Mehr Sicherheit in Stadien und ihrem Umfeld: Maßnahmen für sichere und gewaltfreie Spiele im Profifußball
Mittwoch, 04.09.2024
Fußball erreicht und begeistert viele Menschen jeden Alters. Mit einer Vielzahl von Präventionsprojekten leisten im Profifußball die Vereine im Deutschen Fußballbund e.V. (DFB) und der Deutschen Fußball Liga GmbH (DFL) mit ihren Fanprojekten wertvolle Arbeit für eine bunte Fankultur und für gewaltfreie Begeisterung für den Fußball. Klar ist, das Verhältnis vieler Fans zu ihrem Verein ist Teil eines Lebensgefühls und oftmals identitätsprägend und -stiftend.
Fußball ist aber auch ein Erlebnis für die ganze Familie. Wo viele Menschen und insbesondere Familien aufeinander treffen ist die Sicherheit und Ordnung für alle zu gewährleisten. Für die Sicherheit und Ordnung innerhalb des Veranstaltungsraums sind die Veranstalter:innen verantwortlich. Die Sicherheit im öffentlichen Raum hingegen ist Aufgabe der staatlichen Sicherheitskräfte. Die Polizei greift dabei nicht nur im Fall einer konkreten Straftat ein, sondern ist bei vielen Veranstaltungen bereits im Vorfeld präsent und wirkt damit auch präventiv. Dies ist wichtig, um allen Teilnehmenden ein gutes und sicheres Gefühl zu geben. Auch die Veranstalter:innen profitieren hiervon, denn wenn sich Zuschauer:innen oder Fans auf dem Weg zur Veranstaltung nicht mehr sicher fühlen, könnten diese die Veranstaltung meiden oder nur noch bestimmten Personengruppen überlassen. Dies können wir als Stadtgesellschaft nicht wollen, denn Fußball ist für alle da.
In Deutschland besteht mit dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS) seit 1993 ein bundesweites Konzept, das die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Bereich Gewalt bei Fußballspielen bündelt. Das NKSS wird regelmäßig fortgeschrieben. Dazu gehören unter anderem die institutionelle Zusammenarbeit, eine einheitliche Stadionordnung, bundesweite Stadionverbote sowie die Planung und Durchführung von Fanreisen, um Gewalt und Verfehlungen im Rahmen von Sportveranstaltungen zu vermeiden. Mit den Drucksachen 19/6779 und 20/618 wurde in Hamburg die Umsetzung des NKSS eingefordert. Daraus resultierte die Einrichtung eines Örtlichen Ausschusses Sport und Sicherheit (ÖASS) in Hamburg. Der ÖASS tagt seit 2012 regelmäßig und ist ein wichtiger Baustein für das Thema Sicherheit rund um Fußballspiele in unserer Stadt.
SPD und Grüne begrüßen es, dass sich der Senat und die Sicherheitsbehörden kontinuierlich in einem Dialog mit dem Hamburger SV und dem FC St. Pauli, der DFL, den Fanprojekten sowie weiteren Partner über Möglichkeiten der Prävention aggressiver und eskalierender Geschehensverläufe befinden. Dabei werden gemeinsame Handlungsbedarfe und Lösungswege für einen sicheren und gewaltfreien Stadionbesuch auch mit Hilfe eines Perspektivwechsels der Beteiligten erörtert. Diesen Prozess gilt es weiter zu verstetigen.
Fehlverhalten im Rahmen von Profifußballspielen müssen Konsequenzen haben. Ebenso muss durch die Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Stadionsicherheit, den Fanreiseverkehr sowie weitere begleitende präventive und repressive Maßnahmen (z. B. Alkoholverbote, frühzeitige Kommunikation und Information zur Verhinderung oder Unterbindung von Sicherheitsstörungen oder bauliche Anpassungen) gemeinsam mit den beteiligten Partnern sichergestellt werden, dass es im Rahmen von Profifußballspielen nicht zu Eskalationen kommt.
Trotzdem ist bei bestimmten Spielkonstellationen immer wieder ein hohes Aufgebot an
Polizist:innen von Nöten, um die Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Diese präventive Arbeit des Staates führt jedoch zu zahlreichen Einsatzstunden bei der Polizei, die nicht innerhalb der regulären Dienstzeiten ausgeglichen werden können.
Ein Weg wie ihn die Freie Hansestadt Bremen mit ihrem Antrag vom 10.12.2013 (Drs. 18/1201 der Bremischen Bürgerschaft) durch den Erlass einer Gebührenordnung geht, in der bei "gewinnorientierten Veranstaltungen" mit mehr als 5.000 Teilnehmer:innen und "erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen" die Veranstalter:innen die zusätzlichen Polizeikosten übernehmen müssen (sog. „Bremer Modell“), gilt als Ultima Ratio. Trotzdem werden der gerichtliche Instanzenzug und dessen Beendigung durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voraussichtlich in diesem Jahr mit Interesse zu verfolgen sein. Dieses Gerichtsurteil wird für Bremen Rechtssicherheit bringen.
Für das Oberverwaltungsgericht verfingen die Argumente, dass es bei Hochrisikospielen eine besonders aufwändige Sicherheitsvorsorge brauche, da ansonsten das Risiko bestünde, dass Zuschauer:innen nicht zum Stadion kämen, dass wegen Zerstörungen in der Innenstadt der Ruf der Veranstalter:innen litte oder dass das Spiel sogar ganz abgesagt werden müsse. Dies alles sind originäre Interessen der Fußballvereine und Fans.
Wann ein Spiel als sogenanntes Hochrisikospiel gilt und die oben genannten Einsätze der Polizei auslöst, wird im Vorwege in enger Abstimmung zwischen der Polizei und den Vereinen nach § 32 der Richtlinie zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesligaspielen des DFB festgelegt. Daneben findet ein regelmäßiger Austausch zu sicherheitsrelevanten Fragestellungen zwischen den Sicherheitsbehörden, den Fußballverbänden, den Fanprojekten und ggf. weiteren Stellen statt.
Ein gerechterer Weg zur finanziellen Aufrechterhaltung der Sicherheit von Fußballspielen könnte auch die Einrichtung eines länderübergreifenden Fußball-Polizeikosten-Fonds sein, an dem sich alle Vereine beteiligen, um keinem Verein durch einzelne Länderregelungen einen Wettbewerbsnachteil zu verursachen.
Zudem hat die 49. Sportminister:innenkonferenz (SMK) am 18. April 2024 einen umfassenden
10-Punkte-Beschluss zu Gewalt in Fußballstadien gefasst. SPD und Grüne unterstützen die Aussagen und Forderungen des SMK-Beschlusses. Eine wie unter Punkt Nr. 8 des SMK-Beschlusses geforderte „Fußballstaatsanwaltschaft“ wird insoweit von der Hamburger Staatsanwaltschaft umgesetzt, als dass es bereits eine Struktur für die Verfolgung von Straftaten im Kontext von Fußballspielen gibt. In der Abteilung 35 fungiert derzeit die Vertreterin der Abteilungsleitung als Koordinatorin für Verfahren im Zusammenhang mit Gewaltstraftaten im Sport und als Ansprechpartnerin für das polizeilich zuständige LKA 124. Dadurch steht sowohl für Grundsatzfragen als auch bei besonderen Lagen (z. B. Hochrisikospielen) für die polizeiliche Fachdienststelle eine Ansprechpartnerin zur Verfügung.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Gesamtlage gilt es, gemeinsam mit den Hamburger Profifußballvereinen und unter Beteiligung der DFL sowie ggf. weiterer Veranstalter:innen eine Vielzahl von präventiven und repressiven Sicherheitsmaßnahmen zu prüfen und gemeinsam mit den Veranstalter:innen und weiteren Partner:innen sukzessive umzusetzen. Dabei gilt es auch ein Benehmen über weitere Schritte herzustellen, die von präventiven hin zu repressiven sowie (ordnungs-) rechtlichen Maßnahmen reichen können. Aus Sicht von SPD und Grünen muss dabei das Ziel sein, die Freude und Begeisterung für den Sport und die Sache weiterhin allen sicher zu ermöglichen.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. unter Einbeziehung des Hamburger SV und des FC St. Pauli, der DFL, des DFB, der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze und der Bundespolizei weiterhin zu prüfen, welche zusätzlichen präventiven Sicherheitsmaßnahmen sowie repressive Maßnahmen für mehr Sicherheit bei Profifußballspielen in den Hamburger Fußballstadien und deren Umfeld sorgen können;
2. sich in Abhängigkeit von der Entscheidung des BVerfG zur Bremer Gebührenordnung bei "gewinnorientierten Veranstaltungen“ auf Bundesebene (zum Beispiel in der Innenminister:innen- und der Sportminister:innekonferenz) und bei der DFL für die Prüfung eines bundesweiten (oder länderübergreifenden) Fußball-Polizeikosten-Fonds einzusetzen;
3. der Bürgerschaft spätestens bis Ende des 1. Quartals 2025 zu berichten.
- Kazim Abaci
- Annkathrin Behr
- Cem Berk
- Martina Friederichs
- Nils Hansen
- Marc Schemmel
- Sören Schumacher (Fachsprecher:in Inneres)
- Tim Stoberock
- Urs Tabbert
- Sarah Timmann
- Juliane Timmermann (Fachsprecher:in Sport)
- Ekkehard Wysocki
sowie
- Sina Imhof
- Eva Botzenhart
- Alske Freter
- Jennifer Jasberg
- Lisa Kern
- Sina Aylin Koriath
- Sonja Lattwesen
- Lisa Maria Otte
- Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion