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Große Grundschulklassen, keine Berücksichtigung von Elternwünschen

Freitag, 30.06.2006

Die Anmelderunde 2006 zu den Grundschulen ist abgeschlossen. Die Behörde für Bildung und Sport (BBS) hat den Verlauf, der zum zweiten Mal im System der Anmeldeverbünde erfolgte, als reibungslos bezeichnet. Der Senat hatte die Notwendigkeit eines veränderten Einschulungsverfahrens in der 5. Novelle des Hamburgischen Schulgesetzes (Drs. 18/1706) damit begründet, dass das frühere Verfahren „nicht dem Wunsch der Eltern nach mehr Wahlfreiheit und auch nicht dem Streben der Schulen nach mehr Verantwortung“ entspräche. Zwar war auch zuvor schon eine Anmeldung an regional nicht zuständigen Schulen möglich, das neue Verfahren sollte allerdings eine Stärkung des Elternwahlrechts sowie eine Qualitätsentwicklung der Schulen befördern.

Keineswegs dem Elternwunsch entsprechend, hat die BBS allerdings eine Organisationsfrequenz von mindestens 27 Kindern in allen Grundschulklassen eingeführt. Sie hat damit die Orientierungsfrequenz von 24 Schülerinnen und Schülern abgelöst, die darüber hinaus auch einen Spielraum von 2 Schülern und Schülerinnen nach oben und unten erlaubte. Jetzt sind große Eingangsklassen bis 31 Kinder keine Seltenheit. Andererseits folgt aus der Vorgabe nur große Klassen einzurichten ein deutlich verringerter Spielraum zur Einrichtung von Klassen, so dass die Berücksichtigung von Anmeldewünschen an der Organisationsfrequenz scheitern könnte.

 

Aus den Stadtteilen sind daher im Zusammenhang mit der diesjährigen Anmelderunde vielfältige Ärgernisse, sowohl über nicht beachtete Anmeldewünsche als auch über übervolle Klassen bekannt geworden. Mehrere Kleine Anfragen zu den Ergebnissen der Anmelderunde in den einzelnen Bezirken konnte der Senat nur teilweise beantworten.

 

Wir fragen den Senat:

 

1. Wie haben sich in den vergangenen 10 Jahren die durchschnittlichen Zahlen an den Hamburger Grundschulen in den ersten Klassen entwickelt?

 

2. Wie haben sich in den vergangenen 10 Jahren die durchschnittlichen Zahlen der ersten Klassen in den Grundschulen der anderen Bundesländer entwickelt?

 

In ihrer Pressemitteilung zum Ergebnis der Anmeldekonferenzen vom 2. Mai 2006. nennt die BBS die Zahl von 13.058 Erstklässlerinnen und Erstklässlern, die sich auf 487 Klassen verteilen. Dies ergibt eine durchschnittliche Klassengröße, die mit 26, 8 Kindern unter der rechnerischen Mindestfrequenz von 27 Anmeldungen liegt.

 

3. Wie der Senat jedoch in Beantwortung mehrerer Kleiner Anfragen zu den Ergebnissen der Anmelderunde in den verschiedenen Bezirken mitteilte, zeichnet sich in vielen Klassen eine tatsächliche Größe von bis zu 31 Kindern ab. Im Rahmen von mehreren kleinen Anfragen war nicht zu ermitteln, wie viele Schülerinnen und Schüler im Mittel noch im Nachhinein an die ersten Klassen der Schulen kommen. Wir fragen daher erneut: Wie viele Kinder sind im Durchschnitt des laufenden Schuljahres noch im Nachhinein an die ersten Klassen der Schulen gekommen, z.B. durch Umzüge, Zuzüge aus anderen Bundesländern, Nachmeldungen usw.?

 

4. a) An wie vielen Schulen hat sich durch Nach- oder Wegzug von Familien mit Erstklässlern die Klassenfrequenz gegenüber dem Stand der Kleinen Anfrage 18/4381 zum Stichtag 20. Juni 2006 noch geändert?

 

b) Wie viele 1. Klassen werden zum Stichtag 20. Juni 2006 mit 29, mit 30 und mit 31 Kindern eingerichtet?

 

c) Wie viele Klassen wurden jeweils in den Schuljahren 2000/01, 2001/02, 2002/03, 2003/04, 2004/05, 2005/06 mit jeweils 29, 30, 31 oder noch mehr Schülerinnen und Schülern eingerichtet?

 

Wie der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage zum Ergebnis der Anmeldekonferenzen (Drs. 18/4224) zu entnehmen ist, hätten auf Grundlage der Anmeldungen mit Erstwunsch 71 Schulen die Mindestgröße nicht erreicht. Nach den Anmeldekonferenzen hat sich diese Zahl auf 60 verringert. Drs. 18/4252 ist zu entnehmen, dass verschiedene Schulen „aus schulorganisatorischen Gründen“ Kinder trotz Erstwunsch-Anmeldung nicht aufgenommen haben, obwohl die Klassengrößen jeweils unter der dort genannten Maximalgröße von 29 Kindern lagen. Es stellt sich die Frage, ob diese Umleitungen tatsächlich nur aus dem im Gesetz vorgesehenen Grund einer Kapazitätsüberschreitung erfolgten.

 

5. Welche Schulen haben erst als Ergebnis der Anmeldekonferenzen die Mindestgröße von zwei Eingangsklassen mit je mindestens 27 Kindern erreicht? Für welche Schule waren die durch Entscheidung der entsprechenden Anmeldekonferenz „umgeleiteten“ Kinder mit Erstwunsch angemeldet worden und wie viele Kinder wurden „umgeleitet“?

 

6. Aus welchen schulorganisatorischen Gründen wurden wie viele Kinder nicht in Schulen aufgenommen, die Regelklassen mit Größen unter 29 Kindern bilden? Bitte für die betreffenden Schulen im Einzelnen darstellen.

 

7. Gibt es eine einheitliche Vorgabe über Maximalgrößen für Klassen? Wenn ja: welche? Wenn nein: wer entscheidet über die jeweils festzusetzende Maximalgröße, anhand welcher zulässigen Ermessenskriterien?

 

In Drs. 18/4033 erklärte der Senat, dass die Zahl der Fälle, in denen Kinder aus einer Familie verschiedenen Schulen zugewiesen wurden nicht in der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermittelt werden könne.

 

8. Wir fragen daher:

 

a) Wie viele Fälle waren es Hamburg weit nach den Beschlüssen der Anmeldekonferenzen, wie verteilen sie sich auf die Anmeldeverbünde?

 

b) Wie viele Widerspruchsverfahren wurden von Eltern eingeleitet, wie viele davon konnten bisher einvernehmlich gelöst werden und wie viele nicht? Wie viele Widerspruchsverfahren konnten noch nicht abschließend bearbeitet werden? In wie vielen Fällen konnte dem Begehren der Eltern zwischenzeitlich doch noch entsprochen werden? Wie wurde dies ermöglicht?

 

Im Zusammenhang mit der Einführung von Vorschulgebühren hat der Senat die Funktion der Vorschulklassen für eine Gewöhnung an die Schule betont. Allerdings soll der Besuch einer Vorschulklasse bei Kapazitätsproblemen kein Kriterium für die vorrangige Aufnahme in eine Eingangsklasse sein. Dies begründet der Senat formal damit, dass es sich bei den Vorschulklassen um ein freiwilliges Zusatzangebot handle.

 

9. Erkennt die zuständige Behörde pädagogisch-inhaltliche Gründe, die grundsätzlich für eine Einschulung an dem Standort sprechen, an dem bereits die Vorschule besucht wurde?

 

10. In wie vielen Fällen wurde die beantragte Einschulung von Kindern am Standort der zuvor besuchten Vorschule abschlägig beschieden?

 

Die Einführung der Anmeldeverbünde wurde neben den vermeintlich verbesserten Wahlmöglichkeiten auch damit begründet, dass die Grundschulen im Sinne einer besseren Profilbildung ihre Stärken deutlicher machen sollten.

 

11. Welche Stellung auf dem Sozialindex, den die BBS u.a. als Grundlage zur Zuweisung von Sprachfördermitteln verwendet, haben die 25 Schulen mit der positivsten Entwicklung der Anmeldezahlen, welche die 25 Schulen mit der negativsten Entwicklung?

 

12. Welchen Anteil an Kindern nicht-deutscher Familiensprache bzw. mehrsprachig aufwachsender Kinder hatten die Grundschulen jeweils in der Klassenstufe 1 der Schuljahre 2004/05, 2005/06 und unter den jetzt für das kommende Schuljahr angemeldeten Kindern?

 

13. Wie viele Kinder wurden mit Erstwunsch in einem anderen als dem für den Wohnsitz zuständigen örtlichen Anmeldeverbund angemeldet, und zwar:

 

a) Wie viele Kinder wurden aus den örtlichen Anmeldeverbünden „weg-gemeldet“? (Bitte für alle Anmeldeverbünde einzeln darstellen)

 

b) Wie viele Kinder aus einem andern Anmeldeverbund wurden jeweils aufgenommen? (Bitte für alle Anmeldeverbünde einzeln darstellen)

 

14. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die BBS die Schulen bei dem Unternehmen, aus den Ergebnissen der Anmelderunde Impulse für die Qualitätsentwicklung zu entwickeln, mit der der Senat die Änderung des Anmeldeverfahrens u. a. begründet hatte?