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Gewaltmeldungen an Schulen nehmen um 34 Prozent zu

Sonntag, 09.05.2010

Im zweiten Jahr der verbindlicheren Meldepflicht für Gewalt an Hamburger Schulen ist die Zahl der Gewaltvorfälle von 361 auf 484 angestiegen – ein Plus von 34%. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der SPD-Innen-, Schul- und Jugendexperten Andreas Dressel, Ties Rabe und Carola Veit hervor. Besonders stark stiegen die sog. Kategorie-I-Meldungen, denen schwerere Straftaten - unter anderem um Sexual- und Raubstraftaten, gefährliche Körperverletzungen, Waffen- und Drogendelikte – zugrunde liegen. Hier betrug der Anstieg im Zeitraum April 2009 bis März 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar 42%.

 

Eine wesentliche Fallgruppe für die Meldungen sind auch sog. Amokdrohungen: Von April 2009 bis März 2010 wurden nach Senatsangaben 69 Fälle schwerer Bedrohungen gemeldet, im Vorjahreszeitraum waren es 44 Fälle – diese Steigerung dürfte auf „Trittbrettfahrer“ nach dem Amoklauf in Winnenden zurückzuführen sein. Und: Die Betroffenheit der Hamburger Schulen bei Gewaltvorfällen nimmt zu. Die Meldungen aller Gewaltvorfälle im Zeitraum April 2009 bis März 2010 verteilen sich auf insgesamt 173 Schulen, im Vorjahreszeitraum waren es dagegen nur 138 Schulen. Dressel erklärte zu den Zahlen: „Die registrierte Gewalt an unseren Schulen nimmt dramatisch zu. Gleichwohl müssen wir weiter von einem relevanten Dunkelfeld ausgehen, das trotz Meldepflicht nicht in die Statistik eingeflossen ist. Die Schulbehörde muss weiter daran arbeiten, dass die Meldepflicht auch verbindlich eingehalten wird. Nur bei verlässlichen Meldungen kann konsequent mit Maßnahmen interveniert werden. Der Instrumentenkasten ist mit dem Handlungskonzept gegen Jugendgewalt vorhanden – er muss nur durchgehend angewandt werden.“

 

Nach wie vor weigert sich die Schulbehörde zudem, vollständige Angaben über die Aufarbeitung der Gewaltvorfälle in den Schulen zu machen und konkrete Daten zur Gewaltbelastung einzelner Stadtteile zu nennen. Die Begründung der Schulbehörde, man wolle "eine Stigmatisierung“ vermeiden", bezeichnete SPD-Innenexperte Dressel als nicht stichhaltig. "Senatorin Goetsch mauert. Mit dem gleichen Argument könnte sich der Innensenator weigern, Auskunft über Verbrechen in einzelnen Stadtteilen zu geben." Zudem ließen vergleichbare Zahlen aus Berlin - in Sachen Meldepflicht bei Gewaltvorfällen an Schulen seit 1992 Vorreiter - nach wie vor Zweifel an der Belastbarkeit der für Hamburg vorgestellten Zahlen aufkommen. Die SPD-Jugendexpertin Veit sagte, es sei bei Einführung der Meldepflicht erklärtes Senatsziel gewesen, dass "Wegsehen nicht mehr stattfinden" solle. "Das Gegenteil scheint aber oft weiter der Fall zu sein." Der Senat bleibe den Nachweis schuldig, dass die Einhaltung der Meldepflicht tatsächlich kontrolliert und durchgesetzt wird. Die SPD-Abgeordneten warfen der Schulbehörde vor, an einer offenen Diskussion über das Thema Gewalt an Schulen nicht wirklich interessiert zu sein. "Jede Kriminalstatistik weist Stadtteildaten aus. Das muss auch für die Zahlen über die Gewalt an Schulen gelten“, kritisierte Rabe: „Erfolgreiche Gewaltbekämpfung und vorausschauende Gewaltprävention an Schulen müssen mit Transparenz beginnen.“