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Beteiligung stärken – Bedienstete mitnehmen Änderungen des Beamtenrechts mitarbeiterfreundlich gestalten

Mittwoch, 09.12.2009

zu Drs. 19/4693 (Bericht des Innenausschusses

zum Senatsentwurf Neuregelung des Beamtenrechts Drs. 19/3757)

 

Die Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts kann kaum als „großer Wurf“ bezeichnet werden – es ist eine eher technische und ganz überwiegend traditionell geprägte Transformation des bisherigen Bundesrechts in Landesrecht ohne bemerkenswerte neue Akzente. Einmal mehr stellt sich die Frage, ob die Föderalismusreform hier für die Länder – und vor allem für die Landesparlamente - einen Zugewinn gebracht hat.

Der Innenausschuss hat – auf Basis von berechtigter Kritik im Anhörverfahren und von Oppositionsseite – bereits wichtige Korrekturen an dem Gesetzentwurf des Senats zur Neufassung des Beamtengesetzes formuliert. So hat der Innenausschuss einstimmig dafür votiert, das vom Senat vorgeschlagene Uniformtrageverbot für Polizistinnen und Polizisten auf allgemein-politische Demonstrationen zu begrenzen (§ 113), die Maßgaben für die maximal zulässige zeitliche Belastung durch Nebentätigkeiten konkretisiert (§ 73 Absatz 1 Satz 3), den Datenschutz bei Personalakten gestärkt (§ 85 Absatz 2) und eine Auslagerung besoldungs- und versorgungsrechtlicher Aufgaben an private Dienstleister abgewendet.

Doch gerade im Bereich der Mitbestimmung der Bediensteten wurden wichtige Hinweise im Verfahren nicht aufgenommen. Dieses ist umso verwunderlicher, als die schwarz-grüne Regierungskoalition angetreten ist, um demokratische Beteiligungsrechte in Hamburg zu stärken. Die entsprechenden Chancen hierzu im Beamtenrecht wurden nicht genutzt. Dieses muss nachgeholt werden. Gerade in Zeiten, in denen sich die öffentliche Verwaltung vielfältigen neuen Herausforderungen konfrontiert sieht, müssen die Bediensteten „mitgenommen“ und aktiv an den Prozessen beteiligt werden. Dieses muss – neben anderen Änderungspunkten - deutlich verbindlicher als bisher im Gesetz verankert werden.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

„1. Die Bürgerschaft möge den Gesetzentwurf zur Neuregelung des hamburgischen Beamtenrechts aus Drs. 19/3757 mit den im Innenausschuss beschlossenen Änderungen (Drs. 19/4693) sowie mit folgenden weiteren Änderungen beschließen:

Änderungsvorschlag der SPD-Fraktion Erläuterung

1. Änderungen zu Artikel 1 (Hamburgisches Beamtengesetz)

a. Hinter § 63 wird folgender § 63a eingefügt:

„§ 63a Altersteilzeit bei Schwerbehinderung und begrenzter Dienstfähigkeit

(1) Beamtinnen und Beamten mit Dienstbezügen, bei denen zum Zeitpunkt der Antragstellung die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Absatz 2 des SGB IX oder die begrenzte Dienstfähigkeit nach § 41 Absatz 5 dieses Gesetzes festgestellt ist, kann auf Antrag, der sich auf die Zeit bis zum Beginn des Ruhestands erstrecken muss, Teilzeitbeschäftigung als Altersteilzeit mit der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit, höchstens der Hälfte der in den letzten zwei Jahren vor Beginn der Altersteilzeit durchschnittlich zu leistenden Arbeitszeit, bewilligt werden, wenn

1. der Beamte das 57. Lebensjahr vollendet hat,

2. er in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Altersteilzeit insgesamt drei Jahre mindestens teilzeitbeschäftigt war,

3. dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

(2) Altersteilzeit kann in der Weise bewilligt werden, dass

1. während des gesamten Bewilligungszeitraums Teilzeitarbeit mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet wird (Teilzeitmodell) oder

2. während der ersten Hälfte des Bewilligungszeitraums die Arbeitszeit auf die bisherige Arbeitszeit, höchstens die in den letzten zwei Jahren vor Beginn der Altersteilzeit durchschnittlich zu leistende Arbeitszeit, erhöht und diese Arbeitszeiterhöhung in der zweiten Hälfte des Bewilligungszeitraums durch eine volle Freistellung vom Dienst ausgeglichen wird (Blockmodell).

Altersteilzeit mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit kann nur bewilligt werden, wenn der Beamte vor der vollen Freistellung von der Arbeit mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit Dienst leistet; dabei bleiben geringfügige Unterschreitungen des notwendigen Umfangs der Arbeitszeit außer Betracht. Bei Beantragung der Altersteilzeit im Blockmodell muss der Beamte unwiderruflich erklären, ob er bei Bewilligung der Altersteilzeit mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand treten oder ob er einen Antrag nach § 36 stellen wird.

(3) Der Senat kann von der Anwendung des Absatzes 1 ganz oder für bestimmte Verwaltungsbereiche und Beamtengruppen absehen und die Altersteilzeit auf bestimmte Verwaltungsbereiche und Beamtengruppen beschränken. Er kann bestimmen, wie die in bestimmten Verwaltungsbereichen die ermäßigte Arbeitszeit nur nach Absatz 2 abgeleistet werden darf. Die Entscheidungen nach Satz 1 und 2 unterliegen der Mitbestimmung nach § 93.

(4) § 62 Absatz 2 gilt entsprechend.“ In Anlehnung an eine kürzlich in Baden-Württemberg auf den Weg gebrachte Änderung sollen schwerbehinderte und begrenzt dienstfähige Beamtinnen und Beamte die Möglichkeit erhalten, unter den besonderen finanziellen Bedingungen der Altersteilzeit in den Ruhestand zu gleiten.

Der Gesetzesvorschlag ist dabei ein Kompromiss zwischen den Forderungen der Gewerkschaften, Altersteilzeit voraussetzungslos wieder einzuführen und der Auffassung des Senats, gänzlich auf sie zu verzichten. Diese Regelung eröffnet gerade Bediensteten mit besonderen physischen und psychischen Belastungssituationen in ihrer jahrzehntelangen Dienstzeit flexible Übergänge in den Ruhestand und trägt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im besonderen Maße Rechnung.

Die Regelung der Absätze 1 und 2 wird – wie in Schleswig-Holstein - unter eine Vorbehaltsoption genannt, um besonderen Situationen, z.B. einzelner Verwaltungsbereiche und Berufsgruppen, Rechnung zu tragen. Die Ausübung des Vorbehalts unterliegt der Mitbestimmung.

Die im Vergleich zur herkömmlichen Teilzeit vergünstigten Rahmenbedingungen der Altersteilzeit sind noch im Hamburgischen Besoldungs- und Versorgungsrecht zu verankern, welches derzeit mit Drs. 19/4246 in den bürgerschaftlichen Ausschüssen beraten wird.

Die Ablehnung eines Antrags auf Altersteilzeit unterliegt der Mitbestimmung (§ 87 Absatz 1 Nr. 12 a) PersVG nF).

b. § 70 Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„(4) Als Nebentätigkeit gilt nicht die Ausübung eines Mandats in der hamburgischen Bürgerschaft, die Tätigkeit zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften und Berufsverbänden oder in Organen von Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten sowie einer unentgeltlichen Vormundschaft, die Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter, Betreuung oder Pflegschaft eines Angehörigen. Die Übernahme eines öffentlichen Ehrenamtes ist vorher schriftlich mitzuteilen.“ Hiermit wird der Wunsch von DGB und DBB aufgegriffen, Engagement in Gewerkschaften nicht nur als nicht anzeigepflichtige (Neben-) Tätigkeit zu qualifizieren, sondern begrifflich vollständig aus den Nebentätigkeiten auszuklammern. Dieses Verständnis wird auch der grundgesetzlich geschützten gewerkschaftlichen Tätigkeit und der Koalitionsfreiheit deutlich besser gerecht als die bisherige Regelung.

c. § 93 erhält folgende Fassung:

„(1) Die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und der Berufsverbände wirken bei der Vorbereitung und Gestaltung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse mit. Sie sind frühzeitig und umfassend mit dem Ziel sachgerechter Verständigung zu beteiligen.

(2) Senat und Spitzenorganisationen der Gewerkschaften können in einer Vereinbarung das nähere Verfahren zur Mitwirkung und Umsetzung der in Absatz 1 genannten Ziele regeln.

(3) Vorschläge der Spitzenorganisationen zu oder für Gesetzentwürfe, die keine Berücksichtigung gefunden haben, werden der Bürgerschaft unter Angabe der Gründe mitgeteilt.“

Weitgehende Übernahme eines Vorschlags des DGB zur Stärkung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften

d. § 102 wird gestrichen. Der Gesetzentwurf des Senats sieht vor, Widersprüchen und Anfechtungsklagen gegen Versetzungen und Abordnungen keine aufschiebende Wirkung mehr beizumessen. Dafür ist kein Bedürfnis ersichtlich. Dem Arbeitgeber ist es unbenommen, bei Bedarf die sofortige Vollziehung der Maßnahmen anzuordnen, um die Beamten umzusetzen.

2. Änderungen zu Artikel 8 (Hmb. Personalvertretungsgesetz)

a. In Artikel 8 werden die Ziffern 4.5. und 4.6. gestrichen. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten Beamte einen neuen Rechtsanspruch, den Eintritt in den Ruhestand hinausschieben zu können (§ 35 Abs.5 Beamtengesetz). Bei der diesbezüglich vom Senat vorgeschlagenen Ergänzung von § 87 Absatz 1 Nr. 16 und 16a PersVG handelt es sich de facto um eine Einschränkung bisheriger Mitbestimmungsrechte. Bisher sind die Personalvertretungen bei allen Entscheidungen über Hinausschiebungen des Ruhestands zu beteiligen, unabhängig davon, ob sie auf Initiative der Beamten oder des Arbeitgebers erfolgen oder ob ein Rechtsanspruch besteht. Dabei soll es bleiben.

 

 

b. In Artikel 8 wird folgende Ziffer 4.8. eingefügt:

„§ 87 Absatz 1 Nummer 25 erhält folgende Fassung:

„25. Ausschreibung von Stellen, die besetzt werden sollen, und Verzicht auf deren Ausschreibung“ Mit dem Gesetzentwurf des Senats wird in § 10 Beamtengesetz eine prinzipielle Ausschreibungspflicht neu verankert. Der Verzicht auf Ausschreibungen ist bereits nach geltender Rechtslage mitbestimmungspflichtig, nun soll (wie schon bis zum Jahr 2006) auch die Formulierung des Ausschreibungstextes der Mitbestimmung unterliegen.

3. Änderungen zu Artikel 25 (Übergangsbestimmungen)

In Artikel 25 wird folgender § 10 angefügt:

„§ 10 Überprüfung der Altersgrenzen

Der Senat überprüft die Anhebung der Altersgrenzen nach Artikel 1 §§ 35, 36 (Beamtengesetz) sowie Artikel 17 Ziffer 5 (§ 7 Richtergesetz) unter Beachtung des Berichts nach § 154 Absatz 4 SGB VI.“ Mit der Bestimmung wird einer Anregung des dbb gefolgt, der auf eine entsprechende Regelung in § 147 Bundesbeamtengesetz hingewiesen hatte. Die Überprüfung der ´Rente mit 67` wird damit auch auf den Beamtenbereich ausgedehnt.

4. Änderungen zu Artikel 26 (Inkrafttreten)

In Artikel 26 Absatz 1 wird die Textstelle „1. September 2009“ durch die Textstelle „1. Januar 2010“ ersetzt.“ Korrektur der Regelung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens

 

 

2. Der Senat wird aufgefordert,

2.1. die mit der Novelle des Personalvertretungsgesetzes vom Januar 2006 (Drs. 18/2240, 18/3263) erfolgten Einschränkungen der Mitbestimmungsmöglichkeiten im hamburgischen öffentlichen Dienst unter Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und

2.2. der Bürgerschaft bis zum Juni 2010 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Hamburgischen Personalvertretungsrechts vorzulegen, mit dem das geltende Gesetz unter Orientierung an den Vorschlägen des Gesetzentwurfs aus Drs. 18/3305 korrigiert und die Mitbestimmung der Bediensteten gestärkt wird.“