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„Fair Trade“ als Leitlinie für Hamburgs öffentliche Beschaffung weiter stärken

Donnerstag, 12.09.2013

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist im Mai 2013 für weitere zwei Jahre von TransFair e.V. als „Fairtrade-Stadt“ ausgezeichnet worden. Damit ist Hamburg Teil einer weltweiten Bewegung von über 1.300 Fairtrade-Städten. In unserer Stadt verkaufen und verwenden über 500 Einzelhändler, 220 gastronomische Betrieben, 21 öffentliche Institutionen und 40 Kirchengemeinden fair gehandelte Produkte. Hamburg hat deutschlandweit die höchste Dichte von 18 in der Stadt ansässigen Lizenznehmer-Firmen, die für ihre Produkte das Fairtrade-Siegel verwenden dürfen. Darüber hinaus gibt es viele weitere Unternehmen und Weltläden, die auch den Einzelhandel und die Gastronomie mit einer breiten Auswahl von Nahrungs- und Genussmitteln beliefern.

Die „Fairtrade“-Auszeichnung bestätigt, dass faire und gerechte Handelsbeziehungen dem Senat ein wichtiges und ernsthaftes Anliegen sind. Hamburg ist vor allem durch seinen weltweiten Handel so wohlhabend geworden, wie es heute ist. Gerade deshalb wollen wir, dass auch unsere Handelspartner in aller Welt ihren Wohlstand durch den Handel mehren können – vor allem auch die Produzentinnen und Produzenten der Waren, die wir importieren, und die Arbeiterinnen und Arbeiter, die sie herstellen. Wir wollen, dass in Hamburg so bald wie möglich nur noch solche Waren eingeführt, genutzt und konsumiert werden, deren Herstellung unter Bedingungen stattfindet, die mindestens den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) entsprechen.

Der Hamburger Senat wird in seinem Streben, dass fair gehandelte Produkte noch weitere Verbreitung in der Stadt finden, von vielen Verbänden, Gemeinden, Unternehmen und Vereinen unterstützt. Bekannte Unternehmen der Stadt nehmen seit Langem eine Vorreiterrolle für nachhaltigen Handel in sozialer und ökologischer Verantwortung war.

Seit 2006 setzt sich das Aktionsbündnis „hamburg mal fair“ für die Stärkung des Fairen Handels in unserer Stadt ein. Ziel des Bildungsprojektes ist es, das öffentliche Bewusstsein für mehr Fairness und soziale Gerechtigkeit im Welthandel zu schärfen. 2010 startete das Projekt „Fair Trade Stadt Hamburg“, um Politik, Verwaltung und Wirtschaft in ihren Initiativen zum Fairen Handel zu begleiten.

Mit der Erfüllung der Kriterien für die „Fairtrade-Stadt“ zeigt Hamburg, dass Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft wichtige Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel bereits gegangen sind. Bürgerschaft und Senat haben etwa dafür gesorgt, dass im Hamburger Rathaus bei Sitzungen und Veranstaltungen ausschließlich fair gehandelter Kaffee und Tee sowie entsprechende Kaltgetränke ausgeschenkt werden.

Nachdem die Finanzierung der Projektstelle Fairtrade-Stadt Ende 2012 ausgelaufen ist, hat der Senat erreicht, dass eine aus Bundesmittel und Hamburger Mitteln finanzierte Promotorenstelle zum Fairen Handel in Hamburg eingerichtet wurde, die von 2013 bis Ende 2015 die Arbeit der verschiedenen Beteiligten in der Stadt zu dem Thema unterstützen soll. Das Engagement der Stadt wird auch beim diesjährigen Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ gewürdigt werden, der im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durchgeführt wird: die Freie und Hansestadt Hamburg gehört zu den Preisträgern, die am 18. September eine Auszeichnung erhalten.

Um die Verwendung fair gehandelter Produkte zu befördern kommt der öffentlichen Beschaffung eine besondere Rolle zu. Diese ist im Hamburgischen Vergabegesetz geregelt, das zuletzt im April 2013 mit der Verabschiedung des Landesmindestlohngesetzes im Sinne einer fairen Beschaffung geändert wurde. Mit dem Landesmindestlohngesetz stellt Hamburg sicher, dass bei der Vergabe von Aufträgen nur jene Unternehmen berücksichtigt werden, die ihren Beschäftigten einen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde garantieren. Außerdem wurden in diesem Rahmen auch die ökologischen Kriterien für die Beschaffung ausgeweitet. Im Hamburgischen Vergabegesetz ist in §3a die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen zwingend vorgeschrieben, soweit diese in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Damit verbunden ist in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen („Ergänzende Vertragsbedingungen“) eine konkrete Benennung jener Warengruppen, bei denen die Einhaltung entsprechender Kriterien zwingend ausgewiesen bzw. überprüft werden muss. Der Hamburger Rat für nachhaltige Entwicklungspolitik hat jüngst vorgeschlagen, die Liste dieser Warengruppen um weitere Produkte zu ergänzen, wie z.B. Lebensmittel und Blumen, aber auch Informations- und Kommunikationstechnologie. Außerdem wird angeregt, auf bereits anerkannte Nachweise und Zertifizierungen zur Prüfung des „fairen“ Charakters von Waren zurückzugreifen.

Zur Weiterentwicklung der Fairtrade-Stadt Hamburg sollten die ILO-Kernarbeitsnormen und andere einschlägige Kriterien bei der Beschaffungspraxis der Stadt, ihrer Einrichtungen und Unternehmen auch bei den Beschaffungsvorgängen, die bisher nicht vom Vergabegesetz abgedeckt werden, angewendet werden. Die Beachtung sozialer Arbeitsnormen wie die der ILO muss für das gesamte Einkaufs- und Beschaffungswesen der Hamburger Verwaltung und der öffentlichen Unternehmen selbstverständlich werden.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen,

Der Senat wird ersucht,

1. in geeigneter Weise dafür zu sorgen, dass die Kriterien des „Fair Trade“ (ILO-Kernarbeitsnormen und weitere soziale Kriterien) bei der Einkaufs- und Beschaffungspraxis der Hamburgischen Verwaltung sowie der öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen Anwendung finden;

2. zu überprüfen, inwieweit die Liste der im Bereich des Vergabegesetzes relevanten „kritischen Warengruppen“, die in den „Ergänzenden Vertragsbedingungen für Vergaben nach VOL/A“ aufgeführt ist ,im Sinne der fairen Beschaffung ergänzt werden sollte;

3. den Dialog über die Umsetzung sozialer und ökologischer Kriterien bei der Vergabe und Beschaffung zwischen Politik und Verwaltung mit Zivilgesellschaft, Kirche und Wirtschaft fortzuführen;

4. der Bürgerschaft über seine Aktivitäten zu 1. und 2. bis zum 30.06.2014 Bericht zu erstatten.