PAULA 3/2023

Zukunftsstadt Hamburg PA U L A Die Zeitung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft N o 3 KLIMASCHUTZ UND WOHNUNGSBAU MITEINANDER VERBINDEN Die Verschärfung kommt zur Unzeit. Seit Jahren ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum hoch. Aufgrund von in der Corona-Pandemie gebrochenen Lieferketten sowie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine haben sich zuletzt auch die Baukosten stark erhöht. „Diese ohnehin sehr schwierige Situation wird jetzt noch einmal dadurch verschärft, dass wir einen neuen energetischen Standard schaffen, der auf dem Papier etwas für den Klimaschutz tut, dies in der Praxis aber noch gar nicht bewiesen hat“, stellt Kienscherf enttäuscht fest. Nach Ansicht von Expertinnen und Experten muss die technische Gebäudeausstattung in KfW 40-Häusern nach gut 20 Jahren bereits wieder ausgetauscht werden. Ob der CO2-Verbrauch dabei wirklich geringer ist, wird bezweifelt. Hamburgs SPD-Fraktion hat deshalb mit Blick auf die vielen notwendigen energetischen Sanierungen einen anderen Weg vorgeschlagen, um Erfolge bei Klimaschutz und Wohnungsbau besser miteinander zu verbinden. „Es ist sinnvoll, nicht wenige Wohnungen mit einem hohen Aufwand energetisch zu sanieren, sondern vor allem viele Wohnungen mit einer sehr schlechten Energiebilanz zu verbessern. Zudem darf der Fokus nicht auf einzelnen Gebäuden liegen. Wir müssen, wenn möglich, ganze Quartiere in den Blick nehmen. Deshalb unser dringender Appell an das Bundeswirtschaftsministerium: Hinterfragen Sie noch einmal die beabsichtigte Verschärfung der Energiestandards“, so der Fraktionschef. LEBENS- UND NATURQUALITÄT SICHERN Nicht nur der Klimaschutz, sondern auch der Flächenverbrauch beim Wohnungsbau ist in einer Metropolregion wie Hamburg ein Balanceakt. Trotz des großen Bedarfs an neuem Wohnraum, zusätzlichen Arbeitsplätzen und moderner Infrastruktur gilt es, Hamburgs Charakter als naturnaher Stadt am Wasser gerecht zu werden. In der Elbmetropole gilt Innen- vor Außenentwicklung. Dieses Hamburger Maß führt zu einer baulichen Dichte, die die vorhandenen Flächen optimal nutzt. Mit dem 2021 in Kraft getretenen Vertrag für Hamburgs Stadtgrün hat sich die Stadt dem Ausgleich zwischen Wohnungsbau und Naturerhalt verschrieben. So sieht die Einigung mit dem NABU Hamburg unter anderem vor, dass mindestens zehn Prozent der Landesfläche unter Naturschutz gestellt werden. Ein Ziel, das bereits 2022 erreicht werden konnte. Der Anteil der Landschaftsschutzgebiete ist auf 18,9 Prozent, der Anteil des Biotopverbundes auf 23,2 Prozent der Landesfläche festgeschrieben. Damit bleiben über 30 Prozent des Stadtgebiets dauerhaft unbebaut. In der äußeren Stadt sollen die Flächen des Biotopverbundes, der Landschaftsachsen und Landschaftsschutzgebiete als großflächige Naturräume erhalten bleiben und unvermeidliche Eingriffe naturschutzrechtlich ausgeglichen werden. Mit diesen umfassenden Kompensationsregelungen geht Hamburg weit über die naturschutzrechtlichen Vorgaben hinaus, um die Lebens- und Naturqualität in der Stadt hoch zu halten und weiter zu verbessern. Zugleich macht aber diese wichtige Selbstverpflichtung der Stadt den Wohnungsbau noch herausfordernder. DRAMATISCHE VERÄNDERUNG DER RAHMENBEDINGUNGEN Indem Naturschutz, Wohnungsneubau und wirtschaftliche Entwicklung Hand in Hand gehen, ist sichergestellt, dass die Stadt auch in Zukunft handlungsfähig ist. Das ist wichtig, denn die Vorgaben der Bundesregierung sind klar: 400.000 Woh09 nungen sollen pro Jahr bundesweit gebaut werden. Mit der Verschärfung des Standards und damit fehlenden Fördergeldern dürfte dieses Ziel nur schwer zu erreichen sein. Auch Martina Koeppen, Fachsprecherin für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion, sieht eine dramatische Veränderung der Rahmenbedingungen: „Wir müssen die Investitionsbedingungen für den Neubau weiter verlässlich und attraktiv gestalten. Wichtiger denn je ist jetzt, dass es eine Förderkulisse durch das Bundeswirtschaftsministerium gibt, die sowohl den Klimaschutz als auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums berücksichtigt.“ TEAMWORK FÜR BEZAHLBAREN WOHNRAUM Mit seiner Wohnungsbaupolitik hat Hamburg in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sich Grundsteine am besten im Team legen lassen: Mit dem Bündnis für das Wohnen hat Olaf Scholz als Hamburger Bürgermeister bereits 2011 eine Allianz geschaffen, die alle relevanten Organisationen und Unternehmen der Baubranche umfasst. Gemeinsam stellt sich das Bündnis den aktuellen Herausforderungen: So konnten in Hamburg seit 2011 über 116.000 neue Wohnungen genehmigt und rund 84.300 gebaut werden. Damit fiel der Preisanstieg auf dem städtischen Wohnungsmarkt deutlich geringer aus, als in anderen Metropolen. Dennoch bleiben hohe Mieten auch in Hamburg ein Thema. Bauexpertin Koeppen ist deshalb ein weiterer Aspekt wichtig: „Die Hansestadt ist nach wie vor auf Platz 1 der pro Kopf bewilligten Sozialwohnungen in Deutschland. Auf jeden Euro vom Bund legt Hamburg für dieWohnraumförderung aus dem eigenen Haushalt noch neun Euro oben drauf.“ Die hohen Investitionen der Hansestadt in den Sozialwohnungsbau sind immens wichtig, denn bundesweit ist die Zahl von Sozialwohnungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Hamburg hat diese Entwicklung früh vorausgeahnt und mit dem verbindlichen Drittelmix gegengesteuert. Seit 2011 sind so pro Jahr jeweils ein Drittel der neu gebauten Wohnungen im geförderten Wohnungsbau, im frei finanzierten Mietwohnungsbau und im Eigentumswohnungsbau errichtet worden. In zentralen Lagen sogar bis zu 50 Prozent. Die Einigungen mit den Volkinitiativen „Boden & Miete“ sind Entscheidungen mit bedeutenden sozialen und langfristigenWirkungen. Die Einführung eines neuen Wohnungsbausegments mit 100-jährigen Bindungen ist deutschlandweit einmalig. Die gemeinwohlorientierte Bodenpolitik entwickelt sich weiter und wird für zukünftige Generationen abgesichert. Mit dieser Privatisierungsbremse öffentlichen Grund und Bodens wird der Ausverkauf städtischen Eigentums verhindert. So wird Hamburg trotz Krisen in der Baubranche für alle Menschen in der Stadt ein bezahlbares und lebenswertes Zuhause bleiben. Wohnungen sind im Stadtgebiet seit 2011 errichtet worden des Stadtgebiets bleiben in Hamburg dauerhaft unbebaut. „Auf jeden Euro vom Bund legt Hamburg für die Wohnraumförderung aus dem eigenen Haushalt noch neun Euro oben drauf.“ Martina Koeppen, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hamburg 30% 84.300 E Abbildung: Shutterstock.com/PIXEL to the PEOPLE

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