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Cum-Ex – ein Finanzskandal, kein Politikskandal

Fakten zum PUA Cum-Ex der Hamburgischen Bürgerschaft

Eine Koalition aus CDU und Linkspartei hat einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) „Cum-Ex“ eingesetzt – genau ein Jahr vor der letzten Bundestagswahl. Für ihre Unterstellungen und Vorwürfe haben CDU und Linke auch nach über drei Jahren Beratung, nach Durchsicht tausender Aktenseiten und nach umfänglicher Zeugenbefragung keine Belege – im Gegenteil.

 

Stand: März 2024


Am 27.11.23 haben die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen ihre Bewertungen und Handlungsempfehlungen nach drei Jahren Aufarbeitung zum Zwischenbericht PUA Cum-Ex veröffentlicht. Diese können hier eingesehen werden.


Kein finanzieller Schaden für Hamburg

Lange war unklar, ob Cum-Ex-Geschäfte „nur“ unmoralisch und unanständig waren oder eine Straftat darstellen. Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 2021 ist es amtlich: Cum-Ex-Geschäfte waren nie ein „Steuerschlupfloch“, sondern Steuerbetrug. Seitdem hat es nun mehrere Verurteilungen verantwortlicher Banker und Broker gegeben. Auch die Strafbarkeit der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank ist nun höchstrichterlich festgestellt. Die Bank hat alle Cum-Ex-Gelder plus Zinsen in Millionenhöhe zurückgezahlt, sodass Hamburg kein finanzieller Schaden entstanden ist. Vielmehr hat die Stadt ein erhebliches Plus in der Staatskasse zu verzeichnen. Grund sind Hinterziehungszinsen in Höhe von gut 85 Millionen Euro (die die Warburg Bank zusätzlich zur zu Unrecht einbehaltenen Summe von knapp 161 Millionen Euro zu entrichten hatte. Insgesamt hat die Warburg Bank also 247 Millionen Euro an die Stadt Hamburg gezahlt, wie die Warburg Bank vor dem Untersuchungsausschuss am 29.11.2023 in öffentlicher Sitzung über einen Rechtsbeistand erklären ließ.

Übrigens: Auch das Finanzgericht Hamburg hat am 09.11.2023 die Klage der Warburg-Bank abgewiesen und entschieden, dass die Steuerrückforderung nicht verjährt ist und die Stadt Hamburg das bereits unter Vorbehalt zurückgezahlte Steuergeld behalten darf (Az. 6 K 228/20).

Keine politische Einflussnahme

Nach mittlerweile drei Jahren Aufklärungsarbeit und Befragung von über 50 Zeug:innen aus unterschiedlichen Abteilungen, Ämtern und Behörden ist festzustellen: Alle befragten Zeug:innen, die am Verfahren beteiligt waren, haben unabhängig voneinander sehr deutlich erklärt, dass es keine Einflussnahme durch die Politik auf Steuerentscheidungen gegeben hat. Keine einzige Zeugin und kein einziger Zeuge hat – auch auf ausdrückliche Nachfrage nicht – Versuche der Einflussnahme auf sich oder andere erlebt oder davon auch nur gehört.

Olaf Scholz hat sich vor der Entscheidung der Finanzverwaltung im Jahr 2016, die Steuern zunächst nicht zurückzufordern, sondern auf die strafrechtlichen Ermittlungen zu setzen, zwei Mal mit Inhabern der Warburg-Bank getroffen und einmal mit dem Inhaber der Bank, Christian Olearius, telefoniert (ein drittes Treffen fand im Jahr 2017 statt). Vor dem PUA hat er ausgesagt, dass er sich an die Einzelheiten der Gespräche nicht erinnere, aber zu solchen Gesprächen eine klare Haltung habe: weder Zusagen zu machen noch überhaupt Einschätzungen abzugeben. Diese Haltung spiegelt sich klar in den öffentlich gewordenen Tagebucheinträgen des Warburg-Inhabers und wurde durch einen Zeugen aus der Wirtschaftsbehörde, der bei einem der Treffen mit den Bankinhabern dabei war, vor dem PUA ausdrücklich bestätigt. Laut Zeugenaussage in öffentlicher Sitzung habe Olaf Scholz den Bankinhabern klar gesagt, dass Cum-Ex-Geschäfte aus seiner Sicht „illegal“ sind.

Keine Einflussnahme durch Unterstreichungen mit grüner Farbe

Peter Tschentscher hat das Schreiben der Warburg-Banker nicht mit Unterstreichungen in die Finanzverwaltung gegeben. Richtig ist vielmehr, dass die zuständige Finanzbeamtin bei ihrer Arbeit mit einem grünen Textmarker Passagen unterstrichen hatte. Dies hat sie in der Sitzung des Untersuchungsausschusses am 27.08.2021 ausdrücklich erklärt. 

Peter Tschentscher hat als damaliger Finanzsenator nicht an der Behandlung von Steuerfällen mitgewirkt. In besonders bedeutenden Einzelfällen hat er sich über den Stand des Verfahrens der Verwaltung informieren lassen, so wie es der Senat bereits vor Einsetzung des PUA dargestellt hat. Dies haben zudem mehrere Zeug:innen vor dem PUA bestätigt. Das ist auch Aufgabe eines Finanzsenators, zumal bei einem Thema, welches schon einen Bundestags-Untersuchungsausschuss beschäftigt hat – eine solche „Information zum Sachstand“ ist angemessen und verantwortungsvoll.

 

Das Treffen im November 2017 – weder „erfunden“ noch bestritten

Das Treffen zwischen Olearius und Scholz am 17.11.2017 wurde weder „erfunden“ noch bestritten. Die Olearius-Anwälte hatten dieses Treffen bereits im Februar 2020 bekannt gemacht, indem sie den Tagebucheintrag veröffentlichten. Deshalb gab es nie einen Grund für Zweifel, dass es diesen Termin gegeben hat. Olaf Scholz hat den Termin nie bestritten, auch wenn er keine eigenen Erinnerungen an diesen Termin hat.

Olaf Scholz war im Februar 2020 längst Bundesfinanzminister in Berlin. Bei der Übertragung seines Terminkalenders hat es technische Probleme gegeben. Vor dem PUA hat Olaf Scholz am 30.04.2021 ausgesagt, dass ausweislich der Presseberichte am 10. November 2017 ein weiteres Treffen stattgefunden habe. Dazu habe sein Büro zwar keinen Eintrag in dem überspielten Bürgermeisterkalender im Bundesministerium der Finanzen gefunden, aber er ziehe ein solches Treffen nicht in Zweifel. Die Schwierigkeit mit dem Kalender sei, dass sich darin ab Mitte Oktober 2017 – vermutlich aufgrund eines IT-Problems – auch und dann später ausschließlich Termine des Amtsvorgängers Altmaiers fänden. Insofern sei er davon ausgegangen, dass das Treffen stattgefunden habe, auch wenn er daran keine eigene Erinnerung habe.

Keine strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

Gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher sind – teils als kopierte Internet-Vordrucke gefertigte – Strafanzeigen gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat geprüft, ob ein sog. Anfangsverdacht vorliegt und Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müssen. Schon der Anfangsverdacht wurde verneint, strafrechtliche Ermittlungsverfahren mussten nicht eingeleitet werden. Die Vorprüfungen haben „keine zureichenden Verdachtsmomente für Straftaten“ ergeben. Die Generalstaatsanwaltschaft hat diese Entscheidung überprüft und bestätigt.

Auch ein Anwalt aus Hamburg hat Strafanzeigen gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher bei den Staatsanwaltschaften in Hamburg und in Köln wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und uneidlicher Falschaussage gestellt. Beide Staatsanwaltschaften haben im Dezember 2022 von der Einleitung von Ermittlungsverfahren abgesehen, weil nicht einmal ein Anfangsverdacht gesehen wurde. Die Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft Köln vom 14.12.2022 und der Bescheid der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 21.12.2022 sind im Internet veröffentlicht.

Mit ihrer Entscheidung vom 15.02.2023 hat die Generalstaatsanwaltschaft noch einmal klargestellt, dass kein Anfangsverdacht gegen Olaf Scholz wegen Falschaussage besteht und hat damit einen gleichlautenden Bescheid der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 21.12.2022 bestätigt. Die Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg zu ihrer Entscheidung vom 06.03.2023 ist hier veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft Köln hat im Juli 2023 noch einmal in einem 20-seitigen Vermerk ausführlich dargelegt, dass es keinerlei Hinweise für einen Anfangsverdacht und kein Ermittlungsverfahren gegen Olaf Scholz gibt.

Kein Widerspruch in den Aussagen von Olaf Scholz

Es besteht kein Widerspruch zwischen den Aussagen vor dem PUA Cum-Ex und der Aussage vor dem Finanzausschuss des Bundestages vom 01.07.2020. Olaf Scholz hat auch vor dem Bundestagsausschuss am 01.07.2020 sehr deutlich gemacht, dass er keine eigenen Erinnerungen an die Gespräche mit dem Warburg-Banker Herrn Olearius hat, sondern sich bei seinen Aussagen auf die öffentlich gewordenen Olearius-Tagebucheintragungen und auf Medienberichterstattung hierzu beruft.

Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages ist der monatelangen Forderung der SPD  im Dezember 2022 endlich nachgekommen und hat das als geheim eingestufte Protokoll der Sitzung am 01.07.2020 „entstuft“. Es ist mittlerweile im Internet und in der Presse veröffentlicht worden. Jetzt ist offensichtlich, dass die bisher veröffentlichten Sätze, die Olaf Scholz angeblich belasten, manipulativ aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Es wurden systematisch alle Sätze gestrichen, mit denen Olaf Scholz klargestellt hat, dass seine Aussagen nicht auf seiner eigenen Erinnerung beruhen. Liest man das Protokoll vollständig, wird klar: Olaf Scholz hat auch vor dem Bundestagsausschuss gesagt, dass er keine eigene detaillierte Erinnerung an die Gespräche hat, sondern sich bei seiner Aussage ausschließlich auf die Olearius-Tagebucheinträge und Medienberichterstattung bezieht. Außerdem hat Olaf Scholz am 09.09.2020 vor dem Bundestag Fragen der Abgeordneten zu den Treffen mit den Warburg-Bankern beantwortet und klar gesagt, dass er an die Einzelheiten der Gespräche keine detaillierten Erinnerungen hat. Das Wortprotokoll dieser Befragung ist im Internet abrufbar: https://dserver.bundestag.de/btp/19/19172.pdf#P.21521

Aussagen der Mitglieder des Finanzausschusses des Bundestages

Am 14.04.2023 wurden die Mitglieder des Finanzausschusses des Bundestages von dem Hamburger Untersuchungsausschuss gefragt, welche Erinnerungen sie an die Sitzungen mit Olaf Scholz im Jahr 2020 haben. Viele Teilnehmer:innen konnten sich an die Einzelheiten der Sitzungen nicht mehr erinnern. Ein CDU-Abgeordneter behauptete sogar, es sei in der Sitzung am 01.07.2020 über eine Liste mit Terminen von Olaf Scholz beraten worden, obwohl eine solche „Liste über Termine“ ausweislich des Protokolls des Finanzausschusses gar nicht Gegenstand der Sitzung war. Der damalige finanzpolitische Sprecher der Partei die Linke konnte sich nicht einmal erinnern, ob er die Protokolle des Finanzausschusses gegengelesen und freigegeben hat.

Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft

Am 15.02.2023 hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg in einer  Entscheidung noch einmal klargestellt, dass sich auch aus den Protokollen des Finanzausschusses des Bundestages vom 04.03.2020 und 01.07.2020 kein konkretes Erinnerungsvermögen des jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz herleiten lasse. Damit bestätigt die Generalstaatsanwaltschaft, was seit Veröffentlichung der Protokolle offensichtlich ist: Es besteht kein Widerspruch zwischen den Aussagen vor dem PUA Cum-Ex und der Aussage vor dem Finanzausschuss.

Kein plötzlicher Sinneswandel der Steuerverwaltung

Alle an der Entscheidung über die Frage der Steuerrückforderung beteiligten Personen wollten das Geld zurückholen. Das haben alle an der Entscheidung unmittelbar beteiligten Zeug:innen ausdrücklich vor dem Untersuchungsausschuss erklärt. Die Rückforderung ist Ende 2016 zunächst unterblieben, weil die Beweislage für das Vorliegen von Cum-Ex-Geschäften damals für nicht ausreichend und damit das Prozessrisiko für zu hoch eingeschätzt wurde (z.B. Schadensersatzforderungen gegen die Stadt Hamburg). Diese Zeugen:innenaussagen decken sich mit den internen Vermerken, Berichten und Entscheidungsvorlagen der Finanzbehörde und des Finanzamtes, die mittlerweile auch öffentlich geworden sind. Zudem hat am 4. März 2022 der im entscheidenden Zeitraum 2016/2017 zuständige Staatsanwalt aus Köln, Alexander Fuchs, vor dem PUA ausdrücklich erklärt, dass zum Zeitpunkt seiner Ermittlungstätigkeit noch keine ausreichenden Beweismittel vorgelegen haben, um die Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank zu belegen. Daher sei er mit der damaligen Entscheidung der Steuerverwaltung Ende 2016 „absolut d’accord“ – also absolut einverstanden – gewesen.

Keine Verjährung der Steuerrückforderung

Anders als immer wieder behauptet: Die Steuerrückforderungen sind Ende 2016 nicht verjährt. Das Finanzamt hat Ende 2016 Änderungsbescheide erlassen, mit denen die fünfjährige Zahlungsverjährung neu in Gang gesetzt wurde. Diese Änderungsbescheide liegen allen Mitgliedern des PUA vor.

Der Nichteintritt der Verjährung ist im PUA ausführlich beraten und nicht in Frage gestellt worden. Auch das Landgericht Bonn hat in seiner Entscheidung vom 18.03.2020 (62 KLs 213 Js 41/19) ausdrücklich dargelegt, dass keine Verjährung der Steuerrückforderung eingetreten ist (vgl. Randziffern 2050ff.). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Entscheidung mittlerweile bestätigt, sodass sie rechtkräftig geworden ist. CDU und Linke wissen das.

Keine Verjährungsunterbrechung durch Weisung aus Berlin

Auch für den Veranlagungszeitraum 2010 ist keine Verjährung eingetreten. Es drohte auch keine Verjährung zum Jahresende 2017. Die Zahlungsverjährungsfrist für diese Forderung lief aufgrund einer Gesetzesänderung bis zum 31.12.2022 (Vgl. LG Bonn vom 18.03.2020, 62 KLs - 213 Js 41/19 - 1/19, Rn. 2047). Die Weisung des Bundesministeriums der Finanzen vom 08.11.2017 aus Berlin hatte auf diesen Vorgang keinerlei Einfluss.

Übrigens: anders als teilweise behauptet, hat Olaf Scholz den damaligen Steuerabteilungsleiter, Herrn Dr. Michael Sell, nicht in den Ruhestand versetzt, weil er die Weisung erteilt hat. Zwar wurde Herr Dr. Sell in den Ruhestand versetzt, aber sein Nachfolger wurde der Unterabteilungsleiter, Herr Dr. Möhlenbrock, der die förmliche Weisung an Hamburg in seiner Unterabteilung hat ausarbeiten lassen und letztlich unterschrieben hat.

„Mein teuflischer Plan“

Bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln sind Chat-Nachrichten der mit dem Warburg-Fall maßgeblich betrauten Finanzbeamtin P. bekannt geworden. Darin berichtet sie einer befreundeten Kollegin, „ihr teuflischer Plan“ im Steuerfall Warburg sei aufgegangen. Was damit gemeint war, weiß die Finanzbeamtin Frau P. selbst am besten. Befragt werden konnte sie vom Untersuchungsausschuss aufgrund des gegen sie laufenden Strafverfahrens nicht. Auch die Empfängerin der Nachricht konnte dem Untersuchungsausschuss nicht erklären, was damit gemeint sein könnte.

Nach allen Erkenntnissen, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, ist davon auszugehen, dass die Finanzbeamtin P. die weitreichende Entscheidung über die Steuerrückforderung nicht allein treffen wollte und deshalb das Treffen am 17.11.2016 mit insgesamt acht hochkarätigen Teilnehmer:innen aus der Finanzbehörde und dem Finanzamt initiierte, um das eigene Vorgehen abzusichern. Dafür spricht, dass sie die gemeinsam getroffene Entscheidung, die Steuern von der Warburg-Bank nicht zurückzufordern, in einem Ergebnisvermerk festhielt und von allen Gesprächsteilenhmer:innen bestätigen ließ. Unmittelbar danach, noch am 17.11.2016, schrieb sie dann ihrer befreundeten Kollegin, dass „ihr teuflischer Plan“ aufgegangen sei.

Kein Vergleich oder Erlass von Steuern zugunsten der Warburg-Bank

Es hat keinen Vergleich oder Erlass von Steuern zugunsten der Warburg-Bank gegeben. Ein solches Vorgehen ist im Steuerrecht gar nicht zulässig. Der damalige Leiter der Steuerverwaltung Hamburg hat in öffentlicher Sitzung vor dem PUA und auch bereits 2020 vor dem Haushaltsausschuss der Bürgerschaft erklärt, dass es mit der Warburg-Bank Gespräche über den der Besteuerung zugrundeliegenden Sachverhalt gab – aber gerade nicht über die Höhe der Steuerschuld. Weitere Zeug:innen haben dies bestätigt. Solche sog. „tatsächlichen Verständigungen“ über den Sachverhalt sind zulässig und vorgesehen für Situationen, in denen Steuer-Sachverhalte nicht oder nur sehr langwierig gerichtsfest zu ermitteln wären. Ziel ist es, sich auf einen bestimmten Sachverhalt zu verständigen, der dann der hierfür gesetzlich vorgesehenen Besteuerung unterzogen wird. Mit einem Vergleich oder einem Erlass von Steuern hat eine solche tatsächliche Verständigung rein gar nichts zu tun.

Kein Einfluss durch Spenden

Die Warburg Bank hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder unterschiedlich große Summen an verschiedene Parteien gespendet, die in der Hamburgischen Bürgerschaft vertreten sind.

Die SPD Hamburg erhielt in den Jahren 2016 und 2017 von verschiedenen Firmen der Warburg-Gruppe Zuwendungen in Höhe von insgesamt 45.500 Euro. Konkret handelt es sich bei den SPD-Spenden von 2016 und 2017 um folgende Zuwendungen:

An den SPD-Kreisverband Mitte

  • 21.02.2017: 15.000 Euro der Atalanta Beteiligungsges. mbH&CoKG sowie 10.000 Euro der Setubal Vermögensverwaltungsges. mbH
  • 26.09.2017: 13.000 Euro der VIGOR Beteiligungsges. mbH

 

An den Landesverband der SPD

  • 26.09.2017: 7.500 Euro der M.M.Warburg & Co (AG & Co.) KGaA. 

Im Zusammenhang mit diesen Spenden ist aufgrund des individuellen Verhaltens der ehemaligen Funktionsträger Alfons Pawelczyk und Johannes Kahrs der Vorwurf der Begünstigung laut geworden. Dieser Vorwurf wird derzeit in zwei Ermittlungsverfahren untersucht. Eine Auswirkung auf die Entscheidung der Behörden, wie mit Cum-Ex-Fällen umgegangen werden sollte, ergibt sich aus den Spenden nicht.

Übrigens: Demgegenüber stehen 55.000 Euro, die die CDU Hamburg im gleichen Zeitraum von der Warburg-Gruppe erhalten hat. Laut den Rechenschaftsberichten der CDU waren die Spenden der Warburg Bank an die Partei keine Ausnahme: Seit dem Jahr 2000 hat die CDU Spenden in Höhe von rund 270.000 Euro von der Bank erhalten.

Kein Verschweigen von weiteren Gesprächen mit den Bänkern

In der Sitzung des Finanzausschusses am 01.07.2020 wurde Olaf Scholz auch nach weiteren Treffen mit Herrn Olearius gefragt. Olaf Scholz hat darauf geantwortet, er sei Christian Olearius im Laufe seines Lebens mehrfach begegnet, zumeist bei größeren Veranstaltungen, beispielsweise in der Elbphilharmonie. Er habe auch bei einem Jubiläum der Warburg-Bank als Redner fungiert. Auch habe er ab und zu mit Vertretern der Warburg Bank geredet, wie im Übrigen auch mit Vertretern der Berenberg Bank oder der Haspa. Dies sei ein normaler Vorgang. Es gebe aber keine regelmäßigen Treffen.

Diese Aussage wurde bisher in der Berichterstattung verkürzt wiedergegeben. Olaf Scholz hat bereits am 01.07.2020 gesagt, dass es weitere Gespräche auch mit den Warbung-Bänkern gegeben hat. Durch diese Aussage am 01.07.2020, es habe weitere Gespräche gegeben, antwortet Olaf Scholz sogar umfassender als die Frage lautete. Schließlich wurde er nach weiteren Treffen gefragt. Gespräche umfassen auch Telefonate, vielleicht sogar Gespräche bei zufälligen Begegnungen. Von einem Verschweigen kann daher nicht die Rede sein – im Gegenteil.

Kein Verschwinden von E-Mails oder Laptops

Es sind weder E-Mails noch Laptops entwendet worden oder verloren gegangen. Bei den in den Medien beschriebenen Datenträgern handelt es sich um Laptops, die auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Köln an den Arbeitsstab des Ausschusses übergeben wurden. Die Laptops wurden und werden im Arbeitsstab des Untersuchungsausschusses unter Einhaltung der gesetzlichen Geheimhaltungsvorschriften gemäß §16 Absatz 4 des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse gelagert. Die Obleute des Ausschusses haben am 16. Oktober 2023 einvernehmlich beschlossen, dass der Arbeitsstab eine Prüfung durchführt, wie eine Einsicht in diese Laptops ausgestaltet werden kann, sodass die Rechte unbeteiligter Dritter nicht berührt werden. Die Aufbewahrung in einem bestimmten Schrank in einem bestimmten Raum in den Büroräumen des Arbeitsstabes ist weder rechtlich vorgesehen noch vereinbart worden.

Das Gutachten des PUA-Arbeitsstabes zum Umgang mit den E-Mails finden Sie hier.

Da die E-Mails aus Sicherheitsgründen auf einem externen Server der Staatsanwaltschaft Köln gesichert sind, ist eine Beweisvernichtung bzw. Löschung der E-Mails praktisch ausgeschlossen. Trotzdem hat der Ausschuss am 24.11.2023 beschlossen, die Laptops durch eine externe Firma auf mögliche Manipulationen untersuchen zu lassen. Das Ergebnis liegt seit dem 06.12.2023 vor: Die IT-Sachverständigen haben bestätigt, dass die Daten auf den beiden Laptops nicht manipuliert wurden.

Kein Raum für Indizien, weil das Gegenteil feststeht

Aufgrund eines von allen PUA-Mitgliedern einstimmig gefassten Beschlusses vom 21.09.2022 legt der Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft jetzt einen Zwischenbericht vor, der die Ergebnisse der Beweiserhebung und Aufarbeitung auf rund 1000 Seiten darstellt. Der Untersuchungsausschuss hat tausende Akten ausgewertet und in über 50 Sitzungen die Beweiserhebung durchgeführt. Dabei wurden 73 Zeug:innen befragt, acht davon zweimal. Während der Beweiserhebung erfolgten fünf Sachverständigenanhörungen.

Die Zeug:innen, die unmittelbar an dem entscheidenden Treffen am 17. November 2016 von Finanzamt für Großunterunternehmen und Finanzbehörde beteiligt waren, bei dem die Entscheidung getroffen worden ist, die Steuern zunächst nicht zurückzufordern, sind vom Ausschuss größtenteils zweimal gehört worden. Keine der Personen, die an der fraglichen Entscheidung beteiligt war, hat einen Versuch der Einflussnahme auf sich oder andere erlebt. Alle anderen befragten Zeug:innen auch nicht. Eine politische Einflussnahme auf die Entscheidung der Hamburger Steuerverwaltung ist damit praktisch ausgeschlossen. Festzuhalten bleibt: Wenn durch die anerkannten Beweismittel (Zeug:innen, Sachverständige, Urkunden) eine Tatsache feststeht, besteht kein Raum mehr für einen vermeintlichen Indizienbeweis. Wer jetzt immer noch an den schon vor PUA-Beginn aufgestellten Verdächtigungen festhält, missachtet die Aufklärungsarbeit, die Zeug:innenaussagen und die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses. Die Jurist:innen der Oppositionsfraktionen wissen das.

Erweiterung des PUA auf Cum-Ex-Geschäfte der HSH Nordbank

Nach über drei Jahren Aufklärungsarbeit steht fest, dass es keine politische Einflussnahme auf den Steuerfall Warburg gegeben hat. Es wurden über 50 Zeug:innen vernommen. Keine einzige Zeugin und kein einziger Zeuge hat Versuche der Einflussnahme auf sich oder andere erlebt oder davon auch nur gehört. Auch aus den zahlreichen Akten ergibt sich nichts Anderes. Der PUA Cum-Ex legt zum Untersuchungskomplex „Warburg“ zum Jahreswechsel 2023/2024 seinen Zwischenbericht vor.

Die Opposition aus CDU und DIE LINKE hat beantragt, die Untersuchung auf die Aktivitäten der HSH Nordbank im Hinblick auf illegale Finanzgeschäfte wie Cum-Ex auszuweiten. Sobald dem PUA die Akten zur HSH Nordbank vorliegen, wird mit der Beweisaufnahme zu diesem Themenkomplex begonnen.