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Faire Arbeitsbedingungen am Flughafen – keine weitere Liberalisierung der EU-Bodenverkehrsrichtlinie

Mittwoch, 14.09.2011

Die Bodenverkehrsdienste sorgen auf den Flughäfen dafür, dass auf dem Vorfeld alles reibungslos abläuft. Zu den Bodendiensten zählen unter anderem Dienstleistungen wie die Wartung, das Be- und Entladen, die Reinigung und das Betanken der Flugzeuge. Bis in die neunziger Jahre wurden diese Tätigkeiten durch eigenes Personal der Flughäfen erledigt. 1996 wurden mit der EU-Bodenverkehrsrichtlinie erstmals externe Anbieter zugelassen. Dies geschah unter anderem auf Druck der Airlines, die diese Leistungen preiswerter einkaufen und darüber ihre eigenen Preise senken wollten.

Die Liberalisierung hat in der Tat zu Preissenkungen geführt, allerdings auch zu massiven Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und zu Reallohnverlusten bei den Beschäftigten im Bereich der Bodenverkehrsdienste. Zeitarbeit, Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse haben zugenommen. Auf manchen Flughäfen, wie zum Beispiel London Heathrow stehen mehr als zehn Anbieter im Wettbewerb bei den Bodenverkehrsdiensten. In Hamburg ist die Situation noch übersichtlich. Den Hauptanteil bestreiten die drei Flughafentöchter GroundStars, Stars und CATS mit ca. 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Daneben wird ein geringfügiger Anteil der Aufgaben durch das spanische Unternehmen, Acciona, erledigt. Betriebsabläufe können so im hochsensiblen Bereich Fughafen eng aufeinander abgestimmt werden. Dies trägt zur Verlässlichkeit und Pünktlichkeit bei und gewährleistet ein Höchstmaß an Sicherheit, sowohl für die Fluggäste als auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Eine genauere Analyse zu den sozialen Verwerfungen, insbesondere in den Mitgliedstaaten, die ihre Märkte vollständig geöffnet haben, steht noch aus. Dennoch plant die Europäische Kommission nun – wohl erneut auf massiven Druck der Airlines - ein neues Flughafenpaket, in dessen Rahmen auch die Bodenverkehrsrichtlinie überarbeitet werden soll. Äußerungen aus der Kommission lassen darauf schließen, dass der Markt für Bodenverkehrsdienste weiter liberalisiert werden soll. In der zweiten Oktoberhälfte soll dies vorgestellt werden.

Eine weitere Öffnung des Marktes, ohne dass es klare Regelungen und Qualitätsstandards für die Wettbewerber gibt, wäre mehr Wettbewerb zu Lasten der Beschäftigten und der Qualität, Verlässlichkeit und Sicherheit auf den Flughäfen. Es darf auf deutschen Flughäfen nicht zu weiteren Reallohnverlusten bei den Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste kommen, zumal es in Deutschland im Gegensatz zu anderen EU-Staaten nach wie vor keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt.

Die einzelnen Standorte von Flughäfen und die Bundesregierung müssen sich frühzeitig in den Diskussionsprozess einbringen und deutlich machen, dass eine weitere Öffnung des Marktes für Bodenverkehrsdienste abgelehnt wird. Vielmehr muss die Situation nach der ersten Liberalisierung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten analysiert werden. Qualität und Sicherheit müssen in den Fokus der Diskussion gerückt und deutlich werden, dass die Airlines einseitig ihre Marktmacht nutzen, um Preise zu drücken. Wir brauchen europaweit angemessene Ausbildungs- und Sicherheitsstandards, vergleichbare Arbeitsbedingungen und Auflagen für eine Standardmindestausrüstung.

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Die Bürgerschaft hält die jetzige Struktur der Bodenverkehrsdienste auf dem Hamburger Flughafen für angemessen, um Qualität, Verlässlichkeit und Sicherheit auf dem Flughafen zu gewährleisten. Sie sieht durch die bisherigen Regelungen ausreichend Wettbewerb hergestellt und lehnt eine weitere Öffnung des Marktes von Bodenverkehrsdiensten auf deutschen Flughäfen ab.

2. Der Senat wird ersucht, gegenüber der Bundesregierung und auf europäischer Ebene die ablehnende Haltung der Bürgerschaft gegenüber der Liberalisierung der EU-Bodenverkehrsrichtlinie deutlich zu machen und sich darüber hinaus für europaweite angemessene Ausbildungs- und Sicherheitsstandards und Auflagen für eine Standardmindestausrüstung einzusetzen.

3. Der Senat wird zudem ersucht, sich bei der Bundesregierung für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes einzusetzen.