Zum Hauptinhalt springen

Änderung des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes

Mittwoch, 13.06.2012

zu Drs. 20/4211

Mit dem nachfolgend veränderten Gesetzentwurf sollen notwendige Klarstellungen am Gesetzentwurf des Gesundheitsausschusses in einer Weise vorgenommen werden, dass eine breit getragene Beschlussfassung über das streitbefangene Thema Passivraucherschutz in der Bürgerschaft am 13./14. Juni 2012 ermöglicht wird. Zum einen bleibt mit der Neuformulierung des Gesetzentwurfs die vom Bundesverfassungsgericht nicht in Frage gestellte „Eckkneipen-Regelung“ des bisherigen Gesetzes vollständig erhalten. Zum anderen wird für die größeren Gaststätten (größer als 75 qm) klargestellt, dass die Raucherräume kleiner sein müssen als die übrige Gastfläche.

 

 

Die Bürgerschaft möge Ziffer 1 der Beschlussempfehlung

des Gesundheitsausschusses in nachfolgend geänderter Fassung beschließen:

 

 

„1. Zweites Gesetz zur Änderung des Hamburgischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens in der Öffentlichkeit vom …

 

§ 1

Das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz vom 11. Juli 2007 (HmbGVBI. S. 211), zuletzt geändert am 15. Dezember 2009 (HmbGVBI. S. 506), wird wie folgt geändert:

1. § 2 wird wie folgt geändert:

 

1.1 In § 2 Absatz 1 wird folgende Nummer 13 eingefügt:

„13. Spielhallen“

1.2 Absatz 3 wird aufgehoben

1.3 Absatz 4 wird zu Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3) In Gaststätten gemäß Absatz 1 Nummern 9 können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Ein vollständiger Schutz der Personen in anderen Räumen dieser Einrichtungen ist zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist, dass

1. diese Räume baulich so wirksam abgetrennt werden, dass eine Gefährdung anderer durch Passivrauchen ausgeschlossen wird und die Raucherräume belüftet werden,

2. der Zutritt Personen unter 18 Jahren verwehrt ist.

3. diese Räume kleiner sind als die übrige Gastfläche.

Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere, insbesondere die technischen Voraussetzungen an Abgeschlossenheit und Belüftung der Räume, zu regeln.“

1.4. Die bisherigen Absätze 5 bis 8 werden Absätze 4 bis 7.

 

2. § 3 wird wie folgt geändert:

2.1 In Satz 1 wird die Textstelle „Absatz 3, 4, 5 oder 7“ durch die Textstelle „Absatz 3, 4 oder 6“ ersetzt.

2.2 In Satz 2 wird die Textstelle „Absatz 3, 4 oder 5“ durch die Textstelle „Absatz 3 und 4“ ersetzt.

2.3 In Satz 3 wird die Zahl „5“ durch die Zahl „4“ ersetzt.

 

3. In § 5 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

3.1 In Nummer 3 wird die Textstelle „Absatz 3, 4 oder 5“ durch die Textstelle „Absatz 3 und 4“ ersetzt und das Wort „oder“ am Ende durch ein Komma ersetzt.

 

§ 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. September 2012 in Kraft.“

 

 

 

Allgemeine Begründung

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 21.02.2012 bedarf es einer Neuregelung der Ausnahmeregelungen für Gaststätten im Hamburgischen Passivraucher¬schutzgesetz. Nach einer bundesweit einmaligen Regelung durften in Hamburg reine Schankwirtschaften über 75 qm getrennte Raucherräume einrichten, Speisegaststätten über 75 qm hingegen nicht. Eine vergleichbare Regelung gab es in anderen Bundesländern nicht. Entweder gelte dort ein striktes Rauchverbot oder die Einrichtung von abgeschlossenen Raucherräumen werde unabhängig davon zugelassen, ob in den jeweiligen Gaststätten zubereitete Speisen angeboten werden oder nicht. Das Bundesverfassungsgericht sieht hierin eine Ausnahme, die nicht zu rechtfertigen ist. Das BVerfG hat daraufhin entschieden, dass § 2 Absatz 4 HmbPSchG verfassungswidrig ist. Bis zu einer Neuregelung dieser Vorschrift dürfen nun auch Speisegaststätten in Hamburg getrennte Raucherräume einrichten. Vor diesem Hintergrund ist eine zeitnahe Neuregelung geboten, um einen wirksamen Nichtraucherschutz weiterhin sicherzustellen.

 

 

 

Einzelbegründung

 

Zu Ziff. 1

In seinem Urteil vom 30.07.2008 erwähnt das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich die besondere Bedeutung des Gesundheitsschutzes vor den Gefahren durch Tabakrauchexposition als Gemeinwohlbelang und achtbares Ziel. Das Bundes¬verfassungsgericht betont in seinem Urteil 2012, dass durch strikte Einhaltung der Vorgaben, Raucherräume baulich so wirksam abgetrennt werden können, dass eine Gefährdung anderer ausgeschlossen ist. (vgl. BVerfG, 1 BvL. 21/11 vom 24.1.2012, Rn 52). Dieses vorausgeschickt ist es aus Gründen eines konsequenten Gesundheitsschutzes geboten, diese so auszustatten, dass sie einen sicheren Schutz vor Passivrauchen bieten. Dieses ist insbesondere deshalb geboten, da Ausnahmeregelungen in anderen Einrichtungen nach § 2 Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz zukünftig nicht mehr bzw. nur noch in äußerst geringem Umfang möglich sind (vgl. Drs. 20/4211). Der Schutz vor der Belastung durch Tabakrauch und die Berücksichtigung der Interessen der Gastronomie sollen durch entsprechend hohe technische Anforderungen an die Belüftung und Abgeschlossenheit von Raucherräumen berücksichtigt werden. Die Einzelheiten soll eine Verordnung regeln.

Klargestellt ist gegenüber der Fassung in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses nunmehr, dass die Raucherräume kleiner sein müssen als die übrige Gastfläche. Etwas anderes wäre mit der Ausrichtung auf konsequenten Nichtraucherschutz nicht vereinbar.

Auf eine Neuregelung des Ausnahmetatbestandes für die sog. „Eckkneipe“ kann demgegenüber vorliegend verzichtet werden; insoweit wird die Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses verändert. Die diesbezügliche Regelung bleibt inhaltlich unangetastet, da diese Ausnahme vom Rauchverbot vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich nicht angegriffen wurde; sie existiert so in 14 von 16 Bundesländern. Die bisherige und zukünftige Ausnahme vom Rauchverbot für die getränkegeprägte Kleingastronomie ist die rechtsprechungskonforme Umsetzung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008 und greift konkret auf die in dem Urteil normierten Ausnahmekriterien für die sog. „getränkegeprägte Kleingastronomie“ zurück. Die be¬stehende Regelung greift diese Formulierung des Bundesverfassungsgerichts 1:1 auf. Darin heißt es (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07; 1 BvR 402/08; 1 BvR 906/08, (Auszug, Hervorhebung durch die Antragsteller)):

 

„Bei der Bestimmung der genauen Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand zugunsten der Kleingastronomie sind die Landesgesetzgeber, weil es um die Ordnung von Massenvorgängen geht, an typisierenden Regelungen nicht gehindert (vgl. BVerfGE 111, 115 137>). So lässt sich dem Merkmal des spezifisch getränkeorientierten Angebots der betroffenen Gaststätten dadurch Rechnung tragen, dass Betriebe, für die das Verabreichen zubereiteter Speisen gemäß § 3 GastG erlaubt worden ist, von der Ausnahme nicht erfasst werden. Zur Eingrenzung der Ausnahme auf kleinere Gaststätten ohne abtrennbaren Nebenraum kommt die Festlegung eines Höchstmaßes für die Grundfläche des Gastraums oder die Zahl der für Gäste vorgehaltenen Sitzplätze in Betracht; beide Parameter können auch kombiniert werden. Möglich ist es ferner, den Umstand, ob eine Gaststätte im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 2 des Nichtraucherschutzgesetzes Saarland „inhabergeführt“ betrieben werden kann, als Anknüpfungspunkt für die besonders belastete Kleingastronomie zu wählen. Den Landesgesetzgebern bleibt es ferner unbenommen, für Gaststätten, die als Raucherlokale betrieben werden, eine Kennzeichnungspflicht vorzusehen, um Gäste bereits vor dem Betreten solcher Lokale darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich in Räumen aufhalten werden, in denen sie keinen Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens erwarten können.“

 

Das Urteil des BVerfG für das Hamburgische Passivraucherschutzgesetz aus 2012 hatte ausdrücklich nicht die „Eckkneipenregelung“ zum Inhalt, sondern die Unterscheidung zwischen Schank- und Speisewirtschaften über 75 qm. Diese Kriterien für die „Eckkneipen“ sind durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 für das Hamburger Gesetz nicht in Zweifel gezogen worden. Das BVerfG hat nur klargestellt, dass der Ausnahmetatbestand für die KLEINEN Kneipen, bei denen das Thema Speisen EIN Differenzierungskriterium unter mehreren sein KANN, nicht auch als Begründung für die GRÖßEREN Kneipen herhalten kann. Konkret heißt es im Beschluss (BVerfG, 1 BvL 21/11 vom 24.1.2012, Auszug, Hervorhebungen durch die Antragsteller):

 

„Vielmehr hat der Senat spezifische Auswirkungen nur für eine bestimmte Gruppe von Schankwirtschaften zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und besondere wirtschaftliche Nachteile allein für die getränkegeprägte Kleingastronomie bejaht (BVerfGE 121, 317 363>), die namentlich durch „Eckkneipen“ (BVerfG, a.a.O., S. 358) oder „Einraumkneipen“ (BVerfG, a.a.O., S. 364) repräsentiert wird. Maßgebend für die vom Senat getroffene Unterscheidung war ausdrücklich nicht allein die Ausrichtung solcher Gaststätten als Schankwirtschaften, sondern - neben der geringeren Zahl von Sitzplätzen - die besondere Gästestruktur, die gegenüber anderen Gastronomiesparten durch eine vergleichsweise hohe Zahl von rauchenden Gästen gekennzeichnet ist (BVerfG, a.a.O., S. 363) und mithin bei einem Rauchverbot existenzbedrohliche Umsatzrückgänge befürchten lässt (BVerfG, a.a.O., S. 365). Es war bereits damals nicht und ist heute noch weniger zu erkennen, dass über diesen speziellen Gaststättentypus hinaus, der in besonderer Weise durch rauchende Stammgäste geprägt wird, Schankwirtschaften im Vergleich mit Speisewirtschaften allgemein von einem Rauchverbot in einem solchen Maße wirtschaftlich stärker betroffen wären, dass dies den völligen Begünstigungsausschluss aller Speisewirtschaften rechtfertigen könnte.

 

Insofern gibt es keinerlei verfassungsrechtliche Zweifel am Fortbestehen der bisherigen Eckkneipenregelung. Eine Öffnung der Bestimmung für kleine Speisewirtschaften ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerfG nicht geboten.

 

Zu Ziff. 2 und 3

Hierin sind notwendige Folgeänderungen enthalten.