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Elternbeiträge als Schuldenfalle – Eltern und Kitas in Not

Mittwoch, 13.09.2006

In der Expertenanhörung des Familien-, Kinder- und Jugendausschusses vom 27.04.2006 gab es von mehreren Expertinnen deutliche Hinweise darauf, dass zunehmend Eltern bei den Kitas den Elternbeitrag schuldig bleiben. Eine Kleine Anfrage der GAL-Fraktion zum Umfang des Problems (Drs. 18/ 4772) ergab, dass der zuständigen Sozialbehörde keine Informationen über Zahlungsverzögerungen oder –ausfälle aufgrund von Verschuldung vorliegen. Als Lösungsansatz verwies der Senat in seiner Antwort einzig auf die bestehenden Schuldnerberatungsstellen – ungeachtet der langen Wartezeiten, die dort bestehen. Die Anfrage der GAL-Fraktion ergab zudem, dass die Informationen über die Beendigung eines Betreuungsverhältnisses aufgrund von Verschuldung, nicht an die jeweiligen Allgemeinen Sozialen Dienste weitergeleitet werden und damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die betroffenen Familien keine Unterstützung bei dem Weg aus der Schuldenfalle erhalten.

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion führt in diesem Jahr zum zweiten Mal eine Kita-Befragung in Kooperation mit Frau Prof. Strehmel von der Hochschule für angewandte Wissenschaften und der GEW Hamburg durch. Die Frage nach der Zahl der verschuldeten Eltern wurde nach den Hinweisen aus der Expertenanhörung vom 27.04.2006 in den Fragenkatalog mit aufgenommen. Laut ersten Ergebnissen aus der Kita-Befragung 2006, die aus Mitteln der Max-Traeger-Stiftung gefördert wird und aus Berichten von Kita-Leitungen gibt es immer häufiger Eltern, die ihren Elternbeitrag der Kita gegenüber schuldig bleiben. Nach einer Schätzung aus der Kita-Befragung 2006 taucht Verschuldung von Eltern in nahezu 60% der Kitas mindestens einmal auf. In einzelnen Kitas sind bis 50% der Eltern den Kitas Elternbeiträge schuldig. Ersten Ergebnissen zufolge könnte dies bei 6-7% aller Eltern von Kindern in Kindertagesseinrichtungen der Fall sein. Das würde bedeuten, dass ca. 3500 Eltern in Hamburg aktuell bei ihren Kitas den Elternbeitrag schuldig bleiben. Eltern zahlen die Elternbeiträge nicht oder nur nach mehrmaliger Aufforderung und mit großer Verspätung. Leidtragende sind dabei letztlich die Kinder, da Eltern Gespräche mit Erzieherinnen und der Kita-Leitung meiden, die Kita gewechselt wird oder es im Einzelfall zur Zwangsabmeldung der Kinder kommen kann.

 

Das Schreiben von Mahnbriefen ist in den einzelnen Einrichtungen, insbesondere in sozialen Brennpunkten, zum Betriebsalltag der Kitas geworden. Bei hartnäckigen Zahlungsverweigerungen werden in einigen Fällen auch Anwälte seitens der Kita-Träger hinzugezogen bzw. die Fälle in die zuständige Rechtsabteilung der Trägerverbände gegeben. Kitas versuchen zum Teil mit erheblichem Aufwand Härtefallregelungen (Elternbeitrag 0 €) für die Eltern zu erreichen, damit die Kinder weiter in Betreuung bleiben können. Es gibt aber auch Informationen über Fälle, in denen Kinder durch den Träger aus der Kita abgemeldet werden mussten, weil ihre Eltern aufgrund von Verschuldung die Beiträge nicht mehr gezahlt haben und die Einrichtungen diese Ausfälle nicht länger finanzieren konnten. Für die Einrichtungen bedeutet diese Sachlage in jedem Fall zusätzliche Verwaltungsarbeit und ggf. den Verlust von Einnahmen bzw. die Übernahme von nicht ersetzten Kosten. Jedenfalls entsteht ein erheblicher Mehraufwand zu Lasten der kindbezogenen Arbeit in den Kitas.

 

Hier entwickelt sich für die Kinder schon früh eine fatale Spirale aus Armut und mangelnder Bildungsbeteiligung.

 

Dabei wird aus den Kindertageseinrichtungen berichtet, dass nicht immer das Fehlen von Geld Ursache der Zahlungsweigerungen ist, sondern oft auch ein falscher Umgang mit Geld. Dies kann ein Hinweis auf einen notwendigen Hilfebedarf der Eltern zur Alltagsbewältigung sein.

 

Die Bürgerschaft möge beschließen:

 

Der Senat wird aufgefordert,

 

1. unter Hinzuziehung der Träger und Verbände eine regionalisierte Übersicht über die Entwicklung der Verschuldung von Eltern bei Kitas in den letzten 5 Jahren bis jetzt zu erlangen und diese Übersicht der Bürgerschaft bis zum 31.10.2006 zur Kenntnis zu geben.

 

2. in Absprache mit den Hamburger Anbietern von Kindertagesbetreuung ein Modell zu entwickeln, das die Anbieter von dieser nicht kindbezogenen Verwaltungsarbeit entlastet, eine Zwangsabmeldung des Kindes aus der Kita verhindert und den Eltern zügig eine ggf. notwendige Beratung zur Alltagsbewältigung (z.B. Schuldnerberatung) vermittelt. Dabei ist zu prüfen, ob und wie eine solche Beratung auch in den Kitas selbst durch qualifizierte Fachkräfte erfolgen kann.

 

3. über den unter 2. genannten Punkt der Bürgerschaft vor Abschluss der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2007/ 2008 zu berichten.

sowie
  • Christiane Blömeke
  • Christa Goetsch
  • Martina Gregersen
  • Gudrun Köncke
  • Manuel Sarrazin (GAL)