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Ausbildungsplatzgarantie für alle jungen Menschen in Hamburg durch ein stärkeres Engagement von Wirtschaft und Politik in der beruflichen Ausbildung

Mittwoch, 06.06.2007

In der Vergangenheit wurde die Situation auf dem Hamburger Ausbildungsmarkt vom Hamburger Senat schön geredet. Anstatt neue und zugleich zusätzliche Ausbildungsplätze sicherzustellen, hat die Wirtschaft im Wesentlichen nur ‚neue’ Plätze bereitgestellt, die den seit Jahren stattfindenden Wegfall von Ausbildungsplätzen nicht einmal kompensieren konnten. Nur ca. 16% aller Hamburger Unternehmen bilden aus, obwohl ca. 40% potentiell „ausbildungsfähig“ wären. In 2006 gingen erstmals über 50% Hamburger Ausbildungsplätze an Jugendliche aus dem Umland! Dies bewirkt einen enormen Verdrängungswettbewerb im Hamburger Ausbildungsmarkt. Nur noch 30 % der Jugendlichen aus einem aktuellen Hamburger Schülerjahrgang können nach ihrem Schulabschluss direkt in eine duale Ausbildung wechseln. Zugleich ist die schulische Vorbildung von Jugendlichen mit Ausbildungsvertrag in Hamburg enorm gestiegen. Von allen Jugendlichen mit Ausbildungsvertrag in Hamburg in 2006 haben nur noch 1,1 % keinen Schulabschluss, 18,9%, haben einen Hauptschulabschluss und der der Anteil der Abiturienten liegt bei 34,4 %. Hamburg bietet im Bundesvergleich Jugendlichen ohne Schulabschluss die zweitschlechtesten Chancen auf einen Ausbildungsplatz und denen mit Hauptschulabschluss die schlechtesten Chancen. Dagegen belegt Hamburg mit seinem Anteil von 34,4 % Abiturienten den absoluten Spitzenplatz. Zum Vergleich: im Bundesdurchschnitt hatten 2005 30,8 % der Jugendlichen mit neuem Ausbildungsvertrag einen Hauptschulabschluss und nur 17 % das Abitur/Fachabitur. Das durchschnittliche Alter zu Beginn einer dualen Ausbildung ist in Hamburg (2005) auf mittlerweile 20,3 Jahre angestiegen (Bundesdurchschnitt: 19,3 Jahre). Der Ausländeranteil an allen Auszubildenden ist dagegen kontinuierlich von 10,9 % in 1995 auf 6 % in 2005 gesunken.

 

Die wenigen zusätzlichen Ausbildungsplätze, die aufgrund der konjunkturellen Entwicklung im letzten Jahr in Hamburg entstanden sind und das 1000-Stellen-Ausbildungsplatzprogramm des Senats, das sich vor allem an Jugendliche in Warteschleifen wendet haben längst nicht den großen Bedarf an Ausbildungsplätzen gedeckt. Im Gegenteil, im Laufe der letzten Jahre hat sich fast ein kompletter Jahrgang Hamburger Schulabgänger als so genannte „Bugwelle“ auf dem Hamburger Ausbildungsmarkt angesammelt. Je nach Schätzung sind dies bis zu 10.000 Jugendliche. Viele von ihnen haben keinen Schulabschluss. Der jährliche Anteil der Jugendlichen ohne Schulabschluss ist in Hamburg seit Jahren unverändert hoch: Im Jahr 2006 waren es 12,3 %. Ein großer Teil dieser Jugendlichen weicht in kostenintensive Warteschleifen aus, die häufig nicht zu deutlich verbesserten Chancen auf einen Ausbildungsplatz verhelfen (Berufsfachschulen, Berufsvorbereitung etc.). Entsprechend bleiben viele dieser Jugendlichen und jungen Erwachsenen später Ausbildungs- und Arbeitslos. Im Mai 2007 gab es in Hamburg 1.407 arbeitslose Jugendliche unter 20 Jahren und 6.822 arbeitslose Jugendliche zwischen 20 und unter 25 Jahren.

 

Die Wirtschaft muss ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und glaubhaft zusagen, ihr Ausbildungsplatzangebot um mindestens zehn Prozent zusätzliche neue Ausbildungsplätze zu steigern. Auch die Politik muss ihr Engagement zur Versorgung der jungen Leute mit Ausbildungsplätzen massiv steigern.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen,

 

der Senat wird aufgefordert:

 

I. Mit der Hamburger Wirtschaft in Verhandlungen zu treten und dabei darauf zu bestehen, dass die Wirtschaft mindestens zehn Prozent (ca. 900) ‚echte’, d.h. zusätzliche und neue Ausbildungsplätze bereitstellt und damit ihr Ausbildungsplatzangebot erweitert;

 

II. sein Engagement für die berufliche Ausbildung der jungen Menschen in Hamburg entschieden auszuweiten, indem er:

 

1. das 1000-Stellen-Ausbildungsplatzprogramm aus dem Jahr 2006 verstetigt und jährlich so lange anbietet, bis die „Bugwelle“ der unversorgten Jugendlichen und den Jugendlichen in „Warteschleifen“ deutlich abgebaut wurde;

 

2. die ESF-Gelder für das Sonderprogramm für zusätzliche Ausbildungsplätze aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds verdoppelt;

 

3. aktiv auf eine Änderung des SGB III hinwirkt, damit der Bundesagentur für Arbeit zukünftig die Gewährung von Ausbildungsplatzzuschüssen für benachteiligte Altbewerber ermöglicht wird und damit zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze gewonnen werden können;

 

4. die Möglichkeiten des novellierten Berufsbildungsgesetzes (BBiG) nutzt und an den Berufsschulen Berufsausbildungsgänge anbietet, die zur Kammerprüfung berechtigen;

 

5. ein effektives externes Ausbildungsmanagement für Verbundausbildungsplätze (z.B. EXAM) bedarfsgerecht ausbaut;

 

6. dafür sorgt, dass Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss bzw. mit Hauptschul- oder schwachem Realschulabschluss eine intensive individuelle Begleitung in der Phase zwischen Schulabgang und Ausbildungsbeginn erhalten.