Änderung der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft (Redezeiten in der „Aktuellen Stunde“)
Mittwoch, 12.06.2024
Zur „Aktuellen Stunde“ (§ 22 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft) jeder Bürgerschaftssitzung können vier Fraktionen – rotierend – jeweils ein Thema anmelden. Die Gesamtdauer der Aussprachen dazu soll 75 Minuten nicht überschreiten. Der Aufruf der Wortmeldungen zu den einzelnen Anmeldungen erfolgt im üblichen Debattensystem, beginnend mit der anmeldenden Fraktion, gefolgt von Redner:innen der anderen Fraktionen unter Berücksichtigung der Fraktionsstärke. Nach geübter Praxis wird im Anschluss den fraktionslosen Abgeordneten das Wort erteilt. Dabei beläuft sich die maximale Redezeit der fraktionsangehörigen Abgeordneten in der ersten „Runde“ der Wortbeiträge auf fünf und in jeder weiteren „Runde“ auf drei Minuten pro Redebeitrag.
Fraktionslose Abgeordnete dürfen sich nur zu einem angemeldeten Thema und nur einmalig im Rahmen dieser Redezeit äußern. Damit steht ihnen jedoch in der „Runde“, die sie für ihre Wortmeldung wählen, dieselbe Redezeit wie jeder:jedem Fraktionsvertreter:in zu. Wenn in der Aktuellen Stunde jede Fraktion und alle fraktionslosen Abgeordneten (in der ersten Runde) von ihrem Rederecht Gebrauch machen, ergibt sich bei derzeit fünf in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen und fünf fraktionslosen Abgeordneten eine Gesamtredezeit für die Fraktionen von 50 Minuten und für die fraktionslosen Abgeordneten von 25 Minuten. Damit entfällt ein Drittel der Gesamtredezeit auf die (derzeit) fünf fraktionslosen Abgeordneten, obwohl diese lediglich (gerundet) 4 Prozent der Mitglieder der Bürgerschaft darstellen. Ihnen kommt damit im Vergleich zu den Fraktionen ein überproportionales zeitliches Gewicht in der Aussprache zu.
Künftig sollen die politischen Kräfteverhältnisse in der Bürgerschaft angemessener abgebildet werden, indem die Redezeit für fraktionslose Abgeordnete in der Aktuellen Stunde auf einen einmaligen maximal drei Minuten betragenden Redebeitrag zu nur einem Gegenstand festgelegt wird. Danach würden auf Redebeiträge der fraktionslosen Abgeordneten noch insgesamt 20 Prozent der Aktuellen Stunde entfallen können.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Die Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 1. April 2020 (Amtl. Anzeiger 2020, S. 518), zuletzt geändert am 29. Juni 2022 (Amtl. Anzeiger 2022, S. 985), wird wie folgt geändert:
§ 22 Abs. 4 Satz 2 erhält folgende Fassung:
„Fraktionslose Abgeordnete dürfen nur zu einem Gegenstand und einmalig nicht länger als drei Minuten sprechen.“
Begründung:
Ziel der Änderung ist es, das Rederecht einer:eines fraktionslosen Abgeordneten auf einen dreiminütigen Redebeitrag zu nur einem Gegenstand der Aktuellen Stunde zu beschränken. Die Änderung erfolgt vor dem Hintergrund, dass die bisherige Regelung den fraktionslosen Abgeordneten in der Aktuellen Stunde eine Redezeit zubilligt, die im Vergleich zu den Redezeitkontingenten der Fraktionen im Ergebnis zu einer weit überproportionalen Berücksichtigung der fraktionslosen Abgeordneten führen kann, denn nach bisherigem Verständnis und bisheriger Praxis billigt die Regelung des § 22 Abs. 4 Satz 2 Geschäftsordnung (GO) auch den fraktionslosen Abgeordneten zu einem Gegenstand ihrer Wahl eine Redezeit von fünf Minuten in der ersten Runde der Aussprache oder von drei Minuten in einer der folgenden Runden zu.
Die Verfassung gebietet es aber nicht, Fraktionslosen einen Einfluss einzuräumen, der ihr Gewicht im Parlament weit übersteigt. Sie stehen statusrechtlich nicht den Fraktionen, sondern den übrigen fraktionsangehörigen Abgeordneten gleich. Als Maßstab für ihren Redeanteil in der Aktuellen Stunde kann herangezogen werden, dass sie – anders als die Sprecher:innen der Fraktionen – nur für sich allein sprechen. Auch bei einer nur einmaligen dreiminütigen Redezeit zu einem Gegenstand wird den fraktionslosen Abgeordneten im Vergleich zu den aus mehreren Mitgliedern der Bürgerschaft bestehenden Fraktionen eine gewichtige Beteiligung an der Aussprache ermöglicht.
Die verfassungsgemäßen Rechte der fraktionslosen Abgeordneten werden dabei hinreichend gewahrt. Die Neuregelung verstößt nicht gegen den unmittelbaren verfassungsrechtlichen Anspruch aller Abgeordneten auf formale Gleichbehandlung aller Mitglieder der Bürgerschaft, grundsätzlich gleicher Mitwirkungsbefugnisse und gleicher Rechte und Pflichten, die aus Art. 7 Abs. 1 Hamburgische Verfassung folgen (freies Mandat).
Die Einschränkung der Redezeit von fraktionslosen Abgeordneten im Rahmen der Aktuellen Stunde durch die Geschäftsordnung der Bürgerschaft ist gerechtfertigt und entspricht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Sie dient dazu, die Redezeit so zu verteilen, dass die politischen Kräfteverhältnisse in der Bürgerschaft angemessener abgebildet und so die Repräsentativität der Debatte gewahrt wird, indem sie auf fraktionsangehörige Abgeordnete, die zusammen mehr Wähler:innen vertreten als fraktionslose Abgeordnete, mehr Redezeit entfallen lässt.
Die Regelung kann zudem ein zu großes Ungleichgewicht zu Lasten der Fraktionen vermeiden. Diese sind für die parlamentarische Arbeit und damit die Funktionsfähigkeit der Volksvertretungen allgemein unabdingbar und haben deutlich größere politische Handlungs- und Durchsetzungsmöglichkeiten als Abgeordnete, die keiner Fraktion angehören. Dies spiegelt sich bereits in den Redezeiten wider, die für die regulären Plenardebatten zur Verfügung stehen: Während gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GO i. V. m. Anlage 2 Ziffer 3 eine Gesamtredezeit von 300 Minuten (zuzüglich der Redezeit für die fraktionslosen Abgeordneten) vorgesehen ist, steht den Fraktionslosen lediglich ein Redezeitkontingent von je insgesamt 5 Minuten zur Verfügung, und damit nur zwei Minuten mehr als für die deutlich kürzere Aktuelle Stunde.
Die Regelung ist auch nicht unangemessen. Eine maximale Redezeit von drei Minuten in der Aktuellen Stunde ermöglicht den fraktionslosen Abgeordneten durchaus, ihre eigene politische Positionierung zu aktuellen politischen Themen im Parlament und in der Öffentlichkeit an prominenter Stelle sichtbar zu machen.
sowie
- Michael Gwosdz
- Jennifer Jasberg
- Dominik Lorenzen
- Lena Zagst
- Mareike Engels
- Eva Botzenhart
- Alske Freter
- Sina Imhof
- Lisa Kern
- Sina Aylin Koriath
- Sonja Lattwesen
- Lisa Maria Otte (GRÜNE) und Fraktion und der Abgeordneten Dennis Gladiator
- Dennis Thering
- Richard Seelmaecker
- Dr. Anke Frieling
- André Trepoll (CDU) und Fraktion