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Verkehrssicherheit und Sharing-Konzepte beim Betrieb von Elektrokleinstfahrzeugen

Freitag, 24.05.2019

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 17. Mai 2019 der Verordnung der Bundesregierung zur Zulassung von Elektro-Tretrollern zugestimmt – allerdings nur unter Bedingungen: Die Elektro-Tretroller dürfen erst ab einem Mindestalter von 14 Jahren und nicht auf Gehwegen gefahren werden. Werden die Änderungen von der Bundesregierung umgesetzt, kann sie die Verordnung in Kraft setzen.

Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zum Zweck der Regelung der Benutzungsvoraussetzungen für Elektrokleinstfahrzeuge ist grundsätzlich zu begrüßen. Aufgrund ihrer kleinen Ausmaße und ihres geringen Gewichts, ihrer Falt- und Tragbarkeit sind die Elektro-Tretroller außerordentlich flexibel einsetzbar. Mit ihnen können unterschiedliche Transportmittel miteinander verknüpft und gerade kurze Distanzen abgasfrei überbrückt werden. Damit können sie eine gute Ergänzung zum Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs darstellen.

Allerdings muss sichergestellt werden, dass die Zulassung und Nutzung von Elektro-Tretrollern nicht zu vermehrten Konflikten zwischen den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern und insbesondere nicht zu einer Erhöhung der Unfallzahlen führt.

Der Verordnungsentwurf sah in seiner ursprünglichen, vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erarbeiteten Fassung unterschiedliche Regelungen für Elektrokleinstfahrzeuge vor: Solche für Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von weniger als zwölf km/h und solche für Fahrzeuge mit mehr als zwölf bis 20 km/h. Erstere sollten auf Gehwegen, gemeinsamen Fuß- und Radwegen sowie in Fußgängerzonen ab dem zwölften Lebensjahr gefahren werden dürfen, letztere grundsätzlich nur auf Radwegen und Radfahrstreifen ab dem vierzehnten Lebensjahr. Der Verkehrsausschuss des Bundesrates hat sich – mit den Stimmen Hamburgs – gegen die Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen auf Gehwegen und für ein Mindestalter von 14 Jahren ausgesprochen und so erfolgreich zur Vermeidung von Konflikten zwischen den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern beigetragen.

Nach der Zulassung der Elektro-Tretroller gilt es nun, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für das neue Fortbewegungsmittel zu schärfen, damit es möglichst reibungslos in den Verkehrsraum integriert werden kann. Hamburg hat bereits im Februar eine Kampagne für ein besseres Miteinander im Straßenverkehr gestartet, die noch bis November 2020 laufen soll. Es bietet sich daher an, zukünftig auch zugelassene Elektrokleinstfahrzeuge in diese Kampagne einzubeziehen. Dabei sollten die Erfahrungen einbezogen werden, die im Rahmen des Pilotprojekts auf dem Forschungscampus Bahrenfeld zur Nutzung von Elektro-Tretrollern gesammelt werden. Dort werden seit dem 16. April 2019 auf dem rund 50 Hektar großen Campus rund 100 elektrisch betriebene Tretroller von etwa 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern genutzt.

Zu erwarten ist außerdem, dass Elektro-Tretroller nach Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) geschäftsmäßig zum Verleih angeboten werden. Unter Sicherheitsaspekten ist deshalb ein Konzept zu entwickeln, mit dem präventiv der möglichen Gefahr begegnet werden kann, dass die Fahrzeuge nach Beendigung der Leihvorgänge im gesamten Stadtgebiet verteilt stehen gelassen und zu Störfaktoren im öffentlichen Verkehrsraum werden.

Um diesem Problem zu begegnen, sollten die Verleiher zu bestimmten Ausrüstungsstandards verpflichtet werden. Insbesondere sollten Ride Sharing-Netzwerke verpflichtet werden, ihre Lese-/Schreib-API (application programming interface) für Dritte und die Stadt zu öffnen, wenn sie hier Geschäfte machen wollen. Damit könnten die Daten ausgelesen und das Abstellen der Fahrzeuge dauerhaft kontrolliert werden. Bestimmte Bereiche oder Straßen könnten dann beispielsweise von der Stadt über diese API für die Beendigung der Leihe gesperrt werden.

Für die Kundinnen und Kunden wäre diese Vorgehensweise ebenfalls vorteilhaft, da sie sich dann über eine einzige App bei zahlreichen Anbietern das gewünschte Fahrzeug ausleihen können. Diese Art von Informationen könnten auch für eine intelligente Planung und Regulierung der Verkehre genutzt werden. Gäbe es hierfür einen einheitlichen Standard, könnte dies bundesweit zu einem größeren Nutzen für alle Beteiligten führen. Beispielhaft hierfür sind Vorbilder wie die General Transit Feed Specification (GTFS) oder die General Bikeshare Feed Specification.

Außerdem ist es sinnvoll, Elektrokleinstfahrzeuge auch in Hamburgs multimodale Mobilitätsplattform switchh zu integrieren und so Hamburgs multimodales Verkehrskonzept zur Vernetzung öffentlich zugänglicher Verkehrsmittel um einen weiteren Mobilitätsbaustein zu erweitern.

 

 

Die Bürgerschaft möge beschließen,

I. Die Bürgerschaft begrüßt,

dass der Senat sich erfolgreich für die Nichtzulassung von Elektrokleinstfahrzeugen auf Gehwegen sowie ein Mindestalter von 14 Jahren eingesetzt hat.

II. Die Bürgerschaft ersucht den Senat,

1. dafür Sorge zu tragen, dass der Umgang mit den zukünftig zugelassenen Elektrokleinstfahrzeugen Bestandteil der laufenden Kampagne „Hamburg gibt Acht!“ zur Stärkung der gegenseitigen Rücksichtnahme wird; dabei ist auch auf die Erfahrungen zurückzugreifen, die mit der Nutzung von Elektro-Tretrollern auf dem Forschungscampus Bahrenfeld gemacht werden;

2. ein Konzept zu entwickeln, mit dem präventiv der möglichen Gefahr begegnet werden kann, dass die Fahrzeuge nach Beendigung von Leihvorgängen im gesamten Stadtgebiet verteilt stehen gelassen und zu Störfaktoren im öffentlichen Verkehrsraum werden; dabei sollte als Mindestanforderung gelten, dass die Verleih-Unternehmen ihre Fahrzeuge mit Lese-/Schreib-API ausstatten und öffnen, damit sie der Stadt zu Überwachungs- und Kontrollzwecken zur Verfügung stehen;

3. Möglichkeiten einer Integration von Sharing-Angeboten für Elektro-Tretroller in Hamburgs multimodale Mobilitätsplattform switchh zu prüfen;

4. sich auf Bundesebene für einen Interoperabilitätsstandard einzusetzen, den jedes Unternehmen einhalten muss, das Dockless Sharing von Fahrzeugen anbietet;

5. zu prüfen, wie Kommunen mit einer starken Steuerungsfunktion ausgestattet werden können, die ihnen die Entscheidungshoheit über Art und Umfang des Angebots an Fahrzeug-Sharing in ihrer Kommune gibt sowie insbesondere auch darüber zu bestimmen, welche Wegeflächen für das Abstellen von Sharing-Fahrzeugen genutzt werden können und welche nicht, und gegebenenfalls entsprechende Gesetzesinitiativen zu ergreifen;

6. der Bürgerschaft bis 30.9.2019 über die ergriffenen Maßnahmen und Ergebnisse zu berichten.

 

sowie
  • der Abgeordneten Martin Bill
  • Olaf Duge
  • René Gögge
  • Antje Möller
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion