Zum Hauptinhalt springen

Einigung mit der Volksinitiative „Boden & Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten! Keine Profite mit Boden & Miete

Mittwoch, 02.11.2022

Die Initiatoren der Volksinitiative „Boden & Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten! Keine Profite mit Boden & Miete!“ haben am 19. Oktober 2020 beim Hamburger Senat die Unterschriftenlisten mit über 10.000 Unterschriften zur Unterstützung der Volksinitiative eingereicht, welche nach entsprechender Prüfung durch den Senat zustande gekommen ist. Gegenstand der Volksinitiative ist eine andere Vorlage im Sinne von §2 Absatz 1 Satz 1 Variante 2 des Volksabstimmungsgesetzes (VAbstG). Die Volksinitiative hat die Forderung nach einem grundsätzlichen Verbot der Veräußerung von Grundstücken und Wohnungen der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer Unternehmen zum Gegenstand.

 

I. Gegenstand und Begründung der Volksinitiative

Der genaue Gegenstand der Initiative lautet: „Die Stadt Hamburg veräußert grundsätzlich keine Grundstücke und Wohnungen in Hamburg mehr. Diese Regelung umfasst das gesamte unmittelbare und mittelbare Landesvermögen. Bei Landesbeteiligungen und Körperschaften der Stadt sind Senat und Bürgerschaft verpflichtet, ihre Gesellschafter- und Aufsichtsrechte zu nutzen, um Veräußerungen zu verhindern. Ausnahmen kann die Hamburgische Bürgerschaft bei besonderem öffentlichem Interesse beschließen.“

Die im Gesetz gemäß § 5a Absatz 1 Satz 3 VAbstG vorgesehene Anhörung der Initiator:innen der Volksinitiative erfolgte im Stadtentwicklungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am 18. Januar 2021 (vgl. Ausschuss-Protokoll 22/5 und Drs. 22/2955). Im Anschluss daran sind die antragstellenden Fraktionen mit den Vertreter:innen der Volksinitiative in den Dialog getreten, um die Möglichkeiten für einen Kompromiss auszuloten. Nach vielen sehr intensiven Gesprächen ist mit dem nachfolgenden Ersuchen ein Konsens gelungen, der zu einer Beendigung des laufenden Volksgesetzgebungsverfahrens führen soll.

 

II. Die Initiatoren erklären zur Begründung ihrer Volksinitiative Folgendes:

Steigende Mieten und das Fehlen preisgünstiger Wohnungen belasten immer mehr Hamburger:innen. Modernisierungen, Umwandlungsdruck und das Auslaufen der Sozialbindung verschlimmern die Situation. Die Zahl der Sozialwohnungen wird immer kleiner, städtische Flächen für soziale Infrastruktur und Stadtentwicklung werden immer knapper.

Städtische Immobilienmärkte sind zum Tummelplatz nationaler und internationaler Investoren jeder Couleur geworden. Jahrzehntelang hat zudem der Hamburger Senat städtische Flächen zu höchsten Preisen verkauft und damit die Grundstückspreise und Wohnungsmieten mit in die Höhe getrieben. Wohnungen sind deshalb zunehmend in der Hand von Unternehmen, die auf Kosten der Mieter:innen auf maximale Gewinne ausgerichtet sind.

Boden ist wie Wasser und Luft kein Gut wie jedes andere. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1967 in einem Beschluss zu Art. 14 Grundgesetz festgestellt: „Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen.“ Städtische Grundstücke sind die Voraussetzung für jede soziale und öffentliche Stadtentwicklung, günstigen Wohnraum, soziale Infrastruktur, Erholung und andere öffentliche Interessen. Sie müssen heute und für künftige Generationen zur Verfügung stehen statt zur Ware zu werden. Der Bestand muss gehalten und vergrößert werden.

Damit Hamburg wieder eine ausreichende Anzahl dauerhaft preisgünstiger Wohnungen bekommt und damit die Stadt auch in Zukunft Flächen für Kitas, Schulen usw. zur Verfügung stellen kann, darf die Stadt keine Wohnungen und Grundstücke mehr verkaufen. Das Vorhandensein von städtischen Flächen ist Voraussetzung für ein soziales Hamburg von Morgen. Statt dem Verkauf von Grundstücken sollen diese ausschließlich im Rahmen des Erbbaurechts vergeben werden. Tatsächlich sind bislang nur wenige öffentliche Flächen im Erbbaurecht vergeben worden – trotz anderslautender Zusagen im Koalitionspapier von SPD und Grünen.

Grundsätzlich bestand insoweit Einigkeit zwischen den Vertreter:innen der Senatsfraktionen und den Volksinitiativen, soweit es sich um Grundstücke für den Wohnungsbau handelt. Allerdings wurden gewichtige Ausnahmen vorausgesetzt. So wurde von den Vertreter:innen der Senatsfraktionen insbesondere Spielraum verlangt, um im Rahmen einer aktiven Liegenschafts- und Bodenbevorratungspolitik Grundstücke zu verkaufen (wenn auch in enger als bisher umrissenen Fällen). Die dadurch gewonnenen Finanzmittel sollen für die Schaffung von dauerhaft bezahlbaren Wohnungen verwendet werden, z. B. um das Vorkaufsrecht zu nutzen oder für den Ankauf neuer Flächen für den Wohnungsbau. Außerdem sollen Ausnahmen für Stadtentwicklungsgesellschaften möglich sein, zu deren von der Bürgerschaft legitimiertem Geschäftszweck es gehört, Grundstücke zu veräußern, um damit Quartiere zu entwickeln und die Erschließung zu sichern, z. B. IBA, HCH etc. Dies gilt für die großen Entwicklungsgebiete wie Oberbillwerder, Grasbrook usw.

Wir konnten in einigen dieser eingeforderten Ausnahmen letztlich keine inhaltliche Einigung herbeiführen. Der Ausnahmekatalog betrifft die Forderung der Volksinitiative im Kern und wäre so im Ergebnis kaum geeignet eine Einigung herbeizuführen.

Wir konnten uns jedoch letztlich mit der Idee einer Verfassungsänderung durchsetzen, die jedenfalls Wohngrundstücke grundsätzlich vom Verkauf ausschließt. Entscheidend war, dass in einem neuen Art. 72 Abs. 6 der Hamburgischen Verfassung festgelegt werden soll, dass das Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) an Grundstücken, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, grundsätzlich nicht an Dritte übertragen wird. Das Nähere regelt ein Gesetz (die Landeshaushaltsordnung), das insbesondere im öffentlichen Interesse liegende Übertragungen zulassen kann. Ausnahmen, die in die Landeshaushaltsordnung aufgenommen werden, gelten u. a. für Funktions- und Arrondierungsflächen und wirtschaftliches Teileigentum, Grundstückstausch, Infrastrukturmaßnahmen aufgrund bundesrechtlicher Verpflichtungen und Verkauf an landeseigene Gesellschaften.

Im Gegenzug für diese Verfassungsänderung, die nur mit einer 2/3 Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft möglich ist und von den Verhandlungspartnern unterstützt wird, und damit praktisch vor Änderungen und Rückgängigmachung geschützt ist, haben wir auch den Ausnahmen zugestimmt.

Der Bau von preiswertem Wohnraum verbraucht letztlich viel Energie und versiegelt Flächen. Für die Versorgung der Menschen ist jedoch neuer preiswerter Wohnraum unverzichtbar. Und das in großer Zahl. Kluge Lösungen für das Klima und die Wohnungsnot sowie starke politische Entscheidungen sind erforderlich. Die hiesige Einigung stellt insofern auch keine Stellungnahme zu den öffentlichen Streitfragen rund um größere Entwicklungsgebiete dar.

Ausnahmeverkäufe, z. B. bei Verkäufen der Stadtentwicklungsgesellschaften im Rahmen der Quartiersentwicklung, muss künftig die Hamburgische Bürgerschaft beschließen, ebenso wenn die Generalklausel Anwendung findet, dass in wichtigen Fällen Verkäufe beschlossen werden können.

Dies war für uns wichtig, damit eine öffentliche Kontrolle möglich ist.

Aber auch Grundstücke im Stadtgebiet, die nicht für den Wohnungsbau bestimmt sind und die nicht von der Verfassungsänderung umfasst sind, sollen im Eigentum der Stadt verbleiben, soweit dies zur Gewährleistung der sozialen und sonstigen Infrastrukturentwicklung und des Natur- und Klimaschutzes erforderlich ist.

Wenn Grundstücke abgegeben werden, geschieht dies künftig grundsätzlich im Wege des Erbbaurechts (das betrifft sämtliche Grundstücke, auch die Infrastruktur- und Gewerbeflächen).

Wichtig für uns war auch, dass der Senat sich verpflichtet, dass die Flächenbilanz zu-künftig im mehrjährigen Vergleich positiv ausfällt, sodass die Gesamtfläche im Staatsgebiet der FHH in öffentlicher Hand erhalten bleibt und zukünftig zunimmt.

Auch die in der Vereinbarung enthaltene Verpflichtung des Senats, sich weiter im Bund in geeigneter Weise für eine Weiterentwicklung der Immobilienwertermittlungsverordnung, für das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern bei Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) sowie für ein (wieder) umfassend wirksames Vorkaufsrecht einzusetzen, ist hoffentlich ein zusätzlicher Antrieb, das mietenpolitische Schneckentempo auf Bundesebene zu beschleunigen.

Wir erhoffen uns mit der hiesigen Einigung – trotz aller Ausnahmen –, für aktuelle und künftige Generationen von Stadtbewohner:innen mehr Grundstücke für bezahlbaren Wohnraum und soziale Stadtentwicklung im Besitz der Stadt zu sichern.

 

III. Rot-Grüne Bodenpolitik für eine soziale Stadtentwicklung

Grund und Boden sind nicht vermehrbar. Der richtige Umgang mit dem knappen Gut des Bodens ist daher ein entscheidender Hebel für eine soziale Stadtentwicklungspolitik. Eines der wichtigsten Ziele der Hamburger Bodenpolitik ist es dabei, langfristig für viele Menschen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt in den Metropolen ist angespannt und daher eine kontinuierlich große Aufgabe. Die Gründe für die angespannte Situation und die Entwicklung der Bodenpreise sind komplex und vielfältig. Auch das positive Bevölkerungssaldo sowie die damit steigende Nachfrage nach Wohnraum und das niedrige Zinsniveau gehören dazu.

Dieser Befund macht deutlich, dass Grund und Boden für das Gemeinwohl eine unverzichtbare Grundlage für das Zusammenleben sind. Daher ist eine sozial gerechte und am Gemeinwohl orientierte Flächenpolitik ein Thema von entscheidender Bedeutung für die Zukunft Hamburgs.

Die Knappheit und Endlichkeit von Grund und Boden bedarf einer konzeptionellen Steuerung durch die öffentliche Hand. Dabei liegt in Hamburg der verfassungsgemäße Auftrag für die Veräußerung von Staatsgut – und damit auch von öffentlichem Grund –, soweit diese nicht zum regelmäßigen Gang der Verwaltung gehört, bei der Bürgerschaft (Artikel 72 Absatz 6 HV). Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Grundstück unter seinem Verkehrswert veräußert werden soll. Es gilt dabei immer, den Schutz des Eigentums auch im Kontext der kommunalen Entwicklungsinteressen zu betrachten und ausgeglichen zu gewichten.

Aus Sicht der den Senat tragenden Fraktionen soll ein kooperativer Ansatz, wie Hamburg ihn mit dem Bündnis für das Wohnen gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft und unter partnerschaftlicher Beteiligung der Mietervereine verfolgt, fortgeführt und weiterentwickelt werden. Im Hamburger Bündnis für das Wohnen wird bereits heute viel Kraft investiert, damit mehr bezahlbarer Wohnraum gebaut wird und erhalten bleibt. Nachhaltiges Bestreben ist es, dass auch Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen weiterhin bezahlbare Wohnungen in Hamburg finden können. Neben dem notwendigen Wohnungsbau ist auch die soziale Mischung in den Quartieren ein wichtiger Pfeiler für ein gelingendes Zusammenleben in der Stadtgesellschaft.

Grund und Boden ist die Voraussetzung für unterschiedliche Infrastrukturen. Neben dem Wohnen bedarf es Flächen auch für die verkehrliche und soziale Infrastruktur sowie unter anderem für Gewerbe und den Industriestandort Hamburg.

Das Grundeigentum Hamburgs und der öffentlichen Unternehmen soll wachsen. Hamburgs Flächenbilanz soll positiv sein. Dabei sollen und müssen auch langfristige Belange einer sozialen Quartiersentwicklung realisiert werden. Akteure am Wohnungsmarkt, die sich am Gemeinwohl orientierten Zielen verpflichtet fühlen, sollen durch gute Konditionen beispielsweise beim Erbbaurecht und durch moderate, an den sozialen Bindungen orientierte Grundstückspreise gefördert werden.

Der Anteil der Erbbaurechtsvergaben soll in Hamburg größer werden. Ca. 4.400 Grundstücke sind derzeit in Hamburg im Erbbaurecht vergeben. Das sind rund 4,3 Prozent der Landesfläche. Hamburg hat mit der Neuausrichtung seiner Bodenpolitik (vgl. Drs. 21/18514) die intensivere Nutzung des Erbbaurechts beschlossen. Sowohl bei Neubestellungen als auch bei Verlängerungen wurden die Konditionen weiterentwickelt und verbessert. Zudem ist Hamburg 2019 dem Deutschen Erbbaurechtsverband beigetreten. Der Erbbauzins für Grundstücke liegt derzeit in Hamburg bei 1,5 Prozent des vollen Bodenwertes, eine regelmäßige Anpassung an den Verbraucherpreisindex wurde ebenfalls für Hamburg beschlossen. Die Laufzeiten sollen bis zu 100 Jahre (zzgl. Verlängerungsoption) möglich sein. Hamburg ist mit diesen Konditionen bundesweit ein Vorreiter. Auch andere deutsche Städte wie beispielsweise Berlin, München oder Frankfurt am Main und viele weitere Kommunen nutzen vermehrt das Instrument des Erbbaurechts auch bei Wohnnutzung. Damit Hamburg bundesweit Vorreiter beim Erbbaurecht bleibt, sollen die Konditionen im Erbbaurecht weiter geschärft und verbessert werden. Hamburg will das Erbbaurecht noch attraktiver machen. Dazu trägt auch die aktuelle Initiative bei, auf Bundesebene eine Öffnungsklausel auch für einen abgesenkten Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer für Erbbaurechte vorzusehen – damit können die Erwerbsnebenkosten beim Erbbaurecht signifikant gesenkt werden.

Die Entscheidung über die Vergabe nach Erbbaurecht oder einen Verkauf soll weiterhin nach klaren Kriterien vorgenommen werden. Dabei soll der haushaltsrechtliche Rahmen für öffentliche Grundstücksverkäufe deutlich enger gezogen werden und mit Verfassungsrang belegt werden Eine Entscheidung ist jeweils vor dem Hintergrund der Verfassungsänderung zu prüfen, damit ein sachgerechtes Verfahren gewährleistet ist. Unbilligkeiten und Ungleichbehandlungen gilt es auch in Zukunft zu vermeiden.

Für die Handlungsfähigkeit der Stadt im Rahmen einer aktiven Liegenschafts- und Bodenbevorratungspolitik ist es jedoch auch wichtig, dass Hamburg auch weiterhin in bestimmten, enger als bisher umrissenen Fällen Grundstücke verkaufen darf. Denn die Stadt benötigt Finanzmittel, um Flächen ankaufen und das Vorkaufsrecht nutzen zu können. Flächen, die grundsätzlich aus rechtlichen o. a. Gründen nicht bebaut werden dürfen und auch Arrondierungsverkäufe sowie Vorgänge, die ausschließlich durch die Verwaltung durchgeführt werden, sollen auch weiterhin von einem Verkaufsverbot grundsätzlich ausgenommen bleiben. Auch der Verkauf von Flächen zur Finanzierung des Ankaufs neuer Flächen und ihrer Erschließung für den Wohnungsbau bleibt erforderlich. Im Bereich der durch städtische Gesellschaften und Sondervermögen betreuten Stadtentwicklungsgebiete können so neue Quartiere geschaffen werden. Diese Maßgaben sollen Eingang finden in eine Änderung der Hamburgischen Verfassung, die damit das Anliegen der Volksinitiative aufgreift.

Neben der Stärkung des Erbbaurechts, der konsequenten Anwendung von Vorkaufs-rechten, der Weiterentwicklung der Wiederkaufsrechte sowie der Aktivierung privater und öffentlicher Liegenschaften sind auch Flächenrecycling, die Ausweisung urbaner Gebiete, der strategische Flächenankauf (z. B. an Magistralen) und Umlegungen Teile ineinandergreifender Module der Flächenentwicklung in Hamburg. Weiterhin gilt es auch, alle gesetzlichen Möglichkeiten in Hamburg zu nutzen, die sich Hamburg durch das neue Baulandmobilisierungsgesetz bieten.

Darüber hinaus ist in den Verhandlungen mit den Volksinitiativen das gemeinsame Anliegen von Initiatoren und Stadt deutlich geworden, die Schaffung und Erhaltung bezahlbaren Wohnraums als wichtiges Ziel staatlichen Handelns zu begreifen. Dieses Anliegen soll als Staatszielbestimmung zukünftig Verfassungsrang haben. Staatszielbestimmungen sind als „Programmsätze“ oder „Leitlinien“ zu verstehen. Sie sind Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung, die der Staatstätigkeit die fortdauernde Beachtung oder Erfüllung bestimmter Aufgaben – sachlich umschriebener Ziele – vorschreiben.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

I. Vor diesem Hintergrund wird der Senat ersucht,

1. den Verkauf von Wohnungen und Wohngrundstücken grundsätzlich auszuschließen. Ausnahmen sind nach Maßgabe von Ziff. II des Ersuchens in einer Änderung der Landeshaushaltsordnung (als Ausführungsgesetz zu Art. 72 Abs. 6 HV) zu berücksichtigen oder bedürfen eines Beschlusses der Hamburgischen Bürgerschaft;

2. Grundstücke im Stadtgebiet, die nicht für den Wohnungsbau bestimmt sind, sollen im Eigentum der Stadt verbleiben, soweit dies zur Gewährleistung der sozialen und sonstigen Infrastrukturentwicklung und des Natur- und Klimaschutzes erforderlich ist.

a. Um diese Zielsetzung abzusichern, ist unverzüglich eine Melde- und Andienungspflicht für entbehrliche Grundstücke innerhalb des Konzerns FHH einzuführen, die darauf gerichtet ist, von der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) an die öffentlichen Unternehmen übertragene Flächen zuvörderst anderen städtischen Nutzungen zuzuführen und nur im Ausnahmefall extern und dann grundsätzlich im Erbbaurecht zu veräußern.

b. Der Senat trägt verbindlich und umfassend dafür Sorge, dass Ausnahmen für (in diesem Ersuchen aufgrund der Vielgestaltigkeit der Fallgestaltungen nicht spezifisch berücksichtigte) Nicht-Wohn-Grundstücke (insbesondere für Gewerbe zum Zwecke der Wirtschaftsförderung u. a. durch die hierfür ausdrücklich legitimierten städtischen Gesellschaften wie Hamburg Invest Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (HIE), Billebogen Entwicklungsgesellschaft mbh & Co. KG (BBEG) und IBA Projektentwicklungs GmbH & Co. KG (IPEG), sowie zum Zweck der Stadtentwicklung durch die hierzu legitimierten Gesellschaften und sonstige Bedarfe) entsprechend der Maßgaben von Ziff. II des Ersuchens bzw. nach Einzelfallprüfung im öffentlichen Interesse gewährt werden können.

c. Der Senat berichtet über Umsetzung und Einhaltung im Rahmen des Monitorings gemäß Ziff. 5.

d. Zur Sicherung der Zielsetzung ist in geeigneten Fällen ein grundbuchlich gesichertes Wiederkaufsrecht zugunsten der FHH vorzusehen.

e. Der Senat stellt über seine Fachbehörden sicher, dass die in den Zuständigkeitsbereichen der Fachbehörden befindlichen und von diesem Ersuchen berührten öffentlichen Unternehmen in der entsprechend ihrer Rechtsform rechtlich möglichen Art und Weise an der Umsetzung mitwirken.

3. öffentliche Flächen nach Maßgabe von Ziff. 1 und 2 grundsätzlich im Erbbau-recht zu veräußern.

4. im Rahmen seiner Flächenpolitik sicherzustellen, dass die Flächenbilanz zu-künftig im mehrjährigen Vergleich (ausgehend von einem vom Senat zu bestimmenden, geeigneten Stichtag) positiv ausfällt, sodass die Gesamtfläche im Staatsgebiet der FHH in öffentlicher Hand erhalten bleibt und zukünftig zunimmt.

5. hierüber jährlich im Rahmen einer Flächenbilanz für die städtischen Flächen (inkl. der Grundstücke öffentlicher Unternehmen) zu berichten, um ein transparentes Monitoring der Fortschritte und Handlungsbedarfe gemäß Ziff. 1 zu ermöglichen.

6. die Attraktivität des Erbbaurechts in Hamburg zum Beispiel im Hinblick auf einen abgesenkten Steuersatz für Erbbaurechte bei der Grunderwerbsteuer, den Erbbauzins, die Laufzeiten und die Beleihbarkeit möglichst weiter zu steigern

7. zielgruppenspezifische Kampagnen zur Steigerung der Akzeptanz des Erbbau-rechts zu entwickeln (insbesondere in Richtung der Wohnungs- und Finanzwirtschaft), und

8. sich im Bund in geeigneter Weise für eine Weiterentwicklung der Immobilienwertermittlungsverordnung und für das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) und für ein (wieder) umfassend wirksames Vorkaufsrecht einzusetzen.

 

II.

Einundzwanzigstes. Gesetz

zur Änderung der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg

Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952 (Sammlung des bereinigten hamburgischen Landesrechts I 100-a), zuletzt geändert am 3. November 2020 (HmbGVBI. S. 559), wird wie folgt geändert:

1. Artikel 72 Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„(6) Zur Gewährleistung der Wohnraumversorgung soll das Eigentum an Grundstücken der Freien und Hansestadt Hamburg, die für den Wohnungsbau bestimmt sind, grundsätzlich nicht an Dritte übertragen werden. Das Nähere regelt ein Gesetz, das insbesondere im öffentlichen Interesse liegende Übertragungen zulassen kann. Eigentumsübertragungen von Grundstücken im Sinne von Satz 1 sind nur zulässig, wenn sie durch Gesetz oder auf Beschluss der Bürgerschaft zugelassen sind. Im Übrigen ist die Veräußerung von Staatsgut, die nicht zum regelmäßigen Gang der Verwaltung gehört, nur auf Beschluss der Bürgerschaft zulässig.“

2. Hinter Artikel 73 wird folgender Artikel 73a eingefügt:

 

„Artikel 73a

 

Die Freie und Hansestadt Hamburg fördert und unterstützt im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Schaffung, die Erhaltung und die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen. Sie wirkt in der Bauleitplanung nach Maßgabe des geltenden Rechts insbesondere auf die Berücksichtigung der Belange des Wohnens, der Wirtschaft und der Infrastruktur durch Maßnahmen der Innenentwicklung sowie durch die Ausweisung neuer Bauflächen unter Berücksichtigung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen hin.“

Begründung

Zu II.1.

Entsprechend der Zielsetzung von Ersuchen und Verständigung soll der haushaltsrechtliche Rahmen für öffentliche Grundstücksverkäufe deutlich enger gezogen und mit Verfassungsrang belegt werden.

Für den Wohnungsbau bestimmt sind hiernach Flächen, für die durch Bebauungsplan eine Wohnnutzung festgesetzt ist, das heißt

• Grundstücke in Reinen, Allgemeinen und Besonderen Wohngebieten (§§ 3, 4 und 4a BauNVO) sowie Dorfgebieten und dörflichen Wohngebieten (§§ 5 und 5a BauNVO),

• Grundstücke in Wohngebieten von Baustufenplänen nach § 10 Baupolizeiverordnung (BPVO),

• Grundstücke im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB), auf denen Wohnungs-bau zulässig ist,

• bereits für den Wohnungsbau ausgeschriebene Grundstücke, bei denen das Planänderungsverfahren bereits angelaufen ist.

Grundstücke in Mischgebieten und Urbanen Gebieten (§§ 6 und 6a BauNVO) sowie Mischgebieten in Baustufenplänen nach § 10 BPVO sind nur dann „für den Wohnungs-bau bestimmt“, wenn durch weitere Festsetzungen des Bebauungsplans für das betreffende Grundstück andere als Wohnnutzungen weitgehend ausgeschlossen sind.

In die nach dem Verfassungsänderungsverfahren zu beschließende Änderung von § 64 LHO sollen Ausnahmetatbestände aufgenommen werden, in denen die Übertragung von Eigentum an für den Wohnungsbau bestimmten Grundstücken abweichend von Art. 72 Abs. 6 HV weiterhin möglich ist. Damit sollen insbesondere folgende Fallgestaltungen erfasst werden:

1. Verkauf von Funktions- und Arrondierungsflächen sowie außerhamburgische Immobilien (öffentliches Interesse: Förderung des Wohnungsbaus auf privaten Grundstücken, Vermeidung unwirtschaftlicher Unterhaltungs- und Sicherungspflichten)

• Arrondierungsflächen (Flächen, die den Wohnungsbau auf angrenzenden privaten Flächen ermöglichen oder eine Intensivierung des Wohnungsbaus auf benachbarten privaten Flächen möglich machen; städtische Flächen, die nur zusammen mit einem angrenzenden privaten Grundstück in städtebaulich sinnvoller Weise bebaut werden können);

• Funktionsflächen, die im Ausnahmefall für private Bauvorhaben benötigt werden (Entwässerungsflächen, Privatstraßen, private Grünflächen);

• Vorgartenflächen und sonstige Restflächen, die im Eigentum der Stadt städtebaulich funktionslos sind;

• Einzelflächen in dezentraler Lage ohne weitere angrenzende FHH-Grundstücke;

• außerhamburgische Immobilien.

2. Verkauf von Teileigentum und Wohnungseigentum (öffentliches Interesse: Vermeidung unwirtschaftlicher Verwaltungskosten ohne wesentlichen Einfluss auf die Grundstücksnutzung)

• Im Rahmen von Fiskuserbschaften erworbene Grundstücksanteile (z. B. städtische Erbanteile, Wohnungen, Anteile aus Erbengemeinschaften etc.);

• sonstige Miteigentumsanteile der FHH;

3. Verkauf im Rahmen von Grundstückstausch (öffentliches Interesse: Erwerb gleichwertiger, aber für Ziele der FHH besser geeigneterer Grundstücke)

• Grundstücke, die bei Enteignung als Ersatz beschafft wurden (Veräußerung im Wege des Tausches);

• sonstige Grundstückstauschverträge, bei denen z. B. die FHH ein für den Wohnungsbau bestimmtes Grundstück erhält.

4. Verkauf im Rahmen von bundesrechtlichen Verpflichtungen und Infrastrukturmaß-nahmen

• Flächen, für die eine Veräußerungspflicht nach Bundesrecht besteht;

• Flächen, welche für Infrastrukturmaßnahmen (z. B. des Bundes) benötigt werden.

5. Verkauf an landeseigene Gesellschaften und Stadtentwicklung (Öffentliches Interesse: Förderung öffentlichen Wohnungsbaus, Entwicklung stabiler Nachbarschaften)

• Eigentumsübertragung an Unternehmen, die überwiegend (direkt oder indirekt) im Eigentum der FHH stehen, wenn in geeigneter Weise sichergestellt ist, dass diese ihrerseits die Grundstücke nicht an Dritte (mit Ausnahme anderer städtischer Gesellschaften) verkaufen. Die SAGA als Marktteilnehmerin kann vorbehaltlich der Regelung in Ziffer 6 Grundstücke nur im Erbbaurecht erhalten. Ausnahmen sind möglich für Grundstücke, die für den Wohnungsbau im Erbbaurecht nicht oder nur unwirtschaftlich vermarktbar sind, insbesondere in städtischen Randlagen oder bei Stadtentwicklungsgesellschaften, zu deren von der Bürgerschaft legitimierten Geschäftszweck gehört, Grundstücke zu veräußern, um damit Quartiere zu entwickeln und Erschließung zu sichern, z. B. IBA, HCH u. dgl. Im Fall der Stadtentwicklungsgesellschaften bleibt die Entscheidung der Bürgerschaft vorzubehalten;

• Weiterveräußerung von Teilflächen zur Sicherung der Rentabilität im sozialen Wohnungsbau;

?

 

6. Generalklausel

• Sofern die für die Bestellung von Erbbaurechten erforderliche Einzelfallprüfung ergibt, dass stadtentwicklungs-, wohnungsbaupolitische oder gesamtstädtische Interessen an einer Eigentumsübertragung ausnahmsweise das Interesse an einer Erbbaurechts-Bestellung überwiegen; In diesem Fall bleibt die Entscheidung der Bürgerschaft vorbehalten;

 

7. Übergangsregelung

• Es ist eine geeignete Übergangsregelung vorzusehen, wonach Verkäufe in Altfällen (z. B. Verkauf war Gegenstand einer Ausschreibung bzw. war als Direktvergabe bereits in der Vergangenheit zugesagt) weiterhin befristet möglich sind;

• In Art. 72 Abs. 6 HV n.F. ist ferner die Möglichkeit enthalten, dass die Bürgerschaft eine Übereignung zulässt, wenn kein verfassungsrechtlich bzw. gesetzlich vorgesehener Ausnahmetatbestand greift (so wie in § 63 Abs.3 LHO);

 

Mit diesem Vorschlag wird insgesamt klargestellt, dass in den vorgesehenen Ausnahmefällen die KfB (außer in Ziff. 5 Punkt 1 am Ende und Ziff. 6) entscheiden kann, diese Veräußerungen also zum regelmäßigen Gang der Verwaltung i.S.v. § 3 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Gesetz über die Kommission für Bodenordnung gehören.

Da der Grundsatz von Gebot und Verbot im Hinblick auf Wohnungsbaugrundstücke zu-künftig Verfassungsrang und der Ausnahmerahmen Gesetzesrang erhält, wacht die Hamburgische Bürgerschaft zukünftig hier über das Regel-Ausnahme-Verhältnis.

Zu II.2.

Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis, das als Voraussetzung für die Ausübung und den Zugang zu Grundrechten und für ein menschenwürdiges Leben angesehen werden muss. Aus diesem Grund erklärt Art. 73a HV n.F. die Förderung und Unterstützung der Schaffung, der Erhaltung und der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen als neue Staatszielbestimmung der Freien und Hansestadt Hamburg.

 

sowie
  • Jennifer Jasberg
  • Dominik Lorenzen
  • Lena Zagst
  • Michael Gwosdz
  • Rosa Domm
  • Olaf Duge
  • Sonja Lattwesen
  • Zohra Mojadeddi
  • Johannes Alexander Müller
  • Andrea Nunne
  • Lisa Maria Otte
  • Dr. Miriam Putz
  • Ulrike Sparr (GRÜNE) und Fraktion