Zukunft der Live-Kultur durch integrierte Stadtentwicklung
Donnerstag, 03.02.2022
Die Räume für Clubkultur sind kulturell, sozial wie wirtschaftlich ein wichtiger Faktor für die Attraktivität einer Stadt bzw. einer Region. Ein vitales Kultur- und Nachtleben trägt zur Urbanität, Innovation und Kreativität bei und gestaltet das Image eines Standortes. Darüber hinaus sind Clubs Orte für musikalische Prägung, Begegnung und Freizeit. Musik erzeugt Lebensfreunde und ein soziales Miteinander. Musikclubs gelten als Katalysatoren der Stadtentwicklung und schaffen eine vielfältige Lebensqualität, neue Trends und eigene Stadträume.
Durch die zunehmende Dichte in Metropolen kommt es zu räumlichen, funktionalen und zeitlichen Nutzungskonflikten, die an Brisanz gewinnen, da die Kernbetriebszeit von Musikspielstätten in der Zeit liegen, in der die meisten Menschen schlafen. Durch den Wechsel der Anwohnerschaft (Nachverdichtung, Luxus-Sanierungen) in Bestandslagen nimmt die Schalltoleranz ab – insbesondere in den klassischen Ausgehvierteln.
Ein zunehmender Flächenverwertungsdruck führt dazu, dass Mieten für Gewerbeflächen steigen, für die auch kein erhöhter Kündigungsschutz besteht. Weitere Betriebskostensteigerungen (u. a. Mindestlohn, Abgaben, Strom) erhöhen den Effizienzdruck, der letztlich zu Einschränkungen im künstlerischen Musikprogramm und damit zur Abnahme kreativer Freiräume führt. Parallel nehmen behördliche Anforderungen (Brandschutz, Lärmschutz) zu und führen zu weiteren Verwaltungs- und Kostenexplosionen auf Seiten der Musikspielstätten.
Der Verlust von Kulturräumen ist nicht nur in großen Metropolen zu verzeichnen. Auch in Klein- und Mittelstädten geraten diese Kulturorte unter Druck und verschwinden. Sind diese nutzbaren Flächen erst verschwunden, fallen Neuansiedlungen häufig sehr schwer. In vielen Fällen überlagern sich mehr oder weniger restriktive Planungs- und Genehmigungspolitik, Duldung von Hybridbetrieben im rechtlichen Graubereich und Problemlagen mit Schallemissionen insbesondere im innerstädtischen Bereich.
Mit der Corona-Pandemie steigt der Bedarf für umfassende Konzepte und vorausschauendes politisches Handeln noch zusätzlich.
Notwendig ist die Identifikation wirksamer Maßnahmen: Das Zusammenspiel von integrierender Stadtentwicklung und der Kulturpolitik spielt hierbei eine immer evidentere Rolle und bedarf langfristiger Planungsvorläufe.
Ziel soll sein, durch ein möglichst vitales, lokales Musikleben zur Belebung der Innenstädte und Attraktivität der Städte beizutragen. Dabei geht es nicht nur um den Umgang mit Verdrängungsprozessen im Zuge von Gentrifizierung, Immobilienspekulation und betriebswirtschaftlicher Überlebensfähigkeit. Es gilt, die Belange eines attraktiven urbanen Nachtlebens (Kultur, Freizeit und sozialer Zusammenhalt) und andere Daseinsfunktionen (Wohnen, Arbeiten, Erholen) zusammen zu denken, damit die Interessenslagen gesunder Schlaf (Ruhebedürfnis) bzw. Vergnügen in der zeitgenössischen, funktionsgemischten Stadt nach der Leipziger Charta 2.0 sich nicht gegenseitig ausschließen.
Um ein künftiges Nebeneinander von Wohnen und Kultur zu befördern, sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, deren Handlungsfelder die Themen Umwelt, Gesundheit, Bauen, Stadtentwicklung und Kultur umspannen.
In diesem Zusammenhang fragen wir den Senat:
Bezirkliche Handlungsebene
1. Beteiligungsrecht
Nimmt die Behörde für Kultur und Medien bei allen bauplanungsrechtlichen Verfahren, insbesondere bei der Aufstellung von Bebauungsplänen und dem Abschluss städtebaulicher Verträge, die möglicherweise kulturelle Belange berühren, ihr Beteiligungsrecht nach § 4 BauGB wahr?
Wenn ja, wie und wo? Bitte Beispiele nennen.
2. Bauleitplanung
Wird bei der aktuellen Planung und Entwicklung von neuen Stadtteilen und Quartieren (z. B. Oberbillwerder, Kleiner Grasbrook, Science City Bahrenfeld, Mitte Altona II, Deichtor Kasematten, Elbinselquartier Wilhelmsburg) die Eignung für kreative bzw. kulturelle Nutzungen im Allgemeinen und die Ansiedlung neuer Musikspielstätten im Besonderen aktiv geprüft?
a) Wenn ja, wie und wo? Bitte Beispiele nennen.
b) Was waren bzw. sind die Erfolgsfaktoren bei den jüngeren Ansiedlungen, z. B. beim Kultur- und Energiebunker KEBAP (Altona), Gängeviertel (Mitte), Südpol (Mitte), Viktoria Kaserne (Altona), (Ex)Moloch (Oberhafen)?
c) Durch welche Maßnahmen bzw. Festsetzungen kann im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen die ansässige Clubkultur gesichert werden bzw. durch welche Maßnahmen könnte auch die Ansiedlung neuer Clubs gefördert bzw. ermöglicht werden?
3. Sonstige Sondergebiete (SO)
Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden.
a) Ist die Festsetzung eines „Kulturgebiets“ als ein Sondergebiet (z. B. nach § 11 Abs. 1 BauNVO) nach einer sachgerechten Abwägung und Ermittlung der anfallenden und zumutbaren Lärmbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner möglich? Bitte ausführlich darlegen.
b) Besteht bei den sonstigen Sondergebieten generell die Möglichkeit, die Art der baulichen Nutzung im Rahmen der jeweils zulässigen Nutzungen, individuell zu differenzieren und zu gliedern? Bitte ausführlich darlegen.
4. Erweiterter Bestandsschutz
a) Kann im Rahmen von aufzustellenden Bebauungsplänen in überwiegend bebauten Gebieten für bestehende (Kultur- bzw. Club-) Betriebe ein erweiterter Bestandsschutz nach §1 Abs. 10 BauNVO in Betracht gezogen werden?
b) Wenn ja: Könnte sich hierdurch die Möglichkeit eröffnen, einzelnen Nutzungen des Nachtlebens Entwicklungsmöglichkeiten vor Ort über einen normalen Bestandsschutz hinaus einzuräumen – auch wenn sie, gemäß der festzusetzenden Baugebietstypen nach Baunutzungsverordnung (BauNVO) im aufzustellenden Bebauungsplan, als unzulässig einzustufen sind?
c) Existiert diese Option auch für Änderungen und Ergänzungen von Bebauungsplänen?
5. Eingaben für Raumbedarfe in Planungsausschüsse
Um neue Flächen zu identifizieren und behördenseitig auszuloten, sollten lokale Club-Netzwerke aktiv in Ausschusssitzungen eingeladen werden. Beispielhaft erfolgte dies über eine Eingabe der Raumbedarfe für Musikspielstätten über das Clubkombinat Hamburg e.V. in den Planungsausschuss Altona. Eine Befassung der Thematik im Planungsausschuss fand am 04. September 2019 statt
a) Was folgte im Nachgang der Sitzung?
b) Welche Erkenntnisse hat der Bezirk durch diese Sitzung gewonnen?
c) Welche Schlussfolgerungen wurden gezogen?
d) Existiert eine Folgeberichterstattung der Verwaltung?
6. Liegenschaftspolitik (Landesebene mit direkter Wirkung in die Bezirke)
Räume für die musikalische Praxis (u.a. Musikspielstätten, Open-Air-Flächen und Bandübungsräume) sollten künftig stärker in Planungsprozesse zur Stadtentwicklung integriert werden.
Nutzt die Liegenschaftsverwaltung in Absprache mit den Bezirken oder den Projektträgern von Vorbehaltsgebieten bislang Konzeptverfahren, die die Integration kultureller Orte von Beginn an berücksichtigen? Wenn ja, wie und wo? Bitte Beispiele benennen. Wenn nein, warum nicht?
7. Clubs sind Kultur: Clubkultur fördern, erhalten und weiterentwickeln
Der Stadtrat München hat per Beschluss (www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/6603178.pdf) die Verwaltung aufgefordert, auf Grundlage eines Entschließungsantrags des Bundestages zu prüfen, wie die Clubkultur in der Landeshauptstadt München gefördert, erhalten und weiterentwickelt werden kann.
Kennt der Senat diesen Beschluss und unterstützt er – auch auf Grundlage eines Entschließungsantrages des Bundestages – Initiativen, die die Clubkultur in Hamburg erhalten, fördern und weiterentwickeln?
8. Ausübung städtischer Vorkaufsrechte
Die Nutzung städtischer Vorkaufsrechte könnte dabei helfen, Räume für kulturelle Nutzungen zu erschließen. Eine anschließende Übertragung an gemeinnützige oder genossenschaftlich Organisationen ist erstrebenswert, um einen Ewigkeitsanspruch (Entzug vom Immobilienmarkt) und langfristig stabile bzw. bezahlbare Gewerbemieten zu realisieren. Diese Organisationen könnten dann eine Weitervermittlungsfunktion übernehmen.
Unter welchen Voraussetzungen können Vorverkaufsrechte für kulturelle Nutzungen ausgeübt werden?
9. Einführung und Verfolgung des Agent of Change Prinzips
Es existieren Forderungen, dass heranrückende Bebauungen an bestehende Musikclubs selbst für Schallschutz sorgen müssen. Der neue Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg beinhaltet die Absichtserklärung, das „Agent of Change“-Prinzip einzuführen.
Die Bezirke sollten sicherstellen, dass die Planungsentscheidungen das „Agent of Change“-Prinzip (www.livemusikkommission.de/arbeitskreise/kulturraumschutz/agent-of-change/) widerspiegeln und die bestehenden schallerzeugenden Nutzungen sensibel berücksichtigen, wenn neue Projekte, insbesondere Wohngebiete, in der Nähe vorgeschlagen werden.
Bei einem Heranrücken von neuen Bauvorhaben an emittierende Anlagen kultureller Zwecke, wie u.a. Clubs und Livemusikspielstätten, ist Rücksichtnahme gegenüber der Bestandsnutzung vollumfänglich sicherzustellen. Die muss im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens geregelt werden.
Einige Regelungen zum baulichen Schallschutz bestehen bereits: die Anordnung von Gebäudekörpern zur Abschirmung der Schallquellen und/oder die Anordnung schutzbedürftiger Räume innerhalb des Gebäudes ist festgesetzt. Auch gegenüber externen Schallquellen können diese planerischen und baulichen Schutzstrategien vorgesehen werden. Die Rechtsansprüche von Wohn- und gewerblicher Nutzung führen jedoch dazu, dass in vielen Städten ein „Heranrücken“ der Wohnnutzung an emittierendes Gewerbe kritisch gesehen wird.
Häufig werden im Prozess der Bauleitplanung die Belange von bestehenden Musikspielstätten nicht eingebracht, da vielerorts Informations- und Kommunikationslücken bestehen.
Nichtsdestotrotz führt heranrückende Wohnbebauung unter anderem auch und vor allem bei bestehendem älterem Planrecht, wie bspw. in der Seilerstraße, der Talstraße, oder auch im Oberhafen zu Konflikten und juristischen Auseinandersetzungen – oft zum Schaden der Clubs.
Mit welchen Instrumenten kann zukünftig gewährleistet werden, dass bestehende Musikeinrichtungen nicht verdrängt, gefährdet, in juristischen Auseinandersetzungen getrieben oder mit hohen Investitionskosten bspw. in Lärmschutz (über Gebühr) belastet werden?
10. Städtebauliche Verträge, die gemäß des Verursacherprinzips Ausgleichsmaßnahmen garantieren
Die Clubszene wünscht sich – analog zum Naturschutz – die Einführung eines Verursacherprinzips, das Investor*innen Ausgleichsmaßnahmen auferlegt. Der Interessensausgleich zwischen der betroffenen Clubkultur und dem jeweiligen Investor (Vorhabenträger) sollte per städtebaulichen Vertrag implementiert werden.
Bei unwiderruflichen Verdrängungen sind für Infrastruktur und Umzugskosten Kompensationen aufzulegen, z. B. durch zweckgebundene Spenden an die Clubstiftung oder ähnliche Organisationen auf Bundesebene (Bundesstiftung Live-Kultur, www.bundesstiftung-livekultur.org/), die in die Neuansiedlungen von Musikspielstätten investieren. Die Kölner Studie (www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf41/foerderstipendien/studie_integration_von_kreativr%C3%A4umen_und_kulturellen_raumbedarfen_in_die_stadtplanung-small.pdf) skizziert hierfür einen Lösungsansatz, der ein Vorgehen in Anlehnung an die Eingriffs-Ausgleichs-Regelung im Naturschutz vorsieht.
Hat sich der Senat mit diesen Fragestellungen (Verursacherprinzip, Verlagerungskosten,
Regelungen im städtebaulichen Vertrag) befasst?
Wenn ja, welche Lösungsansätze sieht der Senat für solche Konfliktsituationen?
Wenn nein, warum nicht?
11. Bestandschutz (Anti-Gentrifizierung)
Bei der Ansiedlung neuer Areale potenzieller Erprobungsräume für kreative Szenen sind u.a. städtische Transformationsareale, die aus dem klassischen immobilienwirtschaftlichen Verwertungszyklus herausgefallen sind, von besonderem Interesse. Derartige Flächen (wie z. B. im Oberhafen) sind für die Ansiedlung neuer kreativer Räume vor allem deshalb geeignet, weil sie Kreativen den zur Entwicklung innovativer Ideen und Konzepte notwendigen Freiraum bieten. Nicht zuletzt die Aussicht auf verhältnismäßig günstige Mieten trägt zur Entfaltung kreativer Potentiale in entsprechenden urbanen Möglichkeitsräumen bei.
Wie kann sichergestellt werden, dass bei erfolgreichen Projekten auch nach einer Weiterentwicklung der Areale eine langfristige Nutzung der Standorte durch Kreative möglich ist und
bleibt (z. B. im Oberhafen)?
Landespolitische Ebene
12. (Kultur)Integrierte Stadtwicklung
Für eine (kultur)integrierte Stadtentwicklung bedarf es vielerlei ressortübergreifender Kommunikations- und Entscheidungswege in den Behörden (u.a. Stadtentwicklung, Umwelt, Finanzen, Wirtschaft und Kultur). Auch Dialoge und Interessensausgleiche mit Branchenvertretungen gilt es zu befördern.
Innerhalb dieser Prozesse sind geeignete Beiträge für eine Stadtentwicklungspolitik zu erörtern, welche die Belange eines attraktiven, sicheren und sozial inklusiven Nachtlebens mitberücksichtigt und zu einer Entfaltung positiver kultureller, ökonomischer und stadträumlicher Effekte des urbanen musikalischen Ökosystems führt.
Die lokalen Rahmenbedingungen mit ihren unterschiedlichsten, vielschichtigen Problemlagen spielen eine wichtige Rolle. Daher ist es für die Entwicklung wirksamer bezirklicher Maßnahmen von grundlegender Bedeutung und Voraussetzung, dass eine spezifische Themensensibilität auf bezirklicher und landespolitischer Ebene in der Verwaltung für das lokale Musikleben hergestellt wird.
Hierbei könnten auch Verfahren für neue Flächenakquisen (In- und Outdoor, Langzeit und temporäre Zwischennutzungen) erarbeitet oder bei akuten Fällen schnell und behördenübergreifende Hilfestellungen geleistet werden.
Andere Städte stellen dafür erforderliche Ressourcen bereit (Best-Practice Zwischennutzungen: www.transitraeume.berlin & www.zzz-bremen.de). Mannheim war die erste Kommune, die einen Nachtbürgermeister einsetzte. Zuletzt beschlossen Bremen (Popbeauftragte/Popbüro), Leipzig (Koordinierungsstelle Nachtleben) und München (Fachstelle für das nächtliche Feiern „MoNa“) kommunale Beauftragte für Musik- und Popkultur.
a) Hamburg war beteiligt an der Studie „Integration von Kreativräumen und kulturellen Raumbedarfen in die Stadtplanung“ der Stadt Köln. (Januar 2020, (www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf41/foerderstipendien/studie_integration_von_kreativr%C3%A4umen_und_kulturellen_raumbedarfen_in_die_stadtplanung-small.pdf).
Werden hiervon aktuell Erkenntnisse in Hamburg implementiert? Bitte erläutern.
b) Welche Erwägungen existieren in Hamburg für eine Schaffung eines koordinierenden, verantwortlichen Ansprechpartners für Clubs, Kunsträume und Musik-Veranstalter innerhalb der Behörden?
13. Belebung der Innenstädte
In den Prozessen zur Belebung der Innenstädte, bei denen der Dialog zwischen Stadt, Betreiber*innen und Eigentümer*innen erfolgen sollte, sind Kulturakteur*innen aktiv einzubinden. Mit Blick auf bestehende Leerstände können Experimente gefördert, Aktionen und Events durchgeführt werden.
In welchen Gremien bzw. Gesprächskreisen zur Belebung der Innenstadt sind in Hamburg Akteur*innen der Kultur gegenwärtig involviert?
14. Kartierungen
Städte benötigen für die Planung und Entwicklung ein stetiges Monitoring-Verfahren, das die räumlichen Verfügbarkeiten und Entwicklungen von Musikclubs, Bandübungsräume und Open Air Arealen dokumentiert. Hamburg verfügt bereits über ein Club-Kataster (www.geoportal-hamburg.de/club-kataster/ )
Ein Auftrag der Kulturbehörde an das Clubkombinat zur Erhebung der Entwicklungen lief im August 2021 aus.
a) Wie und in welchem Rahmen nutzen die zuständigen Behörden den Club-Kataster?
b) Welchen Mehrwert hat der Club-Kataster aus Sicht der zuständigen Behörden?
15. Vereinfachte Genehmigungsverfahren und vielfältigen Flächenangeboten für Free Open Airs
Im Rot-Grünen Koalitionsvertrag von 2020 wurde ein vermehrtes Freiraumangebot von Free Open Airs vereinbart. In Bremen existiert ein Ortsgesetz für Freiluftpartys (www.transparenz.bremen.de/metainformationen/ortsgesetz-ueber-nicht-kommerzielle-spontane-freiluftpartys-vom-31-januar-2017-108872?template=20_gp_ifg_meta_detail_d), in Halle (Saale) eine Regelung für Spontanpartys.(http://m.halle.de/de/Verwaltung/Online-Angebote/Dienstleistungen/m.aspx?RecID=1147).
a) Welche Schritte sind in Hamburg unternommen worden, um taugliche Versuchsflächen auszuweisen, die eine spontane Nutzung ermöglichen?
b) Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um administrative Verfahren, Kosten und Auflagen zur Anmeldung dieser Veranstaltungen zu reduzieren?
c) Teilweise erfordert dies auch die Abkehr von allgemeinen Flächenverordnungen (z. B. Grünanlagenverordnung). Die Auslegung des Art. 28 Abs. 2 aus dem Grundgesetz (Stichwort „Selbstverwaltung“) bietet die Möglichkeit für Kommunen und Gemeinden, eigene Satzungen für die Nutzung öffentlicher Räume als Rechtsinstrument einzusetzen. Welche Regelungen wären in Hamburg betroffen?
16. Objektiveres Beschwerde- und Konfliktmanagement
Insbesondere in verdichteten Städten bedarf es Ombudsstellen, die Beschwerdelagen dokumentieren, klassifizieren und jährlich Hotspots in einem Bericht (inkl. Konfliktanalysen) veröffentlichen. In Konfliktfällen können diese neutralen Stellen mit dialogbasierten Maßnahmen auch direkt zwischen den Parteien moderieren. In München existiert ein Allparteiliches Konfliktmanagement in München („AKIM“, www.muenchen.de/akim))
a) Wie bewertet der Senat das Münchener Konfliktmanagement?
b) Erwägt der Senat die Einrichtung ähnlicher Konfliktlösungsstrategien für Hamburg? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
c) Wie gedenkt der Senat, solche möglicherweise in Zukunft verstärkt auftretenden Beschwerdelagen handzuhaben?
17. Freizeitlärm-Richtlinien
Die Veranstaltungsbranche wünscht sich eine Anpassung der landesweiten Freizeitlärm-Richtlinie für gesonderte Berücksichtigung der Bedarfe und Besonderheiten von Open-Air-Konzerten und Musikfestivals für eine Erhöhung der Anzahl für seltene Ereignisse für die Jahre 2022/2023, um den Corona-bedingten Veranstaltungsstau zu entzerren.
In Hamburg ist die Freizeitlärmrichtlinie formal nicht eingeführt worden, von Gerichten wird diese aber gleichwohl als Beurteilungsgrundlage herangezogen. Die Zulassung von Veranstaltungen obliegt in Hamburg den Bezirksämtern, die in Abwägung der jeweiligen Situation entsprechende Anträge mit Augenmaß bearbeiten.
In einem Schreiben der LAI (Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz) vom 11.05.2021 wird in Aussicht gestellt, dass sich zunächst der Fachausschuss „Physikalische Einwirkungen (PhysE) mit dem Anliegen befasst. Es zeichnet sich eine Tendenz ab, die Zulassungen von Anträgen auf Veranstaltungen im jeweiligen Einzelfall in der Abwägung aller berechtigten Interessen von den Genehmigungsbehörden vornehmen zu lassen. Ein Beschluss des PhysE wird der LAI zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet.
a) Auf welcher Grundlage sind Open-Air-Veranstaltungen bisher geregelt und genehmigt worden?
b) Plant der Senat, dem Anliegen der Veranstaltungsbranche abzuhelfen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht?
Bundespolitische Ebene
18. Interkommunaler Austausch- und Wissenstransfer
Im Rahmen der Erarbeitung der o.a. Studie „Integration von Kreativräumen in die Stadtplanung“ (2020) wurde ein interkommunales Arbeitstreffen mit Vertreter*innen der Stadtverwaltungen Köln und Hamburg veranstaltet. Die Teilnehmenden haben eine Verstetigung und Erweiterung des Austausches verabredet mit dem Ziel, Referenzen und übergeordnete Konzepte aus anderen Städten und Regionen zirkulieren zu lassen.
Ebenso könnte ein Wissenstransfer über Institutionen wie dem Deutschen Städtetag oder Interessensverbänden deutscher Kommunen und/oder der nationalen Stadtentwicklung erfolgen und verstetigt werden.
a) Plant der Senat die Erstellung einer interkommunalen Sammlung von Konzeptvergaben, in der durchgeführte und abgeschlossene Verfahren der Konzeptvergabe zur Übertragung von Erfahrungen gesammelt werden? Bitte ausführlich darlegen.
Ein Austausch von bewährten Textbausteinen für die Formulierung von Vergabekriterien sowie Informationen über die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Projektentwickler*innen bzw. Investor*innen im Hinblick auf Kommunikation und rechtliche Belange könnte in vielerlei Hinsicht hilfreich sein.
b) Plant der Senat eine interkommunale Sammlung zu städtebaulichen Verträgen zu erstellen, in der eine Gewährleistung von rechtlich gesicherten Verträgen und Regelungen für eine fundierte juristische Beratung und Prüfung gewährleistet werden kann? Bitte ausführlich darlegen.
19. Stärkung städtebaulicher Verträge auf Bundesebene
Das Instrument der städtebaulichen Verträge könnte seitens der Bundesebene derart gestärkt werden, dass entsprechende Auflagen für Investoren leichter von den Bezirken bzw. Kommunen festzulegen sind.
a) Wird der Senat sich dafür einsetzen, dass seitens der Bundesebene Verbindlichkeit, Art und Umfang städtebaulicher Verträge gestärkt werden? Bitte ausführlich darlegen.
b) Welche inhaltlichen Möglichkeiten sieht der Senat gegebenenfalls dabei?
20. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: Übertragung von Grundstücken
Die Liegenschaftspolitik des Bundes kann durch die Überlassungen von Bundesliegenschaften (und der Deutschen Bahn) an Kommunen mit einer “Kulturklausel” ergänzt werden. Mit einer derartigen Klausel könnten kostengünstige Übertragungen (z.B. Erbbaupacht) bevorzugt an Genossenschaften, Stiftungen oder gemeinnützige Trägerschaften geregelt werden.
a) Welche Erfahrungen hat der Senat mit der Überlassung von Bundesliegenschaften?
b) Wird der Senat die Möglichkeit nutzen, eine „Kulturklausel“ durch eine Initiative im Bundesrat anzustoßen?
Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bis wann könnte dies bei günstigen Umständen umgesetzt werden?
21. Einführung Kultur-Kataster / Neue Form der Verbindlichkeit
Der Sachstand des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag (siehe Frage 9) schlägt die Ergänzung des § 9 Abs. 5 BauGB (Kennzeichnung von Bebauungsplänen) vor. So könnten neben Bergbau und Altlasten auch Kulturräume in Bauplänen verzeichnet werden.
Plant der Senat die Verzeichnung von Kulturräumen in Bauplänen? Bitte ausführlich darlegen.
Free Open Airs
22. Arbeitsgruppe „Kulturräume“ auf Ebene der Bau- und Kulturminister*innenkonferenz
Zur Umsetzung der diversen Themen auf Bundesebene (siehe Fragen 18 bis 21) sollte eine Arbeitsgruppe auf Ebene der Bau- und Kulturminister*innenkonferenz eingesetzt und etwaige Verbände eingebunden werden.
Plant der Senat die Einsetzung einer solchen Arbeitsgruppe unter Beteiligung etwaiger Verbände? Bitte ausführlich darlegen.
- Cem Berk
- Matthias Czech
- Gabriele Dobusch
- Regina Jäck
- Sabine Jansen
- Dirk Kienscherf
- Martina Koeppen (Fachsprecher:in Stadtentwicklung)
- Kirsten Martens
- Christel Oldenburg
- Arne Platzbecker
- Lars Pochnicht
- Hansjörg Schmidt (Fachsprecher:in Medien)
- Isabella Vértes-Schütter
- Michael Weinreich
- Dagmar Wiedemann
sowie
- Sonja Lattwesen
- Olaf Duge
- René Gögge
- Maryam Blumenthal
- Miriam Block
- Sina Demirhan
- Rosa Domm
- Gerrit Fuß
- Dominik Lorenzen
- Zohra Mojadeddi
- Farid Müller
- Johannes Alexander Müller
- Ivy May Müller
- Andrea Nunne
- Lisa Maria Otte
- Dr. Miriam Putz
- Dr. Gudrun Schittek
- Ulrike Sparr
- Lena Zagst
- Peter Zamory (GRÜNE) und Fraktion