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Umstrukturierungen bei Airbus: SPD-Fraktionen auf der Nordschiene fordern Umdenken

Mittwoch, 02.06.2021

Die SPD-Fraktionen auf der „Nordschiene“ haben das Management des europäischen Flugzeugbauers Airbus aufgefordert, den weitreichenden Umbau seiner zivilen Flugzeugstrukturfertigung dringend zu überdenken. „Airbus muss seine soziale Verantwortung wahrnehmen“, so die Vorsitzenden der SPD-Fraktionen in Hamburg, Bremen und Niedersachsen.

 

Es könne nicht sein, dass Airbus mit staatlichen Unternehmensbeteiligungen über Jahre hinweg von öffentlichen Investitionen in den Luftfahrtsektor profitiert und tausende hochqualifizierte Arbeitsplätze in Norddeutschland angesiedelt habe, um nun mit der angekündigten Neuaufstellung weite Teile der nationalen Wertschöpfungskette zu destabilisieren, die Standorte und deren Arbeitsplätze damit mittelfristig zu gefährden und den Luftfahrtstandort Deutschland nachhaltig zu schwächen, betonten die Fraktionsvorsitzenden Dirk Kienscherf (Hamburg), Mustafa Güngör (Bremen) und Johanne Modder (Niedersachsen) in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir fordern das Management und die Arbeitgebervertreter auf, alles für eine konstruktive Lösung im Sinne der Standort- und Beschäftigungssicherung zu unternehmen.“

 

Tausende Beschäftigte betroffen

 

Bekanntlich sollen nach den Plänen von Airbus wesentliche Teile des Konzerns in zwei neue Gesellschaften für die Strukturmontage und die Einzelteilfertigung überführt werden. Davon betroffen wären tausende Beschäftigte unter anderem von Premium Aerotec am Standort Bremen und Nordenham sowie einige Augsburger Werke, die mit Airbus Operations in Stade und der Hamburger Strukturmontage zusammengeführt werden sollen. Andere Premium Aerotec-Werke in Varel, Augsburg und im rumänischen Bra?ov würden in ein neues Unternehmen für die Einzelteilfertigung ausgelagert, während die Einzelteilfertigung in Frankreich in den Konzern integriert werden soll.

 

Nach Beurteilung des Betriebsrats von Airbus und der IG Metall wäre die Schaffung neuer Gesellschaften und die Spaltung von Standorten allerdings die falsche Antwort auf die bestehenden und zukünftigen Herausforderungen. Diese Pläne würden vielmehr die Komplexität erhöhen und damit zu Mehrkosten und zusätzlicher Bürokratie führen. Daher sei absehbar, dass die Strategie von Airbus mittelfristig nur dem Zweck dient, den Wettbewerbsdruck auf die Betriebe durch Billiger-Strategien und Standortkonkurrenzen zu erhöhen, was einen schleichenden Stellenabbau, Lohnkürzungen und den Ausverkauf des Konzerns nach sich ziehen würde. Bislang treibt Airbus trotz der Proteste seiner Beschäftigten die Ausgliederungspläne weiter voran.

 

Sicherung des Flugzeugbaus in Deutschland

 

Die SPD-Fraktionen der betroffenen Nordländer teilen ausdrücklich die Bedenken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sollte Airbus an den vorgelegten Umstrukturierungen festhalten. „Die Zerschlagung von Premium Aerotec in neue Gesellschaften und die Spaltung der gut funktionierenden norddeutschen Standorte destabilisiert die gesamte deutsche Luftfahrtbranche, die durch die Coronakrise ohnehin schon angeschlagen ist“, so die Fraktionsvorsitzenden. „Für uns ist die Sicherung des Flugzeugbaus in Deutschland und der Erhalt von guten Beschäftigungsverhältnissen in unseren Bundesländern entscheidend.“ Neustrukturierungen des Konzerns dürften nicht zulasten Deutschlands gehen.

 

Kienscherf: „Eine starke Industrie braucht Verlässlichkeit und Gute Arbeit“

 

Dirk Kienscherf, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg, erklärte, Wettbewerbsfähigkeit lasse sich nicht mit Aufspaltung und Verunsicherung erreichen. Eine starke Industrie brauche Verlässlichkeit und Gute Arbeit. „Die Corona-Krise hat die Luftfahrtbranche so hart getroffen wie kaum eine andere. Die Beschäftigten, ihre Betriebsräte und Gewerkschaften haben in den letzten Monaten eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch unter teils erheblichen Einschnitten zu konstruktiven Lösungen bereit sind, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten“, so Kienscherf. „Ein solches Signal braucht es in der jetzigen Situation auch vom Management. Wir erwarten, dass Airbus sehr verantwortungsvoll mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern umgeht.“

 

Güngör: „Keine Standortschwächungen per Salamitaktik“

 

„Uns geht es darum, in Deutschland Industriearbeitsplätze zu erhalten“, betonte der Bremer SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör. „Es kann nicht sein, dass per Salamitaktik Standorte in Norddeutschland geschwächt oder gar infrage gestellt werden.“ Der Konzern müsse sich auch bewusst machen, dass es eine nicht unwesentliche deutsche Staatsbeteiligung gibt.

 

Modder: „Menschen sind Rückgrat des Firmenerfolgs“

 

„Die Vernichtung von Arbeitsplätzen ist immer eine Schwächung der Standorte und natürlich eine Tragödie für die betroffenen Familien“, unterstrich Johanne Modder, SPD-Fraktionsvorsitzende in Niedersachsen. „Wir appellieren an Airbus und alle anderen Unternehmen, derartige Schritte sorgsam zu überdenken und ihre Verantwortung für die Region und die Menschen anzuerkennen, die tagtäglich dort arbeiten. Sie sind das Rückgrat des Firmenerfolgs. Wir werden alles tun, Stellenabbau zu vermeiden.“

 

Die Fraktionsvorsitzenden kündigten im Fall von ergebnislosen Verhandlungen zwischen dem Management und den Arbeitnehmervertretern an, sich über ihre Landesregierungen für eine Vermittlung durch den Bund einzusetzen.