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Erhebung von Erschließungsbeiträgen: Angemessenheit und Transparenz sind das Ziel!

Mittwoch, 18.01.2006

Zur Refinanzierung der Kosten, die der Stadt durch die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen (Straßen, Wege, Plätze u. ä.) entstehen, erhebt sie von den Anliegern gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Baugesetzbuches (BauGB) und des Hamburgischen Wegegesetzes (HWG) Erschließungsbeiträge. Zudem werden für spätere Erweiterungen Ausbaubeiträge erhoben Von dem beitragsfähigen Erschließungsaufwand trägt Hamburg 10 Prozent, 90 Prozent sollen über Erschließungsbeiträge von den Anliegern refinanziert werden. Die Beitragspflicht entsteht gemäß § 133 Abs. 2 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind.

Anlässlich einer Eingabe im Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wurde deutlich, dass die zuständige Behörde in manchen Fällen die endgültige Herstellung, deren Mindestanforderungen in § 49 HWG geregelt sind und die durch sogenannte „Bauprogramme“ der Bezirke ergänzt werden, erst Jahrzehnte nach dem Beginn der erstmaligen Herstellung von Teilen der Erschließungsanlage erreicht und mit den Anliegern abrechnet.

 

Konsequenz dieser langwierigen Erschließungsverfahren ist zum einen, dass die Stadt ihre durch Vorleistungen erbrachten Aufwendungen vielfach erst jahrzehnte später erstattet bekommt, ihr somit Zinsverluste entstehen sowie Mittel für weitere Erschließungsmaßnahmen entgehen. Zum anderen führt dieses Verfahren bei den betroffenen Eigentümern zu Unverständnis, da sie sich über viele Jahre an einen erreichten Ausbaustandard gewöhnt haben und diesen als ausreichend erachten oder sogar davon ausgehen, dass die Erschließung bereits vollständig erfolgt ist.

 

Es erscheint deshalb sinnvoll und angebracht, Erschließungs- und Ausbaubeiträge zeitnah mit dem Abschluss der jeweiligen Bauarbeiten festzusetzen. Gemäß §§ 133 Abs. 2 BauGB und 48 HWG können Erschließungsbeiträge auch selbständig für die erstmalige Herstellung von Teilabschnitten der Erschließungsanlage erhoben werden (Kostenspaltung)., Dieses Instrument scheint bisher kaum eingesetzt zu werden. Ebenso wenig wie die Möglichkeit des § 133 Abs. 3 BauGB, wonach von den Beitragspflichtigen Vorausleistungen bis zur Höhe des voraussichtlich endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden könnten, sobald auf einem Grundstück ein Bauvorhaben genehmigt wird oder mit der Herstellung einer Erschließungsanlage begonnen worden ist.

 

Auch Standard und Umfang der als Ergänzung zu den Mindestanforderungen des § 49 HWG vorgesehenen bezirklichen Bauprogramme stehen vielfach in der Kritik, da die Bürgerinnen und Bürger die Planungen der Verwaltung als unmittelbar betroffene Nutzer der Straßen nicht immer nachvollziehen können. Hinzu kommt oft noch eine mangelhafte Information der Betroffenen. Dies hat die Bürgerschaft auf Initiative der SPD-Fraktion nicht zuletzt zum Anlass genommen, den Senat zu einer Änderung der bisherigen Praxis zu bewegen (vgl. Drucksachen 18/928, 18/1931).

 

Auch der Rechnungshof hat sich bereits 1999 in seinem Jahresbericht mit der endgültigen Herstellung von Erschließungsanlagen befasst und kritisierte die schleppende Abrechnungspraxis. Um die für eine Beitragserhebung erforderliche endgültige Herstellung von Straßen gezielt voranzutreiben, empfahl der Rechnungshof, ein Straßenzustands- und Beitragskataster zu erstellen, auf dessen Grundlage ein am optimalen Mitteleinsatz und Einnahmeerfolg orientiertes Handlungskonzept mit entsprechender Prioritätenrangfolge beabsichtigter Straßen- und/oder Ausbaumaßnahmen aufgestellt werden kann. Zudem empfahl er zu prüfen, ob in einzelnen Fällen eine Reduzierung des Bauprogramms bis auf die Mindestanforderungen nach § 49 HWG in Betracht kommt.

 

 

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

 

A. Allgemeine Fragen

 

1. Welche Schritte unternimmt der Senat, um die Erschließungsanlagen, für die bislang keine Erschließungsbeiträge erhoben wurden, mit den Beitragspflichtigen zügig abzurechnen?

 

2. Wie wird vorgegangen, wenn Anlieger finanziell nicht in der Lage sind, Erschließungsbeiträge in der vorgesehenen Frist zu zahlen? Wie lange wird ggf. gestundet? Welche Möglichkeiten der Ratenzahlung gibt es? Zu welchem Zinssatz?

 

3. Gab es in den vergangenen Jahren Fälle, wenn ja wie viele, in denen durch Vollstreckungsmaßnahmen Beiträge beigetrieben wurden? Wenn ja, wie viele und durch welche Gründe im Einzelnen? Hat die Zahlungsunfähigkeit zu Verwertungen von Grundstücken geführt? Wenn ja, zu wie vielen?

 

4. Sieht der Senat eine Ungleichbehandlung von solchen Beitragspflichtigen, die bereits Erschließungsbeiträge für ihre Erschließungsanlagen gezahlt haben, und solchen, für deren zum Teil seit Jahrzehnten bestehenden Erschließungsanlagen bislang keine Erschließungsbeiträge erhoben wurden?

 

a) Wenn ja: Welche Konsequenzen zieht er daraus?

 

b) Wenn nein: Warum nicht?

 

5. Führt die zuständige Behörde bereits das vom Rechnungshof empfohlene Straßenzustands- und Beitragskataster?

 

a) Wenn ja: Seit wann und mit welchem Ergebnis?

 

b) Wenn nein: Warum nicht?

 

6. Wurden nach dem Bericht des Rechnungshofes in vertretbaren Fällen die Bauprogramme bis auf die Mindestanforderungen des § 49 HWG reduziert, um so die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die endgültige Herstellung zu ermöglichen und zudem die Kosten für die Anlieger gering zu halten?

 

a) Wenn ja: In welchen Fällen und inwieweit wurden bereits Erschließungsbeiträge festgesetzt?

 

b) Wenn nein: Warum nicht? Inwieweit wird die zuständige Behörde hiervon noch Gebrauch machen?

 

7. Wurde nach dem Bericht des Rechnungshofes von der zuständigen Behörde geprüft, welche Fälle sich für eine Abrechnung im Wege der Kostenspaltung gemäß § 48 HWG eignen?

 

Wenn ja:

 

a) Welche Kriterien wurden bei dieser Prüfung angelegt?

 

b) Zu welchem Ergebnis führte die Prüfung?

 

c) In welchem Fällen wurden zwischenzeitlich Erschließungsbeiträge im Wege der Kostenspaltung gemäß § 48 HWG erhoben?

 

Wenn nein: Warum nicht?

 

8. Wird die zuständige Behörde von dem Instrument der Kostenspaltung zukünftig verstärkt Gebrauch machen, wenn absehbar ist, dass die endgültige Herstellung der Straße gemäß § 49 HWG nicht zeitnah erfolgen wird?

 

Wenn ja: Inwiefern?

 

Wenn nein: Warum nicht?

 

9. In wie vielen Fällen hat die zuständige Behörde von der Möglichkeit des § 133 Abs. 3 BauGB, Vorausleistungen von den Beitragspflichtigen zu verlangen, Gebrauch gemacht?

 

10. Wird dieses Instrument zukünftig verstärkt genutzt?

 

Wenn ja: Inwiefern?

 

Wenn nein: Warum nicht?

 

11. Mit der Drs. 18/1931 wurde der Senat aufgefordert, die Abrechnung von Erschließungsbeiträgen zeitnah und nachvollziehbar nach erfolgter Baumaßnahme sicherzustellen.

 

a) Was hat der Senat bisher getan, um den Beschluss umzusetzen?

 

b) Welche weiteren Maßnahmen plant der Senat für die Zukunft, um den Beschluss umzusetzen?

 

12. Darüber hinaus wurde der Senat mit der Drs. 18/1931 aufgefordert, die Erhebung von Erschließungs- und Ausbaubeiträgen neu zu organisieren. Hierbei sollte die Information der Anlieger verbessert werden und Modellrechnungen den Anliegern zur Verfügung gestellt werden.

 

a) Was konkret hat der Senat bisher getan, um diesen Beschluss umzusetzen?

 

b) Wie sieht das zukünftige Procedere bei der Erhebung von Erschließungs- und Ausbaubeiträgen konkret aus?

 

13. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, durch eine Standardabesenkung der über die Mindestvorschriften den § 49 HWG hinausgehenden Verwaltungsvorschriften Wegebaukosten für die öffentliche Hand sowie die beitragspflichtigen Grundeigentümer zu senken?

 

B. Erschließungsbeiträge

 

Bitte die Fragen 14. bis 23. jeweils für die Zeiträume

 

a) vor 1950

 

b) von 1950 bis 1959,

 

c) von 1960 bis 1969,

 

d) von 1970 bis 1979,

 

e) von 1980 bis 1989 und

 

f) von 1990 bis 1999

 

beantworten.

 

14. Bei wie vielen Straßen, die als noch nicht gemäß § 49 HWG endgültig hergestellt gelten, liegt der Baubeginn (erstmalige oder provisorische Herstellung von Teilen der Erschließungsanlage) in welchem der o. g. Zeiträume?

 

15. Wie hoch sind die bisherigen tatsächlichen Erschließungskosten für die noch nicht gemäß § 49 HWG endgültig hergestellten Straßen?

 

16. Bei wie vielen der noch nicht gemäß § 49 HWG endgültig hergestellten Straßen sind Erschließungsbeiträge gemäß § 48 HWG (Kostenspaltung) erhoben worden?

 

17. Wie hoch sind die diesbezüglichen Einnahmen aus Erschließungsbeiträgen im Wege der Kostenspaltung gemäß § 48 HWG?

 

18. In wie vielen Fällen der gemäß § 49 HWG endgültig hergestellten Straßen wurde die Festsetzungsfrist versäumt, so dass die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen nicht mehr zulässig war? Welche Straßen sind betroffen (bitte auflisten)

 

19. Wie hoch ist in diesen Fällen die Summe des um den Anteil Hamburgs gekürzten beitragsfähigen Erschließungsaufwands?

 

20. In wie vielen Fällen konnten bislang keine Erschließungsbeiträge für die Erschließungsanlagen abgerechnet werden, weil die Voraussetzungen des § 125 BauGB nicht erfüllt sind? Welche Straßen sind betroffen (bitte auflisten)

 

21. Wie hoch ist in diesen Fällen die Summe des um den Anteil Hamburgs gekürzten beitragsfähigen Erschließungsaufwands?

 

Im Falle der derzeit laufenden Baumaßnahme zur endgültigen Herstellung der Treptower Straße (zwischen Bekassinenau und Am Knill) wurde bekannt, dass die Beitragspflichtigen einer der beiden Straßenseiten bereits im Jahre 1976 die Beitragspflicht gemäß § 50 HWG abgelöst hatten. Die endgültige Herstellung der Straße wird somit erst dreißig Jahre, nachdem die Beitragspflicht abgelöst worden war, erreicht.

 

22. In wie vielen Fällen wurde die Ablösung der Erschließungsbeiträge zugelassen, ohne dass bislang eine endgültige Herstellung erfolgt ist (für die Treptower Straße sowie für weitere Erschließungsmaßnahmen in Hamburg)? Warum jeweils im Einzelfall?

 

23. Wie hoch sind die Einnahmen aus Ablösungsbeträgen, für die bislang die Gegenleistung, die endgültige Herstellung der Straße, nicht erfolgt ist (für die Treptower Straße sowie für weitere Erschließungsmaßnahmen in Hamburg)?

 

24. Gab es in diesem Zusammenhang Rückzahlungen seitens der Stadt und wenn ja, in wie vielen Fällen sowie in welcher Höhe?

 

25. Wie hoch sind insgesamt die Bearbeitungsrückstände (Zahl der Fälle, Summe der ausstehenden Erschließungsbeiträge), d.h. in wie vielen Fällen wurden in der Vergangenheit Erschließungsmaßnahmen durchgeführt und wurden bisher noch nicht abgerechnet?

 

C. Ausbaubeiträge

 

Die Stadt erhebt nach §§ 51 ff. HWG für den Aufwand zur Erweiterung und Verbesserung der Erschließungsanlagen Ausbaubeiträge, mit denen sie bis zu 70 Prozent des beitragsfähigen Aufwandes refinanziert. Die Beitragspflicht entsteht gemäß § 55 HWG nach Abschluss der Maßnahmen mit der Bekanntmachung des Abschlusses der Maßnahmen im Amtlichen Anzeiger.

 

26. Gibt es Maßnahmen für die Erweiterung und Verbesserung der Erschließungsanlagen, die vor dem Jahre 2000 begonnen wurden und deren Abschluss bisher nicht im Amtlichen Anzeiger bekannt gemacht wurde?

 

Wenn ja:

 

a) Um wie viele Maßnahmen handelt es sich dabei?

 

b) Wie hoch sind die bisherigen Gesamtkosten dieser Maßnahmen?

 

c) Aus welchem Grund ist die Bekanntmachung im Amtlichen Anzeiger bislang nicht erfolgt?

 

27. Gibt es seit 1950 Maßnahmen für die Erweiterung und Verbesserung der Erschließungsanlagen, deren Abschluss im Amtlichen Anzeiger bekannt gemacht wurde, bei denen aber die Festsetzungsfrist versäumt wurde, so dass keine Ausbaubeiträge erhoben werden konnten?

 

Wenn ja:

 

a) Um wie viele Maßnahmen handelt es sich dabei?

 

b) Wie hoch ist der um den Anteil Hamburgs gekürzte beitragsfähige Aufwand dieser Maßnahmen insgesamt?