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Radfahren in Hamburg – Die Halbzeitbilanz des schwarz-grünen Senats

Mittwoch, 10.02.2010

BÜRGERSCHAFT

DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 19/

19. Wahlperiode

Große Anfrage

der Abgeordneten Andy Grote, Dr. Peter Tschentscher, Karin Timmermann, Jan Balcke, Ole Thorben Buschhüter, Gunnar Eisold, Martina Koeppen, Anne Krischok, Dr. Christel Oldenburg, Jan Quast, Thomas Völsch (SPD) und Fraktion

 

Betr.: Radfahren in Hamburg – Die Halbzeitbilanz des schwarz-grünen Senats

Vor zwei Jahren wurde durch den damaligen Stadtent¬wicklungs¬senator Gedaschko die „Radverkehrsstrategie für Hamburg“ vorgestellt. Ziel der dort manifestierten Maßnahmen ist es, den Radverkehrsanteil bis 2015 auf 18 Prozent zu verdoppeln. Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien wurde daraufhin versprochen, diese im so genannten Fahrradforum entwickelte Fahrradstrategie in vollem Umfang umzusetzen.

Sowohl Verbände als auch Bürgerinnen und Bürger kritisieren hingegen, dass bislang keine spürbaren Verbesserungen umgesetzt wurden und die Behörde statt vermehrt auf Radfahr¬streifen zu setzen, bestenfalls die vorhandenen Radwege saniert. Darüber hinaus fühlen sich viele Fußgänger/-innen und Radfahrer/-innen durch die so genannten Bettelampeln nach wie vor diskriminiert und gegenüber dem Autoverkehr benachteiligt. Gleichwohl wurden weitere neue „Bettelampeln“ installiert. Während der kalten Winterzeit wurden Radfahrerinnen und Radfahrer zusätzlich benachteiligt, da Radwege vom Winterdienst der Stadtreinigung ausgeschlossen wurden, obwohl laut Empfehlung des Bundesverkehrsministeriums zumindest auf den diesbezüglichen Hauptverbindungen ein Winterdienst anzustreben ist.

Die einzige spürbare Verbesserung ist die Einführung des Fahrradleihsystems StadtRad, welches bereits im Jahre 2005 von der SPD-Bürgerschaftsfraktion unter dem Namen „Call a Bike“ initiiert wurde. Die Umsetzung hatte sich, trotz eindeutigen Beschlusses der Bürgerschaft, bis zum Sommer 2009 immer wieder hinausgezögert.

Angesichts des Umstandes, dass Hamburg 2011 Europäische Umwelthaupt¬stadt sein wird, ist es zwingend erforderlich, nun endlich auch die versprochenen Maßnahmen der beschlossenen Radverkehrsstrategie umzusetzen und strukturelle Veränderungen im Verkehrsbereich vorzunehmen, damit eine Verdoppelung des Radverkehrsanteils bis 2015 wenigstens ansatzweise möglich ist.

 

Wir fragen den Senat:

I. Umsetzungsstand Radverkehrsstrategie

1. Welche konkreten Maßnahmen wurden bislang im Rahmen der Radverkehrsstrategie für Hamburg innerhalb der letzten zwei Jahre umgesetzt?

2. Welche prozentuale Steigerung des Radverkehrsanteils hat sich durch die bisher umgesetzten Maßnahmen ergeben? Wie hat sich der Anteil des Radverkehrs in Hamburg am Modal-Split seit 1990 entwickelt? (Bitte für jedes Jahr gesondert aufführen)

3. Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, um das Ziel – Verdoppelung des Radverkehrsanteils auf 18 Prozent – verwirklichen zu können? (Bitte die einzelnen Maßnahmen getrennt unter Angabe des vorgesehenen Umsetzungs¬beginns angeben)

4. Welche Kosten sind für diese Maßnahmen bislang veranschlagt und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese finanziert werden?

5. Wird die in der Sparklausur des Senats im November 2009 vereinbarte Absenkung der Haushaltsmittel für Unterhaltung und Instandsetzung im Straßenbau auch Auswirkungen auf die Fahrradwege haben? Wenn ja, in welchem Umfang?

 

II. Radwegeinstandsetzungs- und Neubaumaßnahmen in den Bezirken

1. Welche Instandsetzungsmaßnahmen von Radwegen wurden innerhalb der letzten zwei Jahre in den Bezirken durchgeführt? (Bitte für die Jahre 2008 und 2009 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Auflistung der jeweiligen Streckenab¬schnitte angeben)

2. An welchen Stellen wurden in diesem Zeitraum neue Radwege errichtet? (Bitte für die Jahre 2008 und 2009 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Auflistung der jeweiligen Streckenab¬schnitte angeben)

3. An welchen Stellen wurden Radwege wesentlich umgebaut, z.B. durch eine Verbreiterung? (Bitte für die Jahre 2008 und 2009 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Auflistung der jeweiligen Streckenab¬schnitte angeben)

4. An welchen Stellen wurden Fahrradstreifen auf der Fahrbahn neu eingerichtet? (Bitte für die Jahre 2008 und 2009 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Auflistung der jeweiligen Streckenab¬schnitte angeben)

5. Welche Mittel standen bzw. stehen den Bezirken zum Neu- oder Umbau sowie zur Instandsetzung von Radwegen zur Verfügung? (Bitte für die Jahre 2008, 2009 und 2010 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Angabe der jeweiligen Haushaltstitel angeben)

6. Existieren Prioritätenlisten in den Bezirken, aus denen ersichtlich ist, welche Radwege vorzugsweise instand gesetzt wurden bzw. werden?

Wenn ja, wie sind diese ausgestaltet? (Bitte für die Jahre 2008, 2009 und 2010 für jeden der sieben Hamburger Bezirke getrennt unter Auflistung der jeweiligen Streckenabschnitte angeben)

7. Welche weiteren Mittel standen bzw. stehen darüber hinaus der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt für Instandsetzungs- und/oder Neu- oder Umbaumaßnahmen von Radverkehrswegen zur Verfügung? (Bitte für die Jahre 2008, 2009 und 2010 die jeweiligen Beträge unter Angabe der jeweiligen Haushaltstitel angeben)

8. Für welche Maßnahmen wurde diese Beträge verwendet bzw. inwiefern sind diese Beträge bereits für welche konkreten Maßnahmen verplant? (Bitte für die Jahre 2008-2010 getrennt unter Angabe des jeweiligen Verwendungszwecks und des jeweiligen Betrages auflisten)

9. Welche Kriterien dienen der Entscheidungsfindung bei der Planung und Bauausführung von Radverkehrsanlagen, z. B. der Frage ob ein Radfahrstreifen oder ein Radweg angelegt wird?

10. Ist beabsichtigt zukünftig weitere Radfahrstreifen zu errichten?

Wenn ja, an welchen Stellen soll wann mit einem Umbau begonnen werden?

Wenn nein, warum nicht?

11. Wie viele Unfälle mit Fahrradfahrerinnen und -fahrern sind in den Jahren 2007 bis 2009 festgestellt worden? (Bitte unter Angabe des Alters der Unfallbeteiligten und des Unfallverursachers aufgeben)

12. Plant der Senat sich auf Bundesebene für die Einführung einer Helmpflicht für Fahrradfahrerinnen und -fahrer – ggf. zumindest für Kinder und Jugendliche – einzusetzen?

a. Wenn ja, in welcher Form?

b. Wenn nein, warum nicht?

 

III. Winterdienst für Radwege

1. In der Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage, Drs. 19/5147 antwortet der Senat, „Radwege sind bei winterlichen Verhältnissen aufgrund des relativ geringen Radfahreraufkommens in der Regel nicht als verkehrswichtig eingestuft und werden somit nicht von Schnee und Eis geräumt.“ Sieht der Senat hierin einen Widerspruch zu den Empfehlungen des Bundesverkehrs¬ministeriums, wonach zumindest auf den Hauptverbindungen ein Winterdienst angestrebt werden soll? Wenn nein, warum nicht?

2. Wie verträgt sich die unter 1. zitierte Aussage mit den im Rahmen der Fahrradstrategie des Fahrradforums (Drs. 18/7662) formulierten Forderungen zur verbesserten Winterräumung von Fahrradwegen?

3. Hält der Senat vor diesem Hintergrund an der im Koalitionsvertrag formulierten Aussage fest: „Die Fahrradstrategie des Fahrradforums wird in vollem Umfang umgesetzt, der Fahrradanteil am Verkehr soll verdoppelt werden.“?

4. Wie viele Unfälle haben sich nach Kenntnis des Senats in den vergangenen Wintern auf Rad- und/oder Fußwegen wegen Glätte oder Schneefalls ereignet, bei denen Personen- und/oder Sachschäden entstanden sind? (Bitte für die Jahre 2008 und 2009 sowie für die Monate Januar und Februar 2010 getrennt angeben)

5. Wurde die Stadt Hamburg diesbezüglich auf Schadensersatz in Anspruch genommen?

Wenn ja, in wie vielen Fällen und welche Summen Schadensersatz wurden gezahlt?

 

IV. Ampelschaltungen

In Hamburg gibt es ca. 120 Lichtsignalanlagen (LSA), an denen Radfahrer und Fußgänger nicht automatisch parallel zum Kfz-Verkehr Grün erhalten. Sie müssen vielmehr zusätzlich einen Anforderungstaster betätigen, um eine Freigabe zu erreichen. Dadurch werden Radfahrer/Fußgänger oft in ihrem zügigen Fortkommen im Straßenverkehr behindert, weil sie – obwohl der parallele Kfz-Verkehr frei gegeben ist – eine weitere Ampelphase warten müssen, bevor sie Grün bekommen.

1. Wie viele neue LSA mit Anforderungstaster, die in der Öffentlichkeit auch als „Bettelampeln“ bezeichnet werden, sind jeweils für die Jahre 2010, 2011 und 2012 geplant?

2. Für welche Knotenpunkte sind diese Ampeln geplant? (Bitte konkret benennen)

3. Wie viele so genannte „Bettelampeln“ sollen jeweils in den Jahren 2010, 2011 und 2012 so umprogrammiert werden, dass ohne Betätigen des Anforderungstasters immer zum parallelen Autoverkehr eine Freigabe für den Rad- und Fußgängerverkehr erfolgt?

4. An welchen Knotenpunkten stehen die unter 3. bezeichneten LSA?

5. Welche verkehrs- und/oder sicherheitspolitischen Notwendigkeiten führen dazu, dass an LSA mit Anforderungstaster der Taster – zumindest zeitweise – vom Rad- und Fußgängerverkehr unabhängig davon betätigt werden muss, ob der parallele Kfz-Verkehr freigegeben ist, während der parallele Autoverkehr jeweils gleichzeitig freigeben wird, wenn ein Radfahrer oder Fußgänger den Anforderungstaster betätigt hat?

6. Durch welche sonstigen Maßnahmen sollen die Ampelschaltungen an Kreuzungen fußgänger- und radfahrerfreundlicher gestaltet werden?

 

V. Sonstiges

1. Ist beabsichtigt, zukünftig die Benutzungspflicht für Radwege weiter zu lockern, um den Konflikt zwischen Radfahrer/innen, Fußgänger/innen und Anwohner/innen zu entschärfen?

Wenn ja, an welchen Stellen wird wann eine Änderung der Radwegebenutzungs-pflicht in Kraft treten?

Wenn nein, warum nicht?

2. Ist weiterhin beabsichtigt, den Ausbau des Alltagsroutennetzes („Velorouten“) voranzutreiben, wie es auch im Klimaschutzkonzept vorgesehen ist?

Wenn ja, welche Maßnahmen sollen wann diesbezüglich umgesetzt werden?

Wenn nein, warum nicht?