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Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern („U-Untersuchungen“): Senator Wersich verweigert Informationen über die Teilnahmequote nicht-deutscher Kinder in den Stadtteilen mit dem Argument einer möglichen „Reanonymisierung“

Dienstag, 22.12.2009

Die Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zu den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder hat nicht hinnehmbare Diskrepanzen bei den Teilnahmequoten aufgezeigt (vgl. Drs. 19/2412).

Hinsichtlich der Stadtteile zeigen sich für 2008 bzgl. aller U-Untersuchungen größte Gegensätze: Lemsahl-Mellingstedt, Volksdorf oder Wellingsbüttel mit über 90 Prozent Teilnahmequote gegenüber St. Pauli mit 57,4 Prozent, Altona Altstadt mit 61,4 Prozent oder der Veddel mit 60,8 Prozent Teilnahmequote.

Insgesamt nimmt in 19 Stadtteilen etwa jedes vierte Kind nicht an den Unter-suchungen teil; in weiteren (zusätzlich)14 Stadteilen ist es sogar rund jedes dritte Kind (siehe Punkt 4. und Anlage 1 der Drs 19/2412.). In neun dieser Stadtteile ist die Quote sogar weiter zurückgegangen, darunter z.B. St. Georg, St. Pauli und Billstedt.

Zu Teilnahmequoten von deutschen Kindern mit Migrationshintergrund ist der Senat nicht auskunftsfähig.

Die Unterschiede zeigen sich aber auch in deutlich geringeren Teilnahmequoten bei Kindern mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit: Nahmen bei den Kindern deutscher Staatsangehörigkeit in 2008 95,1 Prozent an der U5 teil, so waren es bei den Kindern nicht-deutscher Staatsangehörigkeit 77,6 Prozent. Hieran würde auch der von CDU- und GAL-Fraktion beschlossene Modellversuch der Sozialbehörde (BSG) nichts ändern, der sich unverständlicherweise auf U6 und U7 beschränkt. Anders als Hamburg haben mittlerweile fast alle Bundesländer gesetzliche Regelungen, die sich nicht auf einzelne Vorsorgeuntersuchungen beschränken.

Der Senat nennt Teilnahmequoten bezogen auf alle Kinder zu einzelnen Stadtteilen; er nennt auch Quoten von der U1 bis zur U9 bezogen auf die Staatsangehörigkeit „deutsch“ oder „nichtdeutsch“ (vgl. Drs. 19/2412). Von daher erstaunt die Behauptung in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 19/4562 (3.), eine „auf Stadtteile bezogene Auswertung nach Staatsangehörigkeit“ könne nicht erstellt werden, „da sie wegen kleiner Fallzahlen“ zu keinen verwertbaren Ergebnissen führen würde. Die kleinen Fallzahlen würden zudem „eine Reanonymisierung ermöglichen, die mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar wäre“.

 

 

 

Wir fragen den Senat:

1. Wie viele Kinder leben in den einzelnen Hamburger Stadtteilen und wie viele von ihnen sind nicht-deutscher Staatsangehörigkeit? (bitte in absoluten Zahlen und prozentual angeben)

2. Bei Unterschreitung welcher Zahl von Kindern nicht-deutscher Staatsangehörigkeit ergibt sich eine mögliche – so der Senat – „Reanonymisierung“?

3. Inwiefern ergibt sich die Möglichkeit einer „Reanonymisierung“?

4. Die vom Senat generell und für alle Stadtteile behauptete Möglichkeit einer „Reanonymisierung“ soll „mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar“ sein. Mit welchen datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist genau welcher Vorgang nicht vereinbar?

5. Ist der Hamburgische Datenschutzbeauftragte in dieser Frage um eine Stellungnahme gebeten worden? Wenn ja, wann, von wem und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht und wann soll diese Bitte um eine Stellungnahme nachgeholt werden?

6. Für den Fall, dass die Sozialbehörde (BSG) bzw. der Senat zwischenzeitlich zu einer anderen Einschätzung, als in der Drs. 19/4562 geäußert, gekommen ist: Wie ist die Teilnahmequote an den Vorsorgeuntersuchungen – sofern möglich um die Zahlen 2007/2008 ergänzt – nach Kindern deutscher sowie nicht-deutscher Staatsangehörigkeit (jeweils) bezogen auf die jeweiligen Stadtteile?