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Steuerliche Entlastung und Bürokratieabbau im Ehrenamt

Donnerstag, 06.06.2019

Ehrenamt und bürgerliches Engagement haben in Deutschland einen hohen Stellenwert. Über 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger kümmern sich freiwillig und unentgeltlich um gesellschaftliche Belange. In einer zunehmend individualisierten, mobilen und digitalen Gesellschaft ist das Bewusstsein präsent, dass ehrenamtliche Tätigkeiten nicht nur für individuelle Teilhabe und gesellschaftliche Integration, sondern auch für Wohlstand, stabile demokratische Strukturen und soziale Bindung unverzichtbar sind.

Hamburg fördert das Ehrenamt und setzt sich dafür ein, die Bedingungen für ehrenamtlich Tätige noch weiter zu verbessern:

Um ehrenamtliches Engagement zu fördern, sind in der Vergangenheit zahlreiche Mechanismen eingesetzt worden, mit denen Steuervergünstigungen für Ehrenamtliche ermöglicht werden. Zuletzt wurden ehrenamtliche Tätigkeiten durch das Ehrenamtsstärkungsgesetz vom 21. März 2013 (BGBl I S. 556) erleichtert. Unter anderem wurden die steuerfreien Übungsleiter- und Ehrenamtspauschalen angehoben sowie Feststellungsbescheide an Stelle der vorläufigen Bescheinigung zur Feststellung der Gemeinnützigkeit eingeführt. Außerdem wurde die Spendenhaftung für Ehrenamtliche verringert und die Mittelverwendung flexibilisiert.

Trotzdem bestehen nach wie vor steuerliche und bürokratische Hürden, die durch eine Anpassung der Abgabenordnung und des Einkommensteuergesetzes behoben werden sollten, um das ehrenamtliche Engagement weiter zu stärken.

Deshalb hat im Mai die Finanzministerkonferenz eine Hamburger Initiative zur stärkeren steuerlichen Förderung des Ehrenamtes aufgegriffen. Die Übungsleiterpauschale soll von 2.400 Euro auf 3.000 Euro und die Ehrenamtspauschale von 720 Euro auf 840 Euro schnellstmöglich angehoben werden. Übungsleiterinnen und Übungsleiter und Ehrenamtliche könnten dann einen höheren Betrag steuer- und sozialversicherungsfrei als Aufwandsentschädigung beziehungsweise Vergütung erhalten. In einem weiteren Schritt sollte aus Hamburger Sicht mittelfristig eine Angleichung beider Pauschalen angestrebt werden, was neben der gleichwertigen Anerkennung auch einen Entbürokratisierungsbeitrag leisten würde.

Außerdem soll die Grenze, bis zu der ein vereinfachtes Verfahren für die Bestätigung von Spenden gilt, von 200 Euro auf 300 Euro angehoben werden. Die letzte Anpassung der hierfür festgelegten Höchstsumme liegt bereits zwölf Jahre zurück, sodass eine Anpassung überfällig ist.

Nun gilt es, dass die Vorschläge der Finanzministerkonferenz auf Bundesebene auch zügig gesetzlich fixiert werden. Nach der Abgabenordnung verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 AO). Im gleichen Paragraphen ist anschließend aufgelistet, welche Zwecke erforderlich sind, damit eine Körperschaft den Status der Gemeinnützigkeit erhält. Der derzeitige Katalog ist jedoch veraltet, was gegenwärtig eine Vergleichbarkeit der Zwecke für die Steuerverwaltung erschwert.

Eine weitere bürokratische Herausforderung stellt die sich aus der Abgabenordnung ergebene derzeitige Mittelverwendungsfrist für gemeinnützige Körperschaften dar. Ziel dabei ist die Gewährleistung, dass Gelder nicht angehäuft, sondern tatsächlich zum Wohle der Allgemeinheit verwendet werden sollen. Hierzu erscheint eine Prüfung angezeigt, ob dieses Ziel nicht auch durch andere bereits bestehende Bestimmungen hinreichend sichergestellt ist und damit zur Entlastung der Körperschaften, aber auch der Verwaltung, auf die obige Bestimmung verzichten werden kann.

Schließlich sind gemeinnützige Körperschaften, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, für den Lohnsteuerabzug und die damit einhergehenden Verpflichtungen verantwortlich. Unterläuft der gemeinnützigen Körperschaft im teilweise sehr komplizierten Lohnsteuerabzugsverfahren ein Fehler, so haftet sie unter Umständen für die Lohnsteuer. Dieses Risiko könnte reduziert werden, indem die branchenspezifischen Regelungen für Reeder (§ 41a EStG) für gemeinnützigen Körperschaften entsprechend zur Anwendung kommen könnten.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

I. sich im Austausch mit den anderen Bundesländern und im Bundesrat für Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung des Ehrenamts und den Abbau existierender bürokratischer Hürden einzusetzen. Ein Maßnahmenpaket könnte hierbei insbesondere folgende Punkte enthalten:

1. Eine Anpassung der Katalogzwecke in § 52 der Abgabenordnung und Entwicklung verbindlicher Kriterien für die Auslegung förderungswürdiger Zwecke,

2. die Erhöhung des Grenzwerts für vereinfachte Spendennachweise, wie von der Finanzministerkonferenz vom 24. Mai 2019 beschlossen, von 200 Euro auf 300 Euro,

3. die Anhebung der Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 EStG) von 2.400 Euro auf 3.000 Euro sowie der Ehrenamtspauschale (§ 3 Nr. 26a EStG) von 720 Euro auf 840 Euro wie von der Finanzministerkonferenz am 24. Mai 2019 beschlossen,

4. die mittelfristige Angleichung der Steuer- und Sozialversicherungsfreibeträge für Übungsleiterinnen und Übungsleiter und ehrenamtlich Tätige,

5. eine Prüfung, ob die in § 63 AO geregelten Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft ausreichen, um die Anhäufung liquider Mittel zu verhindern. Ist dies der Fall, könnte die Mittelverwendungsfrist für gemeinnützige Körperschaften abgeschafft werden,

6. eine Erweiterung des Lohnsteuerabzugs im Sinne des § 41a EStG auf gemeinnützige Körperschaften.

II. der Bürgerschaft bis zum 31.12.2019 zu berichten.

 

sowie
  • Farid Müller
  • Christiane Blömeke
  • Mareike Engels
  • Murat Gözay
  • Ulrike Sparr (GRÜNE) und Fraktion