Zum Hauptinhalt springen

Campus Zweiter Bildungsweg

Mittwoch, 27.04.2022

Die Regierungsparteien von SPD und GRÜNEN haben in ihrem Koalitionsvertrag über die Zusammenarbeit in der 22. Legislaturperiode vereinbart, dass die Angebote der Erwachsenenbildung an einem Ort gebündelt werden, um eine zentrale Anlaufstelle für alle Hamburger*innen zu schaffen.

Über den Zweiten Bildungsweg können alle Schulabschlüsse (erster allgemeinbildender Schulabschluss, mittlerer Schulabschluss, schulischer Teil der Fachhochschulreife, allgemeine Hochschulreife) erworben werden. In Hamburg stehen dafür zurzeit die „Abendschule Vor dem Holstentor“, das Abendgymnasium mit Abendschule St. Georg und das Hansa-Kolleg zur Verfügung.

Der Zweite Bildungsweg hat eine wichtige Funktion im Kontext lebenslangen Lernens und der Verwirklichung von Bildungs- und Chancengerechtigkeit insbesondere mit Blick auf formal gering qualifizierte Erwachsene und deren gesellschaftliche Integration und Teilhabe.

Gesellschaftliche und bildungspolitische Veränderungen der letzten Jahrzehnte wirken sich auf den Zweiten Bildungsweg aus. Zum einen verlassen heute mehr Schüler*innen den ersten Bildungsweg mit einem hohen Bildungsabschluss und weniger Schüler*innen verlassen die Schule ohne einen allgemeinbildenden Abschluss. Zum anderen wurden für berufstätige Erwachsene Alternativen zum Zweiten Bildungsweg geschaffen (u. a. durch Reformen im berufsbildenden Bereich, die Möglichkeit des Hochschulzugangs ohne Abitur und die Ausweitung der Angebote zum nachträglichen Erwerb des ersten und mittleren Schulabschlusses).

Infolgedessen ist die frühere Zielgruppe der aufstiegsorientierten Berufstätigen in den Schulen des Zweiten Bildungswegs rückläufig. Die Nachfrage von Erwachsenen, die eine durch Brüche geprägte Bildungsbiografie aufweisen, wie zum Beispiel Unterbrechung der Ausbildung durch Krankheit oder durch andere besondere Belastungssituationen, steigt jedoch. Auch steigt die Nachfrage von zugewanderten Erwachsenen, die sich unter häufig schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland integriert haben und/oder deren im Herkunftsland erworbenen Abschlüsse nach deutschem Recht nicht anerkannt werden können. Diese neuen Interessentengruppen sind weder in der Zugangsregelung noch in der jetzigen Konzeption der Erwachsenenbildung berücksichtigt.

Ziel der Weiterentwicklung der Bildungsangebote im Zweiten Bildungsweg ist es, die Leistungsfähigkeit der allgemeinbildenden Erwachsenenbildung zu steigern und veränderte Rahmenbedingungen in der Bildungsganggestaltung zu berücksichtigen. Die Quote der erfolgreichen Absolvent*innen soll erhöht und die Verantwortungsübernahme für Begleitung und Unterstützung von Schüler*innen, die vom Abbruch des Bildungsgangs bedroht sind, gestärkt werden.

Der Zweite Bildungsweg ist perspektivisch so zu gestalten, dass Bildungsverläufe flexibel an individuelle Berufs- und Lebenssituationen angepasst und ggf. mit spezifischer Unterstützung zum Erreichen schulischer Ziele umgesetzt werden können. Dabei sollen auch solche Beratungs- und Unterstützungsangebote bereitgestellt werden, die die Lebenswirklichkeit der Schüler*innen in außerschulischen Lebensbereichen betreffen. Hier sind zum Beispiel zugewanderte Erwachsene, Menschen mit einer durch Krankheit oder psychisch belasteten Vergangenheit oder Erwerbstätige im Schichtbetrieb zu berücksichtigen.

Eine verbesserte und verbindliche Eingangsberatung, schulische Förderangebote und leistungsbezogene Versetzungsregelungen sollen dazu beitragen, die Zahl der Abbrüche im Zweiten Bildungsweg zu senken und eine höhere Erfolgsquote zu erreichen.

Darüber hinaus wird, in Kooperation mit der Jugendberufsagentur bzw. der Agentur für Arbeit, eine institutionalisierte Anschlussberatung etabliert. Ziel der Beratung ist es, erfolgreiche Absolvent*innen in ihrer beruflichen Entwicklung und (Neu-)Orientierung zu unterstützen, Abbrecher*innen der Bildungsgänge werden bei der Entwicklung beruflicher Perspektiven beraten.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. die Angebote der Erwachsenenbildung für den zweiten Bildungsweg an einem zentral gelegenen Ort mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr zu bündeln,

2. dabei alle bereits vorhandenen Bildungsgänge zu erhalten,

3. organisatorische Verbindungen zwischen Abendhaupt- und Abendrealschule, Abendrealschule und Abendgymnasium bzw. Hansa-Kolleg und Abendgymnasium herzustellen, um Synergieeffekte der Verwaltung zu nutzen und qualitativ hochwertige Bildungsangebote zu gewährleisten,

4. durch ein Konzept zur Weiterentwicklung der Bildungsangebote im Zweiten Bildungsweg die Leistungsfähigkeit der Schulen der allgemeinbildenden Erwachsenenbildung zu steigern,

5. die schulischen bildungsgangspezifischen Angebote sowie Unterstützungs- und Beratungsangebote für Schüler*innen der Erwachsenenbildung anzupassen. Dabei sollen unter anderem die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, individuell differenzierte Bildungs- und Berufsbiografien sowie die Lebenssituationen der Schüler*innen durch flexible digitale Angebote und modulare Unterrichtsangebote berücksichtigt werden.