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Bürgerschaftsdebatte zu G20-Krawallen – Dressel: "Wer sich nicht eindeutig von Gewalttätern und militanten Chaoten distanziert, legt Feuer am gesellschaftlichen Fundament unserer Stadt."

Mittwoch, 12.07.2017

In der heutigen Aussprache der Bürgerschaft zu den Krawallen rund um den G20-Gipfel hat SPD-Fraktionschef Andreas Dressel eine umfangreiche parlamentarische Aufarbeitung angekündigt: "Dass angesichts des militanten Mobs die garantierte Sicherheit nicht durchgehend und nicht überall gewährleistet werden konnte, ist schlimm. Das ist bitter. Es ist ein Stück Vertrauen in den Staat, in die Politik, in diesen Senat, in diese Koalition verloren gegangen, da gibt es nichts zu beschönigen. Aber wir werden gemeinsam hart arbeiten, wir werden uns anstrengen, wir werden mit vielen das Gespräch suchen, wir werden uns kümmern und zum Beispiel sicherstellen, dass den Betroffenen schnell und unbürokratisch geholfen wird, wir werden alles tun, das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzuerlangen. Wir müssen uns den vielen Fragen stellen. Nicht irgendwann, sondern jetzt. Nicht nachdem jeder sich parteipolitisch im kleinsten Karo verstrickt hat, sondern jetzt."

 

Dressel weiter: "Natürlich verstehe ich all jene, die jetzt sagen: War es das wert? Aber hätten wir vorher alle wüsten Drohungen von Gewalttätern, Autonomen als Entscheidungsmaßstab nehmen sollen? Nein, das kann es nicht sein. Das ist nicht die Demokratie, in der ich leben möchte. Hamburg war weltweit der Gipfelort, an dem Gegner und Befürworter so dicht am Geschehen sein konnten, wie nirgendwo sonst, so nah an denen, deren Politik sie kritisieren. Die Stadt als Resonanzboden für das Gipfelgeschehen, vor allem für friedlichen Protest. Dass das zu Exzessen geführt hat, stellt nicht das Prinzip in Frage. Ich möchte in keiner Welt leben, wo Staatschefs sich nur noch auf Flugzeugträgern oder einsamen Inseln treffen können. Es muss möglich sein, dass so zu organisieren, dass Dialog möglich ist, zwischen den Staatenlenkern und denen, die anderer Meinung ist. Das muss unser gemeinsamer Anspruch sein. Es ist bitter, dass die vielen Zeichen der Zivilgesellschaft für eine bessere Welt hinter Rauchschwaden von Chaoten in den Hintergrund getreten sind. Umso wichtiger, dass wir immer wieder hinweisen und damit auch allen friedlichen Demonstranten zurufen: Euer Gang auf die Straße, er war nicht umsonst!

 

Scharf attackierte der SPD-Fraktionschef in seiner Rede das Verhalten der LINKEN: "Wenn sie sich heute von den Gewalttätern distanziert, reicht das allein nicht aus, denn die Linke ist der parlamentarische Arm des Schwarzen Blocks. Sie muss ihre Verbindungen zur militanten Szene endlich abbrechen. Sie darf Militanz nicht verharmlosen. Sie muss aufhören zu behaupten, dass der Polizeieinsatz die Militanz provoziert hat. Die Militanten planten ihre Gewalt von langer Hand. Sie darf die Argumente und Sichtweisen dieser Leute nicht mehr zum Gegenstand ihrer Anträge und Anfragen machen. Ihr Fazit muss sein: Black block – not welcome. Wer sich nicht eindeutig von Gewalttätern und militanten Chaoten distanziert, legt Feuer am gesellschaftlichen Fundament unserer Stadt."

 

Mit Blick auf die parlamentarische Aufarbeitung und den auf Initiative von Rot-Grün einzusetzenden Sonderausschuss sagte Dressel weiter: "Was können, was müssen wir als Gesellschaft daraus lernen? Wie gehen wir mit linkem Extremismus um? Gibt es endlich ein neues Nachdenken über die latente Sympathie bis hinein in bürgerliche Schichten gegenüber linker Gewalt? Woher kommt diese neue Form der Gewalt und wie können wir so etwas in Zukunft für unsere Stadt ausschließen? Wo ist der Übergang von linker Gewalt zu wohlstandsverwahrlosten Jugendlichen, die wahllos rumrandalieren? Was kann die Stadt, die Politik aber auch die Stadtgesellschaft tun? Und ganz konkret ins linke Spektrum der Stadt hinein gesagt: Jeder muss sich jetzt fragen und prüfen, wo er steht. Auch das Flora-Umfeld muss sich das fragen: Will ich den verhängnisvollen Weg weiter mitgehen oder wechsele ich auf die andere Seite der Barrikade. Viele Reaktionen lassen erahnen, dass der Schrecken, über das was passiert ist, auch heilsame Wirkung haben kann. Diese Chance muss die Stadtgesellschaft jetzt ergreifen – wann, wenn nicht jetzt? Dafür müssen wir reden, viel reden, mitfühlend, aber immer mit klarer Haltung auf Basis unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Hier im Parlament und draußen in der Stadt. Wir als Regierungsfraktionen, der Senat, die Opposition genauso wie die Zivilgesellschaft. Die Tage haben Wunden geschlagen in der Stadt. Wir alle haben es gemeinsam in der Hand, wie sie verheilen. Fangen wir heute damit an."