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Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste am Hamburger Flughafen abgewendet

Sonntag, 28.12.2014

Der Widerstand gegen eine weitere Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste am Flughafen war jetzt erfolgreich: Die Europäische Kommission hat den Verordnungsvorschlag zur Marktöffnung der Bodenverkehrsdienste endgültig zurückgezogen. Dazu erklärt der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Rose: "Und Brüssel bewegt sich doch. Seit drei Jahren haben Beschäftigte, Betriebsräte und ver.di Proteste organisiert, der Senat hat auf Antrag der SPD-Fraktion in Berlin und Brüssel interveniert und der EU-Abgeordnete Knut Fleckenstein hat sich als zuständiger Berichterstatter unermüdlich und tatkräftig engagiert – mit Erfolg: Der unsinnige Versuch, den Flughafen zu zwingen, noch weitere Anbieter für Bodenverkehrsdienste zuzulassen, wurde zu den Akten gelegt und ist nun gegenstandslos. Nicht mehr Effizienz und Qualität wären das Ergebnis dieser umstrittenen Verordnung gewesen, sondern schlechtere Arbeitsbedingungen und Lohndumping bei den ohnehin schlecht entlohnten Beschäftigten sowie weniger Sicherheit für die Passagiere und Flugzeuge. Die Rücknahme ist eine gute Entscheidung für die Beschäftigten und den Flughafen Hamburg."

 

Rose bewertet diesen Erfolg nach der Abwehr der geplanten Hafenrichtlinien "Port Package I und II" als ein "weiteres positives Beispiel dafür, dass ein gemeinsames Vorgehen der betrieblichen und gewerkschaftlichen Interessenvertretungen mit landes-, bundes- und europapolitischen Akteuren erfolgreich sein kann: Europa bestimmt unsere Arbeits- und Lebensbedingungen. Wir dürfen uns nicht abschotten, sondern müssen es gestalten. Und wir brauchen dafür in Brüssel qualifizierte und engagierte Abgeordnete wie Knut Fleckenstein."

 

Hintergrund:

Auf Antrag 20/1590 der SPD-Fraktion vom 14. September 2011 hatte die Bürgerschaft beschlossen:

1. Die Bürgerschaft hält die jetzige Struktur der Bodenverkehrsdienste auf dem Hamburger Flughafen für angemessen, um Qualität, Verlässlichkeit und Sicherheit auf dem Flughafen zu gewährleisten. Sie sieht durch die bisherigen Regelungen ausreichend Wettbewerb hergestellt und lehnt eine weitere Öffnung des Marktes von Bodenverkehrsdiensten auf deutschen Flughäfen ab.

2. Der Senat wird ersucht, gegenüber der Bundesregierung und auf europäischer Ebene die ablehnende Haltung der Bürgerschaft gegenüber der Liberalisierung der EU-Bodenverkehrsrichtlinie deutlich zu machen und sich darüber hinaus für europaweite angemessene Ausbildungs- und Sicherheitsstandards und Auflagen für eine Standardmindestausrüstung einzusetzen.

3. Der Senat wird zudem ersucht, sich bei der Bundesregierung für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes einzusetzen.

 

In seiner Mitteilung 20/3589 vom 20. März 2012 hatte der Senat festgestellt (Auszug):

Nach Auffassung des Senats erscheint die von der EU-Kommission vorgesehene weitere Marktöffnung weder schlüssig in ihrer Herleitung noch in ihrer vorgesehenen Durchführung. Denn diese birgt überwiegend Risiken, die ohne Not eingegangen würden. Zunächst ist festzustellen, dass die Bodenabfertigung an den deutschen Flughäfen äußerst zuverlässig und sicher funktioniert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Wettbewerb entsprechend der Marktanteile an den deutschen Flughäfen in ausreichender Form bereits realisiert ist. Bereits heute zeigt die Erfahrung, dass sich neue Wettbewerber wirtschaftlich schwer tun, auskömmliche Marktanteile zu sichern. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Bodenabfertigung eine äußerst personalintensive Dienstleistung mit ca. 70% Personalanteil darstellt. Würde man, wie der vorgelegte Entwurf es vorsieht, in Form einer verbindlichen Rechtsvorgabe am Marktgeschehen vorbei die Anzahl an zuzulassenden Bodenabfertigungsunternehmen erhöhen, so übte man einen nicht zu rechtfertigenden Wettbewerbsdruck auf die einzelnen Standorte aus. Dies würde die am Wettbewerb teilnehmenden Dienstleister unter einen enormen Preisdruck setzen, der sich allein auf die Reduzierung der Personalkosten fokussieren müsste und gegebenenfalls zu einem ruinösen Wettbewerb führen würde. Es ist zu befürchten, dass diese absehbare Entwicklung zulasten der Belegschaften gehen müsste und damit auch die Zuverlässigkeit und Sicherheit bei der Bodenabfertigung gefährdet würde. Die konkreten Wirkungen sind dabei nicht von der Europäischen Kommission auch nur ansatzweise untersucht worden. Speziell für den Flughafen Hamburg würde die neue Regelung bedeuten, dass ein dritter Wettbewerber zugelassen werden müsste, obwohl schon heute der Wettbewerbsdruck große Ausmaße hat und im Jahr 2010 bereits dazu führte, dass ein Wettbewerber auf Grund eines wegfallenden Großkunden in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist und zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen werden mussten.

Vor diesem Hintergrund sah es die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation bereits zu dem Zeitpunkt dieses ersten informellen Verordnungsentwurfes angezeigt, den dargelegten Standpunkt gegenüber der Bundesregierung und den zuständigen Institutionen auf europäischer Ebene zu bekräftigen.