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Schutz vor Extremwetterereignissen

Mittwoch, 04.08.2021

Angesichts der jüngsten massiven Starkregenereignissen im Juli 2021, welche in mehreren Ortschaften im Westen und Süden Deutschlands sowie in den Benelux-Ländern zu erheblichen Zerstörungen führten und zahlreiche Menschenleben kosteten, stellt sich die Frage, ob unsere Städte und Kommunen ausreichend auf Extremwetterereignisse vorbereitet sind. Dabei geht es beim Schutz vor Unwettern einerseits um langfristige Prävention und andererseits um die Bereitstellung von Hilfe im akuten Katastrophenfall. Zugleich haben die wetterbedingten Zerstörungen verdeutlicht, wie dringlich das Erreichen der Klimaneutralität ist, um weitaus schlimmere Wetterveränderungen zu verhindern. Aufgrund seiner Geografie ist Hamburg seit jeher der Gefahr von Sturmfluten ausgesetzt. Mit den immer weiter steigenden Prognosen für den Meeresspiegelanstieg hat Hamburg auch seine Küstenschutzmaßnahmen hochgefahren. 2012 wurde das Bauprogramm für Hochwasserschutz erneuert und somit eine weitere Erhöhung der Hauptdeichlinie beschlossen. Diese befindet sich aktuell in der Umsetzung. Gemäß Drs. 22/4007 sichert Hamburg mit diesen Deichausbauten auch hinsichtlich der neuesten Prognosen aus dem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC („Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima“ bzw. „Special Report on the Ocean and Cryosphere in a Changing Climate“ - SROCC) bis 2050 seine Küste. Um jedoch auch in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Überflutungsgefahren entgegentreten zu können, hat Hamburg gemeinsam mit den anderen Anrainerländern der Tideelbe die Bundesanstalt für Wasserbau beauftragt, die maßgeblichen Scheitelwasserstände zu ermitteln, um die Bemessungswasserstände zu aktualisieren. Die Ergebnisse werden bis Ende 2021 erwartet.

Zudem arbeitet die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) aktuell an einer Konzeption für die Weiterentwicklung der Deiche abseits der Hauptdeichlinie, welche ebenfalls bis Ende 2021 vorliegen soll. Dieser sogenannten zweiten Deichlinie kommt eine bedeutende Schutzfunktion sowohl bei Binnenhochwasser als auch bei Sturmfluten zu. Starkregenereignisse und der steigende Meeresspiegel werden auch im Bereich der Deiche hinter Sperrwerken und an tidefreien Gewässern zu Überflutungen führen. Daher sollen diese Hochwasseranlagen, unter Beachtung ihrer Einbettung in die gewachsene Kulturlandschaft und deren Weiterentwicklung, bedarfsgerecht angepasst werden. Die Bedeutung der zweiten Deichlinie wurde auch in einem Antrag der Fraktionen von SPD und GRÜNE zum Hochwasserschutz aus dem September 2020 hervorgehoben (vgl. Drs. 22/1515).

Die Hamburger Bemühungen um Hochwasserschutz gehen jedoch über den Elberaum hinaus. Die BUKEA hat gemeinsam mit HAMBURG WASSER das Projekt RISA – RegenInfraStrukturAnpassung ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, nachhaltige Konzepte für den städtischen Wasserhaushalt, den Gewässerschutz und die Prävention von Überflutungen zu entwickeln. So wurde kürzlich eine Starkregengefahrenkarte veröffentlicht, welche eine wesentliche Grundlage bietet, um von Überflutungen gefährdete Bereiche zu identifizieren und diese Kenntnisse in künftige städtebauliche Planungen einfließen zu lassen. Zudem zeigen Hamburger Forschungsprojekte wie z. B. BlueGreenStreets Lösungen auf, wie Straßen so umgebaut werden können, dass sie mehr Niederschlagswasser aufnehmen und dieses für eine kühlende Begrünung nutzen können.

Neben Starkregenereignissen gehören auch steigende Temperaturen zu den Folgen des Klimawandels. Sommerliche Hitzewellen sind besonders in den Städten spürbar und eine Belastung für Menschen, Tiere und Pflanzen. In seinem Aktionsplan Anpassung an den Klimawandel definiert Hamburg diverse Maßnahmen, um Hitzeinseln vorzubeugen. Für die kühlenden Effekte in der Stadt werden Kaltluftschneisen und Grünachsen erhalten und ausgebaut, und das Förderprogramm für grüne Dächer und Fassaden wirkt der Aufheizung durch Gebäude entgegen.

Extremwetterereignisse stellen aber nicht nur für urbane Gebiete eine zunehmende Herausforderung dar, auch die Landwirtschaft sieht sich den Folgen des Klimawandels ausgesetzt. Im schlimmsten Fall können Überflutungen oder Hitzewellen zu vollständigen Ernteausfällen führen. Daher gilt es auch zum Schutz der landwirtschaftlichen Flächen in Hamburg effektive Klimaanpassungsmaßnahmen umzusetzen. Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und den Berufsvertretungen soll noch enger an wirksamen Lösungen für die Region gearbeitet werden.

Neben den vielfältigen präventiven Maßnahmen ist es essentiell, die Bevölkerung im akuten Fall eines Extremwetterereignisses rechtzeitig zu warnen und die entsprechende Hilfe bereitzustellen. Die Behörde für Inneres und Sport hat im Katastrophenfall die Federführung der Schutzmaßnahmen. Es ist Aufgabe der Stadt, zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, dass im Notfall schnell und effektiv reagiert werden kann. Für Warnungen stehen Hamburg diverse Kanäle zur Verfügung: Bürger*innen können unter anderem über digitale Lösungen wie die App „NINA“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gewarnt werden. Die Unwetterkatastrophe in Teilen Deutschlands in diesem Sommer hat gezeigt, wie wertvoll jede Minute der Vorwarnung ist und welche Bedeutung Art und Umfang der Gefahreninformation zukommt. In Hamburg könnte eine entsprechende Informationskampagne dafür sorgen, die Bevölkerung für die Möglichkeiten der individuellen Katastrophenvorsorge zu sensibilisieren.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

1. darzulegen, welche Klimaanpassungsmaßnahmen entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand notwendig sind, um die Stadt Hamburg und ihre Bevölkerung kurz-, mittel- und langfristig vor schädlichen Auswirkungen von Extremwetterereignissen sowie weiteren Folgen des Klimawandels zu schützen, und welche dieser Maßnahmen u. a. im Bereich des Hochwasserschutzes bereits umgesetzt sind oder sich in der Planung befinden.

2. zu Punkt 1 darzulegen, welche Maßnahmen vorrangig zu ergreifen sind und einen Zeithorizont für alle notwendigen Maßnahmen zu entwerfen.

3. darzulegen, welcher Finanzierungsaufwand in den nächsten 5-10 Jahren für die vordringlichen Maßnahmen der Klimaanpassung und des Katastrophenschutzes erforderlich ist.

4. der Bürgerschaft alle zwei Jahre von der Zusammenarbeit mit den Nachbarländern zur Hochwasserprävention und Klimaanpassung zu berichten.

5. darzulegen, welche Instrumente der Stadt Hamburg zur Verfügung stehen, um die Bevölkerung im Notfall vor Extremwetterereignissen zu warnen und schnelle Hilfe im Katastrophenfall bereitzustellen.

6. die Bürger*innen durch eine Informationskampagne für individuelle Präventionsmaßnahmen und Informationsmöglichkeiten zu Starkregen und Hochwassergefahren zu sensibilisieren.

7. darzulegen, welche unterschiedlichen Frühwarnsysteme benötigt werden, um alle Hamburger*innen gut zu erreichen, und die Bürger*innen für die Nutzung dieser Systeme (wie bspw. der App „NINA“) zu sensibilisieren.

8. sich dafür einzusetzen, dass der Bund ein Programm zur Finanzierung des Schutzes kritischer Infrastruktur auflegt.

9. der Bürgerschaft hierzu bis zum 31.01.2022 zu berichten.

sowie
  • der Abgeordneten Dominik Lorenzen
  • Jennifer Jasberg
  • Rosa Domm
  • Olaf Duge
  • Gerrit Fuß
  • Zohra Mojadeddi
  • Johannes Müller
  • Andrea Nunne
  • Lisa Maria Otte
  • Dr. Miriam Putz
  • Dr. Gudrun Schittek
  • Ulrike Sparr (GRÜNE) und Fraktion