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Durchführung der Abschiebehaft endlich verbindlich regeln

Mittwoch, 31.03.2010

zu Drs. 19/5708

Der Abschiebehaftvollzug steht nicht zuletzt seit dem tragischen Selbstmord von David M. unter einer besonderen öffentlichen Beobachtung. Schon einmal hat Hamburg unrühmliche Schlagzeilen in Sachen Abschiebehaft gemacht: Das Anti-Folter-Komitee, das „Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe" (CPT), hatte 2005/2006 den Abschiebehaftvollzug in Hamburg überprüft und die Zustände teilweise als „völlig inakzeptabel" eingeschätzt (vgl. Drs. 18/3914). Auch wenn hier der öffentliche Druck zu Veränderungen geführt hat, der Handlungsbedarf im Hinblick auf notwendige Mindeststandards bleibt.

Mit der Ankündigung des Innensenators, bei nicht-straffälligen Minderjährigen grundsätzlich keine Abschiebehaft mehr zu beantragen, ist weder die Aufarbeitung des tragischen Todes von David M. noch die Überprüfung des Abschiebehaftvollzuges insgesamt vom Tisch. Dass die CDU/GAL-Koalition nunmehr endlich auch der vorbehaltlosen Geltung der UN-Kinderrechtskonvention zustimmen will und damit langjährige Forderungen der SPD in Bund und Ländern aufgreift (vgl. Drs. 19/….), ist ein mehr als überfälliger Schritt. Entscheidend ist aber auch hier die konkrete Umsetzung vor allem bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Insbesondere die verlässliche Einbindung der Jugendämter bei Abschiebeverfahren von Minderjährigen und die Bereitstellung genügend geeigneter Unterbringungsplätze in Jugendeinrichtungen müssen gewährleistet werden.

Jenseits dessen wird man aber feststellen müssen, dass bei Erwachsenen und Straffälligen auch auf Abschiebehaft als ultima ratio unter strenger Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips weiter möglich sein muss, um die gesetzlich fixierten Ausreisepflichten auch bei denen durchsetzen zu können, die sich ihnen entziehen wollen. Abschiebehaft ist aber keine Strafhaft: Sie dient nur dem Zweck, durch sichere Unterbringung der Gefangenen die Durchführung von Abschiebungen zu ermöglichen. Abschiebungsgefangenen dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Abschiebehaft erfordert oder die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Eigene Gewahrsamseinrichtungen für die Abschiebehaft zu schaffen, erscheint in Hamburg nicht finanzierbar. Der Vollzug der Abschiebehaft im Wege der Amtshilfe in Justizvollzugsanstalten muss aber dem besonderen Status der Abschiebehäftlinge Rechnung tragen. Das ist bisher nicht der Fall. Auch das Anti-Folter-Komitee hat das Fehlen eines eigenen Rechtsrahmens für den Vollzug von Abschiebungshaft bemängelt. Der Senat hat der Bürgerschaft mitgeteilt, dass für eine untergesetzliche Regelung „kein Bedarf gesehen“ wird (Drs. 19/3785). Diese Feststellung ist angesichts des Status der Abschiebehäftlinge nicht zu akzeptieren.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird aufgefordert,

1. nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein und anderer Bundesländer die notwendigen Regelungen zu treffen, mit denen der Vollzug der Abschiebehaft rechtlich verbindlich, menschenwürdig und sicher ausgestaltet wird. Die CPT-Empfehlungen sind dabei weitestgehend zu berücksichtigen.

2. der Bürgerschaft hierüber bis zum 30. Juni 2010 zu berichten.