Umsetzung des Startchancen-Programms in Hamburg – mehr Bildungsgerechtigkeit durch gezielte Förderung
Mittwoch, 03.07.2024
Mit dem Startchancen-Programm unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Länder bei einer nachhaltigen und an den Bedürfnissen der Schüler:innen orientierten Weiterwicklung des Schulsystems. Das Programm richtet sich insbesondere an Schulen mit einer sozioökonomisch benachteiligten Schüler:innenschaft. Die gezielte Förderung soll für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Hamburg verfügt bereits über verschiedene Programme und Steuerungsmechanismen, die auf dieses Ziel einzahlen und die mit dem Bundesprogramm ausgebaut und weiterentwickelt werden können. Die Umsetzung des Programms in Hamburg soll transparent gemacht und die Entwicklungen und Erkenntnisse auch parlamentarisch nachvollzogen und begleitet werden. Mit diesem Antrag wird der Senat daher um einen jährlichen Bericht zur Umsetzung des Startchancen-Programms in Hamburg gebeten.
Mit dem Startchancen-Programm investiert die Bundesregierung 20 Milliarden Euro über zehn Jahre in die Bildungs- und Chancengerechtigkeit in Deutschland. Ziel ist es, den noch immer starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen. Dafür werden Deutschlandweit 4.000 allgemein- und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil sozioökonomisch benachteiligten Schüler:innen gezielt gefördert.
Das Startchancen-Programm ist in drei Förderbereiche bzw. Säulen untergliedert: 1. Ein Investitionsprogramm für den zeitgemäßen Ausbau der Schulgebäude mit Blick auf eine zeitgemäße und förderliche Lernumgebung, 2. ein so genanntes Chancenbudget, mit dem die Schul- und Unterrichtsentwicklung adressiert wird sowie 3. die Stärkung multiprofessioneller Teams, die die Schüler:innen nicht nur im Unterricht, sondern auch darüber hinaus beraten und unterstützen.
Hamburg hat sich im Bereich der gezielten Förderung als auch beim Ausbau der Schulinfrastruktur bereits auf den Weg gemacht und kann mit dem Startchancen-Programm an bestehende Strukturen anknüpfen, diese ausbauen und weiterentwickeln. Durch die großen Investitionen in den Schulbau, die Hamburg in den letzten Jahren getätigt hat – zwischen 2011 und 2022 wurden rund 4,4 Milliarden Euro allein für den Neubau und die Modernisierung der Schulgebäude der staatlichen Schulen in Hamburg investiert, weitere 4 Milliarden Euro sind für den weiteren Ausbau bis 2030 geplant – verfügen viele Hamburger Schulen bereits über zeitgemäße Gebäude, die eine förderliche Lernumgebung bieten. Die zusätzlichen Mittel aus dem Startchancen-Programm werden dabei helfen, den im Hamburger Schulentwicklungsplan festgelegten Ausbaupfad konsequent weiter zu gehen. In den Projektschulen kann die klimagerechte, barrierefreie und inklusive Ausstattung sowie transformative, moderne Bildungsräume im Besonderen vorangebracht werden. Bauliche Veränderungen sollen dafür sorgen, dass das Lernen gefördert und die Aufenthaltsqualität im Ganztag gesteigert wird.
Für den zweiten Förderbereich, das Chancenbudget, kann Hamburg an bestehende Programme und Ansätze anknüpfen, die ins Programm übernommen, ausgebaut und weiterentwickelt werden können. Bereits etablierte individuelle oder schulspezifische Förderungen sind die Lern- und Sprachförderung, Programme wie „BiSS-Transfer“ oder „Mathe sicher können“ und das seit über zehn Jahre erfolgreich laufende Programm „23+ Starke Schulen“. Zudem wird das Thema Berufsorientierung adressiert, das in den Klassenstufen fünf bis zehn sowie in der Oberstufe fester Bestandteil des Lehrplans ist und mit außerschulischen Aktivitäten und Kooperationen ergänzt wird. Auch wenn der Übergang von Schule in Beruf nicht gleich gelingt gibt es mit der Ausbildungsvorbereitung (AvDual) und der Ausbildungsvorbereitung für Migranten (AvM-Dual) sowie den Produktionsschulen erprobte Programme, die den Übergang erleichtern. Die Stärkung der Befähigung zur demokratischen Teilhabe, die in der Schule erlernt und eingeübt wird, ist zudem ein zentrales Ziel des Programms. Hierfür sollen partizipative Schul- und Unterrichtskulturen, Demokratieerziehung, außerunterrichtliche Aktivitäten sowie eine diversitätssensible Schulentwicklung gefördert werden. Ein zweiter Fokus liegt auf der Förderung der Schul- und Unterrichtsentwicklung. Die Hamburger Schulen gestalten im Rahmen der selbstverantworteten Schule seit vielen Jahren kontinuierlich ihre Schul- und Unterrichtsentwicklung. Unterstützt werden sie dabei durch die Berichte der Schulinspektion, die regelhaft stattfindenden datengestützten Entwicklungsgespräche mit der Schulaufsicht sowie das umfangreiche Angebot fachdidaktischer Fortbildungen, Qualifizierungen und Prozessbegleitungen durch das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung. Schulen in herausfordernden sozialen Lagen im Programm „23+ - Starke Schulen“ erhalten darüber hinaus weitere spezifische Unterstützungsangebote und werden in der Vernetzung untereinander in unterschiedlichen Formaten begleitet. Diese Unterstützungsstrukturen sollen weiterentwickelt, ausgebaut, aufeinander abgestimmt und sukzessive auf die Programmschulen ausgeweitet werden.
Mit dem dritten Programmbereich werden multiprofessionelle Teams gefördert. Maßnahmen zur Förderung der sozioemotionalen Entwicklung, der sozialen Teilhabe und zur Gewaltprävention stehen hier im Fokus. Schüler:innen werden in Hamburg durch pädagogisches und therapeutisches Personal in und außerhalb des Unterrichts begleitet – insbesondere mit den therapeutischen Angeboten bei den Regionalen Bildungs- und Beratungszentren, durch die Schulsozialarbeit, die Schulbegleitung, den regionalen Angeboten in Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe, den Projekten im Übergang Schule-Beruf wie z. B. die Berufseinstiegsbegleitungen, bei der Elternarbeit mit dem Programm „Schulmentoren“ sowie mit dem Projekt „Vielfalt entfalten“ für eine positive Schulkultur. An die vielfältigen bestehenden Angebote kann angeknüpft werden. Bereits jetzt werden die Ressourcen für die laufenden Programme in großem Umfang bedarfsorientiert entlang des Sozialindex zugewiesen. Schulen mit einer besonders belasteten Schülerschaft erhalten mehr Personalressourcen.
Zum Gelingen des Startchancen-Programms ist es zentral, dass alle beteiligte Akteure – die teilnehmenden Schulen sowie alle Beratungs- und Unterstützungssysteme – gemeinsam die Programmziele entwickeln und definieren. Die Einbindung der Schulen ist ebenfalls von hoher Bedeutung, insbesondere der bestehenden 23+-Schulen, die auf einen zehnjährigen Prozess der systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung zurückblicken und ihre Expertise einbringen können.
Gemäß den Eckpunkten des Programms hat die Behörde für Schule und Berufsbildung somit zunächst die möglichen teilnehmenden Schulen definiert und im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens angeschrieben. Dazu gehörten alle Schulen des Sozialindex eins und zwei (inklusive dreier Schulen in freier Trägerschaft) sowie alle Schulen, die bereits am Hamburger Programm „23+ Starke Schulen“ teilnehmen und berufsbildende Schulen mit einem hohen Anteil an Schüler:innen in den AV-Bildungsgängen. Es haben sich 81 allgemeinbildende Schulen sowie 13 berufsbildende Schulen für die Teilnahme am Startchancen-Programm beworben – 50 Grundschulen, 27 Stadtteilschulen und vier Gymnasien. Alle allgemeinbildenden Schulen, die sich beworben haben, können auch am Programm teilnehmen; unter den berufsbildenden Schulen wurden die 9 Schulen mit dem höchsten Anteil an Schüler:innen in der Ausbildungsvorbereitung ausgewählt. Das Schuljahr 2024/25 soll für den Einstieg in das zehnjährige Projekt genutzt werden. Es wird darum gehen, ein gemeinsames Zielverständnis zu entwickeln und auf dessen Grundlage Maßnahmen für die einzelnen Förderbereiche zu erarbeiten. Das Programm 23+ wird zum Schuljahr 2024/25 im Startchancen-Programm aufgehen.
Hamburg erhält aus der Bundesförderung rund 215 Millionen Euro über die gesamte Förderperiode, das entspricht einer Förderung von 21,5 Millionen Euro im Jahr. Die Bundesgelder werden von der Behörde für Schule und Berufsbildung um die gleiche Summe ergänzt, sodass ein Gesamtvolumen von 43 Millionen Euro im Jahr für das Programm zur Verfügung stehen wird. Das Startchancen-Programm ist eine sehr gute Nachricht für die Weiterentwicklung der Schulen, die gezielte Förderung von Schüler:innen und für mehr Bildungsgerechtigkeit. Hamburg konnte für die Schüler:innen bereits mit den bestehenden Programmen viel erreichen und steht im Bundesvergleich gut dar. Um diesen Weg weiter zu gehen und den Herausforderungen der Zukunft gut begegnen zu können, ist das Startchancen-Programm eine wichtige Unterstützung für Hamburg und die gesamtdeutsche Bildungslandschaft.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
der Bürgerschaft erstmals zum 31.10.2024 und dann jährlich über die Umsetzung, die Erkenntnisse und Entwicklungen des Startchancen-Programms in Hamburg zu berichten.
- Julia Barth-Dworzynski
- Matthias Czech
- Nils Hansen
- Astrid Hennies
- Clarissa Herbst
- Anja Quast
- Philine Sturzenbecher
- Juliane Timmermann
sowie
- Ivy May Müller
- Maryam Blumenthal
- René Gögge
- Dr. Adrian Hector
- Sina Aylin Koriath
- Farid Müller
- Lena Zagst
- Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion