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Der Universität Hamburg eine Perspektive geben und sie am Standort weiter entwickeln

Donnerstag, 03.09.2009

Seit mehr als einem Jahr wird in Hamburg eine Diskussion über die mögliche Verlagerung der gesamten Universität oder von Teilen der Universität in das Hafengebiet auf dem Kleinen Grasbrook geführt. Diese seinerzeit von der Wissenschaftssenatorin und der damaligen Universitätspräsidentin entwickelten Ideen haben über Monate das Handeln von Wissenschaftsbehörde und Universitätsleitung bestimmt. Gleichzeitig hat die Auseinandersetzung mit den weitgehend unrealistischen Entwicklungsszenarien zu einem fast vollständigen Stillstand der konkreten und drängenden Planungsmaßnahmen an der Universität geführt. Der massive Sanierungsstau an den vorhandenen Universitäts-gebäuden hat sich seitdem weiter verschärft. Auch Maßnahmen, die völlig unabhängig von einer grundsätzlichen Standortentscheidung sind, wurden eingestellt.

Der Stillstand muss überwunden, der Zeitverzug muss beendet werden. Die Hamburger Universität braucht unverzüglich eine klare, verantwortbare und realisierbare Entscheidung über ihre Entwicklungsperspektiven! Es muss einen Ausbau der Universität mit Neubauten und Sanierungen am Standort Rotherbaum in Eimsbüttel geben. Diese Entscheidung verlangt eine große finanzielle Kraftanstrengung und damit eine klare Prioritätensetzung von der Stadt, und sie brächte endlich die notwendige Verlässlichkeit für alle Planungen seitens der Universität.

Solange es keine Entscheidung über den zukünftigen Standort der Hochschule gibt, werden auch weiterhin Sanierungsmittel nicht in ausreichendem Maße im Haushalt veranschlagt. Angesichts erheblicher Zweifel an der Realisierbarkeit und Notwendigkeit einer Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook kann die Verlagerungs-debatte beendet werden und ein klares Bekenntnis zur Entwicklung der Universität an ihrem jetzigen Standort erfolgen, dies umso mehr, als mittlerweile das Bezirksamt Eimsbüttel überzeugend darlegen konnte, dass selbst der in der von der Wissenschaftsbehörde in Auftrag gegebenen Entwicklungsstudie angenommene, bisher nicht nachvollziehbar begründete räumliche Mehrbedarf von 100.000 qm am jetzigen Standort zur Verfügung gestellt werden könnte. Von diesen 100.000 qm müssen nach den Anforderungen der Universität rund 40.000 qm bis 2012 gebaut werden, weitere 60.000 qm sind 2025 erforderlich. All dies ließe sich am Kernstandort realisieren, obwohl ein Teil dieses Bedarfs bereits nach der derzeitigen Lozierung in Bahrenfeld, Flottbek oder auf dem UKE-Gelände zu decken wäre.

Darüber hinaus sind auch die anderen von jeder grundsätzlichen Entscheidung unberührten Standorte der Universität weiterzuentwickeln. So gibt es aufgrund der räum-lichen Konzentration am Universitätsklinikum Eppendorf mittelfristig freie Flächen, die möglicherweise universitäre Nutzungen aus dem Bereich Life-Sciences aufnehmen könnten. Hierdurch wäre es möglich, die interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fächer zu intensivieren. Ebenso zu überlegen wäre es, den Standort Bahrenfeld für die Physik weiter auszubauen. Dies könnten sinnvolle Stärkungen von bereits vorhandenen dezentralen Standorten der Universität sein.

Sobald die Grundsatzentscheidung über den zukünftigen Standort der Universität Hamburg gefallen ist, kann und muss unverzüglich in die Sanierung der Bausubstanz investiert werden. An mehreren Gebäuden der Universität sind die Planungen hierfür weit fortgeschritten oder bereits abgeschlossen, so dass kurzfristig mit den Baumaßnahmen begonnen werden könnte, sofern die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Dies gilt zum Beispiel für die innere Modernisierung des Philosophenturms wie auch für den Neubau eines Studierendenzentrums. Die dringend notwendige Modernisierung des Geomatikums schließlich war bereits vor Jahren im 35. Rahmenplan des Hochschulbau-förderungsgesetzes mit 48 Mio. Euro eingestellt worden. Geschehen ist bisher nichts. Auch hier sollte endlich mit den Bauarbeiten begonnen werden, wobei allerdings zunächst Ausweichflächen für die Dauer der Modernisierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden müssen. Für die Zoologie schließlich soll nun mit 16 Mio. Euro des Konjunktur-programms II des Bundes ein Neubau in Klein Flottbek entstehen, der 2011 bezogen werden könnte. An dem frei werdenden heutigen Standort des Zoologischen Instituts könnte anschließend die Informatik untergebracht werden. Die hierfür nötigen Umbaumaß-nahmen sollten ebenfalls zügig angegangen werden, damit die Informatik, wie seit Jahren geplant, endlich wieder aus Stellingen an den Hauptcampus der Universität zurückkehren kann.

Zu den Modernisierungs- und langfristigen Ausbaunotwendigkeiten kommen kurz- und mittelfristige räumliche Mehr- bzw. Ersatzbedarfe an der Universität hinzu. Die deutlich gestiegenen Drittmittel an der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissen-schaften, insbesondere in der Klimaforschung beim Exzellenzcluster CliSAP, sowie die durch die Landesexzellenzinitiative vergebenen Mittel haben ebenso zu einem erhöhten Raumbedarf geführt, wie zahlreiche Neuberufungen an der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Desweiteren besteht die Notwendigkeit, Interimslösungen infolge von Baumaßnahmen an bestehenden Universitätsgebäuden zu finden. So soll beispiels-weise mit 3 Mio. Euro aus dem Konjunkturprogramm II der Bundesregierung der Philosophenturm energetisch saniert werden.

 

Die Bürgerschaft möge daher beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

1. die Universität Hamburg an ihrem jetzigen Standort Rotherbaum zu erhalten und ihr dort eine Perspektive zu geben, sich räumlich weiter zu entwickeln. Von einer Ver-lagerung der Universität Hamburg auf den Kleinen Grasbrook wird abgesehen.

2. auf weitere Planungen zur Verlagerung größerer Teile der Universität, beispielsweise der MIN-Fakultät, auf den Kleinen Grasbrook oder einen anderen Standort zu ver-zichten. Eine Konzentration vorrangig der Biowissenschaften in Flottbek, der Physik in Bahrenfeld und von Teilen der „Life Sciences“ auf dem Gelände des UKE wäre hiervor unberührt.

3. die Universität Hamburg bei der Bewältigung ihrer kurz- bis mittelfristigen Raum-defizite, insbesondere der MIN-Fakultät, der WiSo-Fakultät und der Geisteswissenschaften, aktiv zu unterstützen.

4. in diesem Zusammenhang mit Nachdruck zu prüfen, ob das ehemalige Fernmeldeamt an der Schlüterstraße angemietet und für universitäre Zwecke genutzt werden kann und entsprechende Gespräche mit dem Eigentümer unverzüglich aufzunehmen.

5. durch ein auf 5 Jahre angelegtes Sofortprogramm die dringendsten Sicherheits- und Arbeitsschutzmängel beseitigen zu lassen, um den wissenschaftlichen Betrieb und den Gebäudebestand der Universität Hamburg zu sichern und unverzüglich die hierfür nötigen Haushaltsmittel einzuwerben.

6. darüber hinaus ein auf 10 Jahre angelegtes Programm für die zügige Modernisierung und den teilweisen Neubau der Hochschulgebäude zu entwickeln, um die Universität so zügig auf ein leistungsfähiges und national wie international wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen, dass sie sich mit Aussicht auf Erfolg an den anstehenden Wissen-schaftskonkurrenzen beteiligen kann. Besondere Priorität sollten hierbei die innere Modernisierung des Philosophenturms und die Modernisierung des Geomatikums genießen. Des Weiteren ist die Rückführung des Departments Informatik an den zentralen Universitäts-Standort zügig umzusetzen.