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Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen der Justiz

Mittwoch, 05.05.2021

Obwohl Frauen bei vielen Einstiegsämtern in den Berufen der Justiz überwiegen, sind sie in den Führungspositionen aufgrund unterschiedlicher Faktoren noch immer häufig unterrepräsentiert. Als Führungskräfte im Sinne des Antrags gelten Dienstposten mit einer disziplinarischen Vorgesetztenfunktion, die regelmäßig mit einer Erstbeurteiler-Funktion einhergeht. Dies gilt nicht für Richter*innen (ausgenommen Gerichtspräsident*innen), die aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit nicht in diesem Sinne Führungskräfte sind. So sind nur 35 Prozent der Führungskräfte bei der Staatsanwaltschaft weiblich – obwohl der Frauenanteil unter den grundsätzlich dafür qualifizierten Richter*innen und Staatsanwält*innen 65,9 Prozent beträgt. Hingegen beträgt der Frauenanteil bei den Führungspositionen unter den Mitarbeitenden, ohne Richter*innen, über 60 Prozent. Im Justizvollzug mit einem deutlich niedrigen Frauenanteil von 28 Prozent insgesamt, stellen Frauen 39,1 Prozent der Führungskräfte. Dies macht deutlich, dass die vielfältigen Berufe der Hamburgischen Justiz unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen, die Frauen den Aufstieg in Führungspositionen ermöglichen.

Aufgrund vielfältiger Maßnahmen ist bei den Gerichten grundsätzlich eine sehr positive Entwicklung zu beobachten. Gerade bei Dienstposten, mit denen häufig eine disziplinarische Vorgesetztenfunktion und damit auch die Erstbeurteiler-Funktion verbunden ist, kann ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis den entscheidenden Unterschied für die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit insgesamt machen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat es sich aus diesem Grund im Koalitionsvertrag 2020 und im Rahmen des gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms zum Anliegen gemacht, den Frauenanteil in den Führungspositionen der Justiz weiter zu erhöhen. In der Fortschreibung des Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms verpflichtet sich der Senat selbst, sich weiterhin für eine ausgewogene Teilhabe der Geschlechter in den Aufstiegs- und Führungspositionen der Justiz einzusetzen und diese Zielsetzung in Auswahlverfahren entsprechend der Vorgaben zu berücksichtigen.

Die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz hat in diesem Sinne bereits erfolgreiche Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen ergriffen. So wird etwa das Führen in Teilzeit ermöglicht, die Möglichkeiten für mobiles Arbeiten werden gestärkt, Schulungen für weibliche Führungskräfte werden angeboten und ihre fortlaufende Qualifizierung gefördert. In diesem Zusammenhang setzt sich die Behörde dafür ein, dass insbesondere Frauen die Abordnung an Institutionen des Bundes ermöglicht wird, und bietet Events und Veranstaltungen an, die dem Wissenstransfer und dem Aufbau von Karrierenetzwerken speziell von Frauen dienen.

Solch breit gefächerte und intelligent aufgebaute Netzwerke haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Karrierechancen. Es ist nachgewiesen, dass Männer und Frauen insbesondere gleichgesinnte Personen, die Ähnlichkeiten zu ihnen selbst aufweisen, fördern und unterstützen. So genießen häufig Personen des eigenen Geschlechts besonderen Rückhalt innerhalb eines Netzwerks. Da immer noch überwiegend Männer die entscheidenden Schlüsselpositionen besetzen, sind männlich dominierte Netzwerke vielfach erfolgreicher bei der Förderung von Karrierechancen. Vielfältige Netzwerkangebote, die sich an den Bedürfnissen von Frauen mit Führungspotential orientieren und sich sowohl speziell an Frauen als auch an alle Geschlechter richten, sind aus diesem Grund unerlässlich für eine erfolgreiche Förderung von Frauen in Führungspositionen in der Justiz.

Neben der Bildung breiter Netzwerke kann auch eine Förderung im Rahmen eines Mentoring-Programms Karrierechancen entscheidend verbessern. Personen, die bereits Führungsverantwortung tragen, können so wertvolle Erfahrungen weitergeben, von denen potentielle Führungskräfte profitieren können. Ein Fokus kann hier insbesondere auf die Vereinbarkeit von Führungsverantwortung mit familiären Pflichten gesetzt werden, um einen persönlichen Erfahrungsaustausch zu initiieren.

Solche Angebote müssen die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Frauen berücksichtigen. Frauen übernehmen noch immer vermehrt die Sorge- und Familienarbeit, nehmen mehr Elternzeit und arbeiten auch aus diesem Grund häufiger in Teilzeit als ihre männlichen Kollegen. Bei der Planung der Netzwerkmöglichkeiten muss dieser Umstand etwa im Hinblick auf Zeit und Ort der Veranstaltung, das Veranstaltungsthema oder die Möglichkeiten zur Betreuung von Kindern berücksichtigt werden.

So kann Frauen der Zugang zu Netzwerken ermöglicht und ihre Karriere in der Justiz maßgeblich gefördert werden. Dies kann als Teil eines langfristig angelegten Personalentwicklungskonzeptes den Weg für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei den Führungspositionen der Justiz frei räumen.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft beschließen:

 

Der Senat wird ersucht,

1. ausgehend von bereits bestehenden Maßnahmen im Rahmen eines zu erstellenden Personalentwicklungskonzepts, das die unterschiedlichen Bedingungen der Berufe in der Justiz berücksichtigt,

a. Hindernisse für Frauen beim Zugang zu Spitzenpositionen in der Justiz zu identifizieren und weitere Schritte für deren Abbau einzuleiten, um langfristig eine Erhöhung des Frauenanteils auf mindestens 50 Prozent in den Führungspositionen in der Justiz zu erreichen,

b. zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, ein Mentoring-Programm für Frauen mit Führungsambitionen in der Justiz zu initiieren, das den bilateralen Austausch zwischen Personen mit Führungsverantwortung und Personen im Einstiegsamt ermöglicht und einen Fokus auf die Vereinbarkeit von Führungsverantwortung mit familiären Pflichten legt,

c. regelmäßig die getroffenen Maßnahmen zu evaluieren.

2. der Bürgerschaft bis zum 30.06.2022 zu berichten.

sowie
  • der Abgeordneten Lena Zagst
  • Maryam Blumenthal
  • Eva Botzenhart
  • Mareike Engels
  • Alske Freter
  • Sina Imhof
  • Jennifer Jasberg
  • Lisa Kern
  • Lisa Maria Otte
  • Till Steffen (GRÜNE) und Fraktion