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Erfolgsmodell „Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG)“ sichern: Rechtsanspruch auf Hortbetreuung bis 14 Jahre erhalten und Gebührenerhöhungen zurücknehmen

Dienstag, 15.06.2010

zu Drs. 19/6442

 

Entgegen allen Ankündigungen und Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag von CDU und GAL sowie aus der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters wurde der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für Kinder ab zwei Jahren nicht eingeführt, sondern auf 2013 verschoben. Das letzte Jahr vor der Schule wurde in Kita und Vorschule im Umfang einer bis zu fünfstündigen Betreuung ohne Mittagessen beitragsfrei – aber nicht für die Eltern von so genannten Kann-Kindern. Die Gebühren für Kita und Hort werden aktuell deutlich erhöht. Auch das Mittagessen in Kita und Hort wird für die Eltern teurer. Zudem wird mit dem Gesetzentwurf des Senates der Rechtsanspruch beruflich beschäftigter Eltern auf Hortbetreuung nicht mehr, wie bisher im KibeG vorgesehen, bis zum vollendeten 14. Lebensjahr gewährleistet, sondern nur noch bis zum Abschluss der sechsten Klasse bzw. dem zwölften Geburtstag.

Der Senatsmitteilung Drs. 19/5901 fehlen mehrere zentrale Informationen, die die vorbereitende Senatsdrucksache noch enthielt. Hier hieß es u.a., dass für die Eltern von knapp 4.000 Kindern eine Mehrbelastung von mindestens 30 Prozent anfalle, darunter 3.360 Betreuungsfälle mit einer Mehrbelastung von 30 bis unter 60 Prozent sowie 630 Fälle mit einer Mehrbelastung von 60 bis über 100 Prozent.

Anders als in der Presseerklärung des Senats vom 27.11.2009 über „Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung“ – neue Beitragsstufen für Eltern mit erhöhtem Einkommen (über 3.000 Euro netto)“ dargestellt, beginnen die Gebührenerhöhungen bereits bei rund 2.500 Euro Nettoeinkommen. Abgesehen davon zahlen alle Eltern, deren Kinder am Mittagessen teilnehmen – und das sind bisher fast alle – künftig höhere Essensgebühren.

Anders als von Vertreterinnen und Vertretern der Regierungsfraktionen zur beabsichtigten Beschränkung des Rechtsanspruchs auf Hortbetreuung dargestellt, sind Kinder zwischen 12 und 14 Jahren keineswegs nur „sehr sehr selten im Hort anzufinden“. Vielmehr wird in der vorgelegten Senatsmitteilung nunmehr eingeräumt, dass „im Jahr 2010 voraussichtlich rund 600 Betreuungsverhältnisse in Kindertageseinrichtungen und -tagespflege betroffen“ sind. Diese Maßnahme richtet sich gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und bedeutet zudem ein weiteres Einknicken des Ersten Bürgermeisters von Beust, der noch am 02.09.2009 im Interview mit dem Hamburger Abendblatt gesagt hatte: "Ich warne davor, in diesem Bereich irgendetwas zurückzudrehen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hängt maßgeblich von verlässlicher Kinderbetreuung ab."

Anders als vom zuständigen Senator und von Vertreterinnen und Vertretern der Regierungsfraktionen dargestellt, bleibt auch die Hortbetreuung behinderter Kinder bis 14 Jahre nicht unangetastet: Bisher gibt es einen solchen Rechtsanspruch gem. §6 des

KibeG. Diese Regelung soll mit dem vorliegenden Gesetz abgeschafft werden. Stattdessen soll künftig lediglich folgende Kann-Regelung in das KibeG eingefügt werden: „Behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder können bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres gefördert werden.“

 

Dieser Ersatz eines Rechtsanspruches für behinderte Kinder durch eine Kann-Regelung ist ein Rückschritt für die Integration behinderter Kinder und erhöht die Belastung für die Eltern behinderter Kinder.

Während behinderte Kinder im Elementarbereich bisher aus guten Gründen nur einen Eigenanteil an den Betreuungskosten von 31 Euro zu zahlen hatten, wird für sie künftig die Hälfte der sonst gültigen Eigenanteile erhoben. Dies bedeutet eine Gebührenerhöhung für die betroffenen Eltern für die reine Bertreuung ihrer Kinder von bis 750 Prozent. Hinzu kommen künftig die Kosten für das Essen plus Erhöhung auch dieser Gebühr.

Die im Bericht Drs. 19/6442 wiedergegebenen Ausführungen des Senats sowie die Darstellungen in der zugrundeliegenden Drs. 19/5901 zur Reduzierung der Rechtsansprüche des Kinderbetreuungsgesetzes sowie zu den Gebührenerhöhungen – über die die Bürgerschaft nicht abzustimmen hat – sind daher von der Bürgerschaft inhaltlich zurückzuweisen.

Festzuhalten ist, dass die Gesetzesvorlage des Senats mit der Begrenzung von Rechtsansprüchen auf Hortbetreuung und die in der einleitenden Senatsmitteilung teilweise erläuterten Gebührenerhöhungen

- einen Rückschritt für die frühe Bildung in Hamburg bedeuten,

- der Chancengerechtigkeit für Hamburgs Kinder schaden,

- eine erschreckende Unkenntnis des Senats über die Situation Hamburger Familien zeigen und

- gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerichtet sind.

Die Beiträge der Eltern in der von der SPD-Fraktion beantragten öffentlichen Anhörung vom 25.05.2010 zur hier zugrundeliegenden Drucksache bzw. dem Gesetzentwurf, sowie die eindrucksvolle Unterstützung der Volkspetition durch die Hamburgerinnen und Hamburger mit 42.500 Unterschriften zeigen, dass die Reduzierung der Rechtsansprüche und die Gebührenerhöhung die berufliche und finanzielle Situation Hamburger Eltern verkennen und auch bildungs- sowie integrationspolitisch genau in die falsche Richtung gehen.

 

Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft wie folgt beschließen:

1. Der Senat wird aufgefordert, die Gebührenerhöhungen für die Kinderbetreuung (Änderungen in der Familieneigenanteilsverordnung bzw. in der Teilnahmebeitragsverordnung) zurückzunehmen.

2. Der Senat wird aufgefordert, die Gebührenerhöhung für das Mittagessen (Erhöhung der „Verpflegungsanteile“) unverzüglich zurückzunehmen.

3. Der Senat wird aufgefordert, für das Mittagessen in der Kindertagesbetreuung zum nächstmöglichen Termin generell keinen Eigenbeitrag mehr zu erheben.

4. Die im Hamburger Kinderbetreuungsgesetz (KibeG) festgeschriebenen Rechtsan-sprüche werden nicht eingeschränkt.