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Hamburg braucht eine qualitativ hochwertige Betreuung für Krippenkinder – Bundesmittel nutzen, Platzzahl ausbauen und Qualität stärken!

Freitag, 27.06.2008

Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren in Krippen soll bis 2013 bundesweit auf eine Versorgungsquote von durchschnittlich 35 Prozent ausgebaut werden. Hierauf haben sich die Bundesregierung, die Jugendminister der Länder und die kommunalen Spitzenverbände im April 2007 geeinigt. Die bundesweiten Gesamtkosten des Ausbaus wurden mit 12 Mrd. Euro kalkuliert. Der Bund selbst stellt hieran einen Anteil von 4 Mrd. Euro bereit. Von diesem Bundesanteil sind 1,85 Mrd. Euro für die künftigen Betriebskosten und 2,15 Mrd. Euro für die Investitionskosten vorgesehen.

In Hamburg gibt es aufgrund des „Kinderbetreuungsgesetzes“ (KibeG) Rechtsansprüche auf Betreuung, die über die des Bundes hinausgehen: unabhängig von der Berufstätigkeit der Eltern 5 Stunden vom vollendeten 3. Lebensjahr bis zum Schuleintritt. Außerdem gibt das KibeG einen Anspruch auf Betreuung für jedes Kind von 0 (Null) bis zum vollendeten 14. Lebensjahr in dem zeitlichen Umfang, in dem die Sorgeberechtigten wegen Berufstätigkeit, Ausbildung oder Arbeitsmarktmaßnahmen Betreuung brauchen (genannt „Hamburger Garantie“). Von daher ist die Versorgungsquote bei den unter 3-Jährigen in Hamburg mit zuletzt über 22 Prozent im westdeutschen Vergleich seit vielen Jahren Spitze. Das KibeG mit seinen Rechtsansprüchen geht zurück auf ein von der SPD mit auf den Weg gebrachtes erfolgreiches Volksbegehren: Dieses hatte die CDU zu Verhandlungen über das von der Volksinitiative formulierte „Hamburger Kinderbetreuungsgesetzes“ (KibeG) genötigt. SPD und CDU haben das KibeG gemeinsam eingebracht – es wurde zu Beginn der 18. Legislaturperiode am 21.04.2004 einstimmig beschlossen.

In der Umsetzung des KibeG durch den Beust-Senat gibt es seitens der SPD berechtigte Kritik: Der Senat orientiert sich nicht am Wohl des Kindes. Die Anerkennung des dringlichen sozialen oder pädagogischen Bedarfes für einen Kita-Platz ist aufwendig und kompliziert. Die Umsetzung des Gesetzes durch den CDU-Senat benachteiligt oftmals diejenigen Kinder, die Betreuung besonders nötig hätten.

Im Wahlkampf 2008 hatte die Leitung der Behörde für Soziales und Gesundheit (BSG) am 15.02.2008 die Pressmitteilung „Hamburg: Startschuss für den Krippenausbau – 53 Millionen Euro für neue Betreuungsplätze von 2008 bis 2013“ herausgegeben. Hier hieß es zum „Investitionsprogramm zum Krippenausbau 2008 – 2013“: „Im Rahmen des Krippenausbauprogramms werden vom Bund in den kommenden sechs Jahren insgesamt 47,5 Millionen Euro bereitgestellt. Hamburg stockt dieses Budget aus eigenen Mitteln nochmals um 5,3 Millionen Euro auf insgesamt knapp 53 Millionen Euro auf. Hinzu kommen für den Betrieb für die Jahre 2008 bis 2013 insgesamt 161 Millionen Euro, wovon der Bund rund 49 Millionen Euro und Hamburg rund 112 Millionen Euro finanzieren wird.“ Weiter hieß es: „Neu-, Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen zur Schaffung neuer Betreuungsplätze für unter Dreijährige sollen insbesondere über Zuwendungen gefördert werden.“ Dieser „Zuwendung“ steht eine Absenkung des so genannten „Teilentgelts Gebäude (TEG)“ je gefördertem Betreuungsplatz für Kinder unter 3 Jahren gegenüber. Diese Informationen finden sich in der Richtlinie der BSG zum „Investitionsprogramm Krippenausbau 2008 -2013“ (vgl. www.bsg.hamburg.de).

In Beantwortung der kleinen Anfrage Drs. 19/156 hat der Senat hierzu erklärt: „Die Kita – Investitionsförderung des Bundes ist nicht ohne weiteres kompatibel mit dem Hamburger Gutscheinsystem. Der Bund geht von einer Einmalfinanzierung der Investitionskosten und der Betriebskosten über laufende Entgelte pro Platz aus. Das Hamburger Gutscheinsystem dagegen finanziert sowohl die Betriebskosten als auch die mit Investitionen zusammenhängenden Kosten über die Gutscheinentgelte. Insofern ist die Einmalfinanzierung der Investitionen logischerweise mit einer entsprechenden Absenkung der Gutscheinentgelte verbunden, da es sonst zu einer unzulässigen öffentlichen Doppelfinanzierung der Investitionen käme.“

Der Senat bzw. die Leitung der BSG können keine Daten zum Angebot an Plätzen, zur Nachfrage der Eltern bei Kita und Krippe sowie zur regionalen Verteilung des Ausbaus liefern. Der Senat hält dies für „nicht erforderlich“ und setzt allein darauf, dass Angebot und Nachfrage im Kita-Gutscheinsystem über einen „dezentralen, marktähnlichen Prozess zur Deckung“ kommen sollen (vgl. Drs. 19/22). Dabei gibt es in Hamburg schon jetzt vielerorts Probleme, wohnort- oder arbeitsplatznah einen Platz – zudem im benötigten zeitlichen Umfang – zu finden. Diese Probleme sprechen sich auch herum, so dass auf weitere „Nachfrage“ vor Ort verzichtet wird. Der Senat räumt gleichwohl ein, dass es auch im Kita-Gutscheinsystem „lokal zu Ungleichgewichten zwischen Nachfrage und Angebot“ kommen könne. Jüngst hat der Senat erstmals „Nachfrageüberhänge“ an Krippenplätzen im Bereich der inneren Stadt und bei verschiedenen Leistungsarten in den Bezirken Altona und Eimsbüttel eingeräumt (vgl. Drs. 19/156 sowie Hamburger Abendblatt vom 15.04.2008).

Somit steht ein regional angemessen verteiltes Angebot bei den Kitas als auch beim Krippenausbau in Frage.

Wir fragen den Senat:

1. Welche Summen stellt der Bund für den Krippenausbau in Hamburg 2008 – 2013 bereit? (Bitte die Summen für die einzelnen Jahre getrennt nach Betriebskosten und Investitionskosten sowie die Gesamtsummen zu Betriebskosten und Investitionskosten)

2. Wie sind in diesem Zusammenhang „Finanzausgleichwirkungen“ definiert und um welche Summen handelt es hier für die o.g. Zeiträume?

3. Welche verbindlichen Zusagen bzw. Verpflichtungen des Bundes gibt es ab 2014 jährlich für jeweils welche Kostenarten?

4. In welcher Höhe gibt es ab 2014 – ggf. jährlich – „Finanzausgleichswirkungen“?

5. Wer hat wann mit welcher Verbindlichkeit beschlossen – wie in der Pressemitteilung der zuständigen Behörde vom 15.02.2008 verkündet – die investiven Mittel des Bundes „aus eigenen Mitteln nochmals um 5,3 Millionen Euro“ aufzustocken?

6. Welche Entscheidung war der Anlass für diese Pressemitteilung?

7. In welchem Haushaltstitel finden sich die genannten 5,3 Millionen Euro und wie ist diese Summe im Haushalt bzw. im Einzelplan 4 der BSG gedeckt? Zu Lasten welcher Titel wurde diese Summe ggf. gedeckt?

8. Hat die BSG die genannte Summe oder ein andere Summe zum selben Zweck für die Aufstellung des kommenden Haushaltsplanentwurfes angemeldet? Falls eine andere Summe angemeldet wurde: in welcher Höhe?

9. Sind die BSG und die Finanzbehörde über die hier in Frage stehende Summe und ihren Einsatzzweck übereingekommen? Wenn ja, wie sieht diese Übereinkunft konkret aus?

10. Sind die genannten 5,3 Millionen Euro – ggf. implizite - Bestandteil der der Bürgerschaft vorgelegten Mittelfristigen Finanzplanung 2007-2011 (Drs. 18/7392)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wo dort findet sich diese Summe?

11. Hat die BSG, seitdem klar ist, welche Summen der Bund für den Krippenausbau an Hamburg zahlt, Planungen für eigene Mittel abgesenkt, z.B. in Zusammenhang mit den Anmeldungen für die Aufstellung des kommenden Haushaltsplanentwurfes? Wenn ja, in welcher Form und um welche Summen handelt es sich hierbei?

12. Haben die BSG, die Finanzbehörde oder der Senat, seitdem klar ist, welche Summen der Bund für den Krippenausbau an Hamburg zahlt, Planungen für eigene Mittel abgesenkt, z.B. im Rahmen der Fortschreibung der Mittelfristigen Finanzplanung? Wenn ja, in welcher Form und um welche Summen handelt es sich hierbei?

13. Bund und Länder haben eine Verwaltungsvereinbarung „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 – 2013“ getroffen. (Verwaltungsvereinbarung bitte der Antwort auf diese Anfrage beilegen)

a. Hat der Senat die BSG im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinbarung bzw. dem „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 – 2013“ beauftragt, einen Umsetzungsplan und eine darauf aufbauende vollständige Kosten- und Finanzierungsplanung zu erstellen und dem Senat vorzulegen? Wenn ja, wann genau hat der Senat die BSG entsprechend beauftragt und welche Frist wurde ggf. gesetzt oder vereinbart?

b. Hat die BSG einen Umsetzungsplan und eine darauf aufbauende vollständige Kosten- und Finanzierungsplanung erstellt? Hat die BSG dem Senat einen Umsetzungsplan und eine darauf aufbauende vollständige Kosten- und Finanzierungsplanung vorgelegt? Wenn ja, wann und welchen Inhalts? Wenn nein, gilt die Beauftragung der BSG durch den Senat nach wie vor oder ist sie ggf. durch die neue Legislaturperiode nicht mehr wirksam?

c. Falls die Beauftragung nicht mehr wirksam ist: Plant der neue Senat aus CDU und GAL eine erneute Beauftragung der BSG? Wenn ja, wann?

14. Welche Verpflichtungen ist die Freie und Hansestadt Hamburg mit dieser Vereinbarung eingegangen?

In der Verwaltungsvereinbarung „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinan-zierung 2008 – 2013“ heißt es in der Präambel, es seien „Investitionen für qualitative Verbesserungen der bestehenden Angebote im Rahmen der Sicherung der bedarfsgerechten Kindertagesbetreuungsinfrastruktur einzubeziehen“.

15. Was folgt hieraus konkret für den Einsatz der Bundes- als auch bisher eingeplanter Hamburger Mittel?

16. Sofern der Senat die BSG im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinbarung bzw. dem „Investitionsprogramm Kinderbetreuungsfinanzierung 2008 – 2013“ beauftragt hat, einen Umsetzungsplan und eine darauf aufbauende vollständige Kosten- und Finanzierungsplanung zu erstellen und dem Senat vorzulegen: Welche Aspekte der Qualität (z.B. Ausbildungsstandards, Gruppengrößen, Erzieher-Kind-Relationen) sind in diesem Umsetzungsplan bzw. Kosten- und Finanzierungsplan wie geregelt?

In Beantwortung der kleinen Anfrage Drs. 19/156 hat der Senat hierzu erklärt: „Die Kita – Investitionsförderung des Bundes ist nicht ohne weiteres kompatibel mit dem Hamburger Gutscheinsystem. Der Bund geht von einer Einmalfinanzierung der Investitionskosten und der Betriebskosten über laufende Entgelte pro Platz aus. Das Hamburger Gutscheinsystem dagegen finanziert sowohl die Betriebskosten als auch die mit Investitionen zusammenhängenden Kosten über die Gutscheinentgelte. Insofern ist die Einmalfinanzierung der Investitionen logischerweise mit einer entsprechenden Absenkung der Gutscheinentgelte verbunden, da es sonst zu einer unzulässigen öffentlichen Doppelfinanzierung der Investitionen käme.“

17. Gibt es vor diesem Hintergrund über die Verwaltungsvereinbarung hinausgehende Absprachen bzw. Regelungen zwischen Hamburg und dem Bund – z. B. - über den Einsatz der Bundesmittel bzw. sich hieraus ergebende Verpflichtungen der Stadt? Wenn ja, welchen Inhalts, mit wem genau, auf welcher Grundlage und mit welchen Auswirkungen?

18. Welche Pflichten bezüglich Erfolgskontrolle bzw. Evaluation und Berichtswesen ergeben sich aus der Verwaltungsvereinbarung für die BSG bzw. den Senat?

Die Betreuung von Kindern unter drei Jahren in Krippen soll bis 2013 bundesweit auf eine Versorgungsquote von durchschnittlich 35 Prozent ausgebaut werden. Hierauf haben sich die Bundesregierung, die Jugendminister der Länder und die kommunalen Spitzenverbände im April 2007 geeinigt. Auf der Landesebene haben CDU und GAL in ihrem Koalitionsvertrag vom 17.04.2008 für Hamburg vereinbart, „dass der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung (..) nunmehr für Kinder ab zwei Jahren eingeführt wird.“ Der Präses der BSG Senator Wersich – vormals Staatsrat der BSG – erklärt im Interview mit der Hamburger Morgenpost vom 15.05.2008: „Im Krippenbereich erwarten wir eine jährliche Steigerungsrate von zehn und mehr Prozent.“ Unabhängig von dieser Ausführung eines einzelnen Senatsmitglieds, die der Senat bekanntlich nicht kommentiert:

19. Welche Kosten bedeuten jährliche Steigerungen der Versorgungsquote von zehn Prozent bei den Krippen für die Haushaltsjahre 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 bei Zugrundelegung derzeitiger Standards bzw. Rahmenverträge sowie Kosten-deckungsgrade?

Laut Bericht und Interview der Bild-Zeitung mit Finanzsenator Freytag vom 19.04.2008 und 23.04.2008 planen CDU und GAL einen „hohen dreistelligen Millionen-Betrag“ in Kindergärten und Schulen „zusätzlich“ auszugeben. In der „Bild“ vom 19.04.2008 wird Senator Freytag zitiert: „Wir haben das durchgerechnet und können es finanzieren.“ Und in der Ausgabe vom 23.04.2008 fragt „Bild“: „Allein für Kindergärten und Schulen soll in dieser Wahlperiode ein dreistelliger Millionenbetrag zusätzlich ausgegeben werden. Wo wollen sie sparen?“ Senator Freytags direkte Antwort: „Diese zusätzlichen Mittel können ohne Neuverschuldung aufgebracht werden. Wir hatten hierfür Überschüsse aus dem Betriebshaushalt und Rücklagen. (…).“ Unabhängig von diesen Ausführungen eines einzelnen Senatsmitglieds, die der Senat bekanntlich nicht kommentiert:

20. Welchen Betrag kostet das Vorziehen des allgemeinen Rechtsanspruch – also unabhängig von der Berufstätigkeit bzw. Beschäftigung der Eltern – auf eine Kindertagesbetreuung ab einem Alter von zwei Jahren bei Zugrundelegung derzeitiger Standards bzw. Rahmenverträge sowie Kostendeckungsgrade?

21. Aus welchen Haushaltstiteln flossen in der 18. Legislaturperiode - außerhalb des Gutscheinsystems – Mittel für die Kindertagesbetreuung? (z.B. Investitionen für Einrichtungen oder im Umfeld von Einrichtungen – Bitte jeweilige Titel sowie Darstellung der einzelnen Summen, des konkreten Zwecks sowie des Haushaltsjahres)

In der Veröffentlichung „Kindertagesbetreuung regional 2007“ der „Statistischen Ämter des Bundes und der Länder“ sind verschiedene einzelne Statistiken rund um dieses Thema genannt: „Statistik der Kinder und tätigen Personen in Tageseinrichtungen“, „Statistik der Kinder und tätigen Personen in öffentlich geförderter Kindertagespflege“ und „Statistik zu Kindern in Kindertagespflege sowie über Tagesmütter und Tagesväter“ (seit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe („KICK“). Erst seit 2006 wird laut dieser Veröffentlichung in der Statistik die Zahl der Kinder, die ganztags betreut werden, separat ausgewiesen. Zu den beiden oben genannten Statistiken über „Kinder und tätige Personen“ heißt es, die Daten werden „seit 2006 jährlich und in neuer Konzeption durchgeführt. Es werden Angaben zu den in den Tageseinrichtungen betreuten Kindern als Individualdaten zum Stichtag 15. März eingeholt: d.h. die entsprechenden Angaben werden für jedes einzelne Kind ermittelt“ (S. 5).

22. Welche Daten hat Hamburg im Rahmen der o.g. Statistiken erhoben und ggf. zugeliefert? (jeweils letzte Datenlieferungen bitte als Anlage)