Zum Hauptinhalt springen

Unsere Anträge

Durch Anträge können Abgeordnete Einfluss auf die Politik nehmen. Anträge können mindestens fünf Abgeordnete einbringen. Sie werden auf die Tagesordnung der nächsten Bürgerschaftssitzung gesetzt. Die Bürgerschaft kann sie annehmen, ablehnen, für erledigt erklären oder an einen Ausschuss überweisen. Mit Anträgen können Aufträge und Ersuche zur Regelung verschiedener Angelegenheiten an den Senat gerichtet werden.

Verlängerung der Anmeldefrist für den Freiversuch im Jurastudium aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie

Mittwoch, 27.05.2020

Die COVID-19-Pandemie ging auch für Jurastudierende der Universität Hamburg und der Bucerius Law School mit Erschwernissen und Einschränkungen einher. Trotz der umfassenden Maßnahmen beider Hochschulen zur Gewährleistung des Lehrbetriebs sind die Folgen der Einschränkungen für die Studierenden zwangsläufig noch immer in einem gewissen Umfang spürbar. Das gilt vor allem für die angehenden Juristinnen und Juristen, die ihr Studium so planen, dass es ihnen möglich ist, die staatliche Pflichtfachprüfung im Freiversuch abzulegen. Um dieses zeitlich ambitionierte Ziel zu erreichen, ist eine hohe Disziplin seitens der Studierenden erforderlich, um den umfangreichen Lern-plan und alle erforderlichen Leistungsnachweise bis zu der maßgeblichen Frist für die Prüfungsanmeldung zum Freiversuch zu bewältigen. Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen im Lernalltag der Studierenden führen dazu, dass es für viele Jurastudierende nun unsicher ist, ob sich ihr Studium so bewältigen lässt, dass sie die derzeitige Frist zur Anmeldung zum Freiversuch erreichen können.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (HmbJAG) regelt den Freiversuch zum Ablegen der Pflichtfachprüfung. Die Regelung belohnt die Studierenden, die ihr Studium zügig durchlaufen. Diese Studierenden sollen durch die Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen in diesem Sommersemester keinen Nachteil erfahren mit Blick auf die Möglichkeit, den Freiversuch tatsächlich wahr-nehmen zu können. Derzeit ist geregelt, dass die Studierenden ihren Antrag auf Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung spätestens einen Monat vor Ende des achten Fachsemesters oder einen Monat vor Ende des zwölften Trimesters stellen müssen. Der Vorteil des Freiversuchs besteht darin, dass die Prüfung im Falle des Nichtbestehens als nicht unternommen gilt oder gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG im Falle des Bestehens zum Zwecke der Notenverbesserung einmal wiederholt werden kann. § 26 Abs. 2 Satz 1 HmbJAG sieht diverse Tatbestände vor, die die Frist des § 26 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG verlängern.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll ein zusätzlicher Tatbestand geschaffen wer-den, nach dem Studienzeiten im Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 30. September 2020, in welchem es gegebenenfalls zu Erschwernissen gekommen ist, bei der Berechnung der Freiversuchsfrist unberücksichtigt bleiben.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Achtes Gesetz

zur Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes

 

Vom ….

 

§ 1

Änderung des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes

 

Das Hamburgische Juristenausbildungsgesetz vom 11. Juni 2003 (HmbGVBl. S. 156), zuletzt geändert am 18. September 2019 (HmbGVBl. S. 322), wird wie folgt geändert:

 

 

1. In § 25 Absatz 1 wird hinter Satz 1 folgender Satz eingefügt:

 

„Dies gilt nicht, sofern der Rücktritt bis spätestens eine Woche vor dem vom Prüfungsamt bestimmten Termin der ersten Aufsichtsarbeit unter Berufung auf § 26 Absatz 2 Satz 1 Nummer 9 erklärt wird, der Prüfling den Antrag auf Zulassung zur Prüfung nach dem 13. März 2020 gestellt hat und zur Prüfung im Freiversuch vor dem … [einzutragen ist der Tag vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes] zugelassen wurde.“

 

2. § 26 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

 

2.1 Satz 1 wird wie folgt geändert:

 

2.1.1 Nummer 5 erhält folgende Fassung:

 

„5. bis zu zwei Semester oder bis zu drei Trimester, wenn der Prüfling ein Jahr oder länger als gewähltes Mitglied in gesetzlich vorgesehenen Gremien oder satzungsmäßigen Organen der Hochschule tätig war, wobei der Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. September 2020 unberücksichtigt bleibt, sofern auf den Prüfling für diesen Zeitraum Nummer 9 angewendet wird,“.

 

2.1.2 In Nummer 8 wird der Punkt am Ende durch ein Komma ersetzt.

 

2.1.3 Es wird folgende Nummer 9 angefügt:

 

„9. die Zeit zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. September 2020 für Studierende, die während dieses Zeitraums an einer staatlichen oder privaten Hochschule im Bundesgebiet im Studiengang Rechtswissenschaft eingeschrieben waren, auch wenn Teilleistungen erbracht wurden; dies gilt nicht, soweit der genannte Zeitraum zugleich gemäß den Nummern 1, 2, 4, 6 oder 7 unberücksichtigt bleibt, oder wenn am 1. April 2020 unter Berücksichtigung der Nummern 1 bis 8 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorlagen.“

 

2.2 In Satz 2 wird die Textstelle „nach Satz 1 Nummern 2, 3 und 4“ durch die Textstelle „nach Satz 1 Nummern 2, 3, 4 und 9“ ersetzt.

 

 

§ 2

Außerkrafttreten

 

§ 1 Nummer 1 tritt mit Ablauf des 30. September 2020 außer Kraft.

 

 

Begründung

 

A. Allgemeines

 

Das hochinfektiöse Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Es hat in Hamburg wie in ganz Deutschland zu weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben geführt, die es in dieser Form seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben hat. Auch für Studierende waren in einigen Bereichen Einschränkungen spürbar.

Aufgrund der Freiversuchsregelung des § 26 Abs. 1 HmbJAG und der damit einhergehenden Verbesserungsmöglichkeit (§ 27 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG) ist es ein zentrales An-liegen der Studierenden, ihr Studium schnell zu durchlaufen und die Regelstudienzeit einzuhalten. Da die Umstände für die Studierenden aber jüngst in einigen Bereichen erschwert gewesen sein dürften, ist es sachgerecht, die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2020 im Rahmen des § 26 Abs. 1 HmbJAG nicht in die zu berücksichtigenden Zeiten hineinzurechnen.

Der Gesetzesentwurf sieht die Einfügung einer neuen Nummer 9 in § 26 Abs. 2 Satz 1 HmbJAG vor, in welcher als weiterer Zeitraum, der für die Frist des § 26 Abs. 1 Satz 1 HmbJAG nicht berücksichtigt wird, jener zwischen April und September 2020 benannt wird. Zugleich wird eine Anpassung in § 26 Abs. 2 Satz 2 HmbJAG aufgenommen, mit welcher sichergestellt wird, dass die Neuregelung auch tatsächlich Wirkung entfaltet und nicht aufgrund zusätzlich vorliegender Tatbestände des Abs. 2 Satz 1 faktisch leerläuft. Schließlich schafft das Gesetz unter gewissen Voraussetzungen eine zeitlich befristete Rücktrittsmöglichkeit für Studierende, die sich vor Inkrafttreten zur staatlichen Pflichtfachprüfung angemeldet haben (§ 25 Abs. 1 Satz 2).

 

Einzelbegründung

 

Zu Nummer 1 (§ 25)

Studierenden soll kein Nachteil durch den Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 entstehen. Die in § 25 Abs. 1 aufgenommene Rücktrittsmöglichkeit kommt jenen Studierenden zugute, die sich vor Inkrafttreten des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 aufgrund des Umstandes, andernfalls die Frist des § 26 Abs. 1Satz 1 nicht wahren zu können, für die staatliche Pflichtfachprüfung angemeldet haben.

Es wäre nicht sachgerecht, diesen Studierenden, deren Studienendphase in die Zeit der COVID-19-Pandemie fiel, die Verlängerung der Freiversuchsfrist vorzuenthalten. Den bereits zugelassenen Prüflingen wird die Möglichkeit gegeben selbst zu entscheiden, ob sie die Prüfungen wie geplant absolvieren wollen oder den Freiversuch nach Inanspruchnahme der Neuregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 später schreiben möchten.

Eine Frist von einer Woche vor Beginn der Examensklausuren erscheint angemessen, da dies den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes und eine den Studierenden zuzubilligende Überdenkzeit mit dem notwendigen organisatorischen Vorlauf des Prüfungsamtes in Einklang bringt. Nach Beginn der Aufsichtsarbeiten kann der Rücktritt nicht mehr erklärt werden, wodurch verhindert wird, dass Prüflinge von der Rücktrittsmöglichkeit erst Gebrauch machen, nachdem Teile der Prüfungsleistungen aus ihrer Sicht nicht zufriedenstellend verlaufen sind.

Die neue Regelung im § 25 ist nur für einen begrenzten Zeitraum relevant. Sie wird in erster Linie Studierende betreffen, die sich im Mai 2020 für die staatlichen Pflichtfachprüfungen angemeldet haben. Mit Ablauf des 30. September 2020 kann die Regelung wie-der außer Kraft treten.

 

Zu Nummer 2 (§ 26 Abs. 2)

 

Zu Nummer 2.1.1 (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5)

Eine Neufassung der Nummer 5 erscheint angezeigt, da das Verhältnis zwischen diesem Tatbestand des § 26 Abs. 2 Satz 1 und der Neuregelung in Nummer 9 festzulegen ist. Es soll vermieden werden, dass der in § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 genannte Zeitraum zugleich von einer anderen Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 8 erfasst wird und es dadurch zu einem „Doppelabzug“ kommt. In Nr. 5 werden höchstens zwei Semester aus der Frist des § 26 Abs. 1 herausgerechnet, sofern sich der Studierende unter gewissen Voraussetzungen in Gremien betätigt hat. Der größtmögliche Abzug beträgt in diesem Fall aber zwei Semester, auch wenn die Betätigung deutlich länger erfolgt ist. Studieren-de, die Gremienarbeit geleistet haben, sollen durch die neue Nummer 9 weder Vor- noch Nachteile erhalten. Dies gelingt durch die Festlegung, dass der Zeitraum von April bis September 2020 für die Berechnung der Gremienzeit unberücksichtigt bleibt, sofern auf den Studierenden gleichzeitig die Neuregelung in Nummer 9 Anwendung findet.

 

Zu Nummer 2.1.2

Die Anpassung hat redaktionelle Gründe.

 

Zu Nummer 2.1.3 (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9)

Durch die als Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 angefügte neue Regelung wird gewährleistet, dass für sämtliche Studierende, die während des durch die COVID-19-Pandemie beeinflussten Sommersemesters 2020 (beziehungsweise des Sommertrimesters 2020 und Teilen der vorlesungsfreien Zeit im Frühjahr und Sommer 2020 an der Bucerius Law School) im Studiengang Rechtswissenschaft eingeschrieben waren, ein Zeitraum von einem halben Jahr bei der Berechnung der Freiversuchsfrist unberücksichtigt bleibt. Sofern der Antrag auf Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. September 2020 gestellt wird, kann der Zeitraum anteilig unberücksichtigt bleiben.

In die Regelung werden nicht nur Studierende aufgenommen, die während des besagten Zeitraums an einer Hamburger Hochschule Rechtswissenschaften studiert haben sondern auch solche, die an anderen rechtswissenschaftlichen Fakultäten im Bundes-gebiet eingeschrieben waren. Studierende deutschlandweit waren von Einschränkungen und Erschwernissen betroffen, so dass eine entsprechende Regelung angezeigt ist, um auch Studierende, die zukünftig den Studienort wechseln und die staatliche Pflichtfachprüfung dadurch – obwohl sie derzeit in einem anderen Bundesland studieren – in Hamburg ablegen werden, von der Regelung profitieren zu lassen.

Zugleich wird klargestellt, dass § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 auch dann Anwendung findet, wenn zwischen April und Ende September 2020 Studienleistungen erbracht wurden. Trotz der aktuellen Situation werden derzeit Semesterabschlussprüfungen abgenommen. Solche Leistungen werden für die Zulassung zur staatlichen Pflichtfachprüfung im Sin-ne des § 13 anerkannt. Sie sind also – auch wenn im Rahmen der Freiversuchsregelung die Neuregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 angewendet wird – nicht „verloren“, sondern werden als reguläre Studienleistung angerechnet.

Durch die Regelung im zweiten Halbsatz der Nummer 9 soll eine Doppelberücksichtigung des Zeitraums April bis September 2020 vermieden werden. Es wäre nicht sachgerecht, Studierende von der Neuregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 profitieren zu lassen, bei denen der genannte Zeitraum bereits aus anderen Gründen unberücksichtigt bleibt. Sofern dies nur partiell der Fall ist (z. B. wegen Zeiten von Krankheit oder Mutterschutz), kann der Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2020 nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 teilweise unberücksichtigt bleiben. Anders als im Fall der Nummer 5, in dem eine Neufassung sachgerecht war, wurden die übrigen Tatbestände, die zu einem „Doppelabzug“ führen können, in die Neureglung der Nummer 9 aufgenommen. In den Fällen der Nummern 1, 2, 4, 6 und 7 lässt sich der Zeitraum der zur Nichtberücksichtigung führenden Tätigkeiten anders als bei der Gremienarbeit, die während eines längeren Zeitraumes parallel zum Studium ausgeübt werden kann, genau bestimmen. Da die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 von einem dauerhaften Nachteil des betroffenen Studierenden ausgeht, der regelhaft nicht auf einen begrenzten Zeitraum beschränkt ist, können sich Studierende, die unter einer Schwerbehinderung leiden, zugleich auf die neue Regelung berufen. Auch das Bestehen der universitären Schwerpunktbereichsprüfung (§ 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8) steht der Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 nicht entgegen.

Schließlich soll verhindert werden, dass Prüflinge, die am 1. April 2020 die Möglichkeit des Freiversuchs verloren hatten, diesen Aufgrund der Neuregelung nachträglich in Anspruch nehmen können. § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 soll etwaige Nachteile ausgleichen, die durch die COVID-19-Pandemie entstanden sind. Wenn Studierende aber unabhängig von diesen Erschwernissen ihr Studium nicht binnen der Frist des § 26 Abs. 1 Satz 1 durchlaufen haben, besteht kein Grund, sie nachträglich besser zu stellen.

 

Zu Nummer 2.2 (§ 26 Abs. 2 Satz 2)

Die Neuregelung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 9 ist in den Katalog des § 26 Abs. 2 Satz 2 aufzunehmen. Dadurch wird gewährleistet, dass sämtliche Studierende, die dem Anwendungsbereich unterfallen, auch tatsächlich von einer Verlängerung profitieren und diese nicht faktisch durch das Vorliegen anderer Zeiten im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 1 HmbJAG wirkungslos bleibt.

 

sowie
  • der Abgeordneten Lena Zagst
  • Miriam Block
  • Eva Botzenhart
  • René Gögge
  • Sina Imhof
  • Farid Müller (GRÜNE) und Fraktion