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Zur Refinanzierung der Kosten, die der Stadt durch die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen entstehen

Donnerstag, 02.02.2006

Seit Amtsbeginn am 31.10.2001 hat Sozialsenatorin Schnieber-Jastram die Mittel für die Frauenhäuser mehrmals stark gekürzt. Zu diesen Kürzungen – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Personal und Sachmittel – gehört auch die Streichung der drei Psychologinnen-Stellen für die damals noch sechs Frauenhäuser. Auch der Betreuungsschlüssel für die in ein Frauenhaus geflüchteten Frauen und Kinder hat sich aufgrund der Kürzungen folglich verschlechtert. Die Frauenhäuser sind seit Jahren zu über 100% ausgelastet (vgl. Drs. 18/642); rund 40% der Plätze sind von Kindern belegt (vgl. Drs. 18/3314). Aktuell geht es für die Hamburger Frauenhäuser um die Umsetzung eines neuen Gesamtkonzeptes - auf Basis der für 2006 abermals gekürzten Zuwendungssumme. Damit werden weniger Plätze für die betroffenen Frauen und Kinder zur Verfügung stehen – trotz der über 100%-igen Auslastung.

Wir fragen den Senat:

 

I. Kürzungen und Streichungen bei den Frauenhäusern

 

I.1. Wie hat sich die Förderung der Frauenhäuser seit Amtsbeginn von Sozialsenatorin Schnieber-Jastram entwickelt? (Bitte die Gesamtsummen sowie die nominale und prozentuale Differenz der Förderung von 2001 jährlich bis zum aktuellen Stand – inkl. der gestrichenen „Psychologinnen-Stellen“ sowie der Sachmittel).

 

I.2. Wie viele Frauenhäuser mit welcher Platzzahl – jeweils und insgesamt – gibt es nach dem „neuen Konzept“? Wie viele Plätze gab es bisher?

 

I.3. Für das Jahr 2003 lag die Auslastung der Frauenhäuser insgesamt bei „105%“ (Drs. 18/270). Seit November 2003 arbeitet die „Interventionsstelle“ im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes. Das Gewaltschutzgesetz erlaubt es, Gewalttäter der gemeinsamen Wohnung zu verweisen („Wegweisungen“/“Betretungsverbote“). Der Männer-Anteil bei den Wegweisungen beträgt aktuell über 97 % (Drs. 18/3314). Die Interventionsstellen beraten über die Möglichkeiten laut Gewaltschutzgesetz und sollen auch eine Lotsenfunktion im Hilfesystem haben.

 

Das Gewaltschutzgesetz wurde im Bundestag einstimmig verabschiedet; die Einrichtung der Interventionsstelle – auch – in Hamburg wurde von allen Fraktionen gefordert bzw. begrüßt. Allerdings ist die Interventionsstelle nicht dazu gedacht und nicht geeignet, Frauenhausplätze zu ersetzen, worauf von Seiten der SPD wiederholt hingewiesen wurde. Auf der Bundesebene wurde diese Ansicht auch von der CDU in der Bundestagsdebatte zum Gewaltschutzgesetz geteilt. Dagegen vertrat Sozialsenatorin Schnieber-Jastram die Auffassung, dass mit der Einrichtung der Interventionsstelle eine Entlastung bei den Frauenhäusern eintrete, die eine – weitere – Kürzung der Mittel rechtfertige.

 

Wie hoch war die Auslastung bei den Frauenhäusern im Jahr 2004 sowie im Jahr 2005? (falls für 2005 noch keine Abschlusszahlen vorliegen, bitte den letzten verfügbaren Stand mitteilen)

 

I.4. Die Zahl polizeilicher Wegweisungen/Betretungsverbote seit In-Kraft-Treten des Gewaltschutzgesetzes im Jahr 2002 stellt sich laut Senat wie folgt dar: 2002: 961; 2003: 855; 2004: 871, 2005 bis Ende November 764 (vgl. Drs. 18/3314, II.1a).

 

Bleibt die BSF bzw. der Senat angesichts dieser Zahlen sowie der oben genannten Auslastung der Frauenhäuser weiterhin bei der Behauptung, dass die Einrichtung der Interventionsstelle die Frauenhäuser entlaste? Wenn ja, warum? Wenn nein, teilt der Senat bzw. die BSF mittlerweile die Ansicht verschiedener Expertinnen aus der Sachverständigenanhörung des Sozialausschusses vom 18.10.2004, dass es hier keine Entlastung gibt, weil Interventionsstelle und Frauenhäuser unterschiedliche Zielgruppen erreichen? (z.B. von Prof. Dr. Carol Hagemann-White, Universität Osnabrück, Wissenschaftliche Begleitung der Interventionsprojekte gegen häusliche Gewalt - Sechseinhalb Jahre Wissenschaftliche Begleitung, zunächst in Berlin und dann bundesweit: „Dort (Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg) hat sich das bestätigt, was ich auch aus den Zahlen aus Wien weiß, wo ein ähnliches Gesetz seit 1997 in Kraft ist, dass die Nachfrage in den Frauenhäusern mit der wirksamen Arbeit der aktiven Interventionsstelle eher steigt. Das liegt zum Teil daran, dass andere Zielgruppen erreicht werden.“) Falls der Senat bzw. die BSF diese Ansicht nunmehr teilen sollten, welche Konsequenzen werden hieraus gezogen?

 

I.5. Wie hoch war 2004 und 2005 (letzter verfügbarer Stand) der Anteil der Frauen, die mit Kindern in die Frauenhäuser kamen? (bitte für die einzelnen Frauenhäuser sowie insgesamt)

 

I.6. Wie haben sich seit Amtsantritt von Sozialsenatorin Schnieber-Jastram die Anzahl der Stellen (Vollzeit, Teilzeit), der finanzierten Personal-Wochenstunden sowie der Betreuungsschlüssel in den Frauenhäusern verschlechtert? (bitte jährliche Darstellung unter Berücksichtigung der Streichung der Psychologinnen-Stellen sowie für die einzelnen Frauenhäuser und insgesamt)

 

I.7. Wie hoch war 2004 und 2005 (letzter verfügbarer Stand) der Anteil der Frauen, die sich nach der Aufnahme weniger als drei Monate in einem der Frauenhäuser aufhielten? (bitte für die einzelnen Frauenhäuser sowie insgesamt)

 

I.8. Kann die BSF bzw. der Senat mittlerweile Auskunft geben, wie oft die Polizei die Möglichkeit der Nacht- und Notaufnahme in den Hamburger Frauenhäusern nutzt?

 

I.9. Gibt es im Rahmen der Zuwendungsvereinbarungen bzw. der Zielvereinbarungen eine Gleichbehandlung aller Frauenhäuser (z.B. bezüglich der Intendanzstellen)? Wenn nein, warum nicht und welche Unterschiede - ggf. bitte auch finanziell konkretisiert - werden hier konkret gemacht?

 

II. Versorgung mit Wohnraum für Frauen und Kinder aus den Frauenhäusern

 

II.1. In der Sachverständigenanhörung des Sozialausschusses zu den Frauenhäusern vom 18.10.2004 ging es auch um die Einrichtung einer so genannten „2. Wohnstufe“ für betroffene Frauen. Diese „2. Wohnstufe“ gibt es teils auch in anderen Bundesländern bzw. Städten. Wird es in Hamburg künftig ebenfalls eine „2. Wohnstufe“ geben? Wenn ja, welches Konzept bzw. Verfahren liegt der zu schaffenden „2. Wohnstufe“ in Hamburg zugrunde? Wie viele Plätze der „2. Wohnstufe“ soll es geben und wo werden diese – organisatorisch - angesiedelt sein? Welchen Betreuungsschlüssel soll es für die Plätze der „2. Wohnstufe“ geben? Wie ist die Finanzierung und Vertragsgestaltung hier geregelt?

 

II.2. Wird es in Hamburg künftig so genannte „Schutzwohnungen“ geben? Wenn ja, welches Konzept bzw. Verfahren liegt den zu schaffenden Schutzwohnungen in Hamburg zugrunde? Wie viele Schutzwohnungen bzw. Plätze soll es hier geben und wo werden diese – organisatorisch - angesiedelt sein? Welchen Betreuungsschlüssel soll es für die Plätze der Schutzwohnung geben? Wie ist die Finanzierung und Vertragsgestaltung hier geregelt?

 

II.3. Zur Versorgung mit Wohnraum für Frauen mit Kindern aus den Frauenhäusern teilt der Senat in der Drs. 18/2668 mit: „Im Oktober 2004 haben sich die Behörde für Soziales und Familie, die Siedlungs- und Aktiengesellschaft Hamburg (SAGA) und die Gesellschaft für Wohnen und Bauen mbH (GWG) sowie der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. darauf verständigt, Frauen mit ihren Kindern, die ein Hamburger Frauenhaus aufgesucht haben, bevorzugt mit neuem Wohnraum zu versorgen und auch Vermittlungen vor Aufnahme der Tätigkeit der Fachstellen für Wohnungsnotfälle auf die zugesagten zusätzlichen 600 Wohnungen anzurechnen. (So genannter „Kooperationsvertrag“ mit der Wohnungswirtschaft zur Versorgung obdachloser und wohnungsloser Menschen mit Wohnraum; Anm. d. Verf.) Seit November 2004 sind nach Auskunft der Frauenhäuser 30 Wohnungen nach dieser Vereinbarung vermittelt worden.“

 

Wie viele Wohnungen sind nach dieser Vereinbarung bis zum letzten verfügbaren Stand an Frauen und Kinder aus den Frauenhäusern vermittelt worden? Wie viele (ggf. dieser) Wohnungen sind von den seit dem 01.07.2005 arbeitenden Fachstellen für Wohnungsnotfälle an Frauen und Kinder aus den Frauenhäusern vermittelt worden?

 

III. Therapeutische Versorgung von Kindern, die Gewalt miterlebt haben

 

III.1. Wiederholt gibt es Kritik an der Versorgung und den langen Wartezeiten für eine psychotherapeutische Behandlung traumatisierter Kinder. Dies betrifft auch die Kinder, die mit ihren Müttern in ein Frauenhaus fliehen mussten. Gefragt nach den Wartezeiten, bis Kinder eine Therapie beginnen können, hatte der Senat geantwortet: „Notfallbehandlungen und Krisenintervention werden ohne Wartezeiten sofort durchgeführt. In anderen Fällen können sich in Abhängigkeit vom jeweiligen Behandlungsbedarf und der Auslastung des Behandlungsangebots Wartezeiten ergeben. Über die Dauer der Wartezeiten hat der Senat keine Kenntnis“ (Drs. 18/642, 5.b.).

 

Der Senat hat sich zwar zu stationären und teilstationären Angeboten geäußert, aber nicht zur ambulanten Versorgung – und zudem auf das so genannte „Regelangebot“ und die Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung (KVH) verwiesen (vgl. Drs. 18/2668).

 

Diesen Verweis des Senats auf das Regelangebot hatte bereits die Psychotherapeutenkammer in einer Stellungnahme zur Anhörung des Sozialausschusses am 18.10.2004 zurückgewiesen. Laut Kammer sei das Regelangebot weder von der Kapazität, noch durch die Notwendigkeit der psychosozialen Unterstützung geeignet, die Betreuung der Frauen und Kinder zu gewährleisten. Die Wartezeiten lägen laut der Kammer zwischen sechs Monaten und einem Jahr. Bei Kindern sei die Situation besonders schlecht. Diese Hinweise hatten die Sozialsenatorin nicht von ihrer Argumentation bzw. den Stellenstreichungen abbringen können.

 

„Die Welt“ berichtete in einem Artikel vom 21.07.2005: „Zudem sind die Wartelisten der Kinderpsychotherapeuten und –psychiater lang, oft dauert es Monate, bis ein Kind behandelt werden kann.“ Laut Professor Peter Riedesser, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie am UKE „bestehe ein regelrechter Versorgungsnotstand.“ Zitat Prof. Riedesser: „Es gibt eine riesige Zahl von Kindern in Not“ (Die Welt, 21.07.2005, „Kaum Hilfe für Kinder in Not“).

 

Auch auf der Veranstaltung zum „Opferschutztag der Polizei Hamburg“ am 30.11.2005 wurde von Fachleuten darauf hingewiesen, wie wichtig es für Kinder ist, die Zeugen von Gewalthandlungen wurden, so schnell wie möglich eine Therapie zu bekommen. Dies ist in Hamburg zurzeit nicht gewährleistet.

 

So äußerte sich in einer Anhörung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses der Bürgerschaft vom 20.09.2005 auch Dr. Georg Romer, leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie im UKE, wie folgt zur Situation: „Im teilstationären und stationären Bereich haben wir es vor allem bei den jüngeren Kindern, also bis 13, 14 Jahren, nach wie vor mit Wartezeiten bis zu fünf, sechs Monaten zu tun. Das ist ein Unding. (…) Und erster Lichtblick ist jetzt hier die Öffnung der Tagesklinik in Harburg, wo ja nun auch vollstationäre Plätze folgen sollen. Aber wir sind nach wie vor Schlusslicht aller alten Bundesländer“ (Wortprotokoll Nr. 18/19, S. 52) Und zur ambulanten Versorgung: „Im klinischen Alltag, wenn wir bei schwierigen Fällen, die wir in der Ambulanz sehen, wo wir in der Regel ja Diagnostik und Indikationsstellung machen und gar keine Therapieplätze anbieten können, sehen wir wie schwer es nach wie vor ist, Kinder- und Jugendlichentherapie zu vermitteln, ist da sicherlich nach wie vor eine Unterversorgung“ (ebd., S. 53).

 

a. Wie bewerten BSF bzw. Senat – unabhängig von den o.g. Äußerungen - die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Hamburg (bitte getrennt nach stationärer, teilstationärer sowie ambulanter Versorgung)?

 

b. Wie viele Kinder und Jugendliche können zeitgleich behandelt werden (bitte getrennt nach stationärer, teilstationärer sowie ambulanter Versorgung)?

 

c. Wie viele der Kinder aus den Frauenhäusern sind in der Traumapsychologie des UKE seit 2003 behandelt worden? Wie lange dauerte diese Behandlung durchschnittlich bzw. in den einzelnen Fällen (anonymisiert)?

 

d. Wie bewerten BSF bzw. Senat – unabhängig von den o.g. Äußerungen - die Streichung der drei Psychologinnen-Stellen bei den Frauenhäusern?

 

e. Wird die Sozialsenatorin die o.g. Aussagen qualifizierter Praktiker zum Anlass nehmen, das Gespräch mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KVH) zu suchen, um sich für eine bessere therapeutische Versorgung einzusetzen? Wenn nein, warum nicht?

 

III.2. In der Senatsantwort auf die Große Anfrage 18/3314 heißt es: „Betreuung von Kindern, die Gewaltanwendung miterlebt haben, bieten die Kinderschutzzentren Hamburg und Harburg sowie die Erziehungsberatungsstellen und Allgemeinen Sozialen Dienste der Jugendämter. Für Kinder, die mit ihren Müttern in einem Frauenhaus leben, erfolgt die Betreuung durch ein spezielles Angebot der Frauenhäuser und durch die Sozialen Dienste Frauenhäuer der Jugendämter.“

 

a. Wie viele Fälle der Betreuung von Kindern mit welcher Art und Dauer der Betreuung gab es 2003, 2004 und 2005 (letzter verfügbarer Stand)

 

- beim Kinderschutzzentrum Hamburg

 

- beim Kinderschutzzentrum Harburg

 

- bei jeweils welchen Erziehungsberatungsstellen

 

- bei den Allgemeinen Sozialen Diensten jeweils welcher Jugendämter?

 

b. Welches „spezielle Angebot der Frauenhäuser“ für Kinder meint der Senat, nachdem Sozialsenatorin Schnieber-Jastram die drei Psychologinnen-Stellen ersatzlos gestrichen hat?

 

c. Wie viele Stellen bei welchen Jugendämtern verbergen sich hinter „Soziale Dienste Frauenhäuser der Jugendämter“ (vgl. Drs. 18/3314). Wie viele Fälle der Betreuung von Kindern mit welcher Art und Dauer der Betreuung gab es 2003, 2004 und 2005 (letzter verfügbarer Stand) bei den „Sozialen Diensten Frauenhäuser“ jeweils welcher Jugendämter?