PAULA 3/2023

P A U L A Zwei Abgeordnete blicken zurück auf 60 Jahre Anwerbeabkommen und die Geschichte einer deutsch-türkischen Generation. Abbildung: Shutterstock.com/petrmalinak Nach über 50 Aussagen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gibt es einen gemeinsamen Nenner. Was bleibt von Cum-Ex? Ob Hamburg trotz Baukrise die Klasse halten kann, entscheiden auch bundespolitische Rahmenbedingungen. DEUTSCHER MEISTER IM WOHNUNGSBAU KEIN SCHADEN, KEINE EINFLUSSNAHME ZWISCHEN DEN WELTEN Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft KLIMANEUTRALES HAMBURG: WASSERSTOFF FÜR DIE WATERKANT 06 08 10 04 N o 3

02 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Editorial iese Ausgabe erscheint in einer Zeit größter Herausforderungen, denen wir mit großem Einsatz begegnen müssen. Die Folgen der Pandemie sind immer noch spürbar, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges treffen Europa und damit auch Hamburg unmittelbar. Knappe Energie, stark gestiegene Energiekosten sowie hohe Inflationsraten führen oft zu großen Belastungen von Industrie und Haushalten. Auch wenn Bund und Länder gemeinsam milliardenschwere Entlastungspakete samt Energiepreisbremsen auf den Weg gebracht haben, bleibt die Lage für viele Menschen angespannt. Um besondere Härten zu vermeiden, stellt Hamburg deshalb umfangreiche Hilfen bereit. Durch Putins Angriffskrieg werden viele Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Hamburg hilft auch hier und nimmt eine große Zahl an Geflüchteten auf. Das ist – angesichts begrenzter Flächen – für die Hansestadt eine sehr große Herausforderung, doch wir stehen als Stadt und Gesellschaft in der VerantMoin Hamburg, wortung. Im Namen der SPD-Fraktion möchte ich ausdrücklich allen danken, die sich hier im Großen und Kleinen engagieren. Der russische Angriffskrieg macht eine Neuausrichtung der Energiepolitik unerlässlich. Mit Hochdruck müssen wir Maßnahmen vorantreiben, die einerseits unsere Versorgung sichern und gleichzeitig die nachhaltige Weiterentwicklung unserer Energieversorgung vorantreiben. Daher war es richtig, dass Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft initiiert hat.Wie es um HamburgsWasserstoffpläne steht, lesen Sie imTopthema dieser Ausgabe auf Seite 4. Auch sonst gibt es viel zu entdecken: Mithilfe von Anfragen an den Hamburger Senat haben unsere Abgeordneten spannende Zahlen über die Mobilität in Hamburg zusammengetragen. Wir gehen den Fragen nach, wie es langfristiggelingen kann, dringendbenötigten bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, welche fünf Ecken sich in den nächsten Jahren in Hamburg deutlich verändern werden und was von vielen Dank für das Mitnehmen unserer „PAULA“. D den Vorwürfen im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss übrig bleibt. Persönlich wird es, wenn unsere Abgeordneten Güngör Yilmaz und Kazim Abaci vom Aufwachsen zwischen den Welten erzählen. Als SPD-Fraktion wollen wir Hamburg gemeinsam mit den Menschen vor Ort sozial gerecht, nachhaltig und innovativ weiterentwickeln. Unseren Slogan „Die ganze Stadt im Blick“ aus dem Bürgerschaftswahlkampf 2020 verstehen wir als Versprechen. Hamburg muss eine Stadt für alle Menschen und alle Generationen bleiben. Eine besondere Frage haben wir uns für den Schluss aufgehoben: Warum heißt diese Zeitung eigentlich PAULA? Die Auflösung gibt es auf Seite 15. Lassen Sie uns Hamburg gemeinsam voranbringen. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen. Ihr Dirk Kienscherf Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft Dirk Kienscherf: SPD-Fraktion Hamburg Abbildung: Shutterstock.com/Volar sin Parar

ten, hat die SPD-Fraktion zusammen mit ihrem Koalitionspartner die Entwicklung einer Hamburger Engagementkarte vorgeschlagen. Mit dem neuen Angebot sollen Engagierte nicht nur eine formal dokumentierte Anerkennung erhalten, sondern auch stadtweit Vergünstigungen nutzen können. In den hierfür erforderlichen Planungsprozess soll neben den Bezirksämtern auch die Zivilgesellschaft einbezogen werden. Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern eine Engagement-App die Karte sinnvoll ergänzen kann. Dass auch kleinere Rabatte für Ehrenamtliche ein großes Signal der Wertschätzung sein können, zeigen die Erfahrungen anderer Bundesländer. Seit Jahren steigt der Dokumentationsaufwand für Pflegekräfte immer weiter an – mit der Folge, dass weniger Zeit für die Arbeit am Menschen bleibt. Deshalb hat Rot-Grün im Juni 2022 in der Bürgerschaft eine Studie auf den Weg gebracht, die prüfen soll, wie Dokumentationsaufwände in der Pflege reduziert werden können. Um dem Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen und das Berufsbild attraktiver zu gestalten, kommt dem Abbau bürokratischer Aufgaben – neben einer angemessenen Bezahlung sowie einer guten Vereinbarung von Familie und Beruf – eine besondere Bedeutung zu. Mit den Ergebnissen der Untersuchung sollen die Arbeitsbedingungen und die Qualität in der Pflege langfristig verbessert werden. In Hamburg gibt es eine bundesweit einzigartige Ausgangslange, um das Problem anzugehen: Alle Beteiligten – von der Gesundheitsbehörde über die Krankenkassen und den Medizinischen Dienst bis zu den Leistungserbringern – sind sich einig darin, die Dokumentationspflichten auf den Prüfstand zu stellen. Das Ziel ist mehr Zeit für Menschen und Care-Arbeit und weniger Zeit für Dokumentation und Bürokratie. Das seit der Gotik mehrfach umgebaute Harburger Schloss ist prägend für den Stadtteil Harburg und zugleich Hamburgs ältestes Baudenkmal. Viele Umbauten haben in den vergangenen Jahrhunderten dazu beigetragen, dass das Schloss heute erhebliche Setzungsrisse aufweist. Bei Baumaßnahmen hat sich nun herausgestellt, dass auch die Statik gefährdet ist. Die Regierungskoalition hat sich deshalb für die Finanzierung einer Stahlskelettkonstruktion im Baugrund eingesetzt. So soll die statische Sicherheit des Gebäudes wiederhergestellt werden. Die Sanierungsmaßnahmen unterstützt Rot-Grün mit rund einer Million Euro aus dem Sanierungsfonds Hamburg 2030 und weiteren 400.000 Euro aus dem investiven Quartiersfonds. Die Umplanung der bisherigen Baumaßnahme wird nicht nur zur Sicherung der Räumlichkeiten beitragen, sondern auch dazu führen, dass ein im Kellergewölbe angedachter Ausstellungsraum nun viel höher angelegt werden kann. Der zusätzliche Platz ermöglicht eine umlaufende Galerie für Museumsbesucherinnen und -besucher. Durch den Ausbau des Schlosses zur Museumsfiliale ergibt sich für das Stadtmuseum Harburg als Teil des Archäologischen Museums Hamburg die einmalige Chance, die Geschichte der Stadt an ihrem Ursprungsort erlebbar zu machen. Das Leben auf der Straße und in Unterkünften ist für obdachlose Menschen sehr belastend. Dieser Rahmen steht einer effektiven Hilfe oft imWeg. Deshalb startete auf Initiative der Regierungsfraktionen in Hamburg das Modellprojekt „Housing First“. Mit ihm erprobt die Hansestadt einen Paradigmenwechsel in der Obdachlosenhilfe: Betroffenen soll eigener Wohnraum ohne Vorbedingungen zugänglich gemacht werden. Menschen ohne Obdach erhalten so ein sicheres Umfeld in Einzelunterbringung und haben hier Raum, um sich körperlich und mental zu erholen. Unter diesen Bedingungen lassen sich die Hilfsangebote und Therapiemaßnahmen für die Betroffenen sehr viel effizienter gestalten. So ermöglicht der Ansatz schnell und nachhaltig den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben und ist zugleich eine wertvolle Ergänzung, die sich nahtlos in das ausdifferenzierte Hilfesystem für Wohnungs- und Obdachlose in Hamburg einfügt. Rund 570.000 Menschen in Hamburg engagieren sich ehrenamtlich. Damit leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag für Hamburgs Stadtgesellschaft. Um ihr Engagement künftig noch stärker zu würdigen und die freiwilligen Tätigkeiten gleichzeitig attraktiver zu gestalNeues vom Bürgerschaftsparkett MEHR PFLEGE, WENIGER DOKUMENTATION BONUSKARTE FÜRS EHRENAMT RETTUNG FÜR HAMBURGS ÄLTESTES BAUDENKMAL VIER WÄNDE FÜR EINEN NEUANFANG 03 Editorial PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Die SPD stellt mit 53 Abgeordneten die größte Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Alle zwei Wochen kommt das Parlament zusammen und bewegt mit den Stimmen der Regierungskoalition große und kleine Vorhaben, die Hamburg nach vorne bringen. Abbildung: Shutterstock.com/Volar sin Parar

04 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Topthema KLIMANEUTRALES HAMBURG: WASSERSTOFF FÜR DIE WATERKANT Hamburg stellt sich unter Führung der SPD seiner Verantwortung beim Klimaschutz. Neben dem Kohleausstieg bis spätestens 2030 plant die Hansestadt den Aufbau einer umfassenden Wasserstoffinfrastruktur. Damit ließe sich in Hamburg Energie klimaneutral nutzen – und die Abhängigkeit vom Erdgas reduzieren. DIE NORDDEUTSCHE WASSERSTOFFSTRATEGIE Saubere Energie ohne CO2-Emissionen, die wetterunabhängig zwischengespeichert werden kann und zuverlässig ganze Industrien versorgt: Das braucht es, wenn Deutschland seinen Beitrag leisten will, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen. Schon 2019 haben Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und SchleswigHolstein deshalb verabredet, das große Potential der Wasserstoff-Technologie gemeinsam zu erschließen und die Norddeutsche Wasserstoffstrategie entwickelt, die mittlerweile zum Vorbild für das nationale Vorgehen geworden ist. Norddeutschland ist wie geschaffen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Das liegt im Wesentlichen an drei Faktoren: Erstens an den guten Bedingungen für Windstrom – an Land und auf dem Meer –, der gebraucht wird, um grünen, also klimaneutral produzierten, Wasserstoff zu gewinnen. Zweitens an unterirdischen Abbildungen S. 4 u. 5: Shutterstock.com/petrmalinak

05 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Topthema Formationen, in denen der klimaneutral produzierte Wasserstoff und damit die aus Windstrom gewonnene Energie zwischengespeichert werden kann, sowie drittens an norddeutschen Seehäfen, wie dem Hamburger Hafen, über die künftig der Import und die Verteilung von Wasserstoff innerhalb Deutschlands abgewickelt werden soll. 2030 sollen in Norddeutschland bereits fünf Gigawatt Leistung zur Erzeugung von grünemWasserstoff installiert sein. Fünf Jahre später – 2035 – sind die Kapazitäten dann so ausgebaut, dass eine Vollversorgung mit Grünem H2 möglich ist. RUNTER MIT DER KOHLE Dass Hamburg beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur auch vor großen Projekten nicht zurückschreckt, zeigt sich am Beispiel des Kraftwerks Moorburg. Das ehemalige Kohlekraftwerk wird aktuell zu einem Wasserstofferzeuger, einem sogenannten Elektrolyseur, umgerüstet und soll ab 2026 einsatzbereit sein. Mit einer geplanten Leistung von 100 Megawatt wird die Anlage eine der größten der Welt sein. So wird Moorburg nach dem Stopp der klimaschädlichen Kohleverbrennung im Jahr 2021 bald zum Zentrum sauberer Energieerzeugung. Für den sogenannten Green Energy Hub Moorburg, der auf einen Vorschlag von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher zurückgeht, konnte der Hamburger Senat mit den Hamburger Energiewerken sowie den Unternehmen Shell und Mitsubishi Heavy Industries (MHI) bereits starke Partner gewinnen. Die Umrüstung Moorburgs sowie weitere Wasserstoffprojekte in Hamburg werden von der europäischen Union unterstützt. Die EU stellt Mittel in Millionenhöhe aus dem sogenannten IPCEI-Programm bereit, mit dem in ganz Europa wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse im Bereich Wasserstoff gefördert werden. Und auch der Bund unterstützt HamburgsWasserstoffpläne: So stellt etwa die Bundesregierung 70 Millionen Euro für ein Innovations- und Technologiezentrum für Luft- und Schifffahrt in Hamburg, Bremen/Bremerhaven und Stade bereit, das an der Optimierung von Brennstoffzellensystemen, also Antrieben mit Wasserstoff, arbeiten wird. GEMEINSAM FÜR DEN KLIMASCHUTZ „Technologie und Innovation sind der Schlüssel zur Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und damit von zentraler Bedeutung zum Erreichen der Klimaziele in Hamburg und der Bundesrepublik“, ordnet Hansjörg Schmidt, wirtschaftspolitischer Specher der SPD-Fraktion Hamburg , die Förderbeschlüsse ein. „Die konsequente Entscheidung der Hansestadt für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft schafft für Hamburg und seinen leistungsstarken Hafen eine komplett neue Entwicklungsperspektive mit gigantischen Ausmaßen.“ Als Zukunftsort für Wasserstoff spielt der Hafen eine zentrale Rolle – nicht nur wegen optimaler Logistikbedingungen für Import und Verteilung, sondern auch, weil er eines der größten Industriegebiete Europas ist. Eine Vielfalt an innovativen Industrien hat sich hier angesiedelt, darunter einige der weltweit größten Unternehmen der grundstoffverarbeitenden Industrie. Sie alle haben einen hohen Energiebedarf und entsprechend großes Interesse an nachhaltigem Wasserstoff: Die Nachfrage ist sogar so groß, dass das neue, zunächst nur auf 45 Kilometer ausgelegte Leitungsnetz bis zum Jahr 2030 auf 60 Kilometer ausgebaut wird. „Wasserstoff entfaltet sein ganzes Potential, wenn er sauber, erneuerbar und möglichst lokal produziert wird. Wird er in der Industrieproduktion eingesetzt, verbessert das nicht nur die Klimabilanz, sondern sichert auch qualifizierte Arbeitsplätze“, betont auch Alexander Mohrenberg, Fachsprecher für Umwelt, Klima und Energie der SPD-Fraktion. „Wenn wir wirksamen Klimaschutz betreiben wollen, müssen wir Klima undWirtschaft zusammendenken und dürfen die beiden Pole nicht gegeneinander ausspielen.“ ENERGIESICHERHEIT FÜR HAMBURG Immer mehr Länder entwickeln eigene Wasserstoffstrategien und gründen internationale Partnerschaften, um bei Wasserstoff-Projekten zusammenzuarbeiten. Erste Planungen zum Bau einer Wasserstoff-Pipeline nach Dänemark zeigen das große Potenzial dieser Zusammenarbeit. Als Teil eines europäischen Wasserstoffnetzes könnten mit ihr schon im Jahr 2025 zehn bis 25 Prozent des künftigen deutschen Wasserstoffbedarfs abgedeckt werden. Der Aufbau einer lokalen Wasserstoffproduktion und die Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit haben vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zuletzt an Brisanz gewonnen. Natürlich können die Konflikte rund um Gaslieferungen aus Russland nicht kurzfristig durch Wasserstoff ausgeglichen werden – dafür war die Energiepolitik des Bundeswirtschaftsministeriums viele Jahre zu einseitig. Doch mittel- und langfristig bietet die Wasserstofftechnologie eine wertvolle Alternative zu russischem Gas und ist damit ein entscheidender Baustein, um die Energieabhängigkeit Hamburgs zu verringern. Wasserstoff kann damit nicht nur zum Klimaretter einer nachhaltig wirtschaftenden Industrie werden, sondern auch die Sicherheit Deutschlands stärken. Hamburg ist mit seiner Industrie schon heute auf einem zukunftsfähigen Transformationspfad, der Wirtschaft und Klimaschutz gleichermaßen berücksichtigt. Das Ziel der SPD ist die Klimaneutralität der ganzen Stadt: Und Hamburg ist bereits auf demWeg dorthin. soll eine Vollversorgung Norddeutschlands mit nachhaltig produziertemWasserstoff erreicht sein. Meter umfasst das neue Wasserstoff-Leitungsnetz im Hamburger Hafen ab 2030. Megawatt Leistung machen das Wasserstoffkraftwerk Moorburg ab 2026 zu einer der größten Anlagen der Welt. 60.000 100 2035

06 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 DER MIX MACHT‘S In Hamburg rollt die Mobilitätswende. Das Ziel: Mit guten Angeboten immer mehr Menschen für einen umweltfreundlichen Verkehr begeistern. Bis 2030 sollen alle Hamburgerinnen und Hamburger 80 Prozent ihrer Wege komfortabel mit Bus, Fahrrad, der Bahn oder zu Fuß zurücklegen können. m o b i l i t ä t s amburgs Bevölkerung wächst. 2020 lebten mit rund 1,85 Millionen Menschen knapp 100.000 Personen mehr in Hamburg als noch vor zehn Jahren. Damit nimmt auch der Bedarf an Mobilität zu und mit ihm das Verkehrsaufkommen in der Hansestadt. Hamburg baut das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs mit klimaschonenden Verkehrsmitteln, wie Bussen, Bahnen sowie dem Fahrrad deshalb konsequent aus. Die SPD-Abgeordneten Ole Thorben Buschhüter und Lars Pochnicht haben Anfragen an den Senat gestellt, die zeigen, wie Hamburg mit dem Ausbau des ÖPNV sowie der Sanierung von Verkehrsstraßen und Radwegen an einer starken Infrastruktur baut, die den Verkehr um Elbe und Alster fit für die Zukunft macht. WEITER KOMMEN MIT BUS UND BAHN Bis 2040 sind allein 36 neue Bahnhöfe in Hamburg geplant. Hinzu kommen hvv-weit 100 Kilometer neue U- und S-Bahn-Linien: Die U5 von Bramfeld bis zu den Arenen, die U4 auf die Horner Geest und zum Grasbrook, die S4-Ost nach Bad Oldesloe, die S5 nach Kaltenkirchen und die S6 nach Osdorfer Born – sie alle werden den Verkehr in Hamburg spürbar entlasten. Gleiches gilt für neue Buslinien und -haltestellen sowie On-Demand-Verkehre, die Mobilität auf Abruf bereitstellen und perspektivisch in den hvv integriert werden sollen. Die vielen neuen Angebote sind dringend notwendig, denn alle Hamburgerinnen und Hamburger sollen ab dem Jahr 2030 im Stadtgebiet innerhalb von fünf Minuten ein öffentliches Verkehrsmittel erreichen können. Mit diesem sogenannten Hamburg-Takt soll der Anteil des umweltfreundlichen ÖPNV am Gesamtverkehrsaufkommen im Sinne des Klimaschutzes auf 30 Prozent ansteigen. Im Jahr 2017 hatte der Wert noch bei 22 Prozent gelegen. H FREIE FAHRT AUF GUTEN STRASSEN Insgesamt 1.642 Kilometer Fahrstreifen konnten in Hamburg seit 2011 saniert werden. „Das entspricht einer Strecke von Hamburg nach München und wieder zurück“, ordnet Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion Hamburg , die Zahl ein. „Den Sanierungsstau, der uns beim Regierungswechsel 2011 hinterlassen wurde, lösen wir immer weiter auf. Darüber hinaus wollen wir den Anteil des ÖPNV sowie des Fuß- und Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen in den nächsten Jahren weiter erhöhen. Das geht nur durch attraktive und hochwertige Mobilitätsangebote – auf der Schiene, aber eben auch auf der Straße“, ist sich der Verkehrspolitiker sicher. Zum Autofahren hat er eine klare Meinung: „Das Auto fährt zunehmend elektrisch und wird auch im Mobilitätsmix der Zukunft eine bedeutende Rolle spielen. Das gilt vor allem für den Wirtschaftsverkehr.“ VELOROUTEN VOM ZENTRUM BIS ZUM STADTRAND Neben einer zukunftsfähigen Straßeninfrastruktur, ist die Steigerung des Radverkehrsanteils ein zentraler Baustein um die Mobilitätswende zum Erfolg zu führen. Mindestens jeder vierte Weg soll 2030 mit dem Rad zurückgelegt werden. Damit das angestrebte Ziel erreicht werden kann, ist der Ausbau des Veloroutennetzes ein wichtiger Schritt. Diese Radwege verbinden die Hamburger Innenstadt mit den äußeren Stadtteilen und sind ein entscheidender Faktor, um Hamburg für Radfahrende attraktiver zu machen. So können Radlerinnen und Radler beispielsweise auf der Veloroute 4 über fast 19 Kilometer von der Alster über Winterhude, Alsterdorf und Fuhlsbüttel bis nach Langenhorn fahren. In den vergangenen drei Jahren wurde das Hamburger Veloroutennetz um mehr als 34 Kilometer erweitert und betrug im Herbst 2021 schon über 190 Kilometer. Aber auch das übrige Radwegenetz wird nach und nach saniert und in Schuss gebracht: Seit 2011 konnten 339 Kilometer Radverkehrsanlagen saniert oder neu gebaut werden. FAHRRAD UND BAHN – EINE GUTE KOMBINATION Manche Strecken sind für viele dennoch zu weit, um sie allein mit dem Fahrrad zurückzulegen. Deshalb arbeitet Hamburg an Konzepten, um Radfahrende gut an den ÖPNV anzuschließen. So treibt die Stadt das Programm Bike+Ride (B+R) und mit ihm den Bau von Fahrrad-Abstellplätzen an U- und S-Bahnstationen voran. Zum Start des Jahres 2021 gab es bereits 23.470 B+R-Plätze in Hamburg. Das ist nicht nur ein quantitatives Plus von 1.200 neuen Stellplätzen im Vergleich zum Vorjahr, sondern durch mehr überdachte oder mietbare Plätze auch eine qualitative Steigerung. „Mit den steigenden B+R-Angeboten lassen sich Fahrräder und Schnellbahnen immer besser miteinander kombinieren. Der umweltfreundliche Verkehr wird mit ihnen auch auf mittleren und langen Distanzen gestärkt“, weiß der SPD-Radverkehrsexperte Lars Pochnicht, der zugleich auch auf ein anderes Mobilitätsangebot aufmerksam macht: „Um schnell mit dem Fahrrad von einem Ort zum anderen zu kommen, müssen die Hamburgerinnen und Hamburger kein eigenes Rad besitzen: Das StadtRAD-System ist mit 536.000 Registrierungen und 277 Standorten im Herbst 2021 ein sehr großer Erfolg für die Hamburger Verkehrspolitik.“ In den Jahren 2020 und 2021 wurde das Angebot der roten Fahrräder, die von der Deutschen Bahn betrieben werden und an Stationen in weiten Teilen des Stadtgebietes ausgeliehen werden können, deutlich erweitert: 44 neue Stationen kamen hinzu. In diesem Jahr sollen noch einmal 100 neue Stationen errichtet werden. NACHHALTIGE MOBILITÄT Für eine nachhaltige Mobilität braucht es Verkehrsmittel, die sich ergänzen und den Umstieg vom (privaten) Auto auf andere Verkehrsmittel erleichtern. Eine strenge Trennung der Verkehrsarten gibt es nicht. Wer mit dem StadtRad unterwegs ist, geht auch mal zu Fuß. Wer das Auto nutzt, steigt auch mal auf die S-Bahn um. Der Mix der Angebote ist es, mit dem Hamburg die Mobilitätswende vorantreibt. Abbildung: Shutterstock.com/Gyn9037 Nachgefragt

07 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Farbe bekennen BISLANG ZIEL 2023 277 377 S T A T I O N E N Altona 34 50 42 52 34 49 15 28 89 103 59 82 14 24 Eimsbüttel Wandsbek Harburg Hamburg - Mitte Hamburg - Nord Bergedorf ANZAHL DER STADTRAD-STATIONEN NACH BEZIRKEN Mit dem Auftreten von Corona sind die Fahrgastzahlen im hvv stark zurückgegangen. Im Juni 2022 stieg die Auslastung erstmals seit Pandemiebeginn wieder auf den Wert von 2019. ENTWICKLUNG DER FAHRGASTZAHLEN IM HVV IN MILLIONEN FAHRGÄSTEN: 2016 2017 2018 2019 2020 2021 770,5 780,7 784,5 795,5 513,8 676,0 Der Standpunkt von Gabi Dobusch, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hamburg. Gleichberechtigung auch in Krisenzeiten er Feminismus hat in den vergangenen Jahrzehnten beachtliche Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen und Männern erzielt. Umso schwerer war es daher, in der Corona-Krise mitansehen zu müssen, wie sich die Uhren rückwärts drehten. Frauen waren viel stärker von den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie betroffen als Männer. Wir erlebten eine Retraditionalisierung der Geschlechterrollen: So waren es vor allem Frauen, die während Corona ihre Arbeitszeit reduziert haben, um sich um Kinder oder Angehörige zu kümmern. Überdurchschnittlich viele Frauen haben in der Pandemie ihren Job verloren und aufgrund der zwischen den Geschlechtern extrem ungleich verteilten Wochenarbeitszeit und dem aktuellen Steuersystem haben vor allem Männer von staatlichen Hilfsmaßnahmen wie dem Kurzarbeitergeld profitiert. Wenn wir es mit einer gleichberechtigten Gesellschaft ernst meinen, gilt es diese Ungerechtigkeiten anzupacken und aufzuheben. Krisen sind nicht geschlechtsneutral. Als SPD-Fraktion haben wir in der Bürgerschaft deshalb die Entwicklung zielgerichteter Maßnahmen veranlasst, um die Verfestigung von Arbeitslosigkeit und einen Rückzug von Frauen aufgrund von Sorgearbeit zu verhindern. Künftig wird auch die berufliche Weiterbildung von Frauen noch stärker in den Blick genommen werden müssen – das gilt vor allem für Alleinerziehende und Soloselbstständige. Im Sinne der Gleichberechtigung müssen wir heute handeln, damit sich die Ungerechtigkeit der Pandemie nicht wiederholt, etwa indem wir bei der Agentur für Arbeit in Zukunft Arbeitsausfall und Höhe des Kurzarbeitergeldes geschlechtsspezifisch erfassen und so statistisch auswertbar machen. Lohnersatzleistungen müssen endlich ohne verdeckte Diskriminierung berechnet werden und die Einkommenssteuer muss geschlechtergerecht reformiert werden. Für all diese Punkte wird sich Hamburg im Bund stark machen. Damit wir feministisch gerüstet sind, wenn eine neue Krise vor der Tür steht. D 1.642 Fahrstreifenkilometer insgesamt STRASSENSANIERUNGEN SEIT 2011: Seit 2011 hat die Stadt Hamburg bei der Straßensanierung beachtliche Erfolge erzielt. Immer mehr Straßen sind in einem guten Zustand. - - - - - - - - - - - - - - - Abbildung: Shutterstock.com/Gyn9037 Gabi Dobusch: SPD-Fraktion Hamburg

08 m Februar 2022 erschütterte ein Beben die deutsche Baubranche. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stoppte überraschend die Förderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für energieeffizientes Bauen und Sanieren. Jahrelange Bauplanungen gerieten insWanken. Viele Bauherren undWohnungsbauunternehmen bangten um die Förderung ihrer Immobilien. Zwar erklärte der Bundesminister nach öffentlichem Protest eine Übergangszeit zulassen zu wollen, das Förderprogramm sollte jedoch komplett neu aufgestellt werden, um vermeintlich mehr für den Klimaschutz zu erreichen. DURCHEINANDER STATT PLANUNGSSICHERHEIT Der Plan des Bundeswirtschaftsministeriums sieht nun vor, den sogenannten KfW 70-Standard aufzuheben und durch das KfW 40-Modell zu ersetzen. Nach KfW 70 errichtete Häuser verbrauchen nur 70 Prozent der Energie eines I HERAUSFORDERUNG WOHNUNGSBAU Hamburg ist deutscher Meister beim Bau von Wohnungen. Ob es dabei bleibt, hängt auch von den bundespolitischen Rahmenbedingungen ab. in der Förderrichtlinie der Kreditanstalt für Wiederaufbau festgelegten Referenzwertes. Das KfW 40-Modell spart noch einmal mehr Energie ein – doch das hat weitreichende Konsequenzen für den Wohnungsbau. „Das Bundeswirtschaftsministerium will die Anforderungen jetzt deutlich verschärfen, so dass es ab 2025 keinerlei Förderung mehr gibt. Zu diesen Konditionen ist ein frei finanzierter Mietwohnungsbau nur noch für eine Kaltmiete von 18 oder 19 Euro pro Quadratmeter zu realisieren. Nimmt man dann noch die Betriebskosten hinzu, sind wir schnell bei 22 Euro pro Quadratmeter. Das ist keine soziale Wohnungspolitik“, stellt Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Fraktion Hamburg, fest. „Wir bauen in Hamburg nach KfW 55. So gelingt es, dass wir eine höhere Energieeffizienz gegenüber dem KfW 70-Standard und damit eine bessere Klimafreundlichkeit erreichen, der Bau mit öffentlichen Mitteln gefördert wird und so bezahlbar bleibt“, erklärt der Fraktionsvorsitzende das Hamburger Modell. Zukunftsstadt Hamburg PA U L A Die Zeitung SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Abbildung: Shutterstock.com/PIXEL to the PEOPLE

Zukunftsstadt Hamburg PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 KLIMASCHUTZ UND WOHNUNGSBAU MITEINANDER VERBINDEN Die Verschärfung kommt zur Unzeit. Seit Jahren ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum hoch. Aufgrund von in der Corona-Pandemie gebrochenen Lieferketten sowie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine haben sich zuletzt auch die Baukosten stark erhöht. „Diese ohnehin sehr schwierige Situation wird jetzt noch einmal dadurch verschärft, dass wir einen neuen energetischen Standard schaffen, der auf dem Papier etwas für den Klimaschutz tut, dies in der Praxis aber noch gar nicht bewiesen hat“, stellt Kienscherf enttäuscht fest. Nach Ansicht von Expertinnen und Experten muss die technische Gebäudeausstattung in KfW 40-Häusern nach gut 20 Jahren bereits wieder ausgetauscht werden. Ob der CO2-Verbrauch dabei wirklich geringer ist, wird bezweifelt. Hamburgs SPD-Fraktion hat deshalb mit Blick auf die vielen notwendigen energetischen Sanierungen einen anderen Weg vorgeschlagen, um Erfolge bei Klimaschutz und Wohnungsbau besser miteinander zu verbinden. „Es ist sinnvoll, nicht wenige Wohnungen mit einem hohen Aufwand energetisch zu sanieren, sondern vor allem viele Wohnungen mit einer sehr schlechten Energiebilanz zu verbessern. Zudem darf der Fokus nicht auf einzelnen Gebäuden liegen. Wir müssen, wenn möglich, ganze Quartiere in den Blick nehmen. Deshalb unser dringender Appell an das Bundeswirtschaftsministerium: Hinterfragen Sie noch einmal die beabsichtigte Verschärfung der Energiestandards“, so der Fraktionschef. LEBENS- UND NATURQUALITÄT SICHERN Nicht nur der Klimaschutz, sondern auch der Flächenverbrauch beim Wohnungsbau ist in einer Metropolregion wie Hamburg ein Balanceakt. Trotz des großen Bedarfs an neuem Wohnraum, zusätzlichen Arbeitsplätzen und moderner Infrastruktur gilt es, Hamburgs Charakter als naturnaher Stadt am Wasser gerecht zu werden. In der Elbmetropole gilt Innen- vor Außenentwicklung. Dieses Hamburger Maß führt zu einer baulichen Dichte, die die vorhandenen Flächen optimal nutzt. Mit dem 2021 in Kraft getretenen Vertrag für Hamburgs Stadtgrün hat sich die Stadt dem Ausgleich zwischen Wohnungsbau und Naturerhalt verschrieben. So sieht die Einigung mit dem NABU Hamburg unter anderem vor, dass mindestens zehn Prozent der Landesfläche unter Naturschutz gestellt werden. Ein Ziel, das bereits 2022 erreicht werden konnte. Der Anteil der Landschaftsschutzgebiete ist auf 18,9 Prozent, der Anteil des Biotopverbundes auf 23,2 Prozent der Landesfläche festgeschrieben. Damit bleiben über 30 Prozent des Stadtgebiets dauerhaft unbebaut. In der äußeren Stadt sollen die Flächen des Biotopverbundes, der Landschaftsachsen und Landschaftsschutzgebiete als großflächige Naturräume erhalten bleiben und unvermeidliche Eingriffe naturschutzrechtlich ausgeglichen werden. Mit diesen umfassenden Kompensationsregelungen geht Hamburg weit über die naturschutzrechtlichen Vorgaben hinaus, um die Lebens- und Naturqualität in der Stadt hoch zu halten und weiter zu verbessern. Zugleich macht aber diese wichtige Selbstverpflichtung der Stadt den Wohnungsbau noch herausfordernder. DRAMATISCHE VERÄNDERUNG DER RAHMENBEDINGUNGEN Indem Naturschutz, Wohnungsneubau und wirtschaftliche Entwicklung Hand in Hand gehen, ist sichergestellt, dass die Stadt auch in Zukunft handlungsfähig ist. Das ist wichtig, denn die Vorgaben der Bundesregierung sind klar: 400.000 Woh09 nungen sollen pro Jahr bundesweit gebaut werden. Mit der Verschärfung des Standards und damit fehlenden Fördergeldern dürfte dieses Ziel nur schwer zu erreichen sein. Auch Martina Koeppen, Fachsprecherin für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, sieht eine dramatische Veränderung der Rahmenbedingungen: „Wir müssen die Investitionsbedingungen für den Neubau weiter verlässlich und attraktiv gestalten. Wichtiger denn je ist jetzt, dass es eine Förderkulisse durch das Bundeswirtschaftsministerium gibt, die sowohl den Klimaschutz als auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums berücksichtigt.“ TEAMWORK FÜR BEZAHLBAREN WOHNRAUM Mit seiner Wohnungsbaupolitik hat Hamburg in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sich Grundsteine am besten im Team legen lassen: Mit dem Bündnis für das Wohnen hat Olaf Scholz als Hamburger Bürgermeister bereits 2011 eine Allianz geschaffen, die alle relevanten Organisationen und Unternehmen der Baubranche umfasst. Gemeinsam stellt sich das Bündnis den aktuellen Herausforderungen: So konnten in Hamburg seit 2011 über 116.000 neue Wohnungen genehmigt und rund 84.300 gebaut werden. Damit fiel der Preisanstieg auf dem städtischen Wohnungsmarkt deutlich geringer aus, als in anderen Metropolen. Dennoch bleiben hohe Mieten auch in Hamburg ein Thema. Bauexpertin Koeppen ist deshalb ein weiterer Aspekt wichtig: „Die Hansestadt ist nach wie vor auf Platz 1 der pro Kopf bewilligten Sozialwohnungen in Deutschland. Auf jeden Euro vom Bund legt Hamburg für dieWohnraumförderung aus dem eigenen Haushalt noch neun Euro oben drauf.“ Die hohen Investitionen der Hansestadt in den Sozialwohnungsbau sind immens wichtig, denn bundesweit ist die Zahl von Sozialwohnungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Hamburg hat diese Entwicklung früh vorausgeahnt und mit dem verbindlichen Drittelmix gegengesteuert. Seit 2011 sind so pro Jahr jeweils ein Drittel der neu gebauten Wohnungen im geförderten Wohnungsbau, im frei finanzierten Mietwohnungsbau und im Eigentumswohnungsbau errichtet worden. In zentralen Lagen sogar bis zu 50 Prozent. Die Einigungen mit den Volkinitiativen „Boden & Miete“ sind Entscheidungen mit bedeutenden sozialen und langfristigenWirkungen. Die Einführung eines neuen Wohnungsbausegments mit 100-jährigen Bindungen ist deutschlandweit einmalig. Die gemeinwohlorientierte Bodenpolitik entwickelt sich weiter und wird für zukünftige Generationen abgesichert. Mit dieser Privatisierungsbremse öffentlichen Grund und Bodens wird der Ausverkauf städtischen Eigentums verhindert. So wird Hamburg trotz Krisen in der Baubranche für alle Menschen in der Stadt ein bezahlbares und lebenswertes Zuhause bleiben. Wohnungen sind im Stadtgebiet seit 2011 errichtet worden des Stadtgebiets bleiben in Hamburg dauerhaft unbebaut. „Auf jeden Euro vom Bund legt Hamburg für die Wohnraumförderung aus dem eigenen Haushalt noch neun Euro oben drauf.“ Martina Koeppen, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hamburg 30% 84.300 E Abbildung: Shutterstock.com/PIXEL to the PEOPLE

PA U L A Die Zeitung der SPD-Bürgerschaftsfraktion N o 3 / 2022 PERGOLENVIERTEL Zwischen den S-Bahnstationen „Rübenkamp“ und „Alte Wöhr“ erstreckt sich auf 27 Hektar das größte Neubauquartier im Bezirk Hamburg-Nord. 60 Prozent der bis 2024 geplanten 1.700 Wohnungen werden öffentlich gefördert. Im Pergolenviertel wird auf einen breiten Mix an Wohnangeboten gesetzt: Neben familienfreundlichen Miet- und Eigentumswohnungen sind Wohnungen für inklusive Gruppen und Studierende geplant. Nahegelegene Versorgungs- und Betreuungsangebote sowie Parkflächen und Kleingärten machen das Viertel komplett. SCHNELSENER DECKELPARK Autobahndeckel müssen nicht betongrau sein: Das beweist der Deckelpark in Schnelsen, der über den 560 Meter langen A7-Tunnel führt. Seit Ende September laden hier 150 Bäume, 42 Kleingartenparzellen und verschiedene Grünflächen die Menschen aus Hamburg zum Verweilen ein und schaffen Räume zur Erholung und Freizeitgestaltung. Gleichzeitig werden durch die Verlagerung der Kleingärten auf den A7-Deckel an anderer Stelle in der Stadt Flächen für den Wohnungsbau frei. VOGELKAMP NEUGRABEN In unmittelbarer Nachbarschaft zum Vogelschutzgebiet Moorgürtel entsteht am südwestlichen Stadtrand Hamburgs das neue Wohnquartier Vogelkamp. Auf 70 Hektar bieten hier etwa 1.500 Wohneinheiten, bestehend aus einem Mix an Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern sowie einigen Mehrfamilienhäusern, Hamburgerinnen und Hamburgern ein neues Zuhause. Neben einer guten Verkehrsanbindung überzeugt das Quartier mit vielen Grünflächen und einem vielseitigen Bildungs- und Freizeitangebot. AN DER HAFENBAHN Von Wilhelmsburg bis auf die Veddel wird bis 2024 ein neues Wohnquartier entstehen. Der Großteil der 350 geplanten Wohnungen wird öffentlich gefördert und soll vor allem Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Wohnberechtigungsschein ein neues Zuhause bieten. Neben bepflanzten Dächern sind auch begrünte Flächen zwischen den Häusern geplant, die Orte der Begegnung schaffen. Kleine Geschäfte für den alltäglichen Bedarf sollen das Angebot des Quartiers abrunden. GRASBROOK Gegenüber der HafenCity und in Sichtweite der Elbphilharmonie: Dort, wo heute noch ein abgeschottetes Hafengebiet liegt, wird in den kommenden Jahren der neue Stadtteil Grasbrook gebaut. Großzügige Grünflächen, Bildungs- und Kultureinrichtungen sowie Einkaufs-, Sport- und Freizeitmöglichkeiten sollen den Stadtteil für rund 3.000 Menschen attraktiv machen. Neben Miet- und Eigentumswohnungen, Genossenschaften und Baugemeinschaften sieht der Bebauungsplan vor, Raum für 16.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Der geplante Baubeginn ist 2023. FÜNF ECKEN, DIE JETZT NOCH SCHÖNER WERDEN 10 Abbildung: steg Hamburg mbH Abbildung: moka-studio_Luftbild Matthias Friedel_POLA Landschaftsarchitekten Abbildung: Herzog de Meuron + Vogt Landschaftsarchitekten Abbildung: iba hamburg gmbh - Martin Kunze Abbildung: PONNIE; LIN Architekten Urbanisten

PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 it den sogenannten CumEx-Geschäften haben Banken und Investoren von 2001 bis 2016 den deutschen Staat um 30 Milliarden Euro betrogen, indem sie sich beim Aktienhandel nicht gezahlte Steuern zurückerstatten ließen. Der Bundesgerichtshof hat erst im Juli 2021 Rechtsklarheit in das komplizierte System gebracht: Die Strafbarkeit der Cum-Ex-Geschäfte ist heute höchstrichterlich festgestellt. Die Hamburger Finanzbehörden haben 2013 erstmals CumEx-Geschäfte in Deutschland aufgedeckt. Mittlerweile werden die Cum-Ex-Geschäfte des Hamburger Bankhauses Warburg auch in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) der Hamburgischen Bürgerschaft untersucht. Dabei wird immer deutlicher, dass die von der Opposition kurz vor der letzten Bürgerschaftswahl erstmals erhobenen, schweren Vorwürfe einer politischen Einflussnahme zugunsten der Warburg Bank in den Jahren 2016 und 2017 durch den damaligen Ersten Bürgermeister und seinen Finanzsenator nicht haltbar sind. Für die Unterstellungen und Vorwürfe haben CDU und Linke, die den PUA gemeinsam zur Bundestagswahl 2021 einsetzten, auch nach Durchsicht tausender Aktenseiten und umfänglichen Zeuginnen- und Zeugenbefragungen keine Belege – im Gegenteil. Der PUA Cum-Ex hat gezeigt, dass die Hamburger Steuerverwaltung Ende 2016 vor dem Hintergrund einer unklaren Rechtslage äußerst verantwortungsvoll agiert hat. Die Beamten hatten zunächst auf eine Rückforderung der hinterzogenen Geldsumme verzichtet, weil noch keine ausreichenden Beweise zum Nachweis eines Cum-Ex-Geschäftes vorlagen. Eine Rolle spielte dabei auch, Regressansprüche für den Fall einer Insolvenz der Bank zu vermeiden und so einen möglichen hohen Schaden in Millionenhöhe für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg abzuwenden. Stattdessen setzte das Finanzamt darauf, dass im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung die Gelder auch später noch gesichert werden könnten. Die Gelder im Strafverfahren einzuziehen M war auch der Plan des im Jahr 2016/2017 zuständigen Kölner Staatsanwalts Alexander Fuchs. Zum damaligen Zeitpunkt, so Fuchs am 4. März 2022 vor dem PUA, hätten noch keine ausreichenden Beweismittel vorgelegen, um die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank zu belegen. Daher sei er mit der damaligen Entscheidung der Steuerverwaltung „absolut d’accord“ gewesen. Dazu passt, dass sich alle Zeugenaussagen mit den internen Vermerken, Berichten und Entscheidungsvorlagen der Finanzbehörde und des Finanzamtes decken. Mittlerweile musste die Warburg Bank 176 Millionen Euro, die wegen Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften zu Unrecht einbehalten worden waren, an die Stadt Hamburg zurückzahlen. Im Zuge dieser Rückzahlung wurden Hinterziehungszinsen fällig, die die Bank zusätzlich an die Stadt entrichten muss. Die Steuersumme von 176 Millionen Euro ist dabei mit dem bisher üblichen Zinssatz im Steuerrecht von sechs Prozent pro Jahr zu verzinsen. Der Stadt Hamburg ist damit nicht nur kein Schaden entstanden, sie hat im Steuerfall Warburg durch die Einnahmen aus den Zinsen sogar ein deutliches Plus in der Staatskasse zu verzeichnen. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat als Finanzsenator von 2011 bis 2018 nicht an der Behandlung von Steuerfällen mitgewirkt. In besonders bedeutenden Einzelfällen hat er sich über das Verfahren der Verwaltung informieren lassen, so hat es der Senat auch bereits vor Einsetzung des PUA transparent dargestellt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich im Jahr 2016 als Hamburger Bürgermeister – vor der Entscheidung im Steuerfall Warburg, die Steuern zunächst nicht zurückzufordern – zwei Mal mit Vertreterinnen und Vertretern der Warburg Bank getroffen und einmal mit dem Inhaber der Bank, Christian Olearius, telefoniert. Ein drittes Treffen fand im Jahr 2017 statt. Vor dem PUA hat der Bundeskanzler ausgesagt, dass er sich an die Einzelheiten der Gespräche nicht erinnere. Er habe zu solchen Gesprächen aber eine klare Haltung: weder Zusagen zu machen, noch überhaupt Einschätzungen abzugeben. Diese Haltung spiegelt sich auch sehr klar in den öffentlich gewordenen Tagebucheinträgen des des Warburg-Inhabers wider und wurde auch durch einen Zeugen, der bei einem der Gespräche mit den Bankinhabern dabei war, vor dem PUA bestätigt. Der PUA wird neuen Hinweisen und offenen Fragen zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank weiterhin gründlich nachgehen. Nach der bisher sehr intensiven Aufklärungsarbeit und der Befragung einer Vielzahl von Zeuginnen und Zeugen aus unterschiedlichen Abteilungen, Ämtern und Behörden ist bislang aber festzustellen: Über 50 Befragte haben sehr deutlich und unabhängig voneinander erklärt, dass es keine Einflussnahme durch die Politik auf Steuerentscheidungen gegeben hat. Alle aktuellen Infos zum PUA Cum-Ex finden Sie unter www.spd-fraktionhamburg.de/themen/pua-cum-ex : KEIN SCHADEN, KEINE EINFLUSSNAHME Was bleibt von den Vorwürfen rund um den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank? 11 PUA Cum-Ex Abbildung: Shutterstock.com/Nomad_Soul

PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 Gastbeitrag 12 ZWISCHEN DEN WELTEN Der 30. Oktober 1961 hat keinen Platz im kollektiven Gedächtnis der deutschen Gesellschaft. Doch für uns und Millionen Menschen in Deutschland hat dieser Tag das Leben geprägt und es für immer verändert. Heute sind wir Bürgerschaftsabgeordnete, Hamburgerin und Hamburger. Früher waren wir – in den Augen der Gesellschaft und zusammen mit vielen weiteren Jugendlichen aus Ländern wie Italien, Griechenland, Spanien und Portugal – vor allem eines: Gastarbeiterkinder. Unsere Eltern sind 1964 und 1969 als Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen. Sie arbeiteten in der Landwirtschaft, errichteten Brücken oder halfen beim Bau des Elbeseitenkanals. In dieser Zeit war „Almanya“ ein Sehnsuchtsort. Das Gastarbeiterabkommen, das am 30. Oktober 1961 in Kraft trat, eröffnete vielen Menschen eine Perspektive und einen Weg aus der Arbeitslosigkeit in ihrer Heimat. Gastarbeiter waren bei deutschen Firmen gern gesehen. Im NachkriegsDeutschland fehlten Arbeitskräfte – und wer nur kurz bleibt, arbeitet ohne Klagen und nimmt jede Aufgabe an. Trotzdem blieben sich beide Seiten fremd. Weil die Rückkehr in die Heimat ausgemacht war, gab es nur selten Hilfen beim Erlernen der deutschen Sprache, kaum gemischte Unterkünfte oder private Kontakte zwischen Deutschen und den Menschen aus der Türkei. Als Kinder wuchsen wir in zerrissenen Familien auf, pendelten zwischen den Welten und saßen manches Mal auf gepackten Koffern. In der Schule haben wir uns durchgekämpft, weil unsere Eltern uns kaum helfen konnten und zuhause manchmal einfachste Dinge wie ein Lexikon fehlten. Auch beim Einstieg ins Berufsleben lief vieles ungeplant, denn Erfahrungswerte gab es nicht. Wer in ein fremdes Land zieht, der hält an Gebräuchen fest, weil sie Vertrautheit spenden – so auch unsere Eltern. Unser Zuhause war ein Schmelztiegel der Kulturen, in demWelten aufeinander prallten. Als Kinder versuchten wir, die neuen Eindrücke in Deutschland mit den elterlichen Traditionen und Geboten in Einklang zu bringen. Die aus nächtlichem Wegschleichen, ungewohnter Kleidung und neuen Freundschaften resultierenden Konflikte haben nicht nur uns, sondern auch unsere Eltern verändert. Als Kinder wollten wir das Beste aus beiden Welten. Am Ende sind viele von uns Gastarbeiterkindern in „Almanya“ geblieben. In der Türkei wurden wir „Almanci“ – Deutschländer – genannt, in der neuen Heimat ‚„Migranten“. Wir fragten uns: Wo gehören wir eigentlich hin? Jede Familie hat darauf ihre eigene Antwort gefunden. Einige kehrten zurück, so wie es das Gastarbeiterabkommen vorgesehen hatte, und nahmen ein Stück von Deutschland mit. Andere arbeiteten weiter, brachten sich ein und veränderten so die Gesellschaft. Diesen Beitrag gilt es zu würdigen. Als Sozialdemokratin und Sozialdemokrat wollen wir die gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen in Hamburg stärken. Migration bietet nicht nur die Chance auf ein besseres Leben, sondern sie kann Gesellschaften bereichern. Dafür ist die Geschichte unserer Generation, die am 30. Oktober 1961 ihren Anfang genommen hat, ein wichtiges und gutes Beispiel. Güngör Yilmaz und Kazim Abaci Die SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Güngör Yilmaz und Kazim Abaci sind Kinder türkischer Eltern. Sie blicken zurück auf über 60 Jahre deutschtürkisches Gastarbeiterabkommen. Kazim Abaci und Güngör Yilmaz: SPD-Fraktion Hamburg

PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 besonders guter Integration sogar schon nach drei Jahren. Denn: Die Einbürgerung bietet die besten Voraussetzungen für eine rechtliche Gleichstellung und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Deutschland. Besonderen Handlungsbedarf sieht Abaci mit Blick auf die Menschen, die als Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter nach Deutschland kamen: „Sie sollten die Möglichkeit auf eine doppelte Staatsbürgerschaft erhalten. Es ist uns wichtig, ihre Lebensleistung anzuerkennen und besondere Härten im Aufenthaltsrecht nach Jahrzehnten der Arbeit in Deutschland zu vermeiden. Dafür setzen wir uns auch auf Bundesebene ein.“ 13 Heimathafen Hamburg HEIMATHAFEN HAMBURG eutschland ist längst ein Einwanderungsland. Da passt es ins Bild, dass die neue Bundesregierung unter Führung der SPD die Migrations- und Integrationspolitik modernisiert und etwa bürokratische Hürden zum Erwerb der Staatsbürgerschaft absenkt. Das Staatsbürgerschaftsrecht wird damit an die realen Lebensverhältnisse von Eingewanderten angepasst. Hamburg unterstützt das wegweisende Gesetzgebungsverfahren der Bundesregierung und hat es zum Anlass genommen, die Einbürgerungsinitiative des Senats „Hamburg. Mein Hafen. Deutschland. Mein Zuhause.“ neu aufzulegen. Alle Menschen ohne deutschen Pass, die nach ihrer Aufenthaltsdauer die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen, erhalten in der Hansestadt ein persönliches Anschreiben des Ersten Bürgermeisters. Darin informiert das Stadtoberhaupt über die Möglichkeiten zur Einbürgerung. „Hamburg ist eine weltoffene Stadt, die Menschen aus allen Kulturen der Welt ihre Heimat nennen. Mit dem Paradigmenwechsel im Bund und der Neuausrichtung der deutschen Migrationspolitik verbessern sich die Perspektiven von vielen zugewanderten Menschen. Das ist gerecht, zeitgemäß und fördert das gesellschaftliche Zusammenleben“, erklärt Kazim Abaci, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, die Bedeutung des Berliner Politikwechsels. Die Staatsangehörigkeit konnte bisher nach acht Jahren regelmäßigen Aufenthalts in Deutschland beantragt werden. Nach dem erfolgreichen Besuch eines Integrationskurses oder mit Erreichen besonderer Integrationsleistungen wie etwa Schul- oder Ausbildungsabschlüssen konnte diese Frist auf sieben oder sechs Jahre abgesenkt werden. Im neuen Bundesrecht sind diese Fristen verkürzt: So ist ein Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren möglich – bei Nachweis D „Dass das Kriterium der Integrationsbereitschaft als besondere Voraussetzung für die Verkürzung von Fristen berücksichtigt wird, ist ein zentraler Bestandteil im reformierten Staatsangehörigkeitsrecht. Mit der Weiterführung unserer erfolgreichen Einbürgerungsinitiative und den persönlichen Anschreiben des Bürgermeisters wollen wir die Bereitschaft zur Einbürgerung weiter erhöhen“, betont Migrationspolitiker Abaci. Wer in Hamburg die Voraussetzungen einer Einbürgerung erfüllt, erhält einen Brief von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher. Abblindung: Ronald Sawatzki / Senatskanzlei Hamburg

014 PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 HAMBURG: GERECHTE STADT FÜR ALLE GENERATIONEN Hamburg wird größer, bunter und älter: Rund 24 Prozent der Menschen in Hamburg sind heute über 60 Jahre alt. Bis 2050 wird sich ihr Anteil voraussichtlich auf etwa 30 Prozent erhöhen. Die SPD will Hamburg deshalb als altersgerechte Metropole entwickeln – damit die Stadt auch in Zukunft für alle Generationen lebenswert bleibt. Schon heute gibt es viele Angebote, die auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren abgestimmt sind. MITEINANDER IM STADTTEIL Dazu gehören etwa die stadtweit rund 80 offenen Seniorentreffs, an denen eine Vielzahl an Freizeitaktivitäten geboten wird. Zum Portfolio der Begegnungsstätten gehören auch Bildungsangebote, Sportkurse und Beratungsgespräche. Das reichhaltige Angebot wird von der Stadt mit jährlich drei Millionen Euro unterstützt. Weitere 700.000 Euro stehen für Schulungen zum Umgang mit Computern oder Smartphones bereit. Darunter fallen auch Leihgeräte, die in den Begegnungsstätten zur Verfügung gestellt werden. So kann man niedrigschwellig und unabhängig von Einkommen, Rente oder Pension auch ohne eigenen Computer oder Smartphone am digitalen Leben teilhaben und den Umgang mit den Geräten üben. MOBIL WIE NIE ZUVOR Menschen über 60 Jahre sind heute viel mobiler als Gleichaltrige aus vorherigen Generationen. Darauf nimmt Hamburg Rücksicht – etwa, indem Haltestellen und Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr altersgerecht ausgebaut werden. Rund 90 Prozent der Schnellbahnhaltestellen in Hamburg sind heute barrierefrei mit dem Fahrstuhl erreichbar. Zum Vergleich: 2011 waren es erst 53 Prozent. Auch für Radfahrende soll es eine seniorengerechte Infrastruktur geben. Deshalb achtet Hamburg beim Ausbau der Velorouten und des Radfahrnetzes darauf, ausreichend Erholungs- und Sitzgelegenheiten bereitzustellen. WOHNEN IM ALTER SelbstbestimmtesWohnen ist seit Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die SPD im Jahr 2011 fester Bestandteil der Hamburger Baupolitik und Wohnungsförderung. Das gilt vor allem für barrierefreien und barrierearmen Wohnraum. Damit genug altersgerechte Wohnungen gebaut werden, hat Hamburg seine Wohnungsbauvorgaben angepasst und unterstützt entsprechende Modellprojekte. So ermöglicht Von der Wiege bis ins hohe Alter: Wer einmal an Alster und Elbe zuhause ist, will nicht wieder weg. Die PAULA zeigt, dass Hamburg in jedem Alter etwas zu bieten hat. In dieser Ausgabe: Seniorinnen und Senioren. etwa die Hamburger Wohnungsbaugesellschaft SAGA mit dem Projekt „LeNa – Lebendige Nachbarschaft“ ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Mietwohnung, Versorgungssicherheit durch flexibel abrufbare Dienstleistungen und ein nachbarschaftliches Miteinander. GESUNDHEIT UND PFLEGE Mit dem „Hamburger Hausbesuch“ hat die Hansestadt 2019 ein besonderes Angebot zur kostenlosen Beratung durch geschulte Besuchspersonen eingeführt. Themen sind etwa präventive Gesundheitsangebote sowie Hilfen bei gesundheitlichen Problemen, aber auch bei Einsamkeit, Pflegebedürftigkeit oder Unterstützungsbedarf im Haushalt. Zum 80. Geburtstag erhalten alle Menschen in Hamburg ein Einladungsschreiben, diesen Beratungsbesuch in Anspruch zu nehmen. Auf Anfrage ist ein Gespräch aber auch schon vor oder nach dem 80. Geburtstag möglich. „Rund ein Drittel der Achtzigjährigen nimmt das Angebot der Stadt, sich über altersspezifische Themen und Hilfen bei einem Hausbesuch informieren zu lassen, bereits an“, weiß Britta Schlage, seniorenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hamburg. „Das ist ein hervorragendes Ergebnis, das wir noch steigern wollen. Eine Kampagne soll deshalb verstärkt über dieses besondere Angebot informieren. Außerdem wollen wir die Inhalte der Beratung insbesondere zu Möglichkeiten digitaler Teilhabe weiter ausbauen.“ Pflegebedürftige Personen sollen in Hamburg so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld leben können. Neben qualitativ hochwertiger Versorgung und einer guten Infrastruktur in den Quartieren ist hierfür auch eine Entlastung pflegender Angehöriger notwendig. Die SPD setzt sich deshalb für einen Hamburger Pflege-Notdienst ein, der im Notfall auftretende ambulante Pflegebedarfe abdecken kann. Auch die Anzahl der Kurzzeitpflegeplätze soll künftig erweitert werden. „In der Corona-Pandemie ist die hohe Bedeutung und Notwendigkeit digitaler Kontaktmöglichkeiten wie der Videotelefonie einmal mehr deutlich geworden“, betont Britta Schlage einen weiteren zentralen Punkt. Nach einem rot-grünen Beschluss in der Bürgerschaft werden künftig alle Wohn- und Betreuungseinrichtungen in Hamburg auch hauseigenes WLAN anbieten. „Das erleichtert vielen pflegebedürftigen Menschen den Kontakt mit ihren Lieben und ist auch bei Besuchen von Angehörigen hilfreich“, bekräftigt die Seniorenpolitikerin. „Rund ein Drittel der Achtzigjährigen nimmt das Angebot der Stadt, sich bei einem Hausbesuch über altersspezifische Themen und Hilfen informieren zu lassen, bereits an.“ Britta Schlage, seniorenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hamburg Abbildung: Shutterstock.com/Canadastock 14 Generationengerechte Stadt

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