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Gewalt gegen Frauen in Hamburg

Montag, 13.10.2008

An jedem 25. November ist der internationale Tag gegen Gewalt an Frauen.

In Hamburg sind in den vergangenen Monaten immer wieder Gewalttaten gegen Frauen zum Teil mit tödlichem Ausgang bekannt geworden. Häufig kommen die Täter aus dem sozialen Nahfeld.

Auf Bundesebene hat der „Aktionsplan II der Bundesregierung zur „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“ für eine erneute Diskussion und im Juni 2008 zu entsprechenden Beschlüssen des Bundestages (Drs. 16/6429) geführt. Der Aktionsplan II lenkt die Aufmerksamkeit insbesondere auf Täterprogramme und die besondere Situation von Migrantinnen.

In Hamburg gibt es ein Handlungskonzept zur Bekämpfung von Zwangsheiraten (Drs. 18/635) und einen polizeiinternes „Handlungskonzept zur Bekämpfung häuslicher Gewalt“. Maßnahmen zum Schutz von Frauen im Bereich häuslicher Gewalt finden sich zudem im Landesaktionsplan Opferschutz (Drs. 18/5668). Einen eigenen Landesaktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen gibt es in Hamburg im Unterschied zu anderen Bundesländern jedoch nicht.

Laut Landesaktionsplan Opferschutz „… ist der Anteil von Frauen bei den Opfern partnerschaftlicher und häuslicher Gewalt und bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung überproportional hoch. Jede vierte erwachsene Frau hat gewalttätige Übergriffe durch aktuelle oder frühere Partner erlebt.“ (Präambel Landesaktionsplan Opferschutz). Der Abschlussbericht zur Modellphase der Interventionsstelle Pro-aktiv ergab, dass nicht-deutsche Klientinnen mit 42,1 Prozent und einem Bevölkerungsanteil von 13,5 Prozent deutlich überrepräsentiert waren.

In den vergangenen Monaten hat Hamburg eine Reihe brutaler Verbrechen an Frauen erlebt, die trotz individueller Unterschiede eine Gemeinsamkeit aufweisen. Alle betroffenen Frauen kannten die Hilfsangebote der neuen Gesetze und haben sie in vollem Umfang genutzt. Trotzdem konnten weder die Stadt noch sie sich selbst schützen. Neben dem Fall von Morsal O., der wegen der Jugend des Opfers besonders schwerwiegende Fragen aufwirft, gab es weitere Fälle: Am 21.Mai 2008 eine Schießerei in Billstedt (2 Beamte, eine Frau Schussverletzungen an Unterbauch und Schulte Vgl. 19/405); am 26.März Mord an einer Ex-Lebensgefährtin in der Glashüttenstraße/ Karolinenviertel(19/79); im Oktober 2007 die Messerattacke eines Stalkers, bei der das Opfer fast umgebracht wurde.

Vor diesem Hintergrund scheint es ratsam, die Hamburger Instrumente zum Schutz von Frauen und zur Durchsetzung ihrer Rechte auf den Prüfstand zu stellen und insbesondere zu überprüfen, ob alles getan wird, um Gewalttaten in Zukunft zu vermeiden und Frauen besser zu schützen.

Am 1. Januar 2002 trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft. Seit dem 31. März 2007 ist mit dem Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen (Stalking) die beharrliche Nachstellung eine Straftat geworden. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat mit Zusatzanträgen zum SOG Verbesserungen der polizeilichen Handhabungen gefordert und in zahlreichen Anfragen die Praxis und Umsetzung dieser Gesetze (zuletzt in Drs. 19/848) begleitet.

Verschiedene Gesetzes-Initiativen des Landes Rheinland-Pfalz sind mit Unterstützung Hamburgs über den Bundesrat zur Zeit im Bundestag anhängig. Sie betreffen die Verbesserung des Opferschutzes in Fällen von Zwangsheirat und schwerem Stalking durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Opferanwalts (Bundestag Drs. 16/9448) und die Verbesserung der Möglichkeit der Verweisung von Tätern in therapeutische Maßnahmen (Bundestag Drs. 16/10068).

 

Gewalt in Familien und in Nahbeziehungen hat häufig, aber keineswegs ausschließlich, eine interkulturelle Dimension. Vieles deutet darauf hin, dass die Pluralität und Vielfalt der kulturellen Prägungen der Hamburger Bevölkerung auch längst überwunden geglaubte Fragestellungen nach der sexuellen Selbstbestimmung, der Geschlechtergerechtigkeit und der Menschrechte von Frauen und Homosexuellen in Frage stellen. Der Senat spricht in diesem Zusammenhang von traditionell-patriarchalischen Familien und /oder Kulturen. Hier sind erneute Aufklärungsanstrengungen und Bürgerrechtsarbeit gefragt.

Die CDU-geführten Senate haben seit 2001 sowohl die Frauenpolitik als auch die Integrationspolitik schwer vernachlässigt. Trotz der Warnungen und Anmahnungen der Oppositionsparteien wurde erst 2006 ein Integrationskonzept vorgelegt. Die Frauenpolitik führt seit 2001 ein Schattendasein in der Behörde für Soziales. Das Senatsamt für die Gleichstellung wurde Ende 2003 aufgelöst. Andere Bundesländer wie Schleswig-Holstein und Berlin haben in diesen Jahren bundesweit beachtete Strukturen zur Durchsetzung von Frauenrechten geschaffen. Hamburg steht dagegen erst am Anfang einer breiten interkulturellen Öffnung.

Der neue Senat hat die interkulturellen Gewaltberatungsstellen, die erst im April 2007 ihre Arbeit aufgenommen haben, inzwischen mit 60 Tsd. Euro finanziell gestärkt. Ein zusätzliches Wohnprojekt für von Zwangsheirat bedroht Frauen ist im Koalitionsvertrag vorgesehen. Es ist jedoch fraglich, ob dies angesichts der angestauten Probleme ausreichend ist.

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

1. Ausmaß und Intensität von Gewalt gegen Frauen in Hamburg

1.1. Welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen dem Senat oder den zuständigen Behörden über die Entwicklung des Ausmaßes von Gewalttaten gegen Frauen in Hamburg vor?

1.2. Welche Entwicklungen hat es in den vergangenen Jahren gegeben, welche Tendenzen gibt es insbesondere hinsichtlich der Art und Schwere von Verletzungen?

1.3. Welche Daten und sonstigen Erkenntnisse liegen dem Senat oder den zuständigen Behörden über das Ausmaß von Gewalttaten gegen Frauen mit Todesfolge in Hamburg vor?

1.2.1 In wie vielen dieser Fälle war der Täter der Polizei bereits im Vorfeld als einschlägig gewalttätig aufgefallen?

1.2.2 Werden Tötungsdelikte im sozialen Nahraum zum Anlass genommen, das Geschehen und die behördlichen Reaktionen und Aktionen rückwirkend zu überprüfen, um in ähnlich gelagerten Fällen adäquat zu handeln und etwaige Fehler und Versäumnisse zu vermeiden? Welche Erkenntnisse konnten bisher aus derartigen Rückschauen gewonnen werden? Welche Erkenntnisse gibt es darüber, ob und in welchen Fällen Gewalteskalationen auch dadurch veranlasst werden, dass Täter staatliches Handeln – etwa polizeiliche Anordnungen oder gerichtliche Entscheidungen – als Provokation empfinden, auf die sie unmittel-bar mit Gewalttätigkeit reagieren?

1.2.3 Welche Daten und sonstigen Erkenntnisse gibt es insoweit zu den bundes-weiten Entwicklungen?

1.4. Kommt es nach den Daten der PKS oder nach den Erfahrungen der Polizei oder anderer zuständiger Behörden in bestimmten Teilen der Stadt besonders häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Paarbeziehungen? (Bitte getrennt nach Geschlechtern für Rohheitsdelikte, Gewaltkriminalität, Straftaten gegen das Leben, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Gefährliche und schwere Körper-verletzung, (vorsätzliche leichte) Körperverletzung und Bedrohung ausweisen. Und bitte analog zu 18/3314 aber getrennt nach Geschlechtern darstellen)

 

1.5. Die Anzahl der Wegweisungen lag in Hamburg seit 2002 bei ca. jährlich 800 (961 im Jahr 2002, 855 im Jahr 2003, 871 im Jahr 2004, 855 in 2005, 828 in 2006 und 717 im Jahr 2007?

1.5.1 Welche Erkenntnisse gibt es darüber, in wie vielen dieser Fälle es anschließend zu einer weiteren Gewalteskalation mit gefährlichen oder schweren Körper-verletzungen bzw. zu Todesfällen kam?

1.5.2 Gehören diejenigen Täter, die nach einer Wegweisung (erneut bzw. verschärft) gewalttätig geworden sind, erfahrungsgemäß bestimmten Bevölkerungsgruppen an oder unterfallen sie bestimmten Täterprofilen? Welche Erkenntnisse gibt es über sie?

1.5.3 Welche Erkenntnisse haben Senat oder die zuständigen Behörden darüber, wie lange Frauen, die Opfer männlicher Gewalt werden, diese erleiden müssen? Welcher Zeitraum verstreicht im Durchschnitt zwischen dem ersten Kontakt zur Polizei oder einer der Beratungsstellen und dem Abschluss des Vorgangs und aller Verfahren? Gibt es Erfahrungswerte, wie lange Frauen Gewalttätigkeiten erleiden, bevor sie sich aus eigenem Antrieb an Behörden oder Beratungs-stellen wenden?

1.6. Welche Gruppen von Frauen hält der Senat oder die zuständige Behörde für erfahrungsgemäß besonders gewaltgefährdet?

1.7. Welche Erkenntnisse haben der Senat oder die zuständigen Behörden über etwaige besondere Gefährdungen beispielsweise von Frauen mit Behinderungen, älterer Frauen, lesbischer Frauen, Frauen aus ethnischen Minderheiten wie etwa Roma-Frauen, Frauen mit Migrationshintergrund, schwangerer Frauen, Frauen in Notlagen, drogenabhängiger Frauen?

1.8. Welche Erkenntnisse hat der Senat oder die zuständige Behörde über die gesundheitlichen (Spät-)Folgen von Gewalt gegen Frauen?

1.9. Liegen dem Senat bzw. der zuständigen Behörde Zahlen über die Anzahl von Anträgen nach § 1 Abs. 2 GewSchG vor? Wenn ja, wie viele wurden gestellt, wie vielen wurde stattgegeben und bei wie vielen folgte eine Strafbarkeit nach § 4 GewSchG?

1.10. Wie viele Frauen wurden in den Jahren 2007 und bisher 2008 trotz der Inanspruchnahme der rechtlichen Möglichkeiten nach dem Gewaltschutzgesetz und dem Gesetz gegen Stalking Opfer von Männergewalt? Welche Erkenntnisse gibt es über Ausmaß und Folgen dieser Delikte?

1.11. Wie viele Betroffene Frauen wurden in den Jahren 2005/2006/2007 und bisher 2008 von der Polizei bei Pro-Aktiv gemeldet?

1.12. Wie viele Selbstmelderinnen hat es bei der Beratungsstelle Pro-Aktiv in den Jahren 2005/2006/2007 und bisher 2008 gegeben?

1.13. Das Bundeskriminalamt hat laut Lagebericht Menschenhandel 2007 bundesweit einen Anstieg der abgeschlossenen Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung um 29 Prozent festgestellt.

Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde die Entwicklung des Frauen-/ Menschenhandels in Hamburg in den vergangenen Jahren?

1.14. Wie hat sich die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen „Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§§232, 233a StGB) in Hamburg in den Jahren 2005, 2006, 2007 und bisher 2008 entwickelt, wie viele Fälle davon sind jeweils angeklagt und abgeurteilt worden?

1.14.1. In welchem Ausmaß waren jeweils Frauen und Männer als Opfer betroffen?

1.14.2. Aus welchen Ländern stammten die betroffenen Frauen und Männer?

 

2. Datenerfassung, Fachpersonal und Rechtslage

2.1. Wie ist der Stand bei der Einführung der bundeseinheitlichen Erfassung von Delikten der Gewalt in sozialen Nahbeziehungen?

2.1.1. Welche Daten werden erfasst?

2.1.2. Wie und in welchem Turnus werden sie in Hamburg ausgewertet?

2.1.3. Zu welchen Erkenntnissen haben die bisherigen Auswertungen bezogen auf Hamburg geführt?

2.2. Welche Daten erfasst die Polizei im Zusammenhang mit Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz und dem Gesetz gegen Stalking?

2.2.1. Wie werden diese ausgewertet?

2.2.2. Welche Ergebnisse oder Trends lassen sich in diesem Zusammenhang feststellen?

2.3. Welche Ergebnisse hat die Sondererhebung „Beziehungsgewalt“ aus dem Jahr 2005 (siehe Drs. 18/3314 Antwort des Senats auf Frage 2a) erbracht?

2.4. Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde die Entwicklung von Beziehungsgewalt und Stalking-Straftaten in Hamburg allgemein?

2.5. Sind die jüngsten Fälle massiver Gewalt im Zusammenhang mit Stalking-Delikten in der Begleitgruppe Beziehungsgewalt der Polizei Hamburg aufbereitet worden?

2.5.1. Wenn ja, welche Sachverhalte wurden mit welchem Ergebnis analysiert?

2.5.2. Wenn ja, welche Stellen außerhalb der Polizei waren daran beteiligt?

2.5.3. Wenn nein, warum nicht?

2.6. Wie viele speziell geschulte Kriminalsachbearbeiterinnen und Kriminalsachbearbeiter „Beziehungsgewalt“ sind derzeit in Hamburg tätig? War angesichts der Personalsituation an den Polizeikommissariaten (vgl. 19/1073) in den Jahren 2006-2008 gewährleistet, dass an allen Kommissariaten speziell geschulte Kriminalsachbearbeiterinnen und Kriminalsachbearbeiter „Beziehungsgewalt“ durchgehend tätig waren? (Wenn nicht, bitte Ort/Zeiten auflisten)

2.7. Wie schätzt der Senat oder die zuständige Behörde die Entwicklung speziell in Hinblick auf Stalking ein?

2.7.1. Welche Behörden sind federführend zuständig für Stalking-Fälle, welche für Gewalt gegen Frauen, welche wirken jeweils mit? Gibt es feste, regelmäßig tagende Gesprächsrunden?

2.7.2. Welche untergesetzlichen Regelungen wurden in Hamburg bezüglich Stalking/Nachstellung getroffen?

2.7.3. Wie viele Anzeigen und wie viele Verurteilungen mit welchem Strafmaß gab es in Hamburg seitdem das Anti-Stalking-Gesetz (§ 238 „Nachstellung, StGB) im März 2007 in Kraft trat?

2.7.4. Wie viele Aus- und Fortbildungsveranstaltungen der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden fanden 2006-2008 mit einem Schwerpunktthema Stalking statt? An wen richteten sie sich und wie viele Teilnehmende hatten diese jeweils? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

2.7.5. Wie viele Veranstaltungen der Polizei oder anderer behördlicher Veranstalter gab es in 2006-2008 zum Thema Stalking für die Fachöffentlichkeit und / oder die Allgemeinheit?

2.7.6. In welchen Sprachen liegt das Faltblatt „Stalking“ der Polizei vor? Wo ist es erhältlich? In welcher Auflage wurde es 2006-2008 gedruckt?

2.8. Geplant war eine landeseigene Fortbildung zu den Themenfeldern Häusliche Gewalt in Familien mit Migrationshintergrund bzw. Zwangsheirat für Richter und Richterinnen und Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. Hat diese bereits stattgefunden?

2.8.1. Wenn ja, mit wie vielen Teilnehmenden?

2.8.2. Wenn nein: Zu welchem Termin wird sie stattfinden?

2.8.3. Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

2.9. Justizsenator Dr. Steffen hat erklärt, dass die Staatsanwaltschaft in bestimmten Fällen von häuslicher Gewalt und Stalking künftig öfter ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung annehmen wolle – dies vor dem Hintergrund, dass Anzeigen von Betroffenen häufig gestellt und wieder zurückgezogen werden.

2.9.1. Welche Veränderung hat es hier konkret gegeben oder welche Veränderungen im Vergleich zur bisherigen Handhabung sind für wann geplant?

2.9.2. In welchen Fällen wird in Zukunft ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung regelmäßig unterstellt?

2.10. In seiner Antwort auf Frage 1.7 in Drs. 19/79 und zu Frage 3 in Drs. 19/405 erklärt der Senat, er habe sich mit ggf. notwendigen rechtlichen Änderungen zur Verbesserung des Opferschutzes in der Folge der Ermordung einer Frau im März 2008 und der Schießerei zwischen Eheleuten in Billstedt nicht befasst. Hat sich der Senat inzwischen mit Vorschlägen zur Verbesserung der Rechtslage oder des Verfahrens befasst?

2.10.1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2.10.2. Wenn nein, warum nicht und gibt es diesbezüglich Überlegungen in einzelnen Behörden?

 

3. Stärkung der Rechte von Frauen

Das Integrationskonzept des Senats (Drs. 18/5530/Präambel) aus dem Jahr 2006 sieht in der Gleichberechtigung von Frauen und Männern eine Grenze, die im Zusammenleben nicht in Frage gestellt werden darf. Erst auf diesem Fundament können unterschiedliche Traditionen, Religionen und Lebensauffassungen gelebt werden.

Im Zusammenhang mit Fällen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen der letzten Zeit hat der Senat inzwischen „traditionell-patriarchalische Familien“ und/oder Familien aus „traditionell-patriarchalischen Kulturen“ als potentiell gefährdende Lebenskontexte ausgemacht (siehe hierzu zuletzt Drs. 19/1075).

Formen von neuem Machismo, Sexismus und Frauenfeindlichkeit sind in Teilen der Gesellschaft wieder auf dem Vormarsch. Insbesondere wird auch wissenschaftlich in der Erforschung von Jugendgewalt auf den Zusammenhang von Machismo und Gewaltneigung bei jungen Männern hingewiesen. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und GAL sieht vor, dass die Jungenarbeit in Hamburg gestärkt werden soll. In Drs. 19/548 hat der Senat verschiedene Maßnahmen der Jungenarbeit bereits dargestellt.

 

3.1. Kooperation und Vernetzung

3.1.1. Wie kooperieren das Fachkommissariat Prävention und Opferschutz, die neue Landesstelle Integration und Zivilgesellschaft und das Referat Gleichstellung in der BSG beim Thema Gewalt gegen Frauen?

3.1.2. Welche Anstrengungen wurden in den Jahren 2007 und 2008 unternommen, um Frauen über ihre Rechte in Sachen Gewalt und Opferschutz zu informieren?

3.1.3. Welche Studien oder Gutachten zum Thema Gewalt gegen Frauen in Hamburg hat der Senat in den Jahren 2004-2008 in Auftrag gegeben?

3.1.4. In welchen überregionalen, nationalen und/oder internationalen Arbeitsstrukturen/-gremien, die sich mit der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen befassen, ist Hamburg durch wen vertreten?

3.1.5. Wie viele Initiativen aus Hamburg gab es, die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in überregionalen, nationalen und/oder internationalen Arbeitsstrukturen/-gremien zum Thema zu machen?

3.1.6. Zum 15. Juli 2008 hat der Senat bzw. die BSG die Arbeitsbereiche Integration, bürgerschaftliches Engagement und Opferschutz zu einer neuen Leitstelle Integration und Zivilgesellschaft (LIZ) zusammengefasst, die direkt der Behördenleitung unterstellt ist. Im Bereich Opferschutz soll die neue Leitstelle den Landesaktionsplan Opferschutz weiterentwickeln und dessen Umsetzung steuern. Wie arbeitet die LIZ mit der Abteilung Gleichstellung der BSG zusammen?

3.1.7. Welche Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Schutzes von Frauen im Rahmen des Landesaktionsplans Opferschutz sind geplant?

3.1.8. Wann hat der Senat oder die zuständige Behörde zuletzt eine Kampagne zur Stärkung der Menschenrechte von Frauen unterstützt? Von wem wurde sie durchgeführt?

3.1.9. Welche Rolle soll die geplante Anti-Diskriminierungsstelle in der Justizbehörde für die Stärkung der Rechte der Frauen und den Schutz vor Gewalt spielen und wie wird diese Stelle in die vorhandenen Kooperationen eingebaut?

 

3.2. Traditionell-Patriarchalische Strukturen und Kulturen

3.2.1. Was genau versteht der Senat oder die zuständige Behörde unter „traditionell-patriarchalisch“?

3.2.2. Wer beurteilt an Hand welcher Kriterien, ob ein traditionell-patriarchalischer Kontext vorliegt und ein Worst-case-Szenario im Kinder- und Jugendschutz ausgelöst wird?

3.2.3. Plant der Senat oder die zuständige Behörde vergleichbare Verfahrensänderungen auch bei der Einschätzung von Gefährdungslagen erwachsener Frauen?

3.2.3.1. Wenn ja, wie sehen diese aus?

3.2.3.2. Wenn nein, warum nicht?

3.2.4. Welche Herkunftsländer geben nach Ansicht des Senats oder der zuständigen Behörde einen Hinweis auf eine traditionell-patriarchalische Kultur?

3.2.5. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat oder der zuständigen Behörde über die Verbreitung von traditionell-patriarchalischen Strukturen in Hamburg vor?

3.2.6. Was gedenkt der Senat oder die zuständige Behörde zu tun, um diesen Formen der „Männer-Herrschaft“ etwas entgegenzusetzen?

3.2.7. Mit welchen Aktivitäten wirbt der Senat oder die zuständige Behörde für den Abbau patriarchalischer Strukturen in Hamburg?

 

3.3. Prävention und Empowerment

3.3.1. Welche Maßnahmen des Empowerments (Stärkung der Persönlichkeit) für von Gewalt bedrohte Frauen und Mädchen gibt es Hamburg? Wie werden sie finanziert? Wer sind die Anbieter? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.2. Welche Angebote und präventiven Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen speziell für erwachsene und jungerwachsene Männer (auch: Väter) gibt es, die auch eine Auseinandersetzung mit Männlichkeitsbildern, Geschlechterrollen und Menschenrechten fördern?

3.3.3. Wie viele Maßnahmen Gewalt vermeidender sozialer Trainingskurse wurden in Hamburg 2007-2008 durchgeführt? Wie viele Personen wurden erreicht? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.4. Welchen Stellenwert hat die Vermittlung von Frauenrechten und die Kritik patriarchalischer Strukturen in den Maßnahmen im Rahmen des Konzepts „Handeln gegen Jugendgewalt“? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.5. Welche Projekte der Jungenarbeit in Hamburg verbinden Gewaltprävention mit einer Auseinandersetzung mit Männlichkeitsbildern, Geschlechterrollen und Menschenrechten? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.6. Mit welchen Maßnahmen in Schule und Jugendhilfe werden Jungen und Mädchen in Hamburg über die Bedeutung der Rechte der Frauen aufgeklärt? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.7. Welche Maßnahmen richten sich gezielt an männliche Jugendliche und thematisieren Gewalt, Sexismus und Frauenrechte? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

3.3.8. Hat die Qualifizierungsmaßnahme „Cool in School“ planmäßig im September 2008 begonnen?

3.3.9. In Drs. 19/474 (Antwort auf Frage 3) hat der Senat unter anderem erklärt, er wolle ein Projekt zur interkulturellen Sexualpädagogik von Pro Familia auf die Möglichkeit der Ausweitung hin prüfen. Wie ist der Stand dieser Überprüfung?

3.3.9.1. Wird das Projekt an anderen Schulen wiederholt, wenn ja an welchen und wann?

3.3.9.2. Wie unterstützt die Stadt aktuell und in Zukunft das Projekt finanziell?

3.3.10. Laut Drs. 19/548 waren im Juni 2008 die Planungen, die „geschlechts-spezifische Arbeit mit Jungen“ in der Jugendhilfe mit geeigneten Maßnahmen zu intensivieren, um gewaltpräventiv zu wirken und die Integration insbesondere von Jungen mit Migrationshintergrund zu verbessern“, noch nicht abgeschlossen. Sind die Planungen inzwischen abgeschlossen?

3.3.10.1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

3.3.10.2. Wenn nein, warum nicht und wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?

3.3.11. Welche Fortbildungen von Lehrerinnen und Lehrern und Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Jugendhilfe über den Zusammenhang von Männlichkeitsbildern, Geschlechterrollen und Menschenrechten haben in Hamburg in den Jahren 2007/2008 stattgefunden? Wie hoch war die Beteiligung? Welche Planungen gibt es hier für die kommenden Jahre?

 

4. Migrantinnen als Opfer häuslicher Gewalt.

Der Bundestag hat die Bundesregierung am 26.Juni 2008 (Drs. 16/6429) aufgefordert, bei den Ländern darauf hinzuwirken, dass gerade für betroffene Migrantinnen niedrigschwellige, zugehende und anonyme Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden und mehrsprachige Informations- und Öffentlichkeitsarbeit stattfindet. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, bei den Ländern darauf hinzuwirken, dass ein Ausbau der gezielt aufsuchenden Beratungsangebote stattfindet und die Informationspolitik die Migranten Communities mit einbezieht und auch die männlichen Familienmitglieder gezielt angesprochen werden.

4.1. Welche gezielt aufsuchenden Beratungsangebote gibt es für Frauen mit Migrationshintergrund im Zusammenhang mit der Information zum Gewaltschutz in Hamburg? (Bitte Träger mit Anschrift benennen und deren Personalausstattung und Öffnungszeiten darstellen.)

4.2. Wie werden in der Hamburger Informationspolitik zum Thema Gewalt gegen Frauen mit Migrationshintergrund die entsprechenden Communities einbezogen?

4.3. Wie trägt der Senat oder die zuständige Behörde dazu bei, dass in Hamburg gezielt auch männliche Familienmitglieder den Communities mit Informationen über Frauenrechte und das Gewaltverbot angesprochen werden?

4.4. Wie schätzt der Senat oder die zuständige Behörde die Bedeutung aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen im Zusammenhang mit der Gewalt gegen Migrantinnen ein?

 

5. Daphne-Programm

Das EU-Programm Daphne wird in der Förderperiode 2007-2013 mit 116,95 Mio. Euro fortgeführt. Hamburg ist mit dem Projekt „Aktiv gegen Zwangsheirat“ an dem Programm beteiligt. Projektlaufzeit ist 2007/2008. Die EU beteiligt sich mit 284.250 Euro an den Gesamtkosten des Projekts von 420.760 Euro. Der Abschluss des Projekts ist für Februar 2009 geplant. Ziel des Projekts ist es u.a. eine europäische Handlungsempfehlung zur Bekämpfung von Zwangsheirat zu entwickeln.

5.1. Welche Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit wurden im Rahmen des Daphne-Projektes in Hamburg seit 2007 durchgeführt?

5.2. Welche Impulse – basierend auf welchen erfolgreichen Handlungsansätzen der Partnerländer bei Daphne - hat Hamburg bisher für die Weiterentwicklung der Hamburger Handlungsansätze aufgegriffen? Welche entsprechenden Maßnahmen wurden in Hamburg durchgeführt? Welche sind geplant? Die BSG hat im Rahmen von Daphne III einen Projektantrag zum Umgang mit Tätern mit Migrationshintergrund gestellt. (HELP! Handlings to Encourage Learning against Perpetration - Arbeit mit Tätern und Täterinnen mit Migrationshintergrund)

5.2.1. Wann wurde der Antrag eingereicht?

5.2.2. Liegt inzwischen ein Bescheid vor?

5.2.3. Welche Projektlaufzeit ist vorgesehen?

5.2.4. Falls noch kein Beschied vorliegt, wann wird damit gerechnet?

 

6. Täterprogramme

Laut Aktionsplan II der Bundesregierung können bereits auf der Grundlage der aktuellen Rechtslage z.B. bei einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) Auflagen und Weisungen erteilt werden, die den Täter zur Teilnahme an einer gewaltpräventiven Maßnahme verpflichten. Der Bundesregierung formuliert im Aktionsplan II ihre Erwartung, dass qualifizierte Täterprogramme bundesweit angeboten werden und hiervon auch in allen geeigneten Fällen Gebrauch gemacht wird.

Der Bundesrat setzt sich für einen Ausbau der Möglichkeiten ein, Täter zur Teilnahme an Täterprogrammen bzw. therapeutischen Hilfen zu verpflichten. Er hat hierzu einen Gesetzentwurf verabschiedet, der derzeit im Bundestag anhängig ist. (BT Drs. 16/10068)

6.1. Wie oft wurde in den Jahren seit Bestehen des GewaltschutzG von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gewalttätige Männer zu einer therapeutischen Maßnahme (Anti-Aggressions- bzw. Konfliktbewältigungsinstrumentarien) zu verpflichten?

 

6.2. Welche Angebote mit welchen Platzkapazitäten gibt es in Hamburg?

6.3. Wie hat sich die Nutzung in den Jahren 2005-2008 entwickelt?

6.4. Wie werden diese Angebote unterstützt?

6.5. Gibt es Planungen die Kapazitäten auszuweiten?

6.6. Findet eine Evaluation bzw. wissenschaftliche Begleitung dieser Angebote statt?

6.6.1. Wenn nein, warum nicht?

6.6.2. Wenn ja, wann liegen die Ergebnisse vor?

6.7. Welche täterbezogenen Aktivitäten sieht das polizeiinterne Handlungskonzept zur Bekämpfung häuslicher Gewalt nach Wegweisung nach dem Gewaltschutzgesetz regelmäßig vor?