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Mit gutem Beispiel vorangehen – unverhältnismäßige Einkommensspreizung in Hamburgs öffentlichen Unternehmen verhindern

Dienstag, 05.09.2017

Die zunehmende Einkommensungleichheit in Deutschland stellt ein fundamentales Problem für unsere Gesellschaft und Volkswirtschaft dar. Die Entkoppelung etwa der Gehälter in den Vorständen von DAX-Unternehmen vom durchschnittlichen Einkommen der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verletzt nicht nur das Gerechtigkeitsempfinden vieler, sondern erschüttert zudem das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft. Auch entspricht dieses überdeutliche Missverhältnis oft nicht den Grundsätzen einer leistungsgerechten Entlohnung.

Wachsende Ungleichheit betrifft dabei nicht nur jene, die auf der Strecke bleiben, sondern die gesamte Gesellschaft – so legen wissenschaftliche Studien einen negativen Zusammenhang zwischen Einkommensungleichheit und Wirtschaftswachstum nahe, wie jüngst auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) feststellte. Jede Maßnahme, die einer weiter wachsenden Ungleichheit entgegenwirkt, ist daher sowohl für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserer Stadt und unserem Land, als auch für eine nachhaltige ökonomische Entwicklung äußerst sinnvoll.

Vor diesem Hintergrund eint SPD und GRÜNE das Ziel, die wachsende Ungleichheit zu dämpfen. So hat etwa die Bundestagsfraktion der SPD im Februar einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem dieser wahrgenommenen Fehlentwicklung entgegengewirkt werden soll. Der Entwurf sieht vor, die steuerliche Absetzbarkeit von Vorstandsbezügen für Aktiengesellschaften bei einem Betrag von 500.000 Euro pro Vorstandsmitglied im Jahr zu deckeln. Die gleiche Forderung findet sich auch im Entwurf zum Wahlprogramm der GRÜNEN Bundespartei. Darüber hinaus möchte die SPD über eine Anpassung des Aktiengesetzes die Einführung einer Höchstgrenze für Vorstandsbezüge im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens festlegen, die vom Aufsichtsrat vorzuschlagen und von der Hauptversammlung zu beschließen ist. Zusätzlich streben die GRÜNEN an, Aktiengesellschaften dazu zu verpflichten, die Relation zwischen Vorstandsvergütung und dem Verdienst der Normalbelegschaft veröffentlichen zu müssen. Der dahinterliegende Appell an die Eigentümer des Unternehmens, bei den Vergütungen der Vorstandsmitglieder auf die Verhältnismäßigkeit nicht nur zur Leistung des Vorstandes, sondern auch zur Einkommenssituation der restlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens zu achten, ist offensichtlich.

Die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) selbst ist einer der größten Arbeitgeber in der Metropolregion. Neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Behörden, Bezirksämter und anderer staatlichen Institutionen arbeiteten laut Beteiligungsbericht im Jahr 2015 62.867 Menschen für Unternehmen, die ganz oder teilweise der FHH gehören. In diesen Fällen, insbesondere bei Gesellschaften, deren ausschließliche Eignerin (unmittelbar oder mittelbar) die FHH ist, trägt die Stadt eine besondere Verantwortung und befindet sich in der Lage, positive Beispiele für die übrige Unternehmenslandschaft zu setzen. Mit der auf Initiative der Regierungsfraktionen verbesserten Transparenz bei den Vorstandsvergütungen in Hamburger öffentlichen Unternehmen wurde bereits ein wichtiger Schritt erreicht. Zuletzt hat der Senat hierzu mit Drs. 21/6818 der Bürgerschaft ausführlich berichtet.

Die entsprechenden Berichte zeigen, dass der allgemeine Trend in der Privatwirtschaft hin zu einer Entkoppelung der Managergehälter von der übrigen Belegschaft bei den Hamburger Beteiligungen so nicht zutrifft. Die für die entsprechenden Verträge zuständigen Stellen gehen hier in der Regel sehr sachgerechte Wege und werden damit ihrer öffentlichen Verantwortung durchaus gerecht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Bürgerschaft ein großes Interesse daran haben sollte, dass Hamburg den Wettbewerb „um die besten Köpfe“ an der Spitze der öffentlichen Unternehmen gewinnen kann. Die in diesem Kontext die zuständigen Stellen leitenden Erwägungen sollten noch transparenter gemacht werden, worum der Senat mit Ziffer 1 des nachfolgenden Ersuchens gebeten wird. Darüber hinaus wäre es ein äußerst begrüßenswerter Schritt, wenn die FHH in ihrer Rolle als wichtiger Arbeitgeber zumindest dort, wo sie die alleinige Kontrolle über ein Unternehmen ausübt, grundsätzliche Orientierungsmarken setzt, die einer künftigen Entkoppelung der Gehälter von Unternehmensführung und übriger Belegschaft vorbeugen.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. über die tragenden Erwägungen, Entwicklungen und Verfahrensweisen bei der Aushandlung von Vorstandsvergütungen im Einflussbereich der FHH zu berichten,

2. über die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, etwa in den Aufsichtsräten – zusätzlich zu den Verfahrensweisen nach Ziffer 1 im Sinne einer Orientierungsgröße – für die öffentlichen Unternehmen, deren Eigentümerin unmittelbar oder über Töchter zu 100 Prozent die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) ist, einen Vergütungsrahmen bezüglich der Vergütung ihrer Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführungen festzulegen. Der Vergütungsrahmen soll dabei abhängig von der Größe, der Struktur und der Branche des Unternehmens ein grundsätzliches Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens enthalten,

3. der Bürgerschaft im Rahmen des Vergütungsbericht für Unternehmen, an denen die FHH mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 25 Prozent beteiligt ist, gegliedert nach Größe, Struktur und Branche zu berichten, in welchem Verhältnis die feste Vergütung der Geschäftsführungen oder Vorstandsmitglieder zum Durchschnittseinkommen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens liegt.

 

 

sowie
  • der Abgeordneten Dr. Anjes Tjarks
  • Filiz Demirel
  • René Gögge
  • Murat Gözay
  • Farid Müller (GRÜNE) und Fraktion