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Arbeitnehmerfreizügigkeit ab 30.4.2011 – Konsequenzen für Hamburg

Montag, 22.11.2010

Freizügigkeit ist ein Grundrecht der Europäischen Union, das bereits 1958 in den Römischen Verträgen verankert wurde. Aus der Freizügigkeit ergibt sich das europäische Diskriminierungsverbot, welches in Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union festlegt: „Sie (die Freizügigkeit) umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.“

Dieser Grundsatz hat erhebliche Auswirkungen sowohl auf die Arbeitnehmer- als auch auf die Sozialrechte der EU-Bürgerinnen und Bürger.

 

Mit der EU-Erweiterung von 2004 um zehn neue Staaten, wurde die Freizügigkeit für die Bürgerinnen und Bürger von acht der zehn neuen Mitgliedstaaten (alle außer Zypern und Malta) zunächst um sieben Jahre verschoben. Diese Frist, endet am 1.5.2011, so dass dann alle Arbeitnehmer aus den Beitrittsstaaten vom 1.Mai 2004 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern) freien Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland haben werden.

 

Aus diesem freien Zugang zum Arbeitsmarkt ergeben sich erhebliche Folgen für den Arbeitsmarkt, die Sozialsysteme, den Wohnungsmarkt etc., auf die sich Hamburg als Metropole einstellen muss.

 

 

Vor diesem Hintergrund frage Ich den Senat:

 

1. Mit wie vielen Menschen, die aufgrund der neuen Freizügigkeit ab dem 1.5.2011 aus den EU-Beitrittsstaaten nach Hamburg kommen, rechnet der Senat?

2. Verfügt der Senat über Erkenntnisse

a) aus welchen Ländern Menschen zum Arbeiten nach Hamburg kommen werden? Wenn ja, woher?

b) welche Berufsgruppen nach Hamburg zum Arbeiten kommen werden? Wenn ja, welche?

c) in welchen Familienverhältnissen die erwarteten Arbeitskräfte leben und ob mit Familiennachzug zu rechnen ist? Wenn ja, mit wie viel Familiennachzug wird gerechnet?

d) wie viel und welche Art von Wohnraum die zu erwartenden Arbeitskräfte in Hamburg benötigen werden? Wenn ja, was wird benötigt?

3. Welche Vorbereitungen trifft der Senat, um den zu erwartenden Menschen

a) ausreichend Wohnraum anbieten zu können?

b) eine schnelle Integration ihrer Familien zu gewährleisten?

4. Welche Auswirkungen der Freizügigkeit erwartet der Senat in Bezug auf die Saisonarbeiter?

a) Wie viele Saisonarbeiter waren in den vergangenen Jahren saisonal in Hamburg beschäftigt?

b) Werden diese in Zukunft feste Arbeit in Hamburg suchen?

c) Welche Branchen wären hiervon betroffen?

d) Ist von Seiten dieser Saisonarbeiter mit Familiennachzug zu rechnen?

5. Die Freizügigkeit bedeutet auch, dass beispielsweise Zeitarbeitsfirmen aus den Beitrittsländern die Möglichkeit haben werden, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach Hamburg zu vermitteln.

a) Welche Tarife gelten dann für diese Arbeitnehmer?

b) Sieht der Senat hierin die Gefahr von Dumpinglöhnen?

c) Wie steht der Senat zu der Frage der Einführung eines einheitlichen Mindestlohnes, um die Gefahr von Dumpinglöhnen zu bannen?

6. Die Freizügigkeit bedeutet, dass alle Bürgerinnen und Bürger der EU die gleichen Rechte auf dem Arbeitsmarkt haben. Welche Auswirkungen hat dieses auf die Ansprüche, die in Bezug auf die Sozialsysteme erworben werden?

a) Welche Ansprüche erwerben Selbstständige, die ihr Gewerbe in Deutschland anmelden?

b) Welche Ansprüche erwerben EU-Bürgerinnen und –Bürger, die in Deutschland arbeiten in Bezug auf die Arbeitslosenversicherung?

c) Ab wann besteht ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGBII.?

d) Hat der Senat Vorsorge getroffen, um evtl. steigenden Leistungsansprüchen in Zusammenhang mit dem erwarteten Zuzug nach Hamburg gerecht werden zu können? Wenn ja, wie?

7. Welche Auswirkungen wird der erwartete Zuzug von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den neuen EU-Beitrittsländern auf die bereits in Hamburg lebenden Migranten haben?

a) Erwartet der Senat einen Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt zwischen diesen beiden Gruppen?

b) Wenn ja, was plant der Senat, um diesen zu verhindern bzw. abzumildern?

c) Sind spezielle Arbeitsmarktprogramme bzw. Arbeitsmarktinstrumente geplant, um diesem zu erwartenden Verdrängungswettbewerb zu begegnen? Wenn ja, welche?