsschutz darf aufgrund der Ablehnung der Aufnahme oder der Fortsetzung der Tätigkeit durch die betroffene Person keine für diese nachteiligen und in keinem Sachzusammenhang mit der Tätigkeit als Vertrauensperson stehenden Handlungen vornehmen.““

 

4. In Nummer 12 (zu § 10) erhält Absatz 2 Satz 1 folgende Fassung:

„In Dateisystemen verarbeitete Daten über Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres sind jährlich auf die Erforderlichkeit der Verarbeitung zu überprüfen und spätestens nach zwei Jahren zu löschen, es sei denn, dass weitere Erkenntnisse nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 angefallen sind.“

 

5. In Nummer 25 (zu § 22) wird in Absatz 2 die Textstelle „des 14. Lebensjahres“ durch die Textstelle „des 16. Lebensjahres“ ersetzt.

 

6. Die Nummern 29.1 bis 29.1.5 (zu § 26 Absatz 5) werden durch folgende neue Nummer 29.1 ersetzt:

„29.1 Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5) Der Senat hat dem Ausschuss insbesondere über

1. Gefahren für die Schutzgüter des § 1,

2. die Dienstvorschrift über nachrichtendienstliche Mittel nach § 8 Absatz 2 Satz 2 sowie ihre Änderungen,

3. die Maßnahmen nach § 8 Absatz 11,

4. die Maßnahmen nach § 8 Absatz 12 Satz 2 sowie die hierbei eingesetzten Mittel, Ergebnisse und Wirkungen,

5. die Nichtlöschung personenbezogener Daten gemäß § 11 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4,

6. die tatsächliche Arbeitsaufnahme mit einem automatisierten Verfahren, für das eine Dateisystemanordnung nach § 23a vorgeschrieben ist, und seine wesentlichen inhaltlichen Änderungen,

7. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stationierungsstreitkräfte nach § 15,

8. die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen nach § 16,

9. die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nach § 17 sowie über die Änderungen des Verzeichnisses nach § 17 Absatz 1 Satz 4,

10. die Anfragen bei ausländischen öffentlichen Stellen nach § 12 Absatz 7 Satz 4 Hamburgisches Sicherheitsüberprüfungs- und Geheimschutzgesetz (HmbSÜGG),

11. die Anzahl der Personenspeicherungen gemäß § 10 Absatz 1 Nummern 1 und 2 BVerfSchG in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummern 1, 3 und 4 BVerfSchG in der gemeinsamen Datei nach § 6 Absatz 2 BVerfSchG,

12. die Speicherungen und Offenlegungen von Informationen über Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres,

13. die Offenlegungen nach § 14 Absatz 2 Satz 2,

14. die Auskunftsversagungen nach § 23 Absatz 4 Satz 5

zu berichten. Der Bericht gemäß Satz 1 Nummern 4 und 11 erfolgt jährlich.““

 

Begründung:

 

Zur Inhaltsübersicht:

Bei der Änderung des Eintrags zu § 8a handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur Änderung von § 8a, durch die Regelungen zu Verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mehr nur mittels eines Verweises, sondern ausdrücklich erfolgen, weshalb die Bezeichnung der Norm entsprechend erweitert wird.

 

Zu § 8 Absatz 2 Satz 1 Nummern 1 und 2:

Mit der Änderung werden klarstellend und zur Verbesserung der Verständlichkeit Definitionen für Vertrauensleute und Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Gesetz aufgenommen. Der Begriff „Verdeckte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ ersetzt in Anpassung an den Wortgebrauch im Bundesverfassungsschutzgesetz den bisherigen Begriff „Verdeckter hauptamtlicher Mitarbeiter“.

 

Zu § 8a

Die Norm wird aus Gründen der Normenklarheit systematisch umgestellt, so dass Absatz 1 die Regelungen über die Verdeckten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter enthält und Absatz 2 die über die Vertrauensleute. Mit dieser Umstellung ist keine inhaltliche Änderung verbunden.

Neu hinzugefügt wird § 8a Absatz 2 Satz 6. Dieser Satz stellt klar, dass das Landesamt für Verfassungsschutz aufgrund der Ablehnung der Aufnahme oder der Fortsetzung der Tätigkeit durch die betroffene Person keine für diese nachteiligen und in keinem Sachzusammenhang mit der Tätigkeit als Vertrauensperson stehenden Handlungen vornehmen darf. Dadurch wird sichergestellt, dass die betroffene Person die Tätigkeit als Vertrauensperson von sich aus ablehnen und jederzeit beenden kann. Untersagt ist zum Beispiel die Zusage, die Einbürgerung der betroffenen Person von der Aufnahme der Tätigkeit als Vertrauensperson abhängig zu machen oder umgekehrt die Verknüpfung der Nichteinbürgerung mit der Beendigung der Tätigkeit. Nicht erfasst ist demgegenüber insbesondere der Wegfall von Geldzuwendungen, welche die Vertrauensperson für ihre Tätigkeit erhält.

 

Zu § 10 Absatz 2 Satz 1:

Die Änderung regelt zum Schutz der betroffenen Minderjährigen, dass die Erstspeicherung von Erkenntnissen, die die Voraussetzungen des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllen, nicht schon deshalb fortgesetzt gespeichert wird, weil eine Erkenntnis nach § 4 Absatz 1 hinzugekommen ist, die die Erstspeicherungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Vielmehr setzt auch die fortgesetzte Speicherung infolge der Änderung voraus, dass weitere Erkenntnisse nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 angefallen sind. Der Gleichlauf zwischen Erstspeicherung und fortgesetzter Speicherung ist hierdurch sichergestellt.

 

Zu § 22 Absatz 2:

Offenlegungen personenbezogener Daten Minderjähriger gegenüber ausländischen oder über- oder zwischenstaatlichen Stellen dürfen weiterhin erst ab dem 16. Lebensjahr erfolgen.

 

Zu § 26 Absatz 5 Satz 1 Nummer 4

Aufgrund der besonderen Grundrechtsintensität und Sensibilität der Maßnahme für die Betroffenen soll hier über den Einzelfall hinaus eine enge parlamentarische Kontrolle erfolgen.

 

sowie
  • der Abgeordneten Antje Möller
  • Filiz Demirel
  • Anna Gallina
  • René Gögge
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion zur Drucksache 21/19395