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Für eine verlässliche Hafenpolitik: Keine weiteren Verzögerungen bei der Elbvertiefung – Infrastrukturprojekte im Hafen voranbringen – Planungsdaten endlich vorlegen

Dienstag, 14.12.2010

Der Hafen ist das Herzstück Hamburgs. Er ist nicht nur einer der zentralen Wachstumsmotoren der Hamburger Wirtschaft, sondern als Logistikdrehscheibe zudem von nationaler Bedeutung. Für die Metropolregion, also auch für Teile Schleswig-Holsteins und Niedersachsens ist der Hafen wichtiger Arbeitgeber – 165.000 Menschen sind direkt oder mittelbar in der Hafenwirtschaft beschäftigt.

Leider gefährdet der Senat durch sein zögerliches Handeln, widersprüchliche Aussagen zur Elbvertiefung und sein mangelndes Engagement im Bund die Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens.

In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, die zu erheblichen Einbrüchen im Seegüterverkehr und im Umschlag der Häfen geführt hat, fiel der Rückgang beim Containerumschlag im Hamburger Hafen weitaus dramatischer aus als in anderen Häfen der Nordrange – Hamburg fiel bei den Umschlagszahlen hinter Antwerpen zurück, andere Häfen wie Zeebrügge konnten aufholen. Dies hing u.a. auch damit zusammen, dass in Hamburg zu spät auf die veränderte Situation reagiert wurde, z.B. bei der Anpassung der Hafengebühren. Dem Senat fehlt es an einem klaren Bekenntnis zum Hafen und dem entsprechenden Gestaltungswillen, der dringend vonnöten wäre.

Der Hamburger Hafen steht in den nächsten 10 - 15 Jahren vor großen Herausforderungen, für die jetzt die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden müssen. Die jüngste Studie des Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik sieht beachtliche Wachstumspotentiale. Bis zum Jahr 2025 könnten 296 Mio. Tonnen umgeschlagen werden, allein im Containersegment wäre ein Umschlag von 30,6 Mio. TEU realisierbar. Allerdings müssen hierfür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden: Eine zügige Fahrrinnenanpassung der Elbe auf 14,50 m, der Ausbau der Infrastruktur im Hafen und der Hafenhinterlandanbindungen. Trotz jahrelanger Planungen gibt es zur Fahrrinnenanpassung nach wie vor keinen verlässlichen Zeitplan. Immer wenn alle Bedenken endlich ausgeräumt zu sein scheinen, werden der Termin für Planfeststellungsbeschluss und Baubeginn wieder in Frage gestellt – wie durch die jüngsten Äußerungen aus Niedersachsen. Die Hafenwirtschaft ist durch diese Entwicklung tief verunsichert und braucht endlich verlässliche Planungsdaten.

Dies gilt auch für den Ausbau der Infrastruktur im Hafen und der Frage, wie sich dessen Kosten in Zukunft verteilen werden. Die Hamburg Port Authority (HPA) arbeitet mit der Unterstützung mehrerer Beratungsfirmen seit mehr als einem Jahr an einen neuen Hafenentwicklungsplan 2010 - 2015. Dieser liegt der Bürgerschaft aber immer noch nicht vor, obwohl dies ursprünglich spätestens im Sommer 2010 der Fall sein sollte (vgl. Drs. 19/6031). Auch die Hafenwirtschaft wurde bisher nur äußerst unzureichend an der Entwicklung beteiligt. Der Senat war auf Nachfragen nicht bereit, zumindest Zwischenergebnisse zu veröffentlichen und diese sowohl einer parlamentarischen Beratung zugänglich zu machen, als auch der Hafenwirtschaft die Möglichkeit zu geben, ihre Vorschläge frühzeitig einzubringen. Die SPD-Fraktion hatte ihre Anforderungen an einen Hafenentwicklungsplan daher im September diesen Jahres in einem Antrag formuliert. Wir dürfen uns in diesen wichtigen Zukunftsfragen keinen Stillstand erlauben. Die Daten und Vorschläge müssen auf den Tisch und die Maßnahmen voran gebracht werden.

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Inzwischen gibt es wohl einen Senatsbeschluss für einen neuen Hafenentwicklungsplan, der einzelnen Verbänden zugeleitet wurde.

a. Wann hat der Senat hierzu einen Beschluss gefasst, bzw. einen entsprechenden Planungsentwurf beschlossen?

b. Welche Verbände, Institutionen und Unternehmen wurden bisher in welcher Weise und zu welchem Zeitpunkt an der Entwicklung des Hafenentwicklungsplans 2010 - 2015 beteiligt?

c. Welche Vorschläge wurden von Seiten der beteiligten Verbände, Institute und Unternehmen eingebracht und wie haben diese Eingang in den Hafenentwicklungsplan gefunden?

d. Wann wird das jetzige Beteiligungsverfahren abgeschlossen sein?

e. Warum liegt der Plan der Bürgerschaft nach wie vor nicht vor, und wann wird er ihr zugeleitet?

2. Beabsichtigt der Senat wegen der Dringlichkeit der Maßnahmen und vor dem Hintergrund der zeitlichen Enge, unverzüglich zumindest seine bisherigen Überlegungen, die dem zu Grunde liegenden Studien und die von Mc Kinsey entwickelten verschiedenen Szenarien zu veröffentlichen, um die Diskussion um die Hafenentwicklung voran zu bringen? Wenn nein, warum nicht?

3. Welche globalen mittel- und langfristigen Trends aus den Bereichen Ökonomie, Ökologie, Technologie, Energiewirtschaft und Demografie hat die Beratungsfirma Mc Kinsey im Auftrag der HPA analysiert?

4. Welche wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen im weltweiten Gütertransport über See ergeben sich aus Sicht des Senats daraus?

5. Welche Chancen und Risiken ergeben sich daraus für Hamburg als Hafen und logistisches Zentrum?

6. Welche infrastrukturellen Voraussetzungen werden notwendig, damit Hamburg die sich bietenden Chancen für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung nutzen kann?

a. Welche Projekte der lokalen öffentlichen Infrastruktur – Straße, Eisenbahn, Binnenschifffahrt – werden für die nächsten fünf Jahre für erforderlich gehalten? Welche Notwendigkeiten ergeben sich darüber hinaus längerfristig?

b. Welche Projekte der regionalen Infrastruktur – Straße, Eisenbahn, Binnenschifffahrt – werden für die nächsten fünf Jahre für erforderlich gehalten? Welche Notwendigkeiten ergeben sich darüber hinaus längerfristig?

c. Welche Projekte der speziellen Infrastruktur werden die nächsten fünf Jahre für erforderlich gehalten? Welche Notwendigkeiten ergeben sich darüber hinaus längerfristig?

d. Welche Infrastrukturprojekte in der Verantwortung des Bundes werden für notwendig gehalten und wie werden deren Realisierungsmöglichkeiten eingeschätzt?

 

7. Welche Finanzbedarfe werden kurz- und mittelfristig für die unter 6. dargestellten Infrastrukturprojekte erwartet?

8. Wie soll die erforderliche Infrastruktur im Hafen nach den Vorstellungen des Senats zukünftig finanziert werden? Welchen Anteil erwartet der Senat von den Unternehmen und Nutzern des Hamburger Hafens und wie soll dieser erbracht werden?

9. Welche sonstigen Finanzierungsquellen sollen zukünftig nach Vorstellung des Senats für welche Aufgaben und Projekte herangezogen werden?

10. Steht der Zeitplan für die Fahrrinnenanpassung der Elbe, so dass sich die Hafenwirtschaft in ihren Investitionsplanungen darauf verlassen kann? Wie sieht dieser genau aus? Wann ist insbesondere mit dem Planfeststellungsbeschluss zu rechnen? Wann wird Baubeginn sein?

a. Sind die Bedenken aus Niedersachsen inzwischen endgültig ausgeräumt?

b. Gibt es die schriftliche Zusage aus Niedersachsen, keine Einwände gegen die Planfeststellung zu erheben? Wenn nein, wann wird diese erteilt?

c. Ist in Zukunft mit abgestimmten Aussagen zwischen dem Bund und den an der Fahrrinnenanpassung beteiligten bzw. von ihren Auswirkungen betroffenen Bundesländern zu rechnen, um die Hafenwirtschaft nicht weiter zu verunsichern?

d. Liegen inzwischen alle erforderlichen Zustimmungen aus der EU vor? Wenn nein, warum nicht und wann wird dies der Fall sein? Kommt es durch fehlende Zustimmungen zu weiteren Verzögerungen bei der Fahrrinnenanpassung? Wenn ja, in welchem Umfang?

e. Wie haben sich die Kosten der Planfeststellung durch immer neue Verzögerungen, Prüfungen, Verfahren und Gutachten gegenüber den ursprünglich veranschlagten Kosten erhöht?

11. Wie geht es Monate nach Abschluss des Markterkundungsverfahrens zum Central Terminal Steinwerder (CTS) mit den Planungen im Mittleren Freihafen weiter? Wann ist mit dem Planfeststellungsverfahren für das Areal und der europaweiten Ausschreibung zu rechnen?

12. Die Unterbringung von Baggergut bereitet zunehmend Schwierigkeiten, da die Unterbringung durch nur noch begrenzte Ablagerungskapazitäten in Hamburg nicht mehr gesichert ist. Wie soll künftig sichergestellt werden, dass die erforderlichen Baggerarbeiten im Hamburger Hafen ungehindert ausgeführt werden können?

13. Welche Rolle soll die HPA zukünftig einnehmen?

a. Soll sie eigenständig am Markt agieren?

b. Wenn ja, wie wird sich dabei ihr Verhältnis zu den privaten Hafenunternehmen gestalten?

14. Wie gestaltet sich bisher die Zusammenarbeit durchaus konkurriender Häfen in Norddeutschland?

a. An welchen Themenstellungen arbeiten die jeweiligen Hafenagenturen zusammen? Soll diese Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden?

b. Hält der Senat einen Zusammenschluss mehrer Hafenagenturen, z.B. der HPA mit Bremen Ports für sinnvoll?

c. Betrachtet der Senat Wilhelmshaven weiterhin als Ergänzungshafen? Gibt es Überlegungen einer Beteiligung?

15. Im Rahmen von „Hamburg Summit – China meets Europe“ am 26. November in Hamburg haben der Vorstandsvorsitzende der Cosco, der siebtgrößten Containerreederei der Welt, Wei Jiafu, und Bürgermeister Ahlhaus umfangreiche Kooperationen im Hafen besprochen.

a. Welche Kooperationen wurden konkret besprochen?

b. Sind insbesondere Beteiligungen an dem geplanten Container Terminal Steinwerder (CTS) oder an der Hamburger Hafen Logistik Gesellschaft (HHLA) vorgesehen? Gibt es hierzu bereits konkrete Vereinbarungen? Wenn ja, wie sehen diese aus?

c. Gibt es Überlegungen oder konkrete Vereinbarungen zu weiteren Beteiligungen? Wenn ja, welche?

d. Welche Bedeutung misst der Senat insgesamt ostasiatischen Investitionen aus dem Reedereibereich zu?

e. Wie sollen bei solchen Beteiligungen die Rechte deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewahrt werden?

16. Welche Standpunkte vertritt der Senat zu den Vorstellungen innerhalb des europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission, die Auswirkungen auf den Hamburger Hafen haben, insbesondere die Neuauflage bzw. Fortschreibung der mehrfach gescheiterten Port Package?

17. Weist der Entwurf des zukünftigen Hafenentwicklungsplans Veränderungen in der Flächenausweisung des Hafens und/oder des Hafenerweiterungsgebietes auf?

18. Wie soll vor dem Hintergrund extrem zunehmenden Zeitbedarfs für die Realisierung infrastruktureller Projekte ein für einen funktionierenden Wettbewerb notwendiges ausreichendes Flächenangebot an freien Flächen im Hafen- und Hafenerweiterungsgebiet sichergestellt werden?