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Ausgewogene Altersstruktur an Hamburger Gerichten erhalten – späteren Eintritt in den Ruhestand im Richterdienst ermöglichen

Montag, 19.02.2018

Die Pensionierungswelle der vergangenen Jahre im Bereich der Richterschaft hat dazu geführt, dass an den Hamburger Gerichten vermehrt junge Richterinnen und Richter tätig sind, denen eine zunehmend geringer werdende Zahl älterer Kolleginnen und Kollegen gegenübersteht. Auch in diesem und im nächsten Jahr stehen Pensionierungen einer nicht unerheblichen Zahl von erfahrenen Richterinnen und Richtern an. Gleichzeitig bestand und besteht insbesondere im Strafbereich, aber auch aufgrund der mit den Asylverfahren verbundenen Mehrbelastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ein hoher Personalbedarf an den Gerichten.

Wann ein Richter auf Lebenszeit in den Ruhestand eintritt, hängt von seinem jeweiligen Geburtsjahr ab. Das Hamburgische Richtergesetz sieht für alle Jahrgänge ab dem Geburtsjahr 1964 eine Regelaltersgrenze von 67 Jahren vor. Für die Richter auf Lebenszeit der Jahrgänge 1947 bis 1963, zu denen auch die in 2018 und 2019 in den Ruhestand eintretenden Richter gehören, wird die Regelaltersgrenze in § 7 Abs. 2 des Hamburgischen Richtergesetzes sukzessive von 65 Jahren und 1 Monat auf 66 Jahre und 10 Monate angehoben. Die Möglichkeit, den Eintritt in den Ruhestand auf Antrag bis zur Altersgrenze von 67 Jahren hinauszuschieben, besteht für diese Richterinnen und Richter indes – im Unterschied zur Regelung für Beamte im Hamburgischen Beamtengesetz – bisher nicht.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll dies geändert werden mit dem Ziel, eine möglichst ausgewogene Altersstruktur an den Hamburger Gerichten zu erhalten. Den noch im Dienst befindlichen Richtern auf Lebenszeit der Jahrgänge vor 1964 soll die gesetzliche Möglichkeit eröffnet werden, den Eintritt in den Ruhestand auf ihren Antrag hin bis (maximal) zur Vollendung des 67. Lebensjahres hinauszuschieben.

 

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Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

 

Gesetz

zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts

 

Vom …

 

§ 1

Artikel 26 Absatz 3 des Gesetzes zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 405), geändert am 17. Februar 2014 (HmbGVBl. S. 70), erhält folgende Fassung:

„(3) Artikel 1 § 35 Absatz 5 und Artikel 8 Nummern 4.5 und 4.6 treten am 1. Januar 2020 in Kraft. In Artikel 17 treten in Nummer 5.6 der Absatz 6 sowie Nummer 9 am … [einzusetzen ist das Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] in Kraft.“

 

§ 2

(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

 

(2) Abweichend von § 7 Absatz 6 Satz 2 des Hamburgischen Richtergesetzes kann der Antrag im Zeitraum vom … bis zum … [einzusetzen ist der Zeitraum eines Jahres beginnend mit dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes] mit einer verkürzten Frist von zwei Monaten vor dem Ablauf der Dienstzeit gestellt werden.

 

Begründung

 

A. Allgemeines

 

Die aktuelle Fassung des Hamburgischen Richtergesetzes (HmbRiG) vom 2. Mai 1991 (HmbGVBl. S. 169), zuletzt geändert am 4. April 2017 (HmbGVBl. S. 96, 97), sieht für die in der Freien und Hansestadt tätigen Richterinnen und Richter auf Lebenszeit feste Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand vor. Zur Gewährleistung einer möglichst ausgewogenen Altersstruktur an den Gerichten der Freien und Hansestadt Hamburg soll vor dem Hintergrund des aktuell hohen Personalbedarfs den noch im Dienst befindlichen Richterinnen und Richtern der Geburtenjahrgänge vor 1964 die Möglichkeit eröffnet werden, auf Antrag den Eintritt in den Ruhestand bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs hinauszuschieben.

Wann ein Richter auf Lebenszeit der FHH in den Ruhestand eintritt, hängt von seinem jeweiligen Geburtsjahr ab. Gemäß § 7 Absatz 1 Hamburgisches Richtergesetz treten die Richter auf Lebenszeit mit dem Ende des Monats in den Ruhestand, in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden. Nach § 7 Absatz 2 HmbRiG gilt dies allerdings nicht für Richter auf Lebenszeit, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind: Für die Geburtenjahrgänge vor 1947 wird die Regelaltersgrenze nach § 7 Absatz 2 Satz 1 HmbRiG mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. Für die Jahrgänge 1947 bis 1963, zu denen auch die in 2018 und dem kommenden Jahr in den Ruhestand eintretenden Richter gehören, hebt § 7 Absatz 2 Satz 3 die Regelaltersgrenze sukzessive von 65 Jahren und einem Monat auf 66 Jahre und zehn Monate an. Nach § 7 Absatz 3 HmbRiG kann der Eintritt in den Ruhestand nicht hinausgeschoben werden, soweit nicht ein Fall von Absatz 6 vorliegt.

§ 7 Absatz 6 des HmbRiG, der den vor dem 1. Januar 1964 geborenen Richterinnen und Richtern die Option eröffnet, den Eintritt in den Ruhestand bis 67 hinauszuschieben, ist aktuell noch nicht in Kraft. Die Regelung wurde durch Artikel 17 Nummer 5.6 des Gesetzes zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts vom 15. Dezember 2009 (HmbGVBl. S. 405), zuletzt geändert am 17. Februar 2014 (HmbGVBl. S. 70), eingeführt. Sie lautet: „Auf Antrag des Richters auf Lebenszeit, der zu dem in Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 bestimmten Personenkreis gehört, ist der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand um ein oder zwei Jahre, längstens aber bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs hinauszuschieben. Der Antrag ist spätestens sechs Monate vor dem Ablauf der Dienstzeit zu stellen. Der Antrag, den Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand um ein Jahr hinauszuschieben, kann zweimal gestellt werden. Wenn der Zeitraum von ein oder zwei Jahren nicht erfüllt werden kann, weil bereits vor Ablauf dieser Zeit das 67. Lebensjahr vollendet ist, ist auf Antrag des Richters auf Lebenszeit der Eintritt in den Ruhestand um einen kürzeren Zeitraum bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs hinauszuschieben.“ Die 2009 ursprünglich erlassene Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Hamburgischen Beamtenrechts sah dabei in Artikel 26 Absatz 3 alte Fassung als Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 7 Absatz 6 HmbRiG den 1. Januar 2015 vor. Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Förderung der Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft vom 17. Februar 2014 (HmbGVBl. 70) wurde dies später auf den 1. Januar 2020 geändert.

Das Hinausschieben des Inkrafttretens von § 7 Absatz 6 HmbRiG durch das Gesetz zur Förderung der Mobilität zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft erfolgte aus haushaltspolitischen Gründen. Zur Vermeidung von Schulden plante der Senat bis 2019/2020 den strukturellen Haushaltsausgleich zu schaffen. Der weitere Anstieg der Ausgaben Hamburgs sollte in den darauffolgenden Jahren auf weniger als 1 vom Hundert (v. H.) begrenzt werden. Die Reduzierung der Personalkosten sollte durch eine Verminderung des Personalbestandes erfolgen. Neben weiteren Regelungen wurde daher die Möglichkeit für Beamte und Richter der FHH, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, begrenzt. Hinsichtlich der Gruppe der Beamten wurde das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand auf Antrag – wie bereits vor der Novelle des Hamburgischen Beamtengesetzes – an das Vorliegen eines dienstlichen Interesses geknüpft, und der mit dem Gesetz zur Neufassung des hamburgischen Beamtenrechts ab dem 1. Januar 2015 eingeräumte Anspruch verschoben. Parallel wurde für die Gruppe der Richterschaft ebenfalls der durch das Gesetz zur Neufassung des hamburgischen Beamtenrechts ursprünglich ab dem 1. Januar 2015 vorgesehene, voraussetzungslose Anspruch auf ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand auf den 1. Januar 2020 verschoben.

 

Durch die Pensionierungswelle innerhalb der Richterschaft in den vergangenen Jahren, gepaart mit einem hohen Personalbedarf, der sich in den letzten Jahren etwa im Strafbereich und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit ergeben hat, hat sich nun allerdings die Altersstruktur der an den Gerichten der FHH tätigen Richter erheblich verschoben. Eine große Zahl junger Richterinnen und Richter profitiert von den Erfahrungen einer immer geringer werdenden Zahl lebensälterer und praxiserfahrener Kolleginnen und Kollegen. Bis zum derzeit vorgesehenen In-Kraft-Treten von § 7 Absatz 6 HmbRiG, der innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmens des gesetzlichen Richters eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Regelaltersgrenze zulässt, würde eine nicht unerhebliche Zahl weiterer erfahrener Richterinnen und Richter, die die erst ab 2020 geltende Regelung nicht nutzen können, noch vor dem 67. Lebensjahr in den Ruhestand eintreten müssen. Um einer weiteren Verschiebung der Altersstruktur vorzubeugen und um im Sinne einer leistungsfähigen Justiz ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen jungen und lebensälteren, praxiserfahrenen Richterinnen und Richtern zu erwirken sowie schließlich auch um den Bedürfnissen einer länger aktiven Generation Rechnung zu tragen, soll daher die Regelung des § 7 Absatz 6 HmbRiG sofort in Kraft gesetzt werden. Zugleich soll die in § 7 Absatz 6 HmbRiG vorgesehene 6-Monats-Frist für den Antrag des Richters auf Lebenszeit, den Eintritt in den Ruhestand hinauszuschieben, für einen Übergangszeitraum erheblich verkürzt werden, um der Gesetzesänderung schnellstmöglich Wirkungskraft zukommen zu lassen.

 

B. Einzelbegründung

 

Zu § 1

Durch die vorgesehene Änderung von Artikel 26 Absatz 3 des Gesetzes zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts vom 15. Dezember 2009 erlangt die Regelung des § 7 Absatz 6 Hamburgisches Richtergesetz mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des vorliegenden Änderungsgesetzes sofortige Geltungskraft. Den Bedürfnissen einer länger aktiven Generation soll dadurch bereits zugunsten derjenigen Richterinnen und Richter Rechnung getragen werden, die noch vor dem 1. Januar 2020 in den Ruhestand eintreten würden. Ihnen wird die Möglichkeit eröffnet, den Eintritt in den Ruhestand bis längstens zur Vollendung des 67. Lebensjahrs hinauszuschieben; die Möglichkeit des vorzeitigen Ruhestandes nach § 7 Abs. 4 HmbRiG bleibt unberührt, was den betroffenen Richterinnen und Richtern zusätzliche Flexibilität verschafft. Durch diese Regelung wird die Gleichstellung der betroffenen Richterinnen und Richter mit den später folgenden Jahrgängen erwirkt. Zugleich dient die Änderung dem Ziel einer ausgewogenen Altersstruktur innerhalb der Richterschaft und bietet im Sinne einer leistungsstarken Justiz die Möglichkeit, weiter auf die Erfahrungen lebensälterer Richterinnen und Richter zurückzugreifen.

Zuständig für Streitigkeiten sind die Richterdienstkammern.

 

Zu § 2

Für die Übergangszeit von einem Jahr ab dem Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes wird die Frist für die Stellung des Antrags auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs für die Richterinnen und Richter auf Lebenszeit der Geburtenjahrgänge vor 1964 auf zwei Monate verkürzt. Die temporäre Verkürzung der Frist soll im Sinne der Funktionsfähigkeit der Justiz die unmittelbare Wirksamkeit der Gesetzesänderung gewährleisten. Zugleich schafft die Fristverkürzung innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmens mehr Flexibilität für diejenigen Richterinnen und Richter, deren Eintritt in den Ruhestand unmittelbar bevorsteht. Eine permanente Verkürzung der in Artikel 17 Nummer 5.6 Absatz 6 des Gesetzes zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts vom 15. Dezember 2009 vorgesehenen Frist von 6 Monaten für die Stellung des Antrags auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand wäre andererseits nicht sachgerecht, da sich der Dienstherr aufgrund der durch die richterliche Unabhängigkeit (Artikel 97 des Grundgesetzes) erforderlichen Ausgestaltung als Anspruchsregelung einer personalwirtschaftlichen Steuerungsmöglichkeit ohnehin weitgehend begeben muss. Die 6-Monatsfrist dient insoweit der besseren personalwirtschaftlichen Planbarkeit und ist nur für eine überschaubare Übergangszeit teilweise entbehrlich.

 

 

sowie
  • der Abgeordneten André Trepoll
  • Richard Seelmaecker
  • Dennis Gladiator
  • Joachim Lenders
  • Michael Westenberger (CDU) und Fraktion und der Abgeordneten Dr. Carola Timm
  • Anna Gallina
  • René Gögge
  • Farid Müller
  • Dr. Anjes Tjarks (GRÜNE) und Fraktion und der Abgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein
  • Carl Jarchow
  • Michael Kruse
  • Jennyfer Dutschke
  • Dr. Kurt Duwe
  • Jens Meyer (FDP) und Fraktion