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Sprechstunden für psychisch erkrankte Obdachlose und Wohnungssicherung bei klinischer Behandlung

Mittwoch, 12.09.2018

Im Rahmen des Gesamtkonzepts Wohnungslosenhilfe wurden in Hamburg viele wichtige Maßnahmen zum Kampf gegen Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf den Weg gebracht. Die rot-grüne Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, betroffene Menschen bestmöglich zu versorgen. Im Koalitionsvertrag haben SPD und GRÜNE vereinbart, dabei ein besonderes Augenmerk auf verschiedene vulnerable Gruppen zu legen. Dazu zählen auch Obdachlose mit seelischen Erkrankungen. Ihnen sollen spezielle Angebote auch im Rahmen des Kapazitätsausbaus der Öffentlichen Unterbringung gemacht werden (vgl. Drs. 21/10071).

Studien gehen davon aus, dass mehr als zwei Drittel aller Obdachlosen unter psychischen Erkrankungen leiden. Die renommierte Seewolf-Studie kommt sogar zu dem Ergebnis, dass nur 7 Prozent der Obdach- und Wohnungslosen keine psychische Erkrankung haben. Einen Großteil der Erkrankungen machen Suchterkrankungen aus. Jedoch leiden die meisten der Obdachlosen an multiplen psychischen Störungen. So befindet sich unter Obdachlosen auch ein vergleichsweise hoher Anteil von affektiven Störungen, Angststörungen und Schizophrenie. Vielfach bleiben psychische Erkrankungen bei Wohnungs- und Obdachlosen unerkannt und in der Folge unbehandelt. Tatsächlich empfehlen einschlägige Studien nicht per se die Aufnahme einer Therapie für die Betroffenen, da diese aufgrund ihrer instabilen Lebenssituation vielfach nicht therapiefähig sind. Auch fehlt häufig das Krankheitseingeständnis. Daher steht eine Stabilisierung ihrer Lebenssituation zunächst im Vordergrund. Jedoch gibt es auch für diejenigen, für die eine therapeutische Behandlung notwendig wäre, nicht ausreichend Angebote der psychiatrischen und psychotherapeutischen Betreuung. In Fachkliniken werden Obdachlose vielfach nicht aufgenommen. Daher sind niederschwellige und aufsuchende Angebote wichtig – auch um Betroffene ggf. in weiterführende Angebote des Regelsystems qualifiziert vermitteln und integrieren zu können. Mit einem Sprechstundenangebot unmittelbar in den Unterkünften kann die Zielgruppe der psychisch erkrankten Obdachlosen besser erreicht werden. Auch mobile Angebote, wie das citymobil der Caritas, haben sich als sinnvoll erwiesen. In den Notunterkünften sowie in den Tagesaufenthaltsstätten sollen daher psychiatrische Sprechstunden angeboten werden. Dies ist häufig bereits der Fall, gelingt aber aus verschiedenen Gründen nicht immer. Bis zum Jahresende 2016 gab es z. B. in der Tagesaufenthaltsstätte für Frauen Kemenate eine regelmäßige Sprechstunde, diese musste aber eingestellt werden. Es sollte daher auch geklärt werden, was einzelne Kliniken an einer Kooperation mit den Einrichtungen hindert.

Ziel ist es, neben einer guten Behandlung der erkrankten Obdachlosen, auch dem Wohnungsverlust bei psychisch erkrankten Personen entgegenzuwirken. Mit der Drs. 21/10071 haben GRÜNE und SPD den Senat bereits ersucht, verhaltensbedingten Kündigungen präventiv entgegen zu wirken. Mitunter verlieren aber auch Menschen, die sich in klinische Behandlung begeben, währenddessen ihre Wohnung, weil z. B. die Leistungen vom Amt eingestellt werden und/oder sich niemand um die Wohnungssicherung kümmert. Der Wohnungsverlust verschlimmert die psychischen Leiden und verhindert, dass Menschen nach Abschluss der Behandlung in ein stabilisierendes Umfeld zurückkehren können. Es ist daher notwendig, dem drohenden Wohnungsverlust entgegenzuwirken, etwa durch eine rechtzeitige Einschaltung der bezirklichen Fachstellen. Gemeinsam soll ein Weg gefunden werden, damit Menschen im Falle einer klinischen Behandlung ihre Wohnung nicht verlieren und die Mietkosten in der Zwischenzeit gesichert werden. Hierbei ist es daher wichtig, eine Kooperation des Sozial- bzw. Entlassungsmanagements der Kliniken mit den Fachstellen für Wohnungsnotfälle aufzubauen.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird gebeten,

1. psychiatrische Sprechstunden in den Tagesaufenthaltsstätten und Notunterkünften bereit zu stellen und zu berichten, wie das Angebot die Obdachlosen erreicht.

2. zu berichten, wie der Zugang von psychisch auffälligen Wohnungslosen zu ambulanten Regelangeboten verbessert werden kann.

3. zu prüfen, inwieweit ein aufsuchendes mobiles Angebot für psychisch kranke Obdachlose die Sprechstunden sinnvoll ergänzen kann.

4. mit den Kliniken und Fachstellen für Wohnungsnotfälle das Gespräch zu suchen und gemeinsam eine präventive Strategie zur Vermeidung des Wohnungsverlustes bei Personen, die sich in eine klinische Behandlung begeben, zu entwickeln.

5. der Bürgerschaft bis Sommer 2019 zu berichten.

 

sowie
  • der Abgeordneten Mareike Engels Christiane Blömeke
  • Antje Möller
  • Ulrike Sparr
  • Dr. Carola Timm (GRÜNE) und Fraktion