Hamburgs Wochenmärkte stärken – Rahmenbedingungen verbessern
Freitag, 24.01.2025
zu Drs. 22/17640
Die Hamburger Wochenmärkte sind ein wichtiger Baustein der regionalen und stadt-eilbezogenen Versorgung der Bevölkerung mit Waren des täglichen Lebens, die häufig aus eigener Erzeugung bzw. aus der Region stammen und damit ein zentraler Baustein der lokalen und einer zunehmend nachhaltigeren Wirtschaft sind. Sie sind in vielen Stadtteilen mit ihrer lebendigen Atmosphäre ein Ort des Treffens und der Begegnung von Jung und Alt und wichtige Säulen für die Belebung und des nachbarschaftlichen Miteinanders in den Stadtteilen. Für viele Kund:innen ist auch die persönliche Beziehung zu den Marktbeschickern und vor allem auch deren Beratung über die Herkunft, die Zubereitung oder die Lagermöglichkeit der angebotenen regionalen und saisonalen Produkte von zentraler Bedeutung. Für die Händler:innen sowie Erzeuger:innen aus Hamburg und dem Umland sind die Wochenmärkte deshalb auch eine wichtige Möglichkeit, den Verbraucher:innen am Wohnort ihre Waren und Erzeugnisse anzubieten. Diese Direktvermarktung z. B. von selbst angebautem Gemüse und Obst oder Fleischprodukten aus nachhaltiger Erzeugung ist eine wichtige Lebensgrundlage für das vor allem durch Klein- und Familienbetriebe geprägte landwirtschaftliche Gewerbe in Hamburg und Umgebung.
Eigentlich entsprechen Wochenmärkte voll dem Trend zur Nachhaltigkeit in Erzeugung und Verbrauch auf dem Ernährungssektor. Doch die Entwicklung der Wochenmärkte zeigt aktuell in einigen Teilen Hamburgs ein anderes Bild: Im Bezirk Hamburg-Nord wurden aktuell zwei Wochenmärkte aufgegeben.
Die Gründe hierfür sind vielfältig: begrenzte Marktzeiten in Zeiten von Online-Shopping und Lieferservice, begrenzte Marktwaren im Vergleich zu Supermärkten mit niedrigeren Warenpreisen und Sonderangeboten.
Vom Verband der Marktbeschicker werden als Gründe für die Aufgabe insbesondere der Mangel an Nachfolgern angeführt und die gestiegenen Vorschriften und Auflagen, die viele potentielle Anbieter abschrecken, weil sie die Wirtschaftlichkeit des Betriebes deutlich einschränken und somit zum Hemmnis werden.
Aktuelle Befragungen im Bezirk Hamburg-Mitte im Rahmen einer Untersuchung des Bezirksamtes haben jedoch auch gezeigt, dass viele Hamburger:innen die Märkte in Ihrem Viertel nicht kennen. Verbessern ließe sich die Bekanntheit durch eine intensivierte Bewerbung der jeweiligen Wochenmärkte auf der Basis einer kleinteiligen Marktanalyse. Denn die Situation und die Probleme der einzelnen Wochenmärkte stellt sich in den verschiedenen Stadtteilen Hamburgs sehr unterschiedlich dar: was zu einem Markt passt, kann bei einem anderen die Attraktivität beeinträchtigen.
Anhand der Analyse sollen Daten zu den spezifischen Bedingungen vor Ort erhoben werden, um jeden Markt inklusive seiner Bewerbung noch besser auf die Bedarfe ausrichten zu können. Hierzu zählen z. B. demografische und soziale Daten zur Nachbarschaft, verkehrstechnische Erreichbarkeit, lokale Wirtschaftsstrukturen, benachbarte Institutionen, Einrichtungen und Unternehmen sowie bestehende Kooperationen oder denkbare Kooperationsmöglichkeiten der Märkte. Dabei sind auch die unterschiedlichen Bedingungen für die Wochenmärkte am selben Standort an verschiedenen Markttagen zu berücksichtigen.
Zusätzlich zu den kleinteiligen Bedingungen vor Ort müssen jedoch auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dahingehend in den Blick genommen werden, ob diese Hemmnisse für die Entwicklung der Wochenmärkte darstellen. Hierbei geht es sowohl um die bestehenden Regelwerke wie die Zulassungs- und Benutzungsordnung, als auch um die Frage, ob Hamburg von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, sich ein eigenes Marktrecht zu geben. Denn bisher sind die Regelungen fragmentiert in unterschiedliche Zuständigkeiten. Während die Bezirksämter für die Konzeptionierung, Planung und Durchführung bezirklicher Wochenmärkte zuständig sind, verantwortet die Behörde für Wirtschaft und Innovation die fachbehördliche Aufsichtsfunktion und legt zum Beispiel in der Gebührenordnung für das Marktwesen einen Gebührenrahmen für die Wochenmärkte fest.
Sowohl die detaillierte Marktanalyse als auch die kritische Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen sollen im engen Austausch mit den Vertretern des ambulanten Gewerbes und der Schausteller:innen erfolgen.
Die Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wochenmärkte liegt seit der Föderalismusreform I im Jahre 2006 ausschließlich bei den Ländern (Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 GG). Der Titel IV der Gewerbeordnung (§ 64 ff.) gilt seitdem noch als Bundesrecht fort, solange ein Land von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch macht (Artikel 125a Absatz 1 GG). Im Ergebnis ist der Rechtsrahmen für die Wochenmärkte auf verschiedene bundes- und landesrechtliche Gesetze verteilt, die bundesrechtlichen Regelungen in der Gewerbeordnung sind antiquiert und vom Bund mangels Gesetzgebungskompetenz selbst nicht mehr zu ändern. Mit einem einheitlichen landesrechtlichen Rechtsrahmen könnte das Recht der Wochenmärkte für Hamburg modernisiert und so heutigen Anforderungen gerecht werden.
Die Bürgerschaft möge daher beschließen.
Der Senat wird ersucht,
1. durch die für das Marktwesen zuständige Behörde unter Beteiligung der Bezirksämter und Einbeziehung der Vertreter:innen des Landesverbandes des ambulanten Gewerbes und der Schausteller:innen eine kleinteilige auf die jeweiligen Wochenmärkte bezogene Marktanalyse zu erstellen. Ziel der Analyse soll es sein, Maßnahmen zur Stärkung der einzelnen Wochenmärkte zu entwickeln. Dabei sollen z. B. Daten betrachtet werden, die Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Kundschaft, auf die Erreichbarkeit, auf konkurrierende bzw. kooperierende Angebote in der Nachbarschaft sowie daraus resultierend Möglichkeiten der Bewerbung des Marktes zulassen.
2. auf der Basis der jeweiligen Marktanalyse die unter „hamburg.de“ zu den Wochenmärkten präsentierte Internetseite mit dem Ziel zu überarbeiten, den Bekanntheitsgrad und die Attraktivität der Wochenmärkte als zentrale Säulen und Ankerpunkte des nachbarschaftlichen Miteinanders und Zusammenlebens in den Stadtteilen zu steigern.
3. zu prüfen,
a) ob die Verordnung über Wochenmärkte, Volksfeste und Jahrmärkte und die Zulassungs- und Benutzungsordnung für Wochenmärkte dahingehend modernisiert werden kann, dass eine positive Entwicklung der Wochenmärkte erreicht wird,
b) und ob von der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Recht der Messen, Ausstellungen und Märkte (Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 GG) Gebrauch gemacht werden soll, um für die Hamburger Wochenmärkte einen einheitlichen und modernen Rechtsrahmen zu schaffen.
4. der Bürgerschaft bis zum 30.06.2025 über das Ergebnis seiner Prüfungen und die ergriffenen beziehungsweise geplanten Maßnahmen zu berichten.
- Ole Thorben Buschhüter
- Martina Friederichs
- Mathias Petersen
- Anja Quast (Fachsprecher:in Bezirke)
- Frank Schmitt
- Ali Simsek
- Olaf Steinbiß
- Carola Veit
- Ekkehard Wysocki
sowie
- Lisa Kern
- Eva Botzenhart
- Alske Freter
- Sina Imhof
- Jennifer Jasberg
- Sina Aylin Koriath
- Sonja Lattwesen
- Lisa Maria Otte
- Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion und der Abgeordneten André Trepoll
- David Erkalp
- Dr. Anke Frieling
- Dennis Gladiator
- Sandro Kappe (CDU) und Fraktion