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Unsere Anträge

Durch Anträge können Abgeordnete Einfluss auf die Politik nehmen. Anträge können mindestens fünf Abgeordnete einbringen. Sie werden auf die Tagesordnung der nächsten Bürgerschaftssitzung gesetzt. Die Bürgerschaft kann sie annehmen, ablehnen, für erledigt erklären oder an einen Ausschuss überweisen. Mit Anträgen können Aufträge und Ersuche zur Regelung verschiedener Angelegenheiten an den Senat gerichtet werden.

Schuldenbremse im Bund weiterentwickeln – Investitionen ermöglichen

Mittwoch, 15.05.2024

Der von den Fraktionen von SPD und Grünen getragene Senat hat in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt, dass eine solide und vorausschauende Haushaltspolitik nicht nur möglich, sondern auch im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung unabdingbar ist.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 (2 BvF 1/22) zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes über den Zweiten Bundes-Nachtragshaushalt 2021 hat bundesweit eine Diskussion über die Notwendigkeit und Tragfähigkeit der Staatsverschuldung entfacht. Während diese Entscheidung den Bundeshaushalt und teilweise die Haushalte anderer Länder direkt betrifft, bleibt Hamburg von unmittelbaren Auswirkungen verschont. Dies ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Haushaltspolitik, die in hanseatischer Tradition kaufmännisch, solide und verantwortungsbewusst geführt wird.

Die in Artikel 72 der Hamburgischen Verfassung verankerte Schuldenbremse, die eine strukturelle Neuverschuldung grundsätzlich ausschließt, steht exemplarisch für diese Politik. Sie ermöglicht Kreditaufnahmen nur unter strengen Voraussetzungen, wie bei signifikanten konjunkturellen Abweichungen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die außerhalb der Kontrolle der Stadt liegen. Diese Regelung hat es Hamburg ermöglicht, auch in Krisenzeiten, wie der durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten Notsituation, politisch handlungsfähig zu bleiben und die finanzielle Stabilität zu wahren.

Die hanseatische Haushaltspolitik hat sich als robust und zukunftsfähig erwiesen. Trotz der Einhaltung der Schuldenbremse konnte Hamburg signifikante Investitionen tätigen, beispielsweise in den Haushaltsplänen 2023/2024 mit rund 2,41 Milliarden Euro für investive Auszahlungen. Diese Investitionen sind essenziell, um die Infrastruktur zu erhalten und auszubauen, insbesondere im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs und um zukünftige Herausforderungen, wie die Stadtentwicklung und den Klimawandel, proaktiv anzugehen.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich der Bund aus zahlreichen gemeinsamen Programmen von Bund und Ländern unter anderem zur Finanzierung von wichtigen Zukunftsaufgaben zurückgezogen. Hiervon ist auch Hamburg stark betroffen. Die zukünftigen Transformationsbedarfe Deutschlands, insbesondere in den Bereichen ÖPNV, Stadtentwicklung, wirtschaftliche Transformation sowie Klimawandel und Klimafolgenanpassung, sind immens. Sie erfordern umfangreiche Investitionen, die in einem nennenswerten Anteil vom Bund mitfinanziert werden müssen.

Die derzeitige Fassung der Schuldenbremse im Grundgesetz könnte sich vor diesem Hintergrund als Investitions- und Transformationsbremse erweisen. Eine Reform sollte die Möglichkeit für notwendige Investitionen erweitern und sicherstellen, dass die politische Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit auf allen Ebenen des Staates erhalten bleiben.

Hamburg hat gezeigt, dass eine solide Finanzpolitik und politische Handlungsfähigkeit Hand in Hand gehen können. Die Stadt hat nicht nur die Schuldenbremse konsequent eingehalten, sondern auch in Krisenzeiten verantwortungsvoll gehandelt und dabei die Weichen für die Zukunft gestellt.

Es ist nun an der Zeit, dass Bund und Länder gemeinsam Lösungen finden, die es ermöglichen, die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur, Bildung, Forschung und den Klimaschutz zu tätigen, ohne die finanzielle Generationengerechtigkeit zu gefährden.

Zumindest auf Landesebene gibt es – gerade auch in Ländern, in denen Parteien der Bundestagsopposition regieren -– erhebliche Verschuldungen bzw. die Bereitschaft, auf Zukunftsaufgaben und Transformationsbedarfe mit einer Anpassung oder Ergänzung der Schuldenbremse im Grundgesetz zu reagieren.

Auch der Sachverständigenrat hat hierzu wichtige Hinweise gegeben, immer einhelliger wird das Votum von Wirtschafts- und Finanzwissenschaftler:innen zugunsten von maßvollen Weiterentwicklungen. Auch die deutsche Wirtschaft positioniert sich mit Blick auf die Investitionsbedarfe immer stärker im Sinne einer Reform der Schuldenbremse.

Hamburg sollte diese Bemühungen im Bundesrat bzw. entsprechende Initiativen des Bundes unterstützen, sofern die Schuldenbremse grundsätzlich erhalten bleibt.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. sich auf Bundesebene in geeigneter Weise dafür einzusetzen, dass zum einen an der Schuldenbremse im Grundsatz festgehalten, diese aber gleichwohl maßvoll ergänzt oder weiterentwickelt wird. Optionen könnten zum Beispiel sein:

a. die Schaffung eines investiv ausgerichteten Sondervermögens insbesondere für die Bereiche Infrastruktur, Transformation, Digitalisierung und Klimaschutz analog dem Sondervermögen Bundeswehr in einer mindestens ähnlichen Größenordnung. Hier muss eine angemessene Möglichkeit des Mittelabrufs auch für Projekte in Ländern und Kommunen bestehen.

b. entsprechend der Empfehlung des Sachverständigenrates (SVR) die Neugestaltung der Defizitgrenzen (bisher 0,35 Prozent des BIP) nach der Höhe der gesamtstaatlichen Schuldenstandsquote. Dabei sollten nach dem Modell des SVR für die Länder ein bestimmter Anteil an der Gesamtverschuldung vorgesehen werden.

c. Schaffung eines dreijährigen Übergangszeitraums, in dem nachlaufend eine notlagenbedingte Neuverschuldung in gleichbleibenden Schritten in Bund und Ländern jeweils reduziert werden könnte.

d. unter Berücksichtigung der guten Hamburger Erfahrungen die Prüfung einer Umsteuerung von einer kameralen hin zu einer doppischen Schuldenbremse, die nachhaltiger, generationengerechter und transparenter ist.

2. der Bürgerschaft bzw. dem Haushaltsausschuss regelmäßig über die Fortschritte zu berichten.

 

sowie
  • Dennis Paustian-Döscher
  • Maryam Blumenthal
  • Eva Botzenhart
  • Mareike Engels
  • Alske Freter
  • René Gögge
  • Linus Görg
  • Michael Gwosdz
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Kern
  • Dominik Lorenzen
  • Zohra Mojadeddi
  • Lena Zagst (GRÜNE) und Fraktion