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Änderung des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft (HmbUAG) durch Stärkung der Betroffenenrechte

Dienstag, 23.08.2016

Im Zusammenhang mit den Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg zur HSH Nordbank und zur Elbphilharmonie hat es in den letzten Jahren mehrere Gerichtsentscheidungen gegeben (BVerfG 2 BvR 1947/15; HVerfG 5/14; OVG Hamburg 3 Bs 75/14; OVG Hamburg 3 Bs 46/14; VG Hamburg 8 E 1256/14; OVG Hamburg 5 Bs 16/10; VG Hamburg 20 E 3486/09). Gegenstand der Verfahren waren zum einen Fragen zur Rechtstellung der sog. Betroffenen im Sinne des § 19 HmbUAG und deren Mitwirkungsrechte während der Untersuchungsverfahren sowie die damit zusammenhängende Frage zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von Abschlussberichten parlamentarischer Untersuchungsausschüsse.

Am 15. September 2015 hat das Hamburgische Verfassungsgericht (HVerfG) durch Urteil (HVerfG 5/14) festgestellt, dass der Rechtswegausschluss des Art. 26 Absatz 5 Satz 1 der Hamburgischen Verfassung (HV) in Bezug auf die Abschlussberichte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse nur grundsätzlich umfassend sei. Er finde seine Grenze dort, wo eine materielle Beschränkung der Grundrechte anderer durch die Abfassung eines Abschlussberichts vorliege. Der Umfang der Beschränkung der Grundrechte sei nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zu ermitteln. In den Leitsätzen heißt es:

1. Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV (wortgleich mit Art. 44 Abs. 4 Satz 1 GG) ist dahingehend auszulegen, dass der Rechtswegausschluss in Bezug auf Abschlussberichte parlamenta-rischer Untersuchungsausschüsse umfassend ist. Er beschränkt sich weder auf die politi-sche Bewertung des Untersuchungsgegenstandes, noch sonst auf Fälle, in denen Grund-rechte durch Abschlussberichte nicht berührt werden. Der Rechtswegausschluss erfasst vielmehr auch Abschlussberichte, die mit Grundrechtseingriffen verbunden sind.

2. Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV stellt, was die gerichtliche Überprüfbarkeit von Abschlussbe-richten von Untersuchungsausschüssen der Bürgerschaft angeht, keine Ausnahmerege-lung gegenüber der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und des Art. 61 HV dar. Der Rechtswegausschluss in Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV ist vielmehr die verfah-rensrechtliche Absicherung des Rechts von Untersuchungsausschüssen der Bürgerschaft auf autonome Abfassung des Abschlussberichts. Er steht als solcher grundsätzlich gleichwertig neben der Rechtsschutzgarantie, die die subjektiven Rechte Dritter verfah-rensrechtlich absichert.

3. Das in Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV zum Ausdruck gebrachte Recht auf autonome Abfas-sung eines Abschlussberichts und die insoweit fehlende Justiziabilität in Bezug auf den A-schlussbericht bewirken eine materielle Beschränkung der Grundrechte sowie anderer Verfassungsgüter, wenn und soweit es sich im Fall einer Kollision ihnen gegenüber durchsetzt.

4. Der Umfang der Beschränkung ist nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zu ermitteln, der auch im Fall einer Kollision zwischen Grundrechten sowie durch das Grund-gesetz geschützten Verfassungsgütern und Landesverfassungsrecht anwendbar ist. Die danach im Konfliktfall vorzunehmende Abwägung ist notwendig auf den Einzelfall bezo-gen.

Die vom HVerfG getroffenen Feststellungen sind insoweit richtungsweisend, als die Abschlussberichte parlamentarischer Untersuchungsausschüsse bisher durch den in Art. 26 Absatz 5 Satz 1 HV kodifizierten Rechtswegausschluss als der gerichtlichen Überprüfung entzogen galten (vgl.OVG Hamburg Bs IV 318/86). Als Maßstab für die Überprüfbarkeit eines Abschlussberichts verweist das HVerfG in seiner Entscheidung auf eine Abwägung zwischen den zu schützenden Grundrechten und Verfassungsgütern der Betroffenen einerseits und dem Recht des Parlaments auf autonome Untersuchung und Bewertung eines Sachverhalts andererseits. Dabei seien in diese Abwägung maßgeblich die einem Betroffenen gewährten Verfahrensrechte einzubeziehen. Hier gelte: je mehr die durch die Untersuchung festgestellten Tatsachen lediglich sachpolitisch orientiert bewertet wurden, desto geringer sei regelmäßig das Schutzbedürfnis eines betroffenen Grundrechtsträgers und mithin die Justiziabilität eines die Tatsachen beinhaltenden Abschlussberichts.

Bisher haben Betroffene nach dem HmbUAG die Gelegenheit, zeitlich vor Zeugen, Zeuginnen und Sachverständigen eine zusammenhängende Darstellung zu geben. Wird die Eigenschaft als betroffene Person nach § 19 HmbUAG erst im Verlauf des Verfahrens festgestellt, ist diese über die wesentlichen Untersuchungshandlungen und deren Ergebnisse zu unterrichten, soweit sie sich auf sie beziehen und überragende Interessen der Allgemeinheit oder überwiegende Interessen Einzelner nicht entgegenstehen, § 19 Absatz 5 Satz 2 HmbUAG. Darüber hinaus haben Betroffene seit der Entscheidung des OVG Hamburg vom 3. Februar 2010 das Recht, zu dem Entwurf eines Abschlussberichts eine Stellungnahme abzugeben. Durch diese Mitwirkungsrechte wird es Betroffenen bereits jetzt ermöglicht, in einem gewissen Rahmen auf ihrer Meinung nach bestehende Defizite der Untersuchung, wie beispielsweise fehlende Beweiserhebungen, hinzuweisen. Das HVerfG weißt in seiner Entscheidung jedoch explizit darauf hin, dass hier Raum für weitere Ergänzungen der Mitwirkungsrechte im laufenden Untersuchungsverfahren bestehe. Durch die Stärkung dieser Rechte könne eine Beeinträchtigung der subjektiven Rechte der Betroffenen durch die Abfassung eines Abschlussberichts deutlich abgemildert werden. In diesem Zusammenhang nennt das HVerfG beispielhaft das Recht auf Wiedergabe einer Stellungnahme zum Entwurf des Abschlussberichts der/des Betroffenen, wie es in § 32 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages (PUAG Bund) vorgesehen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Mai 2016 die Rechtsauffassung des HVerfG insoweit bestätigt, als es eine gegen das Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und die Auslegung des HVerfG als vertretbar angesehen hat (BVerfG 2 BvR 1947/15).

Die antragstellenden Fraktionen haben das Urteil des HVerfG zum Anlass genommen, zu prüfen, inwieweit die Mitwirkungsrechte der Betroffenen nach § 19 HmbUAG entsprechend der Hinweise des Verfassungsgerichts und unter Berücksichtigung des einschlägigen Bundes- und Landesrechts sowie der zu erhaltenden Praktikabilität des Untersuchungsverfahrens gestärkt werden können.

Mit diesem Antrag sollen die erarbeiteten Änderungen in das HmbUAG aufgenommen werden. Kernpunkte sind die Kodifizierung des vom OVG Hamburg (5 Bs 16/10) geforderten und bereits praktizierten Rechts der/ des Betroffenen auf Stellungnahme zum Entwurf des Abschlussberichts, die Aufnahme einer Stellungnahme der Betroffenen in den Abschlussbericht in zusammengefasster Form sowie die Festschreibung eines grundsätzlichen Anspruchs auf Anwesenheit bei der Beweisaufnahme und auch die Möglichkeit zur Anwesenheit bei nicht-öffentlichen Sitzungen. In diesem Zusammenhang soll zudem der Begriff des Betroffenen überarbeitet werden. Die bisherige Regelung hat immer wieder zu Unklarheiten und Rechtsstreitigkeiten geführt. Im Februar 2014 hat das OVG Hamburg (3 Bs 46/14) festgestellt, dass die formelle Feststellung des Betroffenenstatus durch den Untersuchungsausschuss gemäß § 19 Absatz 2 HmbUAG lediglich deklaratorische Wirkung habe. Im Zuge der jetzt vorzunehmenden Änderungen des HmbUAG soll daher auch der Begriff des Betroffenen in Anlehnung an die Regelung aus dem Untersuchungsausschussgesetz des Bundestages (§ 32 PUAG Bund) klarstellend dahingehend geändert werden, dass die Betroffeneneigenschaft konstitutiv durch Beschluss des Untersuchungsausschusses festgestellt wird. Die Einzelheiten der Änderungen sind dem Änderungsgesetz und der Begrünung zu entnehmen.

 

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

§ 19 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse der Hamburgischen Bürgerschaft vom 27. August 1997 (HmbGVBl. 1997, S. 427) zuletzt geändert durch Art. 27 des Gesetzes vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29, 35) erhält folgende Fassung:

 

§ 19

㤠19 Betroffene

 

(1) Natürlichen Personen, die durch die Veröffentlichung des Abschlussberichtes in ihren Rechten erheblich beeinträchtigt werden können (Betroffene), ist vor Abschluss des Untersuchungsverfahrens Gelegenheit zu geben, zu den sie betreffenden Ausführungen im Entwurf des Abschlussberichtes innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Der wesentliche Inhalt der Stellungnahme ist in dem Bericht wiederzugeben.

 

(2) Der Untersuchungsausschuss stellt auf Antrag eines Mitglieds fest, wer Betroffene oder Betroffener ist. Antragsberechtigt ist auch eine Person, die geltend macht, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 bei ihr vorliegen. Der Untersuchungsausschuss unterrichtet die Person über seine Entscheidung unter Mitteilung der Gründe.

 

(3) Wird die Eigenschaft einer Person als Betroffene bzw. Betroffener bereits vor Beginn der Beweisaufnahme festgestellt, so ist ihr zeitlich vor Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen Gelegenheit zu Stellungnahme zu geben. Für Personen, deren Betroffenenstatus erst im Verlauf des Untersuchungsverfahrens festgestellt wird, gilt Absatz 5 Satz 1.

 

(4) Der Untersuchungsausschuss kann die Betroffenen befragen. § 23 gilt sinngemäß.

 

(5) Erhält jemand erst im Verlauf der Untersuchung die Stellung als betroffene Person, bleiben alle vor der Feststellung nach Absatz 2 Satz 1 durchgeführten Untersuchungshandlungen wirksam. Nach Feststellung gemäß Absatz 2 ist die oder der Betroffene über die wesentlichen Untersuchungshandlungen und deren Ergebnisse zusammengefasst zu unterrichten, soweit sie sich auf sie oder ihn beziehen und überragende Interessen der Allgemeinheit oder überwiegende Interessen einzelner nicht entgegenstehen.

 

(6) § 20 Absatz 2 gilt sinngemäß.

 

(7) Betroffene haben das Recht auf Anwesenheit bei der Beweisaufnahme. Hinsichtlich der nicht-öffentlichen Sitzung gilt § 11 Absatz 3 entsprechend.“

 

Begründung:

Allgemeines

Die teilweise Neufassung des § 19 HmbUAG anlässlich des Urteils des HVerfG zur Auslegung von Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV vom 15.09.2015 (Az.: HVerfG 5/14) hat die Stärkung der Rechte von Betroffenen zum Ziel und stellt dabei das Recht des Parlaments auf autonome Abfassung von Berichten seiner Untersuchungsausschüsse sowie eine effektive parlamentarische Untersuchung sicher. Die kollidierenden Verfassungsgüter werden, wie vom HVerfG gefordert, in Ausgleich gebracht, indem Änderungen des Verfahrens von Untersuchungsausschüssen der Hamburgischen Bürgerschaft vorgenommen werden. Durch die teilweise Neufassung werden ein Recht von Betroffenen zur Stellungnahme zu Berichtsentwürfen von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, das bisher aufgrund von verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung eingeräumt wurde (Anhörungsrecht), gesetzlich kodifiziert und ein Recht auf Wiedergabe dieser Stellungnahmen von Betroffenen neu eingeführt (Absatz 1 n.F.). Die Neufassung orientiert sich dabei an verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und an der Regelung des § 32 PUAG Bund, die wortgleich auch in Schleswig-Holstein (§ 25 SH UAG) und Mecklenburg-Vorpommern (§ 36 MV UAG mit Einschränkungen) gilt. Dies ist das Ergebnis von Diskussionen nach Abschluss des Untersuchungsausschusses „Elbphilharmonie“. Gleichzeitig wird der Begriff „Betroffene“ überarbeitet, da die bisherige Regelung zu Unklarheiten und Rechtsstreitigkeiten geführt hat. Im Februar 2014 kam das OVG Hamburg (3 Bs 46/14) im Wege einer Auslegung des Wortlauts von § 19 zu dem Ergebnis, dass die formelle Feststellung des Betroffenenstatus durch den Untersuchungsausschuss gemäß § 19 Abs. 2 HmbUAG lediglich deklaratorische Wirkung habe. Mit der Gesetzesänderung folgt die konstitutive Wirkung der Feststellung der Betroffeneneigenschaft künftig aus dem Beschluss des Untersuchungsausschusses. In diesem Zusammenhang wird das Anhörungsrecht derjenigen Betroffenen, deren Eigenschaft als Betroffene bereits vor Beginn der Beweisaufnahme festgestellt wurde (Absatz 3 n.F.) und ihre Unterrichtung durch den Ausschuss (Absatz 5 n.F.) präzisiert. Zudem werden durch ein Recht von Betroffenen auf Anwesenheit bei der öffentlichen Beweisaufnahme und die Möglichkeit ihrer Anwesenheit bei nicht-öffentlichen Sitzungen die Rechte von Betroffenen gestärkt (Absatz 7 n.F.).

 

Zu Absatz 1:

Die Neufassung kodifiziert in Absatz 1 das Anhörungsrecht für Betroffene und führt zudem ein Recht auf eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Stellungnahme von Betroffenen im Abschlussbericht ein. Ferner wird die Legaldefinition des Begriffs „Betroffene“ geändert.

Die Neufassung beruht auf einer Änderung in Anlehnung an die bundesgesetzliche Regelung in § 32 PUAG Bund. Eine inhaltliche Abweichung der Neufassung von der bundesgesetzlichen Regelung besteht jedoch darin, dass gemäß dem HmbUAG nur „natürliche Personen“ Betroffene sein können. Dies wird beibehalten. Das Festhalten an der Einschränkung, die Betroffenenstellung auf natürliche Personen zu begrenzen, ist dadurch begründet, dass Ziel der parlamentarischen Aufklärung die Frage nach einer jeweiligen individuellen Verantwortlichkeit sein sollte. Diese ist natürlichen Personen, die für juristische handeln, zuzuordnen.

Nach § 19 Abs. 1 a.F. „sind“ Betroffene natürliche Personen, über die der Untersuchungsausschuss eine wertende Äußerung abgeben will. Das OVG Hamburg hat in seiner Entscheidung vom 14.02.2014 (3 Bs 46/14) aus dem Wortlaut der Vorschrift geschlossen, dass die Feststellung der Betroffeneneigenschaft durch den Untersuchungsausschuss keine konstitutive Wirkung, sondern lediglich deklaratorischen Charakter habe. Durch die Neufassung wird der konstitutive Charakter der Feststellung der Betroffeneneigenschaft nach Absatz 2 klargestellt.

§ 19 n.F. sieht zudem nunmehr ein gesetzlich kodifiziertes Anhörungsrecht für Betroffene sowie ein neu eingeführtes Recht auf Wiedergabe ihrer Stellungnahme im Bericht vor. Das HVerfG hat mit seinem Urteil vom 15.09.2015 die Reichweite des Rechtswegausschlusses in Art. 26 Abs. 5 Satz 1 HV in Bezug auf Abschlussberichte von Untersuchungsausschüssen ausgelegt. Vor dem Hintergrund des Urteils wird durch die Änderung des § 19 eine gesetzliche Grundlage für den Ausgleich des kollidierenden Verfassungsrechts getroffen. Dabei werden das Recht der Betroffenen mit dem Recht des Parlaments auf autonome Abfassung eines Abschlussberichts seines Untersuchungsausschusses und die effektive parlamentarische Untersuchung in Ausgleich gebracht:

Das HVerfG weist darauf hin, dass in die Abwägung, ob Rechtsschutz zu gewähren ist, einzubeziehen sei, ob die Beeinträchtigung der Rechte eines Betroffenen dadurch gemildert wird, dass z.B. seine Ausführungen in dem Bericht wiedergegeben werden, so dass für jedermann die durch den Betroffenen geltend gemachten Defizite des Untersuchungsverfahrens erkennbar sind. Damit wird dem Hinweis des HVerfG auf § 32 PUAG Bund an dieser Stelle sowie auch der Feststellung des OVG Hamburg im 6. Leitsatz des dem Urteil des HVerfG vorangegangenen Beschlusses (3 Bs 75/14) zur Aufnahme des wesentlichen Inhalts der Stellungnahme von Betroffenen in den Bericht des Untersuchungsausschusses Rechnung getragen.

Betroffene haben seit einer Entscheidung des OVG Hamburg vom 03.02.2010 (5 Bs 16/10) das Recht, zu dem Entwurf eines Abschlussberichts eine Stellungnahme abzugeben. Aus diesem richterrechtlichen Mitwirkungsrecht, das es Betroffenen bereits jetzt ermöglicht, in einem gewissen Rahmen auf ihrer Meinung nach bestehende Defizite der Untersuchung, wie beispielsweise fehlende Beweiserhebungen, hinzuweisen, wird nunmehr ein gesetzliches.

Die Einführung des neuen Anspruchs in § 19 Abs. 1 Satz 2 auf Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Stellungnahme von Betroffenen in den Berichten ist eine deutliche Stärkung der Betroffenenrechte. In der Literatur zum PUAG des Bundes wird darauf hingewiesen, dass die sachliche, vollständige und wahrheitsgemäße sowie unkommentierte Wiedergabe der Stellungnahme im Bericht Kompensation für den mangelnden Rechtsschutz sei und anstelle dessen so den Betroffenen ein „Recht des letzten Wortes“ eingeräumt wird. Durch die Übernahme dieser Regelung im HmbUAG werden durch ein System von Rede (in Form des Berichts) und Gegenrede (in Form der zusammengefassten Stellungnahme im Bericht) die konkurrierenden Verfassungsgüter in Ausgleich gebracht und es soll insoweit künftigen Klagen und Eilanträgen gegen Berichtsentwürfe das Rechtsschutzbedürfnis genommen werden. Zur Gestaltung des Rechts auf Wiedergabe der Stellungnahme wäre zwar alternativ auch denkbar, den Abdruck der vollständigen Stellungnahme im Bericht vorzusehen. Dies würde ein Zeitersparnis angesichts von engen Zeitfenstern am Ende der Untersuchung vor Abschluss der redaktionellen Arbeit am Bericht bedeuten (Stichwort: ggfs. bevorstehendes Ende einer Legislaturperiode mit den Folgen der Diskontinuität). Eine Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der Stellungnahme ist jedoch vorzuziehen. Denn dies ermöglicht dem Untersuchungsausschuss in Relation zu seinem Bericht den Umfang der Stellungnahme zu kontrollieren. Zudem erhält der Untersuchungsausschuss hierdurch am Ende seiner Untersuchung eine (letzte) Gelegenheit, zur Berücksichtigung der Betroffenensicht im Bericht, indem sich die Berichtsverfasser mit dem wesentlichen Inhalt der Stellungnahme befassen.

 

Zu Absatz 3:

§ 19 Abs. 3 wird präzisiert. Die Vorschrift sieht vor, denjenigen Betroffenen deren Eigenschaft als Betroffene bzw. Betroffener bereits vor Beginn der Beweisaufnahme festgestellt wird, Gelegenheit zur Stellungnahme vor Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen zu geben. § 19 Abs. 3 räumt den Betroffenen ein Anhörungsrecht zu einem Zeitpunkt ein, zu dem sich ihre Stellungnahme noch nicht auf einen Berichtsentwurf beziehen kann, da dieser noch nicht vorliegt; er hat die natürlichen Personen im Blick, bei denen bereits vor Beginn der parlamentarischen Untersuchung der Betroffenenstatus festgestellt wird. In allen Fällen, in denen erst der Verlauf der Ermittlungen eine persönliche Verantwortlichkeit erkennen lässt bzw. in denen erst am Ende der Ermittlungen die Betroffenenstellung durch Beschluss festgestellt wird, greift die Vorschrift nicht, da dann in der Regel bereits Zeuginnen und Zeugen oder Sachverständige angehört wurden. In diesen Fällen besteht das Anhörungsrecht gemäß Absatz 1 und es bleiben alle vor der Feststellung nach Absatz 2 Satz 1 durchgeführten Untersuchungshandlungen wirksam (§ 19 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1).

 

Zu Absatz 5:

Die Modifizierung von Absatz 5 Satz 2 präzisiert das Verfahren und stellt klar, dass die Unterrichtung der oder des Betroffenen in zusammengefasster Form über die wesentlichen Untersuchungshandlungen und deren Ergebnisse, soweit sie sich auf sie oder ihn beziehen und überragende Interessen der Allgemeinheit oder überwiegende Interessen einzelner nicht entgegenstehen nach der Feststellung gemäß Absatz 2 erfolgt. Nach Abschluss der Untersuchung ist Betroffenen zudem Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß Absatz 1 durch Übersendung der sie betreffenden Ausführungen im Entwurf des Abschlussberichtes zu geben. Eine jederzeitige Stellungnahme ist Personen, die sich in ihren Rechten erheblich beeinträchtigt sehen, auch vor der konstitutiven Feststellung des Betroffenenstatus möglich, ohne durch den Ausschuss hierzu aufgefordert zu werden und unabhängig von einem rechtlichen Anspruch.

 

Zu Absatz 7:

§ 19 Abs. 7 Satz 1 räumt den Betroffenen ein grundsätzliches Recht auf Anwesenheit bei den Beweisaufnahmen des Untersuchungsausschusses und die Möglichkeit zur Anwesenheit in nicht-öffentlichen Sitzungen ein. Durch den Verweis in Absatz 7 Satz 2 auf § 11 Abs. 3 können Betroffene von nicht-öffentlichen Sitzungen durch die Vorsitzende oder den Vorsitzenden ausgeschlossen werden, wenn der Untersuchungsausschuss nicht widerspricht. § 19 Abs. 7 regelt positiv ein Recht auf Anwesenheit bei öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen des Untersuchungsausschuss, d.h. sowohl Beratungen und Beschlussfassungen als auch Sitzungen zur Beweiserhebung. Es bedeutet daher eine deutliche Stärkung der Position der Betroffenen gegenüber der bisherigen Rechtslage.

 

sowie
  • der Abgeordneten Farid Müller
  • Christiane Blömeke
  • Anna Gallina
  • Dr. Carola Timm
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion und der Abgeordneten Karin Prien
  • André Trepoll
  • Dr. Jens Wolf
  • Richard Seelmaecker
  • Dietrich Wersich (CDU) und Fraktion und der Abgeordneten Christiane Schneider
  • Cansu Özdemir
  • Sabine Boeddinghaus
  • Deniz Celik
  • Heike Sudmann (LINKE) und Fraktion und der Abgeordneten Dr. Kurt Duwe
  • Katja Suding
  • Anna von Treuenfels-Frowein
  • Michael Kruse
  • Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) und Fraktion