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Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe überarbeiten – Maritimes Erbe der Hansestadt erhalten

Donnerstag, 13.10.2016

Die von Bundesverkehrsminister Dobrindt vorgelegte neue Sicherheitsrichtlinie gefährdet den Fortbestand der rund 105 deutschen und 20 Hamburger Museumsschiffe. Mit einer Initiative zur heutigen Bürgerschaftssitzung setzen sich die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen deshalb dafür ein, den Entwurf zu überarbeiten (siehe Anlage). Es spricht aus Sicht von Rot-Grün nichts gegen eine maßvolle Neuerung der Sicherheitsrichtlinie, eine Gleichstellung der Vorgaben, die in der Berufsschifffahrt gelten, mit denen der Traditionsschifffahrt gleichzusetzen, ist jedoch nicht angemessen.

 

Dazu Dorothee Martin, tourismuspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion: "Die Traditionsschiffe müssten nach der neuen Richtlinie unter anderem aufwendig und kostenintensiv umgebaut werden, was gerade die vielen kleinen Betreibervereine finanziell und personell nicht leisten können. Auch die neuen höheren Anforderungen an die Ausbildung der Schiffsbesatzung sind von den meist ehrenamtlich Aktiven kaum leistbar. Diese müssten nach dem Entwurf Qualifikationen ähnlich wie Berufsseeleute haben. Die Folge wäre, dass viele Schiffe nicht mehr besetzt werden könnten und somit für Fahrten stillgelegt werden müssten. Diese sind als Einnahmequelle für die Vereine für die Unterhaltung der Schiffte dringend erforderlich. Hamburgs Traditionsschiffe gehören zum Bild der Stadt und sind eine große Bereicherung für jeden Hafengeburtstag und auch für das neue Elbfest, das vor einigen Wochen sehr erfolgreich Premiere hatte. Es spricht nichts gegen eine maßvolle Neuerung der Sicherheitsrichtlinie mit Augenmaß. Es darf aber nicht soweit kommen, dass unsere Museumsschiffe durch die neuen Regelungen quasi stillgelegt werden. Das wäre ein großer Verlust für Hamburg und den ganzen Norden. Das wollen wir verhindern. Wir wollen uns auf Bundesebene deshalb dafür stark machen, dass der Entwurf von Minister Dobrindt entsprechend überarbeitet wird."

 

Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender und hafenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: "Die Traditionsschiffe gehören in Hamburg in den Hafen wie der Fisch ins Fischbrötchen. Der nun vorgelegte Verordnungsentwurf des Bundesverkehrsministeriums verfolgt das Ziel, die Sicherheit zu gewährleisten, gefährdet damit aber den Betrieb der alten Schiffe. Er verfolgt vor allem zwei Ziele: Die Sicherheit auf Traditionsschiffen zu gewährleisten und Rechtsunsicherheiten bezüglich der Anerkennung von Traditionsschiffen zu beheben. Das begrüßen wir generell. Doch: Bei der Umsetzung und Ausgestaltung dieser Verordnung hakt es erheblich. Würde die Verordnung so in Kraft treten, wie Verkehrsminister Dobrindt vorschlägt, müssten beispielsweise die Besatzungen zweimal im Jahr verpflichtend eine Seediensttauglichkeitsprüfung absolvieren und Teile der Besatzung für das Tragen von Pressluftatmern ausgebildet werden. Was bedeutet: jährliche Belastungsübung, jährliche praktische Einsatzübung, jährliche theoretische Einweisung und jährliche bis dreijährliche ärztliche Vorsorge-Untersuchungen. Das steht in keinem Verhältnis zu dem, was Traditionsschiffe, die meist mit ehrenamtlichen Crews betrieben werden, leisten können. Die Vorgaben an Ausstattung, Bau und Besatzung müssen den Besonderheiten der Traditionsschifffahrt Rechnung tragen. Deshalb sieht unsere Initiative die Einrichtung eines Gutachterausschusses aus Sachkennern und Sachverständigen vor. Der Ausschuss soll differenzierte Vorschläge zu den rechtlichen Vorgaben für Traditionsschiffe erarbeiten, der Verbleib und Betrieb der Schiffe auch in Hamburg sichert."

 

Hintergrund: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat einen Entwurf für eine neue Verordnung zur Änderung der sicherheitsrechtlichen Vorschriften für Traditionsschiffe vorgelegt. Sie regelt Fragen zu Sicherheitsvorkehrungen, Bau, Ausstattung, Betrieb und Besatzung von Traditionsschiffen und soll zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Die Verordnung setzt die Vorschriften, die in der Traditionsschifffahrt gelten, in weiten Bereichen mit denen der Berufsschifffahrt gleich. SPD und Grüne in Hamburg kritisieren, dass das den speziellen Bedingungen, wie sie in der Traditionsschifffahrt gelten, ehrenamtlichen Besatzungen, kleineren Fahrtgebieten, andere Finanzierungen, nicht gerecht wird.