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Bei Gefährdung des Kindeswohls: Ärztlicher Austausch zum Schutz von Kindern stärken

Sonntag, 21.04.2024

Bei Verdacht auf Gefährdung des Kindeswohls ist es wichtig, dass Ärzt:innen miteinander in den Austausch treten und sich verständigen. Seit vergangenem Jahr ist ein solcher interkollegialer Austausch in Hamburg rechtssicher möglich, ohne die ärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Diese veränderte Rechtslage ist aber noch nicht allen Ärzt:innen bekannt. In einem gemeinsamen Antrag setzen sich die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen daher dafür ein, stärker über die veränderten Möglichkeiten im Kinderschutzfall zu informieren und entsprechende Fortbildungen auf den Weg zu bringen (siehe Anlage). Über den rot-grünen Antrag stimmt die Hamburgische Bürgerschaft in ihrer kommenden Sitzung am 24. April ab.

Dazu Vanessa Mohnke, Expertin für Kinderschutz der SPD-Fraktion Hamburg: „Im Sinne des Kinderschutzes ist es wichtig, alle bestehenden Möglichkeiten zum Wohl des Kindes zu nutzen. Im Gesundheitswesen ist hier eine Neuregelung von Bedeutung. Seit 2023 können sich Hamburger Ärzt:innen in Fällen möglicher Kindeswohlgefährdung mit Fachkolleg:innen austauschen, ohne die ärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Diese Neuregelung schafft Rechtssicherheit für Ärzt:innen, auch wenn Eltern nicht zur Kooperation bereit sind. Der interkollegiale Austausch ist eine Möglichkeit für Ärzt:innen sich in Kinderschutzfällen fachlich auszutauschen sowie Anhaltspunkte für eine vorliegende Gefährdung des Kindes zusammenzutragen, bevor eine Meldung zur Kindeswohlgefährdung beim zuständigen Jugendamt erfolgt. Allerdings: Nicht jeder Praxis ist diese neue Rechtslage schon bekannt. Mit unserem Antrag möchten wir darauf hinwirken, dass die neue Möglichkeit zum interkollegialen Austausch durch entsprechende Fortbildungs- und Informationsangebote bekannter wird. Wir wollen erreichen, dass Ärzt:innen und das Jugendamt noch besser kooperieren. Wir setzen uns daher dafür ein, dass im Sinne betroffener Kinder die Zusammenarbeit zwischen Ärzt:innen und Jugendämtern überprüft und wenn nötig weiterentwickelt wird“

Dazu Britta Herrmann, kinder-, jugend- und familienpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion Hamburg: „Ärzt*innen spielen eine wichtige Rolle für einen starken Kinderschutz. Sie sind dazu in der Lage, Gefährdungen zu erkennen. Der Austausch mit Kolleg*innen ist wichtig, um sich ein klares Bild über mögliche Gefahren für das Kind zu verschaffen. Durch die Einführung einer landesrechtlichen Regelung zum interkollegialen Austausch im Kinderschutzfall wurde bereits Rechts- und Handlungssicherheit für Ärzt*innen geschaffen. Nun ist es wichtig, dass diese Änderung auch umfassend ankommt. Wir müssen die Ärzt*innenschaft über die neuen rechtlichen Möglichkeiten im Kinderschutz informieren und sicherstellen, dass sie über das notwendige Wissen und die Ressourcen verfügen, um Gefährdungen rechtzeitig entgegenzuwirken. Mit unserem Antrag setzen wir uns für breitere Informationen und eine Ausweitung der Fortbildungsangebote für Ärzt*innen ein. Eine darüberhinausgehende Informationskampagne wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Es geht uns um jedes einzelne Kind, das durch ein gutes Netzwerk von mehreren Akteur*innen vor weiterer Gewalt geschützt werden kann.“

Hintergrund

Seit einer Änderung im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz 2021 (§ 4 Absatz 6) ist eine landesrechtliche Regelung des interkollegialen Austausches zwischen Ärzt:innen im Kinderschutzfall möglich. Hamburg hat davon im März 2023 Gebrauch gemacht und § 28 des Hamburgischen Kammergesetzes für die Heilberufe (HmbKGH) geändert. Seitdem können sich Ärzt:innen im Verdachtsfall einer Kindeswohlgefährdung untereinander austauschen, ohne dabei die ärztliche Schweigepflicht zu verletzen. Dies schafft Rechts- und Handlungssicherheit, insbesondere auch in Fällen, in denen Eltern nicht zur Kooperation bereit sind. Zugleich gilt weiterhin, dass Ärzt:innen die Erforderlichkeit eines Austauschs im Einzelfall abzuwägen haben.