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Der Beust-Senat verweigert Fallzahlen und Informationen über Kinderarmut – Transferleistungen nach SGB II und SGB XII an Haushalte mit Kindern und Jugendlichen

Mittwoch, 29.08.2007

Am 03.07.2007 hat die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) - ihrer gesetzlichen Pflicht folgend – auf der Landespressekonferenz einen Kinder- und Jugendbericht vorgelegt. In diesem Bericht kommt die unterschiedliche Entwicklung der Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Stadtteilen Hamburgs nicht vor. Die vom Senat selbst an anderer Stelle erkannte soziale Spaltung wird gar nicht erst thematisiert. Zu Sozial- und Transferleistungen gibt es eine Kurzinformation von nicht einmal einer Seite mit einer nichtssagenden Momentaufnahme vom Januar 2007. Zeiträume werden nicht betrachtet – Entwicklungen werden verschwiegen.

Fragen von Journalisten zu den Fallzahlen des Sozialtransfers konnten Senatorin Schnieber-Jastram und Staatsrat Wersich in der Pressekonferenz nicht beantworten.

 

Im Anschluss an die Pressekonferenz sind dann einzelnen Journalisten einige Zahlen nachgeliefert worden: Demnach „wächst die Zahl der Kinder- und Jugendlichen, die auf Transferleistungen des Staates angewiesen sind“ (vgl. Hamburger Abendblatt vom 04.07.2007).

 

Die Senate von Beust mit der fachbehördlich zuständigen Senatorin Schnieber-Jastram haben seit der Regierungsübernahme Ende 2001 die Sozialberichterstattung stark eingeschränkt oder gar eingestellt. 1993 und 1997 waren im Rahmen der Sozialberichterstattung die Berichte „Armut in Hamburg“ sowie „Armut in Hamburg II“ vorgelegt worden. Der letzte Bericht, „Armut in Hamburg II“, wurde gemeinsam mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege herausgegeben. Noch in der 16. Wahlperiode wurde von der Hamburgischen Bürgerschaft einstimmig beschlossen - also auch mit den Stimmen des damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden und heutigen Ersten Bürgermeisters Ole v. Beust sowie des heutigen Staatsrates der BSG Wersich -, die Berichterstattung fortzuführen und im dritten Hamburger Armutsbericht den Komplex „Verdeckte Armut“ sowie die „Verteilung von Einkommen und Vermögen“ aufzunehmen.

 

Im Widerspruch zu diesen Beschlüssen und der Notwendigkeit einer fundierten Berichterstattung über die soziale Lage der Menschen in unserer Stadt verweigern Bürgermeister von Beust und Sozialsenatorin Schnieber-Jastram seit Beginn ihrer Amtszeit eine solche Berichterstattung und sind auf entsprechende Fragen fortgesetzt nicht auskunftsfähig (vgl. u.a. Drs. 18/770 und 18/4290). Auf Anordnung von Sozialsenatorin Schnieber-Jastram wurde die Fortschreibung des Armutsberichtes gestoppt. Bereits in der 17. Legislaturperiode hatte Senatorin Schnieber-Jastram den „Sozialhilfe-Report“ eingestellt, der in der Fachöffentlichkeit und auch als Basis der Medienberichterstattung Anklang gefunden und zur Versachlichung der Debatte um Sozialtransfers beigetragen hatte.

 

Natürlich kann die Reform des Bundes in der Sozialgesetzgebung (SGB II und SGB X II sowie vormalige Fälle nach dem BSHG bis Ende 2004) für den Beust-Senat kein Alibi sein, auf die Darstellung der Entwicklung von Transferleistungs-Fallzahlen zu verzichten. In Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 18/6636 nennt der Senat dennoch allein die BSHG-Zahlen bis Ende 2004 und kann angeblich keinerlei Zahlen zur Entwicklung der Kinderarmut für den Zeitraum ab 2005 liefern.

 

Anträge und Forderungen der SPD-Fraktion als auch der GAL-Fraktion sowie der Wohlfahrtsverbände, die Armutsberichterstattung wieder einzuführen, wurden von der CDU-Fraktion abgelehnt. Zusagen der damaligen BSF vom Februar 2005 an die Wohlfahrtsverbände über die „Einrichtung eines Internetportals ‚Soziales’“ wurden gebrochen – hier sollten „grundsätzliche Informationen, Statistiken und Übersichten zum Sozialhilfegeschehen (‚Facts and Figures’) kurzfristig eingestellt“ werden.

 

Vor nunmehr über einem Jahr hat Sozialsenatorin Schnieber-Jastram dann – nach Jahren der Verweigerung – angekündigt, „Berichte zu unterschiedlichen Lebenslagen erstellen“ zu wollen: „Auf der Basis differenzierter Daten“ sollten demnach „zunächst schwerpunktmäßig“ auch „Lebenslagen von Leistungsbeziehern nach SGB II und SGB XII“ dargestellt werden (vgl. Pressemeldung vom 13.07.2006). Auch diese Ankündigung ist nicht eingehalten worden.

 

Wir fragen den Senat:

 

1. Wie haben sich die Fallzahlen bei den Transferleistungen (SGB II und XII) für unter 18-Jährige seit dem 01.01.2005 entwickelt und welche Altersgruppen, Leistungsarten und Haushaltstypen unterscheidet der Senat hierbei? (bitte eine Darstellung jeweils zum Ende der Quartale)

 

2. Wie hat sich in diesem Zeitraum der Anteil der Kinder in Haushalten mit Bezug von solchen Transferleistungen an allen Kindern in Hamburg entwickelt?

 

3. Welche Zahlen und Entwicklungen zeigen hierzu die einzelnen Bezirke?

 

4. Welche Entwicklung zeigen die einzelnen Stadtteile – unter besonderer Berücksichtigung derjenigen, die der Senat als „Stadtteile mit sozialen Problemlagen“ bezeichnet? (vgl. Drs. 18/4671)

 

5. Wird der Senat bzw. die zuständige Behörde den angekündigten Bericht „Lebenslagen von Leistungsbeziehern nach SGB II und SGB XII“ vorlegen? Wenn ja, wann?